Beiträge von finsbury

    Hallo,


    Triptychon von Frisch beendet. Na ja ... .
    Beginne heute: "Blaubart" vom selben Autor, Erzählung von 1981/82


    finsbury


    Hallo Leibgeber,

    Zitat von "Leibgeber"

    Und inzwischen versteh ich, alt und grau geworden, die dämonische Reise ins Herz der Finsternis ja auch besser


    Dann wird dir "Das Ende vom Lied" vermutlich auch mehr sagen als als junger Hüpfer. Mir erging es jedenfalls vor drei Jahren so.


    Was im Übrigen ist so verwerflich daran, Name, Kaufdatum und Gelesen-Zeitraum in ein Buch einzutragen?
    Mache ich - zwar mit Bleistift, damit ich es bei Nichtgefallen weggeben kann - auch. Du hast doch auch von den Informationen profitiert?!


    finsbury

    Triptychon,


    dreiteiliges Theaterstück von Max Frisch. Hat den gleichen Themenkreis wie "Der Mensch erscheint im Holozän": Sinn des Seins, Vergänglichkeit und Tod. Bisher ganz interessant, aber noch sehr in der Tradition des absurden Theaters.


    finsbury

    Auch beendet,


    zunächst zu Herrn Geisers Versuch, das Tal zu verlassen (?).
    Gerade weil diese Unternehmung vorher überhaupt nicht erwähnt wird, erhält sie eine besondere Stärke. Ohne irgend jemanden zu informieren, ja bedacht auf Verschwiegenheit, bricht Herr Geiser auf, ob nun um sein Tal zu verlassen oder nur einen Blick ins Nachbartal zu werfen, wird nicht deutlich artikuliert.
    Aber was für eine Beschreibung! Jeder, der gerne im Gebirge wandert, wird diesen Textabschnitt als Kabinettstück der Erzählkunst empfinden: Orientierung, (mangelnde) Versorgung und körperliche Reaktion werden dicht verwoben. Besonders der Abstieg im Dunkeln zurück ins heimatliche Tal ist sehr intensiv geschildert: Man ist wirklich dabei.
    Nach dieser heftigen körperlichen Anstrengung, die zeigt, dass Herr Geiser bisher durchaus noch von seiner Leistungsfähigkeit her Herr seines Schicksals war, folgt der Zusammenbruch.
    Wenn bisher sporadisch Wiederholungen in den handschriftlichen Zetteln vorkamen, werden diese nun stärker, die Themen scheinbar abgelegener. Aber dass sich Geiser besonders mit Erosion, mit dem Aussterben der Dinosaurier beschäftigt, weist ja auf sein Ende, die Erosion seines Geistes, dessen Absterben hin.
    Er verweigert sich nun völlig seinen Mitmenschen und möglicher Hilfe. Hat er bei seinem "Ausbruchversuch" noch aktiv mit der Möglichkeit gespielt, seine Situation zu ändern, lehnt er nun auch jeden Versuch ab, ihm zu helfen: er verschließt sein Haus, schüttet die neu gebrachte Minestrone weg, ja tötet sogar den Salamander und schließlich auch seine Katze Kitty --> Ein Versuch, tabula rasa zu machen?
    Als seine Tochter kommt, ist er schon längst das Opfer eines irreparablen Schlaganfalls, er nimmt nun nur noch passiv wahr.


    Eine tolle Erzählung!


    finsbury

    Hallo,


    Scott hat hier zwar schon oft Erwähnung gefunden, es fehlt aber noch ein allgemeines Thema, wo man über seine Romane sprechen bzw. diese vorstellen kann.


    In den letzten Wochen habe ich sein "Herz von Midlothian" gelesen.
    Der Roman erschien 1817 und gehört zu seinen historischen Romanen, die in der ersten Hälfte des 18.Jahrunderts und überwiegend in Schottland spielen, wie z.B. auch das berühmte "Waverley", mit dem er die Gattung des historischen Romans begründete.




