Beiträge von Holkenäs

    Hallo,


    JMaria: In den tiefen des Forums habe ich noch deine tolle Zusammenfassung :klatschen: des Reich-Ranicki-Artikels gefunden. Hatte mir noch andere von seinen typischen griffigen und voll zustimmungswürdigen Formulierungen angestrichen, z.B.
    Fontane ist "der Meister der beiläufigen Pointe" oder
    Er wird "nicht nur gerühmt, sondern auch tatsächlich gelesen" und "mache süchtig". Es entsteht bei der Lektüre "ein ungewöhnliches Vertrauensverhältnis".
    Der Altmeister hat mein Leseempfinden schön ausgedrückt. :zwinker:


    sandhofer: Goethes Melusine ist – salopp gesprochen – auf der Jagd nach genetischem Material, das ihre Zwergenkolonie vor dem weiteren Schrumpfen retten soll. Und so lässt sie sich in der Menschenwelt, deren Größe sie für einige Zeit annehmen kann (in den Zwergenphasen lässt sie sich von ihrem nichtsahnenden Geliebten in einem Kasten herumtragen), schwängern. Eine witzige Geschichte. Und das Aufeinandertreffen von fehlerhaftem Mensch (denn sein Aufenthalt im sagenhaften Zwergenland, in das Melusine ihn mitnimmt, ist nur ein kurzer und er flüchtet vor der Hochzeit) und Elementargeist.
    Auch Woldemar scheut wohl die viel anstrengendere Beziehung mit der lebhaften Melusine und wählt die Konvention. Kein Märchenwesen, sondern Armgard.


    Maja: Immer wieder diese Aloen (und keine Veras... :breitgrins: ). Als Apotheker war Fontane in der Pflanzenkunde sicherlich bewandert. Und Kakteen sind ja auch ein deutliches Symbol. Vielleicht taucht die Aloe ja in allen seinen Werken auf?


    Steffi: Opferbereitschaft und Selbstgenügsamkeit sind wohl preußische Tugenden, die Fontane manchen seiner Figuren anhängt. Und wenn Armgard so viel plaudern würde wie ihre Schwester, dann hinge der Haussegen schief und ich als Leser durch. Es muss ja auch Zuhörer geben. :zwinker: Melusine gehört zum anderen Schlag, und auch Fontane selbst ließ seine eigene Person wohl eher selten unter den Tisch fallen.


    Liebe Grüße
    Holk

    Hallo,


    Steffi: Ja, „Unwiederbringlich“ ist ein Paradebeispiel für die gute Namenswahl Fontanes :zwinker: . Spielt auch ein faszinierende Frau (Ebba) mit, die mit den Männern spielt und die altbekannte Opferrolle durchbricht. Und es gibt eine wirklich heiße Liebesnacht (und das bei dem guten Herrn Fontane...). Also absolut lesenswert.


    JMaria: Danke für das herzliche Willkommen. Shakespeare war für Fontane einer der Allergrößten (er schreibt von drei Jahrtausend-Weltgrößen: Kolumbus, Shakespeare und Napoleon). Er übersetzte ihn und konnte viele der bekannten Monologe auswendig (was ich immer bewundere). Wäre also nicht überraschend, wenn er sich stilistisch an seinem Vorbild etwas ausrichtet. Ist mir jedoch noch nicht so aufgefallen.


    Maja: Danke für die Blumen. Aber der „Fontane-Kenner“ ist nur ein kleiner Fontane-Leser.
    Mit „Hero und Leander“ wird wohl auf die gleichnamige Ballade Schillers angespielt, in der er den antiken Stoff verarbeitet.
    „Grauenvoll ist deine Tiefe,
    Furchtbar deiner Wogen Flut,
    Aber dich erfleht die Liebe,
    Dich bezwingt der Heldenmut.“
    Die beiden können also nur schwer zueinanderkommen, nur wenn Leander den Hellespont durchkrault. Und das geht eines Tages schief. Er ertrinkt und Hero stürzt sich nach dem Anschwemmen der Wasserleiche selbst in die Fluten. Geht wohl eher um das Wasser- und damit Melusinenmotiv.
    Ja, Fontanes schwereloser Stil macht es einem nicht einfach, bodenständige Argumente der Analyse zu finden. Mach dir man nicht zu viel Gedanken. Genieß es.


