Zitat von "elahub"Was sind aber Nackenbeißer??? :zwinker:
:winken:
Daniela
Hallo Daniela
Da musst Du Deine Mami fragen :redface: :redface: :redface:
Grüsse
Sandhofer
Zitat von "elahub"Was sind aber Nackenbeißer??? :zwinker:
:winken:
Daniela
Hallo Daniela
Da musst Du Deine Mami fragen :redface: :redface: :redface:
Grüsse
Sandhofer
Zitat von "Atomium"Sandhofer hat geschrieben:
Dem kann ich nicht zustimmen. Viele der Figuren verändern sich sogar stark. Allerdings nie zu ihrem Vorteil.
Charley Anderson, Eveline, Janey, JW Moorehouse, sie alle verlieren ihre Illusionen und werden deprimiert. Manche ertränken das in Alkohol, manche stumpfen ab, eine bringt sich um.
Es ist, als ob der Prozess des Erwachsenwerdens bei allen nicht glücklich verläuft. Sie lernen nicht, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und landen direkt in einer Art "Altersdepression", wo alle Hoffnung fern und unerreichbar ist.
Vielleicht ist das ja eine von Dos Passos' Botschaften - der amerikanische Traum ist NICHT zu verwirklichen.
Hallo Atomium!
Ja, das ist es wohl, was ich ausdrücken wollte: Dos Passos' Figuren reifen nicht, die faulen gleich und fallen vom Baum :breitgrins:
Und Deinem Schluss-Satz stimme ich zu 100% zu.
Grüsse
Sandhofer
Zitat von "Atomium"Da wo ich wohne, haben Antiquarien nur selten deutschsprachige Bücher :zwinker: , deshalb hab ich bisher auch keinen Grimmelshausen gefunden...
Gruß
Atomium
Hallo Atomium!
Die seriösen deutschen Antiquariate findest Du auch on-line unter: http://www.zvab.com
Keine pfuschenden Amateure wie eBay!
Grüsse
Sandhofer
Zitat von "Hubert"Hallo zusammen,
hallo Sandhofer,
Hallo!
ZitatProust ist natürlich der größere Romancier, aber Dos Passos war auf jeden Fall innovativer. ?
Das wäre einen eigenen Thread wert. Nur schon die Frage: "Was ist innovativ in der Literatur?"
Zitat[...] aber ich könnte mir auch vorstellen, den fiktiven Teil zu lesen, wenn er in 6 bis 7 Einzelromane aufgeteilt wäre, und diese Kurzromane jeweils nur das Leben von 1 bis 3 Protagonisten beschreiben würden. Z.B. ?Mac, ein Mann geht seinen Weg? oder ?Joe, bis zur bitteren Neige?
Ich ehrlich gesagt nicht. Die fiktiv-erzählenden Passagen in "U.S.A." sind m.E. zu wenig psychologisch oder handlungsmässig durchgestaltet, als dass sie alleine stehen könnten. Deshalb auch meine Frage in Bezug auf 'innovativ' - Proust ist sehr innovativ, wenn es um introspektive psychologische Darstellung geht. Dos Passos' Figuren ändern zwar ständig den Ort - sie selber verändern sich nie.
ZitatDu hast die Zitate mit Fragezeichen versehen. Heißt das, dass Du sie auch überlesen hast?
Äh, nein. Diese Fragezeichen waren der Grund für meine Frage, ob Du Deine Beiträge manchmal in Word97 vorbereitest. Ich habe nämlich festgestellt, dass dieses Programm (und übrigens auch OpenOffice 1.1!) Anführungszeichen so formatiert, dass sie beim 'Übersetzen' in HTML via Kommunikationsboxen diverser Foren als Fragezeichen enden - spätestens beim Zitieren. War also ein technischer Blips.
