Ich bin bei den Komödien geblieben und habe von Carl Zuckmayer "Der fröhliche Weinberg" gelesen, seinen ersten Bühnehit, uraufgeführt 1925.
Es ist eine Art Burleske um den Winzer Gunderloch, der sich zur Ruhe setzen will, daher seinen Besitz zur Hälfte verkaufen und zur Hälfte seiner Tochter vererben will, die ihn mit dem hochnäsigen Kandidaten Knuzius bewirtschaften soll. Klärchen aber liebt in Wirklichkeit den Rheinschiffer Jochen, dessen ältere Schwester Annemarie wiederum, angestellt beim Winzer, diesen liebt. Und so weiter und so weiter. Dies ordnet sich nun alles bei dem Zusammentreffen zum Verkauf des Anwesens. Interessant wird das Ganze durch das Aufeinanderprallen zweier jüdischer Handlungsreisender und einiger deutschnationaler Rassisten, die alle öffentliche Ämter bekleiden oder darauf zustreben. Hier packt Zuckmayer ganz gut die Stimmung in den Zwanzigern bei der Wurzel und zeigt auch den latenten Antisemitismus der einfachen Angestellten.
Heute mag man diese Sprüche noch nicht mal mehr im satirischen Zusammenhang lesen, und insgesamt kommt die Komödie doch nun recht zopfig rüber, was auch der rheinhessische oder -pfälzische Dialekt nicht verhindern kann.
Beiträge von finsbury
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Die erste Komödie meiner Aristophanes-Liste ist gelesen:
Die Wolken -
Als Leseprojekt für dieses Jahr habe ich mir die Komödien des Aristophanes vorgenommen, von dem ich bisher nur die "Lysistrata" in der Übersetzung von Erich Fried kenne, Dass ich die gut fand, habe ich ja oben schon geschrieben.
Nun habe ich die erste der vollständig auf uns gekommenen Komödien Aristophanes' gelesen: "Die Wolken".Hier macht sich der Autor über die Sophisten und allen voran Sokrates lustig, den er einfach mal als deren Chef darstellt. Aristophanes war ein Zeitgenosse des Philosophen, und man hat ihm später vorgeworfen, dass seine Darstellung des Sokrates in den "Wolken" dessen Verurteilung zum Schierlingsbecher beeinflusst habe. Jedoch fand diese Verurteilung erst viel später statt, und viele Fachleute streiten den Zusammenhang ab.
Dennoch, Aristophanes geht hier nicht auf die tiefen philosophischen EInsichten und die maieutische Methode des Sokrates ein, sondern auf die zielgebundene Rhetorik der Sophisten, die sich auch in den Dienst der ungerechten Sache stellt.
Der Bauer Strepsiades ist hoch verschuldet, weil sein Sohn Pheidippides dem Pferdesport frönt. Um den Schuldigern zu entkommen, will er die Rhetorik der Sophisten erlernen, damit er diesen durch winkeliges Argumentieren ihren Anspruch auf Bezahlung verwehren kann. Aber bei seiner Vorstellung in der "Denkbude" des Sokrates stellt er sich so dumm an, dass dieser seine weitere Ausbildung ablehnt. Stattdessen schickt der Bauer nun seinen Sohn dorthin, der dies alles ja auch verschuldet hat. Der lernt auch die windige Argumentation, wendet diese aber auch gegen den Vater. Enttäuscht brennt Strepsiades die Denkbude ab.Und die "Wolken"? Sie sind nach der Komödienfigur des Sokrates die Göttinnen der neuen Zeit. Zeus und seine Götterfamilie existieren nicht, aber die Wolken gießen Redetalent und damit einhergehenden Erfolg aus. Die Wolken bilden den kommentierende Chor und zeigen am Ende, dass sie doch Recht und Gerechtigkeit sowie die alten Götter verteidigen.
Recht derb und zotig ist die Komödie, die ich in der Reclam-Übersetzung von Otto Seel gelesen habe. Gegenüber Lysistrata fällt sie in meinen Augen ab, ist aber amüsant zu lesen. -
Ich habe mit meinem diesjährigen Projekt, den Komödien des Aristophanes, begonnen.
Mein erstes Werk sind "Die Wolken", die die Sophisten und auch Sokrates auf die Schippe nehmen. -
Ein japanisches Buch lese ich momentan, "Geständnisse" vo Kanae Minato. Nur oberflächlich ein Krimi, eigentlich eine schneidende Analyse vom Leben in einer Leistungsgesellschaft.
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Leibgeber, die Romane der Brontes habe ich in den Neunzigern alle gelesen. "Villette" fand ich von der Thematik un dem Setting her recht spannend.
Den Monteverdi-Roman habe ich heute zu Ende gelesen und habe im Nachhinein, auch wenn zwischendrin die Opern-Beschreibungen in meinen Augen sehr langatmig waren ( im Gegensatz zu sinfonischer und Chormusik mache ich mir aus Opern recht wenig), großen Gewinn aus dem Buch gezogen, weil es eine mir bisher nicht so bekannte Epoche (Spätrenaissance und Frühbarock) mit dem politischen und kulturellen Leben sehr nahebrachte. Da werde ich später Weiteres zu lesen.
