Da die Müdigkeit um sich greift, kann ich ja, etwas früher als geplant, mein kurzes Fazit ziehen.
Hätte Sue mich in eine exotische Welt geführt, wie es May und Gerstäcker, Cooper, Defoe und Stevenson getan haben, so wäre sein Buch nach wenigen gelesenen Seiten neuwertig in den Schuber und ins Regal zurück gewandert. Auch wenn ich weiter so eigensinnig bin und den Begriff Trivialliteratur relativiere, sind seine Geschichten und die Erzählweise auf langen Strecken fürchterlicher Schund. Trotzdem habe ich mich durchgebissen, denn Sue hat mit den Geheimnissen für seine Zeit ein politisches Dokument verfasst, eine Diskussion in zeitgemäßer Form angefacht. Was heute TV ist, war zu Sues Zeiten die Zeitung und so wie wir uns abends die Verkündigungen einiger lauten Politiker ansehen, hat Sue laut das Medium seiner Zeit genutzt, um seine politischen Vorstellungen unter das Volk zu bringen. Aus unserer Zeit heraus, mit den gesellschaftlichen Umwälzungen in den Zeiten nach dem erscheinen des Romans, nach 2 Weltkriegen und in einer Wohlstandsgesellschaft lebend, kann ich seinen Pathos und seine Lösungsvorstellungen für die Zeitprobleme auch nur schwer nachvollziehen. Auf der anderen Seite, habe ich aber unterhaltsam einiges erfahren, was mir, für die innere Logik dieser Zeit in Mitteleuropas, recht realistisch erscheint. Zustände in Gefängnissen, in Krankenhäusern, was Arbeit am Rand des Elends bedeutet, wie ein Kaufhaus für Arme funktioniert und wie die Justiz auf das Verbrechen reagiert. Der Unterschied zwischen Elend und Reichtum, Recht und Unrecht, gut und böse, wie könnte er besser thematisiert werden, als in einem Roman. Sue hatte sich viel vorgenommen, zu viel nach meiner Ansicht, und seine Vorstellungen sind aus heutiger Sicht zum Teil widerwärtig. Ihm ist aber auch anzurechnen, dass er sie Umwälzungen in der aufkommenden Massengesellschaft aus einer humanistischen Perspektive angeht.
Zola hat es besser gemacht, aber auch später. Ich lasse Sue den Verdienst der erste französische literarische Mahner in diesem Zusammenhang zu sein. Somit war die Lektüre anstrengend aber keine Zeitverschwendung.