ZitatBei dieser Gelegenheit bin ich nochmals auf eine Unstimmigkeit gestoßen am Ende des ersten Buches. Auf Seite 339 in der Penguin-Ausgabe unterhalten sich Charley und Benny mit einem nicht namentlich genannten Mann aus Minnesota. Dieser sagt: ?... My sister, see, she?s a stenographer ... She works for J. Ward Moorehouse ?.? Und auf Seite 338 hatten wir erfahren, das dieser Sprecher ??.was from Minnesota and who was a reporter on ?The Call?.
?????
J.Wards Stenotypistin war aber doch Janey und deren Bruder Joe Williams war niemals Reporter? An dieser Stelle, Ende des ersten Buches dachte ich noch, vielleicht klärt sich das in ?1919? (J.W. wechselt die Stenotypistin oder Joe wird noch Reporter), aber jetzt am Ende des zweiten Buches weiß ich: entweder ich habe nicht aufgepasst oder Dos Passos?
Hm - da bin ich nun auch überfragt ...
Grüsse
Sandhofer
Zitat von "Hubert"[...] aber der Autor des Zauberbergs zählt ja auch nicht als Schweizer?
Hallo zusammen!
Ich hatte schon Angst, ein bisschen heftig reagiert zu haben, nachdem niemand mehr geantwortet hatte. Tut mir leid, aber ich bin in der Beziehung vorbelastet ...
Th. Mann nun war seinerseits seit 1944 US-Amerikaner. Allerdings könnten ihn die Schweizer mit ebensoviel Recht für sich reklamieren wie die Schwaben Hermann Hesse :breitgrins: . Immerhin ist er nach dem Zweiten Weltkrieg in die Schweiz gezogen und dort gestorben und beerdigt. Sein Nachlass wird von der ETH Zürich verwaltet.
Grüsse
Sandhofer
Hallo zusammen
Hallo Hubert
Zitat von "Hubert"[...] aber das ist doch das, was ich meine, die Erklärung kommt oft erst später und nicht im zeitlichen Zusammenhang. Ich bin überzeugt, vieles wird man erst bei einem zweiten Lesen entdecken.
Das macht die Lektüre doch so interessant, oder?
ZitatProvokante Frage: Wäre es für den Lesefluss nicht einfacher, wenn alle Biografien zusammen am Anfang des Buches zusammengefasst wären, so dass man die historischen Personen schon kennt wenn sie im fiktiven Teil auftauchen.
Einfacher? Sicher. Aber - nicht nur, dass ich nicht glaube, dass es Dos Passos' Intention war, einen einfachen Text zu schreiben - auch für mich persönlich muss ich festhalten, dass ohne die Verwebung der 4 Textarten die Trilogie schon längst auf dem Misthaufen gelandet wäre. Um ehrlich zu sein: der fiktive Teil besitzt zu wenig erzählerische Qualitäten, um über Hunderte von Seiten ohne Abwechslung durchgezogen zu werden. Jedenfalls imho.
ZitatAlles anzeigenManchmal ist es ja auch umgekehrt, die Biografie kommt zuerst z.B. Gene Debs und später wird Gene Debs im fiktiven Teil zitiert:
?...you know what Gene Debs said, ?I want to rise with the ranks, not from the ranks,? ?said Mac.
Das gleiche Zitat wird später am Ende des 1. Bandes nochmals verwendet:
?Didn?t Eugene V. Debs say ?I want to rise with the ranks, not from them???
sagt Benny Compton zu Charley Anderson. Aber zwischen dieser Stelle und der Debs-Biografie liegen 300 Seiten und ich bin mir nicht sicher ob sich jeder Leser bei dem Zitat noch an Debs Biografie erinnert?
Nun, ein Leser, wie ihn dieser Text benötigt, wird das einfach müssen! "U.S.A." gehört wohl wirklich in die Kategorie der Texte, die sich erst bei wiederholtem Lesen ganz aufschliessen - wenn überhaupt.
Grüsse
Sandhofer
Zitat von "hafis50"hallo sandhofer,
Hallo hafis50
Zitatprofessor harold bloom ist ein wohl nicht unbekannter amerikanischer literaturwissenschaftler.
