Da ist es doch schon wieder passiert :rollen:
Man soll nicht nur vermeiden Experimente zu wiederholen, auch soll man nicht versuchen seine Vorurteile zu bestätigen.
In diesem Sinne war ich am 7. Oktober in Frankfurt, wo im fast vollbesetzten Schauspielhaus, Herta Müller aus "Atemschaukel" las.
Aus dem Mediengblubber nach der Nobelpreisvergabe im letzen Jahr und dem Eindruck nach Versuch "Niederungen" zu lesen, hatte ich erwartet, eine überdrehte Schreckschraube zu erleben. Nun ist meine Erwartung völlig enttäuscht worden. :grmpf:
Die Stellen, die Herta Müller las (und sie liest gut), haben mich weitgehend beeindruckt. Anders als in Niederungen hällt sie sich nicht nur in metaphorischen Saltos auf, sondern lässt durch eine akribische, fotografische Beschreibung von Details, wenigstens in mir, die Situation eines Gefangenen in dem beschriebenen Arbeitlager deutlich werden. Nur selten lässt sie ihrer Wortphantasie etwas zu sehr die Zügel schießen.
In den umrahmenden Gesprächen mit der Schmalz triefenden Literaturchefin der FAZ erlebte ich auch keine abgehobene Poetin, sondern eine Frau die deutlich und verständlich- auch mit Distanz- über ihre Werke reden kann. Bei den informativen Antworten zu Fragen die zu Oskar Pastior und dem Hintergrund von "Atemschaukel" betreffen, ließ aber auch spüren, wie verbissen sie ihrer Vergangenheit anhängt, was ja nachvollziehbar ist.
So bin ich nun - und dafür habe ich auch noch bezahlt - als begossener Pudel, mit einem Exemplar der Atemschaukel aus der Lesung herausgekommen. Das einzige Positive war nur, das die Gesprächspartnerin von Herta Müller meine Abneigung gegen den Literaturbetrieb bestätigt hat. Aber so eine Lesung soll ja auch eine Hommage sein, also muss ich selbst diese Bestätigung noch mit kritischen Augen betrachten.