    Der Roman verkreuzt zwei Handlungsstränge, die sich auf reale Begebenheiten stützen:
    Zum einen gab es 1736 den sogenannten Porteous Riot in Edinburgh, ein Aufstand der Edinburgher Bevölkerung gegen einen englischen Offizier, der während einer Hinrichtung von Schmugglern in die darüber empörte Menge schießen ließen. Mit diesem Ereignis verbunden wird der Gang einer jungen Schottin zum englischen Königshaus, um eine Begnadigung ihrer Schwester zu erreichen, die wegen Kindsmordes gehängt werden soll. Der Titel bezieht sich übrigens auf das alte Edinburgher Gefängnis, ein zentraler Handlungsort des Romans, das in der Bevölkerung so genannt wird. Midlothian ist die Region um Edinburgh.


    Der Roman stellt sehr farbig und - soweit ich das nach meinen Quellen beurteilen kann - äußerst gut recherchiert die Ereignisse und die Stimmung in Schottland, insbesondere in Edinburgh und den Lowlands, nach dem erzwungenen Anschluss an England dar. Dabei bleibt Scott durchaus auch seinen eigenen Landsleuten gegenüber recht objektiv, zeigt Licht- und Schattenseiten ihres Verhaltens auf. Besonders die erste Romanhälfte ist dabei auch oft sehr humorvoll, so in der Schilderung eines Kaufmanns für Pferdegeschirre, Mr. Bartoline Saddletree, der sich als Hobbyjurist aufspielt und auf komischste Art die juristische Fachsprache verballhornt, sowie "Douce Davy Deans", der Vater der beiden Schwestern und extremer Camerionianer, ein Vertreter einer Art schottischen Freikirche mit sehr rigorosen Moralvorstellungen.
    Jeany Deans, die eigentliche Heldin des Romans, deren Schwester am Kindsmord unschuldig ist und durch eine dunkle Intrige ihr Kind verlor, nachdem sie von einem adligen Schmuggler schwanger wurde,
    bringt es nicht fertig, ihre Schwester durch eine kleine Unwahrheit vor Gericht zu retten, weil das ihren Glaubensprinzipien widerspricht, wandert dann aber nach London, um eine Begnadigung zu erreichen. Sie gehört zu den schwächsten Figuren des Romans, weil sie kaum einen Bruch in ihrem Charakter hat, sondern ein unwahrscheinlicher Gutmensch ist. Auch das Ende des Romans, der sich nach der eigentlichen Auflösung noch ziemlich zieht, ist eher schwach, denn da werden die Guten belohnt und die Bösen oder Schwachen auf ziemlich aufdringliche Art bestraft.


    Insgesamt bietet das Werk aber doch ein Panorama unterhaltsamer Charaktere in durchaus englischer Tradition, oft zum Beispiel mit Passagen von Fielding vergleichbar.


    Ob ich so schnell Weiteres von Scott lesen werde, bezweifle ich, aber die Lektüre hat sich grundsätzlich schon gelohnt.


    finsbury

    Nun ja, die Lexikon-Abschnitte mit der Geologie lese ich nur seeehr oberflächlich :redface:.


    Na, das kannst du mit den entsprechenden Passagen im Wilhelm Meister ja auch machen. Die werden außerdem wissenschaftlich gesehen wohl recht veraltet sein, während Herrn Geisers Textausschnitte zur Morphologie der Alpen und zur glazialen Serie mehr oder weniger dem Stand der Forschung entsprechen, den ich noch in den Achtzigern studiert habe. Da haben sich in den letzten 60 Jahren wenig neue Erkenntnisse ergeben, während Goethe noch nichts von Plattentektonik (also der Verschiebung der Kontinental- und Ozeanböden) wusste.


    finsbury

    Hallo,
    habe nun auch weiter gelesen.


    Zunächst zum Titel: Das Holozän begann laut Internetquelle vor ca. 11.000 Jahren v.u.Z.. Die Abtrennung der menschlichen Linie von unseren gemeinsamen Vorfahren mit den Menschenaffen und das Entstehen menschlicher Eigenschaften begann bereits vor 1.5 Mio. Jahren (z.B. Olson).