Mir trotzdem unbekannt. Um ehrlich zu sein, lese ich seit Jahren keine Literaturwissenschafter und -theoretiker mehr.
ZitatNeben seinen sehr theoretischen büchern zu seiner theorie der einfußangst
???
Zitatals erklärung für literatur (bzw. deren kanonisierung), die mir viel zu spekulativ und "hoch" waren, ist er hier zuletzt durch sein buch über shakespeare bekannt geworden.
Shakespeare ist mir hingegen bekannt.
ZitatDie FAZ, Zeit etc. brachten rezensionen. In "the western canon" versuchte er, einen kanon der westlichen literatur seit den anfängen bis heute zu begründen, -an dessen spitze er als absolute ausnahmeerscheinung natürlich shakespeare stellt.
Eine Einschätzung, die auch Goethe oder Friedrich Schlegel - letzterer ein mittelmässiger Dichter, aber ein erstklassiger Kritiker - teilen würden.
ZitatDeutlich kritisiert er die "school of resentment",
???
Zitatdie "neuen historiker",
???
Zitatdie relativisten,
Sind das Anhänger von Einstein?
Zitatfeministische u.a. richtungen, die versuchten, literatur minderer qualität zu kanonisieren. -womit man wieder bei thema, was klassische literatur ist, wäre.
Diverse ausgaben gibt es mittlerweilen in deutsch. In katalogen oder bei amazon müßte man also etwas finden.
Sicherlich. Aber, wie schon gesagt: Um ehrlich zu sein, lese ich seit Jahren keine Literaturwissenschafter und -theoretiker mehr.
Zitatgruß hafis
Grüsse zurück
Sandhofer
Zitat von "Hubert"Ob aber Dos Passos sich hier bewusst von z.B. Proust abgrenzen wollte? Sich dessen überhaupt bewusst war? Könnten die Unterschiede von U.S.A. (Veränderung durch Ortswechsel) und ?A la recherche ...? (Veränderung am Ort) nicht auch daher kommen, dass Dos Passos in seinem Leben viel reiste, als Kind und im Krieg in Europa war, in Mexiko aufwuchs usw., während Proust den größten Teil seines Werks im Bett schrieb, also nicht Darstellung nationaler Eigenheiten, sondern Niederschlagung eigener Befindlichkeit im Werk?
Hallo zusammen!
Hallo Hubert!
An letzteres habe ich gar nicht gedacht, spielt aber sicher eine Rolle. Im übrigen wollte ich nicht sagen, dass sich Dos Passos bewusst von Proust abgrenzen wollte, ich weiss nicht einmal, ob er ihn überhaupt kannte. (Weiss man, was Dos Passos ungefähr gelesen hat?) Der Vergleich kam mir in den Sinn, weil ein anderer Thread in diesem Forum Proust wieder in mein Gedächtnis rückte.
Grüsse
Sandhofer
Zitat von "Hubert"Na ja, Fontane hat ja mit dem "etwa" auf das Sandhofer schon hinwies, angedeutet, dass seine Definition nicht perfekt ist.
Hallo zusammen!
Hallo Hubert!
V.a. auch - so wie ich Fontane und seine Sprache empfinde - darauf, dass sich hinter seiner Definition ein weites Feld auftut.
Grüsse
Sandhofer
Zitat von "Hubert"[...] an den Schauspieler? Orlando Bloom hatte ich überhaupt nicht gedacht und so blieb also nur Harold Bloom, ein amerikanischer Literaturwissenschaftler, der u.a. mehrere Bücher über Shakespeare geschrieben hat (sehr gut), aber m.M. nach außerhalb der amerikanischen und englischen Literatur auch keine große Kapazität ist, zumindest Goethe scheint er nicht zu kennen.
Hallo Hubert!
