Auch ich habe wieder einiges dazugelernt. Danke Karamzin. Das 17. Jahrhundert war eine wirklich farbige Zeit, von starken Brüchen, Alt und Neu gekennzeichnet.
Beiträge von finsbury
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Finde Sinclair Lewis auch immer noch lesenswert und in Teilen immer wieder überraschend aktuell. "Babbitt" liegt bei mir auch noch in einer alten Taschenausgabe der 50er Jahre aus dem Bücherschrank meines Vaters herum, außerdem "Sam Dodsworth"; "Benzinstation" und das gruselige "Das ist bei uns nicht möglich" habe ich mit Gewinn, aber vor vielen Jahrzehnten, gelesen.
Im Moment bin ich allerdings im 17. Jahrhundert unterwegs, mit Daniel Kehlmanns "Tyll". Und der führt, zumindest auf den ersten hundert Seiten, drastisch vor Augen, wie eine vorwissenschaftliche, dem Aberglauben anheim gegebene Welt, egal ob auf Seiten des Volksglaubens oder in den verblendeten Augen der mörderischen Inquisition das Leben gefesselt und verdüstert wird. Stark geschrieben und starkes Thema! -
Ach ja, danke, das ist die "Kollektion"-Reihe. Ich habe alle Original-Hefte gesammelt, da müsste ich mir die Aufsätze zusammensuchen. Hab aber auch schon einige Bände gelesen.
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Ich hab auch nichts gefunden, es kam nur im Zusammenhang mit "Buntschriftstellerei" vor. Das sind, wie du selbst schon weißt, die vermischten Texte, zwischen Antike und Neuzeit, die gleichzeitig den Anspruch haben, in unterhaltsamer Weise die Bildung ihrer Leser zu fördern. Aber den Eintrag Polyhistorismus finde ich auch nicht allein. Wo hast du den Begriff denn her?
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Ich habe meine Liebe zur Geschichte wieder entdeckt und mir drei Geo Epoche Hefte heraus gelegt.
Die ersten beiden handeln über "Die Deutschen". Da wird in insgesamt vier Heften (zwei sind bereits erschienen) die Geschichte vom Jahr 800 an erzählt. Gestern habe ich einen sehr interessanten Artikel über Karl den Großen gelesen.
Das dritte Heft "Die Welt seit dem Jahr 0" erzählt in 20 Geschichten 20 Jahrhunderte.
Ich fand es gestern interessant und erschreckend zugleich zu sehen wieviel ich schon mal wusste und wieder vergessen habe.
Welche Hefte sind denn das? Meinst du vielleicht die "Panorama"-Reihe? Bei der normalen GEO-Epoche-Reihe sind ja Dutzende Hefte zur deutschen Geschichte erschienen, da kann ich mich an so eine Abfolge nicht erinnern. Aber ich lese diese Hefte auch sehr gerne und habe davon schon sehr profitiert. Im Moment bin ich eher auf dem naturwissenschaftlichen Trip, aber Geschichte gehört neben Büchern über Literatur auch zu meinen Lieblingsthemen.
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Leibgeber und JHNewman, "Die Dämonen" habe ich auch schon zweimal gelesen und auch in der Übersetzung von Marianne Kegel, an der ich ebenfalls nichts zu bemängeln fand. Aber selbstverständlich kann ich das nicht mit dem russischen Originaltext vergleichen. Der Sprachstil Kegels ist flüssig und erscheint mir adäquat, deshalb habe ich genau wie du, JHNewman, niemals das Bedürfnis gehabt, die neue Übersetzung anzuschaffen. Es ist ein großartiger Roman, der wie alle Dostojevskij-Romane in eine ganz eigene Welt mit ethischen Erörterungen, die man in dieser Art selten in anderen Romanen antrifft.
"Der Meister und Margerita" ist damit nicht vergleichbar, weil er den satirischen Unterton hat und damit in einer ganz anderen Liga spielt. Aber beide Romane haben ihren hohen Rang in ihrer je eigenen Art sehr verdient. "Die weiße Garde" liegt noch auf meinem SUB, vielleicht wandert sie jetzt ein wenig höher. -
Oh ja, habe den Roman aus den Regalen meiner Eltern gezogen und in den 90ern gelesen. Er ist natürlich sehr kolonial geprägt, hat aber tolle Bilder und ein spannendes Geschehen zu bieten. Und ist eigentlich auch von der Tendenz her okay, wenn ich mich recht erinnere.
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Tatsächlich habe ich jetzt erst
mein erstes Buch für den Klassikerforumswettbewerb 2020 geschafft und endlich - nach zehn Jahren- die Joseph-Tetralogie von Thomas Mann mit "Joseph, der Ernährer" abgeschlossen.