    Frisch selbst lässt später seinen Protagonisten das Pleistozän als Entstehungszeit angeben, aber ich glaube nicht, dass es eine bewusste Irreführung des Lesers ist, sondern dass mit dem Holozän das Auftauchen des Menschen als bewusstem Menschen mit der Möglichkeit zur Reflektion und Geschichtlichkeit gemeint ist.


    Nun habe ich etwas weniger als die Häfte des Textes gelesen und verstehe jetzt auch eure Kommentare zu Geiser besser.


    Vorher aber eine Frage: In meiner Werkausgabe steht auf Seite 219, das entspricht ungefähr der 12. Textseite:
    "Herr Weiser glaubte nicht an Sintflut."
    Ich denke, das ist ein Tippfehler, wollte aber nochmal mit euch vergleichen.


    Zu josmar und anderen:


    Ich denke schon, dass diese Erzählung viel mit dem Reflexionsstand alter, abgeklärter Menschen zu tun hat.
    Aus dem, was ich im Gespräch mit alten Menschen oft erfahren habe, entnehme ich, dass sich bei vielen eine Distanz zur Welt einstellt, ein Sichfügen in das von ihnen als unabänderlich Erlebte. So vergewissert sich auch Geiser seiner bzw. der Stellung des Menschen, des Weltausschnittes in dem er lebt, im Ganzen, bleibt aber gegenüber dem eigenen Schicksal zumindest bis jetzt ziemlich unberührt.
    Z.B. überlege ich, was er überhaupt isst, da er das ganze Eingefrorene und Angetaute den Dorfbewohnern geschenkt hat und vieles von den Konserven nicht essen mag. Die Katze Kitty muss hungern, das wird deutlich, doch wie es ihm in dieser Beziehung geht, erfahre ich auf den ersten fünfzig Seiten nicht.
    Inzwischen habe ich natürlich auch erlesen, dass Geiser seine Texte aus Büchern ausschneidet und anheftet, ein Verfahren, für das er sich selber ein wenig schämt und wobei er sich nicht ertappen lassen will. Dennoch finde ich auch weiterhin nicht, dass diese Texte und seine handschriftlichen Versicherungen zufällig sind. Sie orientieren sich an seiner Welt, der Entstehung der ihn beherbergenden Gebirgslandschaft, seiner Selbstvergewisserung bezüglich seines Gedächtnisses und seiner Leistung sowie an Umwelteindrücken, die er unmittelbar erlebt, wie dem Auftauchen der Feuersalamander in seiner Wohnung.
    Wenn ich schrieb, dass Geiser für Frisch nicht die Abschilderung eines realen Charakters bedeutet, sondern paradigmatisch sein soll, heißt das nicht, dass dieser Charakter nicht nachvollziehbar sein kann. Ich muss zur Zeit selbst miterleben, wie alte Menschen versuchen, sich ihrer selbst und ihrer Umgebung zu vergewissern und finde in diesem Text viel Entsprechendes, auch und gerade darin, dass sich diese Selbst- und Umweltvergewisserung immer loser gestaltet.


    finsbury


    [ Das Flötenkonzert von Vivaldi, das mir im Moment am meisten hilft ist allerdings RV 439: Concerto g-moll »La Notte« op. 10 Nr. 2 – da meine Mutter vor kurzem gestorben ist, bin ich wohl zur Zeit eher auf moll gestimmt.


    Lieber Hubert,


    das tut mir sehr leid für dich.


    Was übrigens zu dieser traurigen, melancholischen Stimmung passt und mich damals etwas getröstet hat, ist Vivaldis Konzert "Per eco in lontano" (RV 552), das wie "La notte" zu den Concerti con tioli gehört: Falls du es noch nicht kennst: Hier spielen zwei Violinen im Duett, wobei die zweite aus der Ferne erklingt: Das passte für mich genau zu der Situation, dass ein wichtiger Mensch nicht mehr unmittelbar zu sprechen ist, sondern nur noch aus der Erinnnerung erklingt.


    finsbury

    Hallo,


    konnte erst jetzt einsteigen und bin auch noch nicht weit gekommen. Die Erzählung entfaltet in der Tat einen eigenartigen Sog, obwohl sie zunächst aus so scheinbar unzusammenhängenden Mosaikstückchen besteht.