Vielen Dank! Harold Bloom ist eine mir unbekannte Grösse. (Was nicht viel heissen will.) Aber dass Du den Orlando vergessen kannst, ts ts ts. :breitgrins: Wie er da mit seiner blonden Perücke, seinen Spitzöhrchen, dem kurzen Rock in Mittelerde 'rumturnt - wenn ich nicht zu alt für solche tiefgreifenden Veränderungen wäre: ein Grund zum schwul werden, oder? :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:
Grüsse
Sandhofer
Hallo zusammen!
nachdem ich wieder ein Stück weitergerückt bin ...
Atomium schrieb:
ZitatDos Passos kritisiert im Buch bereits den Völkerbund... obwohl der zum Zeitpunkt der Niederschrift noch nicht (vollständig) gescheitert war.
Er hat sich allerdings auch von Anfang an nicht in die Richtung entwickelt, die Wilson ihm geben wollte. Da seine Nachfolger Wilsons Politik asowieso nicht weiterverfolgten ... Dos Passos analysiert das in einer Passage über Wilson sehr genau.
Im übrigen ist der Fokus meiner Lektüre im Moment auf Anderson und Margo. Gestalten, die den sozialen Aufstieg - beinahe - schaffen. Besonders Anderson aber scheint nicht zu begreifen, dass man (wenn ich Dos Passos richtig verstehe) Liebe und Sex voneinander trennen muss, und gegebenenfalls beides seiner Karriere zu opfern hat. Statt dessen beginnt er bei jedem Rückschlag zu saufen.
Irgendwann in diesem Thread wurde mal angesprochen, dass Dos Passos das amerikanische Klischee vom Aufstieg ("rags to riches" war das Schlagwort) umwandelt in den Nicht-Aufstieg ("rags to rags"). Wenn ich mir die Figuren so vor mein geistiges Auge stelle, frage ich mich allerdings, wieweit Dos Passos nicht einfach seinerseits Klischees fabriziert: das nämlich vom Prolo, der nur ans Fressen, F...en und Saufen denkt und diesen Trieben - v.a. den beiden letzten - unkontrolliert nachgeht. Was meint Ihr?
Grüsse
Sandhofer
Hallo Knightley
Zitat von "Knightley"aber im Hinblick auf künftige Proust-Leser möchte ich Dir doch in einem Punkt widersprechen - so ganz leicht zu lesen ist Proust, finde ich, nicht.
Seine Neigung zu endlos anmutenden Schachtelsätzen zwingt den Leser oft, zum Satzanfang zurückzukehren, um den Zusammenhang nicht aus den Augen zu verlieren.
Persönlich fand ich ihn nun nicht schlimmer als die beiden Mann, Musil, oder wer immer etwa gleichzietig mit ihm geschrieben hat. Allerdings las ich ihn auf Französisch, wo eine Verschachtelung anders funktioniert und deshalb vielleicht leichter zu 'verdauen' ist.
ZitatDann gelegentlich seine extreme Detailbesessenheit bei Themen, die vielleicht nicht jeden interessieren: mögen dazu führen, daß man das Werk vorzeitig beiseite legt.
Nun, an der Krankheit leide ich auch. Von daher fasziniert mich gerade diese Detailbesessenheit bei Proust.
ZitatWas schade wäre: denn ansonsten hast Du recht - ein wichtiges Buch - an anderer Stelle hab' ich es schon gesagt: vielleicht eines der Bücher, das man auf die einsame Insel mitnehmen sollte, denn eigentlich schreibt Proust über alles, was einem im Leben überhaupt begegnen kann. Jede denkbare Erfahrung, jedes Gefühl ... und alles in einer wunderbar-präzisen Sprache. "Auf der Suche nach der verlorenen Welt" beinhaltet, wie ich finde, den ganzen Kosmos unseres Lebens.
Da sind wir also einer Meinung. Übrigens könnte ich als einführende Lektüre Prousts "Freuden und Tage" (= "Les plaisirs et les jours") empfehlen.
Grüsse
Sandhofer
Hallo hafis50
Nur eine kleine Frage - wahrscheinlich habe ich's irgendwo übersehen: Wer oder was ist Bloom? Orlando? Leopold?
