Beiträge von finsbury

    So sehe ich das auch! Goethe am Stück vernichtet ein wenig den Wert des einzelnen Werks.
    Davon ab bin ich im Moment dem 20. Jahrhundert untreu geworden und lese einen portugiesischen Roman aus dem Ende des 19. Jahrhunderts.

    "Die Reliquie" von José Maria Eca de Queiros: eine Satire auf Bigotterie und die Verflechtungen von Geistlichkeit und Adelsgesellschaft sowie als Traum eingefügt eine sehr merkwürdige Passionsgeschichte Jesu Christi über 100 Seiten. Bin noch nicht ganz quitt, ob ich das Buch mag oder nicht.

    b.a.t. , das wird uns wohl allen dreien so gehen, denn ab Mai kommen ja die Reisemonate. Wenn wir uns pro Monat eine überschaubare Anzahl Kapitel vornehmen, die uns nicht tagelang an das Buch binden, müsste das trotzdem klappen. Nehmen wir es einfach als Langzeitprojekt.
    Insgesamt haben beide Bände 161 Kapitel. Wenn man das durch sieben Monate teilt, kommt man auf 23 Kapitel pro Monat. Das sind in meiner Ausgabe so 100 - 140 Seiten pro Monat. So könnten wir das gliedern. Dann bleibt genügend Zeit für andere Lektüre und Reisen.


    ich habe übrigens eine Billigausgabe aus dem "Anaconda"(!)-Verlag, überlege aber, ob ich mir eine kommentierte Ausgabe zulege. Könnt ihr da was empfehlen?

    Joo, der Törleß ist gut, steht jetzt aber ehrlich gesagt nicht auf meiner Reread-Liste ganz oben an. Und 2000 Seiten Musil würden ja auch erstmal reichen :spinnen:.

    Sollen wir dann vielleicht im Mai starten und es langsam angehen lassen, Zefira und b.a.t. ? Dann könnten wir vor der Reisesaison noch reinkommen und hätten nach dem Sommer immerhin schon mal einen Packen weg. Ich habe mir die Kapitellänge noch nicht angeschaut, b.a.t. , aber das ist ja ein sehr guter Hinweis, dann könnten wir uns immer wochenweise eine bestimmte Anzahl vornehmen oder auch bezogen auf den Monat, so dass jede/r den eigenen Rhythmus finden kann bzw. sich auch mal vom Musil wegbewegen kann.

    Ich hätte auch richtig Lust auf eine Leserunde hier. Die letzte ist einige Jahre vorbei ... .

    Oh, das wäre schön, Zefira! Ich habe auch nicht vor, das Buch auf einen Satz durchzulesen, eher so wie damals mit dem Cervantes, eine bestimmte Leseportion pro Tag, dann wird das eher was bei mir. Da ist dann genügend Zeit auch mal für Reisen dazwischen. Und wenn das Jahr nicht ausreicht, ist auch nicht schlimm, aber beginnen würde ich ganz gerne so, dass man theoretisch die Chance hätte ... .

    Wir haben schon ewig lang nichts mehr miteinander gelesen, was ich sehr schade finde. Deshalb möchte ich es mal wieder versuchen und zwar mit dem Jahrhundertroman von Robert Musil "Der Mann ohne Eigenschaften" (ab 1930). Dieser Roman ist so komplex, dass man bestimmt mehr davon hat, wenn man ihn gemeinsam liest.

    Worum geht es?


    Im Mittelpunkt der in der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie angesetzten Handlung steht Ulrich, ein junger Intellektueller auf der Suche nach sinnvoller und ihn ausfüllender beruflicher und privater Existenz, der in vieler Hinsicht Züge von Musil selbst trägt. Von Umständen getrieben und mit ihnen experimentierend, wird Ulrich zum Mitakteur in einer Parallelaktion, in der einflussreiche Kreise der Donaumonarchie das 70. Thronjubiläum von Kaiser Franz Joseph im Jahr 1918 vorbereiten. Dieses soll gegenüber dem für dasselbe Jahr zu erwartenden 30. Thronjubiläum des Deutschen Kaisers Wilhelm II. keinesfalls an Glanz und Ausstrahlung zurückstehen.

    Warum sollte man ihn lesen oder wieder lesen?


    Dazu gibt es einen interessanten Artikel : "Der Mann ohne Eigenschaften" entschlüsselt die Moderne.


    Wann könnten wir das Projekt in Angriff nehmen?


    Diesen Roman habe ich mir im Rahmen meines 20. Jahrhundertprojektes als besonderes High-End-Werk vorgenommen und würde mich sehr freuen, wenn eine/r oder mehr mitlesen würden. Im Zeitrahmen bin ich relativ flexibel, würde den Roman aber gerne noch in diesem Jahr beenden. Da er so umfangreich und auch durchaus anspruchsvoll, wenn auch auf den ersten Blick recht gut zu lesen ist, würde ich schon ein halbes Jahr veranschlagen, d.h. spätestens Anfang Juli würde ich einsteigen wollen.


