Zitat von finsbury« am: 29. Oktober 2011
Außerdem beziehst du dich (meier) wahrscheinlich auf das Ende, den Epilog, wo Iwan plötzlich nicht mehr Besdomny (Hauslos) heißt, sondern Ponyrew (was auch immer das übersetzt aus dem Russischen bedeutet) heißt.
Ponyrew ist der Nachname des Iwan Nikolajewitsch, Besdomny sein Künstlername, unter dem er seine zweifelhaften Gedichte verzapft.
…sein junger Begleiter war der Lyriker Iwan Nikolajewitsch Ponyrew, der unter dem Pseudonym „Besdomny“ schrieb…
Es ist nur folgerichtig, dass der zum „lieben Iwan“ geläuterte Nikolajewitsch, der zudem versprochen hat, keine Gedichte mehr zu verfassen, nicht mehr mit seinem Dichternamen genannt wird.
Wie du, finsbury, bin ich der Ansicht, dass Iwan und der Meister nicht ein und dieselbe Person sind. Dafür gibt es keine Textbelege, bzw. zu viele, die eine andere Sprache sprechen. Obwohl die Idee, diese diametral entgegengesetzten Dichtertypen als zwei Seiten einer Person zu sehen, einen gewissen Reiz hat. :zwinker:
Zitat von JMaria« am: 29. Oktober 2011
Auch beim Lesen kann man eine Freiheit verspüren; man erhebt sich in die Lüfte wie Margarita, ist jetzt sehr blumig dahingeschrieben, aber die Verwandlung von Margarita hat was unglaublich befreiendes.
Ja, finde ich auch. Und ich glaube, diese Textpassagen gehören zu den schönsten des ganzen Romans. Überhaupt, ist diese Margarita im Gegensatz zu dem, wie finsbury sagt, farblosen Meister eine höchst lebendige ausdruckstarke Person. Nicht nur, dass sie alles wagt, um ihre Liebe wiederzufinden und dafür bereit ist mit dem Teufel zu paktieren (welch ein Unterschied zu Goethes Gretchen!), sie macht das auch alles für sich selbst. Sie verlässt ihren ungeliebten Mann und die materielle Sicherheit, befreit sich aus dem goldenen Käfig ihrer Ehe und von dem falschen Leben, das sie geführt hat.
Ihr Ehemann, von dem schönen Hausmädchen Natascha übermütig mit Flugsalbe bestrichen, begegnet ihr in Gestalt eines fliegenden Ebers wieder. Köstlich, wie dem Leser durch einige wenige Pinselstriche veranschaulicht wird, wen Margarita da verlassen hat: einen Bürokraten, einen um politische Korrektheit ängstlich bemühten Spießer und Opportunisten, der es mit der ehelichen Treue gleichwohl nicht allzu genau nimmt:
Splitternackt, mit flatternden Haaren, ritt sie (das Hausmädchen) auf einem dicken Eber, dessen Vorderhufe eine Aktentasche umklammerten … ein ab und zu im Mondlicht aufblitzender Kneifer, von der Nase gefallen, flog an einer Schnur neben ihm her… „Göttin“...heulte der Eber. „Ich kann nicht so schnell fliegen, ich verliere noch wichtige Papiere…
Und später lässt er sich vom Teufel – für die Miliz und (man weiß ja nie) für seine Ehefrau - eine Bescheinigung mit Datum und Stempel ausstellen, dass er die Nacht als „Transportmittel“ im Einsatz war ... :breitgrins:
Fliegende Schweine sind übrigens, glaube ich, auch in der Goethischen Walpurgisnacht im Einsatz .
Den Roman habe ich jetzt zuende gelesen, möchte aber nicht vorgreifen.