Danke für die Aufklärung!
Sandhofer
Hallo zusammen!
Schon mal daran gedacht, in einem Antiquariat zu stöbern? Ich habe den Grimmelshausen z.B. in einer wunderschönen Ausgabe der Büchergilde Gutenberg, Zürich. Mit einem Vorwort von Emil Ermatinger (damals m.W. Prof. an der Uni Zürich) und wunderschönen Handätzungen von Max Hunziker. Erschienen 1945. Kostete mich ein Butterbrot.
Grüsse
Sandhofer
PS. Ach ja, man muss natürlich Fraktur lesen können ...
Hallo zusammen!
Harald hat geschrieben:
ZitatHallo Sandhofer,
Hallo!
ZitatIch kann Dir da nicht ganz zustimmen. Hältst Du z.B. sauberes Trinkwasser für einen Luxus, weil Millionen Menschen keins haben?
Ich habe mehrere Jahre in einem Drittweltland gelebt: Ja.
Was ist Luxus? Nach meinem Meyer von 1897:
ZitatLuxus (lat.), der Aufwand für den feineren Lebensgenuß, welcher über den durchschnittlich üblichen oder auch notwendigen Lebensbedarf hinausgeht. Da letzterer kein feststehender ist, so ist auch der Begriff L. ein durchaus relativer, und Roscher meint mit Recht, jeder Einzelne, jeder Stand, jedes Volk und jedes Zeitalter nenne diejenige Konsumtion L., welche ihm selbst als entbehrlich erscheine.
Wenn ich die Welt als Durchschnitt nehme, ist sauberes Trinkwasser Luxus. Es ist auch nicht unbedingt notwendig, da man nicht unbedingt daran stirbt, sollte man keines haben.
ZitatÜbrigens ist Goethes Bibliothek nicht klein... Ich meine mich zu erinnern, dass es ca. 2000 Bände sind.
Alles ist relativ. In Canettis Nachlass fanden sich etwa 15'000 Bücher; Umberto Eco hat an seinen beiden Wohnsitzen, wenn ich mich recht erinnere, ungefähr 20'000 verteilt.
ZitatWenn Du jede Woche ein Buch daraus liest - und wenn Du das tust, liest Du viel - bist Du in 40 Jahren durch...
Ich schätze mal, dass ich seit meiner Kindheit ungefähr 3-4000 Bücher gelesen habe. Wenn Du daraus auf mein Alter schliessen willst ...
ZitatWenige in diesem Forum dürften so viele Bücher haben.
Ich schätze mal die Hälfte ... Ich selber habe meine Bibliothek vor einigen Jahren radikal abgespeckt und besitze fast nur noch, was ich als wirkliche Klassiker betrachte. Trotzdem bin ich nicht weit unter Goethes Zahl ...
ZitatMan bräuchte 10 bis 12 Billy-Regale, um eine solche Menge unterbringen zu können.
10
ZitatAußerdem hatte Goethe Zugriff auf die herzogliche Bibliothek und hat dies auch genutzt.
Eben: man teilte!
ZitatDie Geschichte der Leihbibliotheken im 19. Jahrhundert schließlich ist die Geschichte der zunehmenden Alphabetisierung aller Bevölkerungsschichten und des damit zunehmenden Bedarfs an Bildung und Unterhaltung.
Eine sehr interessante Geschichte übrigens!
Grüsse
Sandhofer
Hallo zusammen!
Was gerne vergessen geht: Wir sprechen hier tatsächlich über einen Luxusartikel. Um genau zu sein, sprechen wir über 2 Luxusartikel, und dies in 2facher Hinsicht.
Die Luxusartikel sind
1) die Fähigkeit, lesen (und schreiben) zu können,
2) das Buch an sich
Die 2fache Hinsicht:
a) örtlich
b) zeitlich
Zu 1a) ist wohl wenig zu sagen. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, ob Lesen und Schreiben in irgendeiner Charta als Menschenrechte verankert sind. Als wichtiges Instrument, sich Information zu verschaffen und sie zu verbreiten, sollten sie es sein. Aber selbst in der westlichen Welt gibt es zu viele, die nicht lesen und schreiben können; und das sind nicht nur ImmigrantInnen aus der 3. Welt.