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ob andere die toll finden, weiß ich nicht. SIe sind aber beide sehr bekannt und zumindest oft gekauft worden:
Yuval Harari: Eine kurze Geschichte der Menschheitbeeindruckte mich nicht aufgrund der aufgeführten Fakten, de allgemein bekannt sind, sondern wegen der interessanten Zusammenschau und Interpretation.
Florian Illies: 1913: Der Sommer des Jahrhunderts ist im deutschen Sprachraum ungefähr genauso bekannt. Auch hier ist es die Zusammenschau, diesmal nicht im menschheitsgeschichtlichen Zusammenhang, sondern im Detail, die die Lektüre so interessant macht -
Ich hatte viele schöne Bücher.
Das kann ich genauso unterschreiben.
EIniges aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, darunter, wie von mir hier auch ausführlich dargestellt, herausragend Gabriele Tergits "Effingers" und die Autobiografie des auch aus dem Rhein-Main-Gebiet stammenden Carl Zuckmayer "Als w#r's ein Stück von mir".
Die drei Nestroy-Komödien haben Spaß gemacht und viel WIener Lokalkolorit vermittelt. An zeitgenössischer Literatur fand ich wie Lauterbach "Dunkelblum" von Eva Menasse am eindrucksvollsten, dagegen weniger ansprechend "Es geht uns gut" von Arno Geiger, das zum Teil den gleichen Zeitraum umfasst. Ach ja, Michail Bulgakows "DIe weiße Garde" im Frühling 2022 fand ich besonders berührend vor dem Hintegrund des gerade ausgebrochenen Ukraine-Krieges. DIe zweite Leserunde hier zu Laxness' "Das wiedergefundene Paradies" hat bei uns Teilnehmern nicht so die ganz große Begeisterung widergespiegelt. Da gibt es Besseres vom isländischen Meister. Ach ja, und ganz viel Spaß hat mir der zweite Band der Barchester-Chronicles von Anthony Trollope gemacht "DIe Türme von Barchester". Außerdem bin ich froh, dass ich endlich mein "Ahnen"-Projekt (Gustav Freytag) vollendet habe. Es war zwar insgesamt gesehen recht zopfig, aber ich habe einiges über Zeitenläufte an Orten gehört, über die ich nicht so viel oder gar nichts wusste.
Dazu kamen zwei tolle Sachbücher und einige gute Krimis. Der Rest war Entspannungskonsumkost.
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Vor Jahren hat Zefira hier den Monteverdi-Roman "Divino Claudio" von Lazlo Passuth vorgestellt. Den habe ich mir deshalb damals antiqarisch angeschafft (eine schöne alte Leinenausgabe aus dem VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig) und lese ihn nun. Den Anfang fand ich ein bisschen zäh, da das Buch keinerlei Anmerkungen hat und vieles an musiktheoretischem Wissen sowie spezieller Renaissancegeschichte voraussetzt, was mir bisher unbekannt war, aber das Lesen lohnt sich. Man lernt auf unterhaltsame Weise sehr viel über das kulturelle Leben an einem Renaissance-Hof (Mantua unter VIncenco I. Gonzaga) und eben über den Übergang von der Renaissance zum Barock in der Musik. Es geht für mich langsam weiter, mittlerweile habe ich zwei Drittel des Buches bewältigt, weil ich zwischendrin ganz viel Musik dazu höre und Geschichtliches sowie Musiktheoretisches recherchiere. Im Nachhinein vielen Dank für den Lesetipp, Zefira.
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HIer ist alles völlig offen, die Listen dienen nur dem persönlichen Ansporn und gemeinsamen Austausch, sind also nicht Grundlage eines eigentlichen Wettbewerbs.
Ich werde auch erst im Laufe des Jahres entscheiden, was ich weiterhin lese, fange erstmal mit einer Liste mit Aristophanes-Komödien an.
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Aristophanes: Komödien
Aristophanes: Die Wolken 01/23
Aristophanes: Der Frieden11/23
Aristophanes: Die Vögel 12/23
Aristophanes: Lysistrata
Aristophanes: Die Frösche
Aristophanes: Frauen in der Volksver-
sammlung
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und eine letzte Tragödie der großen Drei:Euripides: Helena 03/23
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Hier können wir miteinander über unsere Vorhaben und Lesefrüchte schreiben.
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Hier ist der Anmelde-Thread für den Wettbewerb 2023. Bitte nur die Listen posten und pflegen. Für Kommentare und Diskussionen eröffne ich einen anderen Thread.
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Genauso ist es, Zefira! Als ich gestern auf meine Liste für 2022 im Listenthread gesehen habe , die aber auch sehr kurz ist, konnte ich feststellen, dass ich doch alles geschafft habe. Ich werde mir auch für nächstes Jahr nicht so viel vornehmen, man kann ja auch immer noch nachposten.
Dann lege ich die Threads mal an.