    Bewegt den Plan mal in eurem Herzen und gebt euch einen Ruck. Es wäre toll, wenn wir dadurch hier auch wieder ein bisschen mehr Frequenz hätten. pchallo

    Vielleicht hat jemand aber auch einen anderen Vorschlag. Ich wäre auch zu anderen Werken bereit, fände aber diesen Roman besonders lohnend.

    Die autobiografischen Erzählungen von Helga Schubert im Band "Vom Aufstehen" beschäftigen sich mit achtzig Jahren deutsch-deutscher Geschichte und dem ganzen individuellen Lebensschicksal der Autorin. Für die letzte (Titel-) Erzählung hat Schubert den Ingeborg-Bachmann-Preis von 2020 gewonnen und entschloss sich, diese durch weitere Erzählungen zu einem Band zu arrondieren, nachdem sie wohl sehr lange Zeit nichts Größeres veröffentlicht hatte.
    Die Erzählungen geben Einblicke in ihr Leben als Kriegskind mit Fluchtschicksal, ihr Aufwachsen in der DDR und das dortige Leben als Buchautorin. Insbesondere beschäftigt sie sich aber immer wieder mit ihrer Mutter, die von hoher Egozentrik gewesen sein muss und außerdem ein sehr loses Verhältnis zum Geld hatte, was dazu führte, dass die Tochter auch noch sehr spät für die Schulden ihrer Mutter geradestehen musste. Die Mutter wurde 101 Jahre alt und traumatisierte das Leben ihrer Tochter nachhaltig, auch indem sie deren Lebensanspruch bagatellisierte und sie immer wieder in ihren Leistungen und ihrem Wesen demütigte. Mit diesem Teil der Erzählungen habe ich mich nicht so gerne beschäftigt, weil mir die Thematik nicht liegt. Sonst fand ich das Buch sehr interessant und voller dichter Bilder und sinnlicher Beschreibungen von Landschaften, Düften, Stimmungen und Situationen.


    In meine 20. Jahrhundert-Liste habe ich das Buch unter der Rubrik -Belletristik aus dem 21. Jahrhundert, die sich mit dem vorherigen beschäftigt - untergebracht.

    Vielen Dank, @b.a.t..Der Waugh klingt so, als ob er mir auch gefallen könnte. "Wiedersehen in Brideshead" hatte mich damals nicht wirklich vom Hocker gerissen. Aber warum nicht, weiß ich nicht mehr.
    Vom Schlegel, F. habe ich noch nichts gelesen, vom Bruder vielleicht ein, zwei Aufsätze während des Studiums.

    Für die 30er Jahre kann ich bei andere Literaturen einen weiteren klassischen amerikanischen Krimi eintragen:


    Dashiell Hammett: Der Malteser Falke


    Jetzt muss ich erstmal wegen eines Lesekreises in unser Jahrhundert zurück, ehe ich hier bei meinem Projekt weitermachen kann. Allerdings bezieht sich das wohl sehr autobiografische Werk zum großen Teil auch auf das vergangene Jahrhundert: Helga Schubert: Vom Aufstehen.

    finsbury ich werde berichten :) bis jetzt fällt mir vor allem auf, mit welchem Biss er schreibt, wie er die englische High Society auf die Schippe nimmt.


    Im Rahmen dessen habe ich mir auch Bücher von Feuchtwanger gekauft, von dem ich bisher noch gar nichts gelesen habe.

    Vielen Dank im Voraus.

    Feuchtwanger mag ich sehr! Die Wartesaal-Trilogie ist eines meiner liebsten Werke.

    In den Dreißigern bin ich ja auch gerade mit meiner Hammett-Lektüre.

    Mir ist dabei wieder einmal aufgefallen, wie anders doch das /Er)leben in den USA zu dieser Zeit (Endzwanzigern und Dreißigern) war als hier in Europa oder sich zumindest in der Literatur spiegelt. Die Massenarbeitslosigkeit zu Beginn der Dreißiger Jahre als Folge der Weltwirtschaftskrise betraf zwar die Länder diesseits und jenseits des Atlantiks, aber während hier die Weltwirtschaftskrise und auch schon die Folgen des 1. Weltkriegs zu massiven politischen Auseinandersetzungen bis hin zu Straßenschlachten und dem Aufkommen faschistischer Systeme führte, sind es in den USA in den Zwanziger Jahren als Folgen des Kriegsgewinns ohne materielle Einbußen durch Zerstörungen ein zunächst beispielloser Aufschwung und Vermögensbildung für viele mit entsprechender hedonistischer Lebensführung, ehe es infolge der Prohibition und später des Börsencrashs zum Verfall des Rechtssystems (falls es vorher überhaupt schon gefestigt war) mit korrupten kommunalen Strukturen und einer weitgehenden Verbreitung von Wirtschaftsverbrechen in Form von organisierter Kriminalität kam. Dies zeigt sich in den Hammett-Krimis und auch in seiner Biografie . Aber das ist natürlich ein ganz kleiner Ausschnitt.