1b) Aber auch zeitlich und auf die westliche Kultur beschränkt, müssen wir festhalten, dass Lesen und Schreiben erst seit Einführung einer Volksschule Allgemeingut geworden sind, also ungefähr seit Rousseau und Pestalozzi. Also eine Entwicklung des 19. Jahrhunderts. Vorher waren es v.a. die Pfaffen und Mönchlein, die schrieben; der Adel als herrschende Schicht schaute auf die Leute, die lesen und schreiben konnten, eher mit Verachtung herunter.
2a) Auch heute noch gibt es zuviel Menschen, die zuerst was zum Essen brauchen, bevor sie über ein Buch diskutieren wollen.
2b) Erst mit der Einführung des Rotationsdrucks und der Klebebindung (sprich: Massenproduktion und Taschenbuch) ist in der westlichen Welt das Buch vom Luxusartikel zum Gebrauchsartikel 'gesunken'. Beides geschah im 20. Jahrhundert. So ist z.B. noch Goethes Bibliothek vom heutigen Standpunkt aus winzig klein. Nicht wenige der Forumsteilnehmer besitzen wohl mehr Bücher als es selbst der alte Goethe je tat. (Und hier sprechen wir von einem Autor, der Weltruhm erlangt hatte, als Minister zwar nicht reichlich, aber doch anständig bezahlt wurde, von Hause aus nach heutigen Begirffen wohl auch Millionär war ...) Doch noch im 19. Jahrhundert behalf man sich, indem man eben die gleichen Bücher immer wieder las, statt ständig neue ('intensives' statt 'extensives' Lesen - auch bei Napoleon!), Bibliotheken frequentierte bzw. Lesezirkeln beitrat, die Neuheiten erwarben unter ihren Mitgliedern zirkulieren liessen.
Noch heute kann man in Frankreich Bücher kaufen, wo die Bögen noch nicht aufgeschnitten und nur provisorisch zusammengeklebt sind, indem man es dem Besitzer überlässt, ob und wie er sie binden lassen will.
Grüsse
Sandhofer
PS. ebay? - Keine unanständigen Wörter hier, bitte! :breitgrins:
Hallo zusammen!
Ist es nicht auch so, dass (gute!) Lyrik uns oft auch sehr persönlich, in unserem Innersten anspricht, und das wir das nicht gerne gegen aussen kehren? Ich denke, das spielt auch eine Rolle, warum hier kaum Lyrik diskutiert wird.
(Es gäbe schon Gedichte, über die ebenso spannende Diskussionen möglich wären, wie über 1000 Seiten lange Romane. Ich denke hier an Hölderlin, Rilke, Whitman ...)
Grüsse
Sandhofer
Hallo zusammen!
Hubert
Du hast geschrieben:
ZitatZu Stella: Ich habe das Stück schon mindestens vier Mal in verschiedenen Inszenierungen gesehen (z.B. am Frankfurter Goethetheater als 3- Personen-Stück ohne jede Dekoration oder am Frankfurter Schauspielhaus mit allen Nebenpersonen und realistischem Bühnenbild) und es war eigentlich immer ein schöner Theaterabend, so schlecht kann das Stück also nicht sein.
Sicher nicht. Es hat eben das Pech, von einem Autor zu stammen, der in seinem Leben bedeutend Besseres geschrieben hat. Bei einem Friedrich Schlegel z.B. gälte das Stück wohl als sein bestes und wäre ein anerkannter Klassiker :breitgrins:
Lass Dich also um Himmels Willen nicht von einem Besuch abhalten, HeidiHH! (Na ja, hättest Du wohl sowieso nicht ...)
Grüsse
Sandhofer
Hallo zusammen!
Hallo Hubert!