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Huhu, möchtet ihr einen neuen Klafo-Wettbewerb? Dann richte ich die beiden Threads für 2023 ein.
Ich würde wieder mitmachen , wenn ich auch nicht sehr erfolgreich mit meinen Unternehmungen in diesem Jahr war. Aber ab Mitte nächsten Jahres beginnt die Berufsfreiheit, dann kann ich endlich mehr selbstbestimmt lesen.
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Hm ... "Sweet", meines Wissens, oder? Bei Keats und bei Pym (wobei ich letztere nur dem Namen nach kenne), oder?
O je, da muss mir ja der Schweiß vor Scham über die Stirn fließen
. Danke für den Hinweis, sandhofer.
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Mein vorletzter Roman von Barbara Pym, der auf Deutsch erschienen ist:
Das Täubchen
SIe hat ihn als letzten 1978 veröffentlicht. Der TItel resultiert aus einem Gedichtvers von Keats: "The sweet dove died", wie auch der Originaltitel lautet.
Leonora Eyre, eine elegante und unabhängige Endvierzigerin, lernt einen älteren Herrn und seinen jungen Neffen James, beide Gentleman-Antiquare, kennen und verguckt sich in den letzteren. Sie führen eine Art platonische Liebesbeziehung, die von Leonora aus zwanghafter wird, als sie entdeckt, dass James ein Verhältnis mit einem jungen Mädchen und später ein noch deutlich emotionaleres zu einem jungen Amerikaner hat. Sie versucht ihn an Fesseln zu legen, wie Keats das Täubchen im Gedicht, wodurch die Beziehung ihre Leichtigkeit und Unschuld verliert und scheitern muss. Selbst als James' amerikanischer Lover abgereist ist, gelingt es den beiden nicht mehr, das vorherige Verhältnis wieder aufzunehmen.
Mir hat dieser Roman nicht ganz so gut gefallen wie die anderen, weil mir die Charaktere fremder blieben als in den sonstigen Pym-Romanen. Aber dieses Beherrschte, Melancholische macht auch in diesem kleinen Werk einen besonderen Reiz aus. -
Mir macht deine Besprechung, Krylow, auch Lust, mir den "Zauberberg" in meiner ab MItte nächsten Jahres anstehenden Zeit der Freiheit wieder vorzunehmen. Ich habe ihn in meinen Studienzeiten im Rheinland mit großem Gewinn gelesen, und deshalb ist er auch fest verbunden mit einem Zitat aus dem BAP-Song: "Wenn et Bedde sisch lohne däät":
Für die zwei Philosophe, die schänge enn ’nem Elfenbeinturm, enn Klausur,
Die sick Minschejedenke sich zänke – uss Erbarmen e’ Stoßjebet nur,
Damit meinte Wolfgang Niedeggen die beiden sich ewig streitenden Naphta und Settembrini.
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Ich habe tatsächlich schon vor Jahrzehnten drei Romane von ihm gelesen, die in meinem ersten Beitrag genannten außer "Zazie in der Metro". Sie sind alle witzig und sprachlich oft virtuos, aber wie geschrieben, na ja ... . In den Siebzigern und Anfang-Achtzigern sah man das vielleicht noch anders.
Einige der "Stilübungen", die du, Zefira, oben erwähnst, sind auch in dem kleinen Sammelbändchen. Die fand ich lustig und originell. -
Raymond Queneau lebte von 1903 bis 1976 und war ein französischer Schriftsteller, der sich im Umkreis der Surrealisten um André Breton bewegte und später eher im linken Spektrum unterwegs war.
Er veröffentlichte recht viel. Berühmt wurde er für seinen Roman "Zazie in der Métro", der auch verfilmt wurde. Er hat aber z.B, auch einen experimentellen Lyrikband "Hunderttausend Milliarden Gedichte" veröffentlicht, bei denen er eine Anzahl von Gedichten in Verszeilen schneiden ließ, was zu dieser unglaublichen Kombinationsdichte führte. Interessant, was da trotzdem immer wieder an interessanten Kombis rauskommt, in Deutsch bei Zweitausendeins erschienen.
Seine Texte spielen mit der Sprache und der Verblüffung von ungeahnten Kombinationen und inhaltlichen Wendungen. Auch die Erotik spielt eine große Rolle in seinen Romanen. "Das intime Tagebuch der Sally Mara", "Man ist immer zu gut zu den Frauen" und "Sonntag des Lebens" sind gut zu lesen, aber aus heutiger Sicht ziemlich problematisch, was die Sicht auf Frauen angeht.
Im Wagenbach-Verlag erschien 2005 eine kleine Auswahl seiner Texte unter dem Titel "Unwahrscheinliche Flausen bekehrter Sodomiten". Sie zeigen sowohl - selbst in der Übersetzung merkbar - die sprachliche Virtuosität dieses Autoren, aber auch die Zeitgebundenheit und heute schwer erträgliche Einstellung gegenüber Frauen. Ein interessanter Autor, ob er langfristig überlebt, wird sich zeigen.