    So wie ich es auch genieße, mich nach längerer Zeit mal wieder intensiver mit dem Buch zu beschäftigen. Hoffe, es geht so weiter.


    Schöne Grüße
    Holk

    Hallo Steffi,


    vielen Dank für die liebenswürdige Begrüßung.

    Fontane zählt schon zu meinen Favoriten, ich mag die Entspanntheit und Unaufgeregtheit seiner Romane. Da kann man z.B. als Leser Zeuge einer Verlobung werden, ohne dass man es recht merkt. Wie die Beteiligten aber auch nicht (Armgard: “Ich glaube fast, ich bin verlobt.“). Oder ein Dubslav kann eine Wahl verlieren und „eigentlich herzlich froh über den Ausgang“ sein. Alles strahlt große Gelassenheit aus, man weiß gar nicht, warum einem das Lesen so großes Vergnügen bereitet. Thomas Mann meinte das wohl auch mit seinem „unmittelbaren und instinktmäßigen Entzücken“. Meine besonderen Lieblinge sind übrigens die Poggenpuhls. Allein der Name – bei deren Wahl Fontane unnachahmliches Geschick in allen Werken bewies – ist großartig.



    Zu deinen angesprochenen Kapiteln hatte ich mir "damals" angestrichen:
    „Unglücklich sind immer nur die Halben.“, sagt in Kapitel 18 der vom „Generalsuperintendent“ träumende Koseleger. Ob da Fontane wieder etwas von sich hineingepackt hat? Hat erst spät das ihm zukommende gefunden, ohne den Ehrgeiz und das Gefühl, etwas Großes in sich zu haben, hätte er sich beruhigt in den “Skat ablegen“ lassen und allen Ehrgeiz hinfahren lassen können. Aber er hat sich auch noch die andere Hälfte geholt.


    „Was nun aber ...uns am unmittelbarsten beglückt, ist die Heiterkeit des Sinnes: denn diese gute Eigenschaft belohnt sich augenblicklich selbst.“, stellt Schopenhauer in den „Aphorismen zur Lebensweisheit“ fest. Und diesen Charakterzug identifiziert Lorenzen bei Dubslav eingangs des Kapitel 19 als dessen herausragenden. Wie steht es also mit Fontanes Schopenhauerbezug? Gelesen hat er ihn wohl, wie ein köstlicher Urlaubsbrief zeigt: “in die tiefen Schopenhauers wird hinabgestiegen...Mete sagt nicht mehr: “Theo, du bist dumm“, sondern „suche das Mißverhältnis zwischen Deinem Willen und Deinem Intellekt auszugleichen.““


    Mit „Cordelia“ kann ja eigentlich nur Lears Tochter gemeint sein, oder? Ob er damit auf ihre Schweigsamkeit anspricht oder sie charakterlich gegenüber der Schwester aufwerten will? Shakespeare-Anspielungen tauchen immer wieder auf (z.B. die „Wohlgerüche Arabiens“ aus Kapitel 20).


    So viel erst mal von Til „Schweiger“ :zwinker: . Werde am Wochenende noch ein wenig weiterblättern.
    Tschüß
    Holk

    Guten Abend allerseits,


    bin zufällig in Eure Gesprächsrunde gestoßen und mußte mich spontan anmelden, um Euch mein uneingeschränktes Lob mitzuteilen. Hochinteressante Beiträge zu einem großartigen Buch.


    Der Meister läßt zwar Woldemar am Eierhäuschen (wohin übrigens auch Frau Treibels Sohn Leopold seine Ausritte lenkte) sagen "Jedes Zusammensein braucht einen Schweiger.", aber vielleicht schaffe ich es in Zukunft doch mal, ab und zu einen kleinen Beitrag zu verfassen. Ob wohl auch ein Plauderer wie der alte Stechlin von den kommunikativen Möglichkeiten eines solchen Forums begeistert wäre? Säße mit seinem Laptop an seinem See und plauderte mit der Welt draußen.


    Weiterhin fröhliches Lesen