    Ich lese den Text in Band VII der Taschenwerkausgabe aus dem Suhrkampverlag, kann daher nicht Seitenzahlen angeben. Habe erst zehn Seiten gelesen und weiß daher nichts davon, dass Geiser seine Lexika und andere Nachschlagewerke zerschneidet.
    Mir erscheint Geiser gar nicht als eindimensional und beschränkt, eher weist er autistische Züge auf, dazu passt auch das Knäckebrothausbauen und seine Vergewisserung bezüglich des Goldenen Schnittes. Bisher finde ich auch, dass alle diese Texte, die da montiert sind, durchaus eine Bedeutung, real oder metaphorisch für Herrn Geisers Leben und das Geschehen haben: Der Goldene Schnitt kann als Metapher für die Suche nach der Sinnachse gesehen werden, die Ausschnitte zur Morphologie der Alpen ordnet das Geschehen des rezenten Murenabgangs in die viel größeren erdgeschichtlichen Zusammenhänge ein. Dazu passt dann auch die perspektivische Verengung auf neuzeitliche Murenabgänge, wie sie auf der elften und zwöften Seite dargestellt wird.


    Ich finde Geiser überhaupt nicht schlicht gestrickt, sondern sehr reflektiert dem Geschehen gegenüber, allerdings fast ohne praktische Schlussfolgerungen zu seinem eigenen Schutz. Aber vielleicht gehen alte Menschen auch anders mit solchen Situationen um ... .


    Außerdem soll Geiser ja wohl gar nicht einen wirklichen Menschentyp verkörpern.


    Werde sicher auch innerhalb von 14 Tagen fertig werden: Im Moment muss ich allerdings hauptsächlich noch anderes lesen.


    finsbury

    Danke meier, für deine Reaktion. Gelehrtenrepublik im Sinne von viel Nachschlagenmüssen, da hast du,denke ich, Recht. Deshalb halte ich es ja auch für sinnvoll, den Roman zu mehreren zu lesen. Hoffentlich findet sich noch die eine oder der andere, um mitzutun. Es eilt ja nicht so sehr!
    Auf die Geologie freue ich mich, ich selbst hatte noch nicht gelesen oder wieder vergessen, dass sie in diesem Werk so eine große Rolle spielt.


    finsbury


    zur Zeit habe ich soviel Stress, das ich Musik gar nicht als reiner Kunstgenuss hören kann, trotzdem brauch ich Musik – zur Entspannung und da gibt es für mich nichts besseres als Vivaldi und so laufen seine Violin- und Flötenkonzerte bei mir in einer Endlosschleife. Kennt ihr das auch: Musik in ihrer Funktion als Trost, als Entspannung, als ….?


    HAllo Hubert,


    ja, das geht mir ganz genauso: Und gerade Flöten- und Violinkonzerte sowie Stücke für Oboe und Trompete aus dem Barock sind meine hauptsächlichsten Entspannungsmittel und Tröster bei stressiger Arbeit.


    Kennst du Vivaldis Flötenkonzert RV 443 und Locatellis Violinkonzert Op. 3, Nr. 10? Das sind mir mit die liebsten: Da kommen Frühling und Sommer selbst an trübsten und arbeitsreichsten Tagen für einen Moment zurück!


    finsbury

    So erging es mir dabei so über gut 100 Seiten. Ich habe kein einziges Wort verstanden. Gruß
    Meier


    Ich hab's jetzt nachgeschlagen: Du meinst die Episode: Die Rinder des Helios. Da hat Wollschläger das Mittelhochdeutsche nachgeahmt. Althochdeutsch ist noch viel schwieriger zu lesen und kaum mehr als Deutschvorgänger zu erkennen. Habe in meiner Studienzeit die Hauptseminararbeit über das Hildebrandslied geschrieben und bin daher Kummer bei Übersetzungen aus dem AHD gewohnt :zwinker:.
    Ansonsten kann ich dir nur nochmal den obigen Tipp ans Herz legen, falls du die Lektüre fortsetzen willst.


    finsbury

    Hallo,


    vor ca. zwei Jahren lasen wir hier im Forum die Lehrjahre von Goethe. Ich würde nun gerne auch die Wanderjahre lesen, am liebsten wieder in einer Leserunde.