    Dennoch wird mir in letzter Zeit durch einige Autoren und Sachbücher immer klarer, dass auch die sogenannte westliche Welt viel unterschiedlicher in ihrem historischen Erleben und Gedächtnis ist, als ich mir bis dato klar gemacht habe.
    b.a.t., bin also durchaus interessiert daran zu erfahren, welche englischen Erfahrungen sich in Waughs Werk widerspiegeln. Ich kenne bisher nur "Wiedersehen mit Brideshead", dessen Lektüre aber auch zu lange her ist, als dass ich mich an Einzelheiten erinnern könnte.

    Apropos USA / 20. Jhdt: Schon als Schüler mussten / durften wir Sinclair Lewis' masterpiece "Babbitt" (1922) (in der Originalsprache (!) lesen, für das der Autor den Pulitzerpreis erhielt.

    Noch heute, ca. 60 Jahre später, lese ich das satirisch-humorvolle Werk über das damalige US-Kleinbürgertum immer wieder gern.

    Der "Babbitt" steht auch auf meiner To Read-Liste für dieses Jahr. Habe bisher "Benzinstation" und "Das ist bei uns nicht möglich" von Lewis gelesen und beide, insbesondere das Letztere, als gut befunden.

    Die Bände 1 bis 3 habe ich gerne gelesen, weil die Gesellschaftsszenen mit ihren ironischen Schlaglichtern mich für die "wirren Gedanken" entschädigte. Ab Band 4 habe ich mich mehr oder weniger nur noch hindurch gequält, weil da die Liebesbeziehung mit all ihren Zwängen in den Vordergrund gelangt.

    Herzlich willkommen auch von mir, nacarina. Wie sandhofer schreibt, schau dich am besten mal um und knüpfe dann irgendwo an, wo es dir gefällt. Oder du schreibst über das, was du gerade liest oder gelesen hast. Wir freuen uns auf neue Anregungen und Diskussionen.

    Leibgeber, diese Grenze zwischen Unterhaltungs- und Hochliteratur ist ja hier bei uns in Europa auch viel stärker verankert als in den USA. Vielleicht hat es im Falle Hammetts auch damit zu tun, dass er damit begonnen hatte, seine Storys in dem pulp fiction-Magazin "The black mask" zu veröffentlichen. Ich weiß ja nicht, wo Faulkner angefangen hat, aber könnte mir vorstellen, dass hochnäsige Literaturkritiker aus diesen Anfängen bestimmten Autoren für immer einen Strick drehen. Außerdem ist es wohl schwierig, zu belletristischen Ehren zu kommen, wenn man ein Genre bedient, das zur Unterhaltungsliteratur gehört.
    Ich weiß nicht, ob ich deine anderen Vorschläge so mögen würde, eigentlich liegen mir amerikanische Krimis nicht so. Aber wahrscheinlich ist das auch nur ein Vorurteil. An Hammett gefällt mir besonders das Lakonische und die - ich nenne sie mal Nebenher-Charakterzeichnung - die er den anderen Gestalten im Roman angedeihen lässt: oft nur wenige Wörter über Aussehen und Verhalten und du hast den ganzen Typus vor Augen. Auch wie diese Stadt - Peaceville/Pissville geschildert wird, ist großes Kino.

    Im Rahmen meines 20. Jahrhundert-Projekt versuche ich auch ein paar Klassiker der Unterhaltungsliteratur dieses Jahrhunderts kennen zu lernen und habe mir dafür einige "klassische" amerikanische Krimis aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts ausgewählt. Begonnen habe ich mit Dashiell Hammet: Rote Ernte.
    Ich hatte zuvor gedacht, dass das sehr hard boiled sei, aber nein, sehr kühl und dennoch spannend erzählt, auch nicht chauvinistisch bisher. Mal sehen, was noch weiter kommt.

    Mit der Erinnerung geht es dir wie mit, Lauterbach. Obwohl ich mich während der Lektüre nicht persönlich mit der Religion auseinandergesetzt habe und hatte, wirkt das Buch bei mir dennoch nach, weniger wegen der Handlung, die ja erstens kaum stattfindet und wenig spektakulär ist, als wegen des Gefühls, dass die Hauptperson wirklich authentisch wirkt. Ich nehme Hans seine Verletzungen und Empörungen ab und kann seine, wenn auch oft überzogen wirkenden Handlungen nachvollziehen, wenn sie auch nicht meiner Reaktions- und Handlungsweise entsprechen würden.