Hallo finsbury und nikki,
"Vergangenheit und Zukunft, einander gleich und ebenbürtig an Undurchsichtigkeit, und auch an den Zustand, den man auf Konsulaten Transit nennt und in der gewöhnlichen Sprache Gegenwart. Und das Ergebnis: nur eine Ahnung - wenn diese Ahnung verdient, ein Ergebnis genannt zu werden - von meiner eigenen Unversehrbarkeit."
Diese Stelle zeigt sehr schön, dass Seghers ihren Roman nicht nur als Exilroman empfand, sondern darüber hinaus das Transitäre allen menschlichen Handelns darstellen wollte.
Gerade durch die komplexe Situation der Transitäre kommen bei ihnen die unterschiedlichsten Verhaltensmuster von Menschen, die vor wichtigen Entscheidungen stehen, zum Vorschein. Sehr beeindruckt haben mich die Frau, die einfach aufgegeben hatte und ihr Reisegeld mit Austern veraß und die Großfamilie, die auf ihre Schifffahrt in die USA verzichtete, da sie sonst ihre alte Großmutter allein zurücklassen müßte.
Auch die Figur des Erzählers wird hier nochmal gedeutet: Er hat Züge eines Schriftstellers, weil er alles in sich aufsaugt und wiedergibt, aber selber unverändert bleibt.
Bei seinem Gespräch mit dem amerikanischen Konsul, in dem er darlegt, weshalb er nicht mehr schreiben möchte, wird das auch schön ausgedrückt. Da sprach er eigentlich gar nicht mehr für den Schriftsteller, der er vorgab zu sein, sondern schon für sich selbst.
Der Roman hinterlässt bei mir - trotz einiger ermüdender Kapitel, die aber ihre Funktion haben, einen durchaus nachhaltigen Eindruck.
Das ist bei mir genauso.
Übrigens würde ich zum Abschluss einer kleinen Exilliteraturreihe irgendwann in den nächsten Monaten gerne Brechts Flüchtlingsgespräche lesen. Hättet ihr vielleicht Lust mitzutun?
Ich habe gerade nachgeschaut und wider Erwarten die Flüchtlingsgespräche auf meinem SUB gefunden. Von mir aus gerne, denn sonst lese ich sie wahrscheinlich nie :zwinker:
Viele Grüße,
Zola