Und das ist auch gut so, denn erst der letzte Band gibt die Zusammenschau und Pointierung der Idee. Mann wollte ja wohl den Mythen des Totalitarismus einen neu nachgedichteten positiven, die Humanität und die praktische Menschenliebe feiernden Mythos aus der Tradition des Pentateuch entgegenstellen. Das Ganze garniert mit einer schönen Portion Humor, die die Erzväter-Geschichte liebevoll ironisiert und für viele erzählerische Glanzlichter sorgt. Z.B. das "Vorspiel in oberen Rängen", das diesen vierten Band einleitet: Da schütteln die Engel immer wieder halb amüsiert, halb genervt den Kopf über ihren Chef, weil er sich von ihrem gefallenen Kameraden Rosinen in den Kopf setzen lässt und die Menschen absichtlich in schwierige und herausfordernde Situationen schickt. Auch wird erst im letzten Teil deutlich, dass es nicht nur um die Humanität geht, sondern auch darum, ganz praktisch zu denken und den mythisch-religiösen "Überbau" eher distanziert-liebevoll als allein sinnstiftend zu sehen und sich lieber auf die notwendigen Dinge, die eine Gesellschaft am Laufen halten, zu konzentrieren. So muss Joseph auch am Sterbebett seines Vaters Jaakob, obwohl er dessen lange vermisster Lieblingssohn ist, auf die Ehre eines Stammvaters der Israeliten verzichten und diese an seine Söhne Manasse und Ephraim übergeben. Er stattdessen soll als genialer Volkswirt im Gedächtnis der Menschheit weiterleben. Auch ganz klasse: Echnaton, in dessen Regierungszeit Mann kurzerhand den erwachsenen Joseph versetzt und der als empfindsamer, im Prinzip lebensuntüchtiger religiöser Schwärmer dargestellt wird, der den Sonnengott Aton kurzerhand über die ägyptische Götterwelt gesetzt hat.
Für dieses herausforderende, aber lohnende Werk gilt ein Zitat, das ich im Moment leider nicht zuordnen kann: Ehe die Bücher sich an uns bewähren, müssen wir uns an ihnen bewähren. Ich habe dazu zehn Jahre gebraucht … .
Aber es lohnt sich!
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Ach, das ist ja schön, dass ihr Lust auf diese Werkfolge habt, Zefira und Karamzin. Bei mir ist es tatsächlich das erste Mal - shame on me - dass ich die Trilogie lesen würde und gesehen habe ich sie auch noch nicht. Und wie interessant, dann auch mal den literatursoziologischen Ansatz, der wohl am Erfurter Gymnasium damals gelehrt wurde, zu besprechen. Wobei auch bei mir im Studium in Bonn in den Endsiebzigern und Anfang Achtzigern die Literatursoziologie noch eine große Rolle spielte, und ich finde, dass vieles davon gerade für ein solches Werk durchaus noch seine Berechtigung hat.
Es muss nicht gleich der August sein. Aber wir können uns ja nach dir richten, Zefira, sobald du weißt, wie es urlaubsmäßig wird. Wenn's nicht geht und du, Karamzin, vielleicht auch im Herbst könntest, dann wäre das ja auch eine Möglichkeit. Ich liebäugelte dann damit, vielleicht vorher noch seine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges zu lesen, aber die ist ganz schön dick, und Schillers Sachtextstil ist nicht so meins. Mal sehen … . -
Diese berühmte Dramenfolge von Schiller, die sich um den General aus dem Dreißigjährigen Krieg dreht, habe ich mir für dieses Jahr vorgenommen. Aber ich würde es leichter und noch spannender finden, wenn andere mitlesen würden, denn es gibt doch viel, was man bei diesen Dramen besprechen könnte. Für Mai und Juni bin ich noch gut beschäftigt, dann kommt der Urlaubsmonat, aber vielleicht hätten welche Lust, sich im Spätsommer oder Herbst an diesen wichtigen Klassiker zu wagen … . Ich würde mich freuen und bin ab August ganz frei in der Planung.
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Wurde eigentlich schon Die Wahrheit über den Fall D. genannt? Ein Krimi von Fruttero & Lucentini, es geht um Dickens’ letzten, unvollendeten Roman "Edwin Drood". Der Dickens-Text wird kapitelweise in den Roman gemischt, drumherum gibt's dann eine Krimihandlung. Ich hab’s als sehr amüsant und pfiffig in Erinnerung, aber mehr weiß ich davon nicht mehr ;-).
Das war meine allererste Leserunde im Internet, 2004 im Mutterforum. Gibt's sogar noch. Danke für die Erinnerung, war wirklich ein netter Einfall und damals hatte ich tatsächlich verdrängt, wer Captain Hastings ist, aber da gab es ja auch noch nicht die stilvolle Poirot-Serie.