    Goethes Altersroman erschien zunächst 1821, vollständig 1829 und enthält neben einer Fortsetzung der Lehrjahre auch zahlreiche Reflexionen Goethes sowie eine Reihe selbstständiger Novellen.
    Eine Leserunde zu diesem ansprucshvollen Werk wäre nicht ein Werk weniger Tage oder Wochen.


    Wer hätte dennoch oder gerade deshalb Lust mitzumachen?
    Als Starttermin könnte ich mir einen der späteren Herbstmonate oder einen Wintermonat vorstellen.


    finsbury

    nach mehreren Berichten hier im Forum, wie lohnenswert der "Jürg Jenatsch" von Conrad
    Ferdinand Meyer ist, habe ich nun damit angefangen, und bin erstmal überrascht wie gut
    sich das Lesen läßt. Man erfährt doch einiges über die Umstände in der Schweiz zu Zeiten
    des dreißigjährigen Krieges.


    Hallo lauterbach,


    es freut mich, dass du dich auch dem Jürg Jenatsch widmest. Das war eins meiner wichtigen Leseerlebnisse des letzten Jahres. Die Novelle lohnen sich auch sehr, aber den Jenatsch finde ich am lebendigsten, weil die Handlungsorte und -themen sehr interessant sind und Jenatsch selbst so widersprüchlich ist.


    finsbury

    Hallo meier,


    meine Lektüre des Ulysses liegt Jahrzehnte zurück. Aber damals hat mir folgendes Buch an vielen Stellen recht gut weiter geholfen:


    Stuart Gilbert: Das Rätsel Ulysses (Suhrkamp)*


    Es enthält eine ausführliche Inhaltsangabe sowie Interpretationen der einzelnen Episoden.
    Wenn du mir schreibst, in welchem Kapitel die Sache mit der mittel- bzw. althochdeutschen Version steht, kann ich dir da sicher weiterhelfen. Aber auch ohne nachschauen zu können, würde ich auf höchstens Mittelhochdeutsch tippen, denn Althochdeutsch kann man ohne Wörterbuch und Grammatik auch in Ansätzen nicht verstehen.


    finsbury


    * ist von 1988, im Moment gibt's noch ein gebrauchtes Exempalr bei amazon marketplace

    Hallo,


    habe nun meine Anthologie altgriechischer Lyrik beendet und dabei wieder mal einen Vorgänger für bekannte Inhalte neuzeitlicher Lyrik gefunden.
    Das folgende Gedicht stammt laut Quelle von Herder, ist aber von diesem nur übersetzt worden: Sein Autor ist der hellenistische Dichter Moschos aus dem 2. JH. v.C.



    Erinnert euch das nicht ganz stark an Heine?



    Der Inhalt ist identisch, nur die Schlussfolgerung anders. Dabei halte ich die des Griechen für deutlich weniger lebensbedrohlich! :zwinker:


    finsbury

    Beginne heute Abend: "Das Herz von Midlothian" von Walter Scott.
    Der erste Teil soll zum Besten gehören, was Scott geschrieben hat. Bin gespannt.
    Daneben hellenenistische Lyrik. Z. Teil sehr schöne Naturbilder ... .


    finsbury

    Hallo Hubert und alle,


    nun, wie ist dein Gesamteindruck des Buches?
    Es hat mich aufgrund seiner Menschenfreundlichkeit und der traurigen Lebensschicksale vieler seiner Personen schon angerührt, aber wirklich mitgerissen hat es mich nicht.