Du schreibst:
ZitatAuch einverstanden, dass der Roman einwandfrei durchkomponiert ist, aber findest Du den Werther z.B. nicht durchkomponiert?
Sicher. In der Motivierung seiner Figuren aber noch unsicher. Werthers Selbstmord - halb aus Liebeskummer, halb aus gekränkter Eitelkeit, weil ihn (den Bürgerlichen) sein adliger Vorgesetzter zurückgestossen hat (oder so ähnlich; lange her, dass ich's gelesen habe ...) - ist doch sehr merkwürdig motiviert, finde ich.
An den andern Schluss von "Stella" meine ich mich auch vage zu erinnern. :zwinker:
Um Goethe in seiner Vielseitigkeit zu erkennen, würde ich einiges anderes noch vor die "Stella" setzen. "Stella" ist nun wirklich was für solche, die alles von ihrem Autor gelesen / gesehen haben wollen.
Grüsse
Sandhofer
Zitat von "hafis50"hallo zusammen.
Hallo!
ZitatIch habe probleme mit der lexika-definition des klassikers ebenso mit der relativierung von ästethik und klassikerstatus:
Angenommen, von den autoren a,b,c,... der periode 1 gelte in periode 2 nur a als klassiker (ist im kanon, expertenurteil, noch gelesen). In periode 3 seien dann a und b klassiker.
Wenn die urteile in a und b richtig ...
Ich denke hier nicht in den Kategorien 'richtig' oder 'falsch'. 'Gültig' kommt meinem Verständnis näher.
Zitat... waren, hat jede periode ihre eigenen klassiker.
Wenn wir an das Verschwinden Klopstocks denken: ja.
ZitatD.h. die mustergültigkeit als definitionskriterium ist zeitlich beschränkt, und das gelesen-werden und das überleben sind folge und nicht ursache oder definition des klassikerstatus.
Das Ganze funktioniert in meinem Verständnis eher zirkulär: Sowohl bestimmen die aktuell gültigen Definitionen die aktuell gültigen Klassiker, was aber aktuell als Klassiker gilt, beeinflusst natürlich seinerseits die Definition.
ZitatNiemand kommt auf die welt mit kenntnis der klassiker. Was klassiker sind, übernimmt der leser von der entscheidungsinstanz. Klassiker nur normativ zu definieren, ist wohl zu eng.
Entspricht auch nicht meinem Verständnis.
ZitatUnd eine zeitliche begrenztheit des klassikerstatus stößt sich etwas mit dem begiff des klassikers.
Um Dein Argument ad absurdum zu führen: Wo sind dann die Klassiker der Steinzeit hingekommen?
Zitat
Man könnte wie zB hesse die "schätze de weltliteratur" als klassiker bezeichnen, was den status unabhängiger vom zeitgeschmack oder vom noch-gelesen-werden machen könnte.
Gerade Hesses Auswahl - soweit ich sie in Erinnerung habe - ist stark von seiner Persönlichkeit und seiner Epoche geprägt.
ZitatWieviele der werke aus hesse's biliothek de weltliteratur werden heute noch gelesen? Und wenn sie nicht mehr gelesen werden, in welche hinsicht sind sie dann "mustergültig". Wenn ich diese werke dennoch als klassiker gesehen werden, sind die obigen definitionen von klassiker unzureichend.
Warum? Selbstverständlich darfst Du, darf jeder Leser Werke und Autoren in die Runde werfen, die den Klassikerstatus 'verdient' hätten. Falls genügend Leute Deinen Input aufnehmen, wird aus 'Deinem' Autor ein Klassiker.
ZitatDer knackpunkt liegt in der zuordnung von ursache und wirkung:
bzw. darin, dass Du diese Zuordnung linear und nicht zirkulär haben willst.
ZitatIst ein klassiker ein klassiker, weil er noch gelesen wird und mustergültig ist, oder ist er mustergültig und wird noch gelesen, weil er ein klassiker ist?
Eben: beides. Und: beides zugleich.
Grüsse
Sandhofer