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Das klingt ja echt spannend und vielleicht mal ein authentischerer Blick in die moderne Welt Afrikas als die vielen auf Exotik bauenden Afrika-Romane von Europäern.
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Dann viel Spaß damit.
Ich kehre nun von meiner unterhaltsamen kleinen Flucht ins viktorianische London zurück in Josephs Ägypten. Wobei auch Thomas Mann sehr unterhaltsam und auch witzig schreibt, wenn man sich wieder eingelesen hat. Ich hatte gerade die Szene in Joseph 4, in der Joseph - inzwischen in seinem Gefängnis schon zum Assistenten des Hauptmannes der Festung aufgestiegen - zwei hohe politische Beamte, die unter Verdacht stehen, den Pharao ermordet haben zu wollen, betreut. Wie er sie umtanzt, einerseits der Möglichkeit einer Begnadigung eingedenk, andererseits ihnen klarmachend, dass sie schon im Knast sitzen, das ist wieder schönste Mannsche Schilderungskunst mit viel Dialogwitz.
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Ach, das freut mich, hier auf soviel Gleichgesinnte zu treffen. Wobei die Szene mit der Fassöffnung, Zefira, die findet bei dem erfolglosen Künstler William Dent Pitman statt, im Beisein von Morris' Vetter, des umtriebigen, aber dennoch sympathischen Winkeladvokaten Michael Finsbury.
Ich habe viele Lieblingsszenen in diesem Buch, die, bei der ich gestern so lachen musste, war die Anlieferung der monströsen Herkulesstatue in Morris' Stadthaus, wo gerade die arme Verwandte Julia mit einem jungen Mann flirtet. Wie da das Transportunternehmen und die ganze Aktion beschrieben wird, das ist schon ein echtes Kabinettstückchen.
Aber die Plus/Minus-Liste, ja, ich glaube, das ist eindeutig nicht zu übertreffen. Ich muss schon beim Schreiben lachen .. .Ach ja, und ich lese diesen Roman auch in der "Bibliotheca Dracula", deren weitere Werke auch alle lesenswert und Klassiker sind, natürlich auch der "Onkel Silas".
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Ich hatte dringend eine große Portion schwarzen Humors nötig und habe deshalb den Roman um meine Avatargeber, die Herren Finsbury in "Die falsche Kiste" von Robert Louis Stevenson in Zusammenarbeit mit seinem Schwiegersohn Lloyd Osbourne nach langjähriger Lesepause (fünfmal habe ich es schon gelesen!) wieder hervorgekramt. Nach fünfzig Seiten an sich schon vergnüglicher Lektüre habe ich wieder einen Lachanfall bekommen, wie es kein anderes Buch bei mir erreicht. Das ist wirklich für mich das witzigste Buch der Welt. Wer's noch nicht kennt und britischen Humor schwärzester Art im viktorianischen Gewand mag, möge es dringend lesen!
Gibt's leider nur noch antiquarisch, aber das Original "The wrong box" müsste als E-Format bestimmt irgendwo gemeinfrei zu haben sein.
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Thomas Mann kan nie zu lange dauern. (Na ja: fast nie ...)
Die Lektüre ist schon ein Genuss. Aber je nach Lebenssituation eben auch sehr anstrengend, denn jeder Satz will genossen werden, dafür braucht es äußerliche und innerliche Ruhe.
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Hab jetzt endlich mit Thomas Manns Joseph 4: … der Ernährer begonnen. Mal sehen, wie lange ich an diesem Teil lese. Hat bisher alles sehr lange gedauert.
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Ich glaube auch nicht, dass es Mantel um die historische Wahrheit geht, sondern darum, wie Menschen mit Macht funktionieren und was das mit ihnen macht (Wortspiel unabsichtlich
). Mir gefallen ihre historischen Romane, weil sie trotz ihrer Länge so schön lakonisch sind. Ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll. Sie schwelgen nicht in Romantik, verbreiten sich nicht ewig über die damaligen Lebensverhältnisse, modernisieren ihr Personal nicht, sondern beruhen im Wesentlichen auf Dialogen und der Spannung, die das Ungesagte dorthinein bringt. Das klingt jetzt wenig lesefreundlich, aber ich habe alle bisherigen Bände und auch das tolle "Brüder" über die Französische Revolution verschlungen, weil Mantel gerade durch diese Lakonik Spannung aufbaut und man wirklich meint, bei den Gesprächen dabei zu sein.
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Spiegel und Licht von Hilary Mantel, der dritte Band der Tudor-Trilogie um Thomas Cromwell.
Historische Romane einer ganz anderen Dimension … .
Freu mich schon aufs Lesen -
Das Schlimme ist, dass er trotz oder gerade wegen dieses unterirdischen "Standards" von den Leuten gewählt wird.