    Der Text ist eine merkwürdige Mischung aus Idyll und Sozialkritik, Demut vor Gott und Humoreske.
    Ich habe im Umkreis der Lektüre einiges über die osteuropäisch-jüdische Kultur erfahren, ans Herz gewachsen sind mir die Personen, selbst Tewje, aber nicht. Vielleicht lese ich später noch einmal etwas von Scholem Alejchem, aber es drängt mich nicht unmittelbar dazu.


    Vielen Dank für die muntere Diskussionspartnerschaft und die vielen hilfreichen Anmerkungen


    finsbury

    Hallo Hubert und alle,


    nun habe ich die Lektüre - doch später als gedacht - beendet.
    Zu unseren Datierungsproblemen und der Schlampigkeit einiger Internet - auch Wikipediaseiten:

    Zitat von Hubert

    Auch den Erscheinungstermin 1894 habe ich inzwischen gefunden. Bei Wikipedia heißt es, allerdings zu Anatevka: „Die Geschichte spielt im Russischen Reich, im ukrainischen Dörfchen Anatevka, in der vorrevolutionären Zeit um 1905.“ Und auch auf der folgenden Seite, hier zum Roman, heißt es: „Die Handlung des Romans spielt um das Jahr1905 , kurz vor der Russischen Revolution, in den kleinen Dörfern Masepowka, Jehupez, Bojberik und Anatevka.“
    http://www.judentum-projekt.de…liter/alejchem/index.html



    Der Wikipediaautor zählt hier Jehupez, also Kiew, zu den kleinen Dörfern.


    Weiterhin: Das Musical heißt Anatevka, aber Tewje wohnt gar nicht dort, sondern der avisierte Ehemann für Zeitel, der wohlhabende Schlachter. Der Ort spielt im Roman kaum eine Rolle. Ich nehme an, dass er als Titel für das Musical genommen wurde, weil er aufgrund der Vokalkombination recht wohllautend ist.


    Trotz allem glaube ich weiterhin, dass der Roman in den Achtziger Jahren spielt. Ein weiterer Hinweis ist, dass im achten Kapitel Tewje aus seinem Dorf vertrieben wird, und diese Anweisung, die Juden vom Land zu vertreiben, erging, wie weiter oben (17. Juli) ausgeführt, von der Regierung 1882.


    In der einen deiner neu verlinkten Quellen heißt es:

    Zitat von http://www.litde.com/autoren/scholem-alejchen.php

    Sprinze ist ohne Mann, aber schwanger, und nimmt sich das Leben


    Hast du das mit der Schwangerschaft auch so herausgelesen, oder meint der Autor hier einen Topos, dass alle Mädchen, die unglücklich liebten und ins Wasser gingen, schwanger gewesen sein mussten.


    Aber das mit dem Erscheinungsdatum irritiert mich wirklich: Ich weiß nicht mehr, was da richtig sein soll. Kischinau und Hodels Revolutionär verweisen auf ein späteres Erscheinungsdatum. Allerdings gab es auch im 19. Jahrhundert in Russland zahlreiche revolutionäre Bewegungen, wie zum Beispiel den Dekabristenaufstand.


    Nun aber zum letzten Kapitel. Tewje wird nun unmittelbar vom Antisemitismus bedroht, allerdings auf eine tölpelhafte Weise und rettet sich durch seinen Glauben und seine Wortgewandtheit. Er versöhnt sich mit Chawe, so dass auch dieser Handlungsfaden abgeschlossen ist.


    Hinweise in diesem letzten und dem vorhergehenden Kapitel zeigen auch, dass der immer wieder erwähnte Brodskij ein reicher jüdischer Industrieller ist, denn Pedozur erhofft sich seinen Besuch, er wird mehrfach mit Rothschild in Zusammenhang gebracht und einmal wird ein Zeremonialgegenstand im Zusammenhang mit Brodskij kerwähnt, aber ich finde gerade die Stelle nicht.


    So, nun muss ich erstmal aufhören. Morgen noch eine Schlusstellungnahme.


    finsbury