Beiträge von thopas

    Warum sollte man auch nicht einen Roman als eine Geschichte lesen dürfen. Symbolik kann auch eine Mauer sein, die den Zauber von Sprache und Handlung verstellt. Dürfen wir nicht auch Musik hören, ohne Harmonielehre und den Kontrapunkt zu verstehen? Literatur ist doch mehr als ein Rätselspiel.


    Es sind wahrscheinlich einfach nur mehrere Ebenen/Schichten. Je nachdem, wie man mag, kann man tiefer eindringen oder auch nicht. Und wer bei der obersten Schicht verweilt, kann trotzdem gut unterhalten werden. Hier wären wir wieder bei Der Name der Rose: es ist ein unterhaltsamer Mittelalterkrimi, auch ohne daß man da tiefer eindringen müßte...




    Und mich tröstet es, dass auch studierte Literaturwissenschaftler, wie thopas, mit dem Studium nicht gleichzeitig auch die Gabe der Interpretation erhalten haben.
    Sonst würde ich auf meine alten Tage nochmal zu studieren beginnen.


    Man lernt allerdings im Studium das "Handwerkszeug", auch wenn man dann nicht meisterhaft damit umzugehen weiß. Aber das wußte ich schon vor dem Studium, daß mir das Interpretieren nicht so liegt. Die Literaturwissenschaft bietet Gott sei Dank noch andere Bereiche, mit denen man sich beschäftigen kann :smile:


    Ganz und gar nicht. Du hattest ja auch irgendwo schon erwähnt, daß du keine "professionellen" Kenntnisse hast. Du bist da quasi ein Naturtalent :smile:. Meiner Meinung nach sind keine akademischen Kenntnisse vonnöten, um ein Buch zu analysieren und zu interpretieren. Das kann man durchaus auch so lernen...


    :winken:
    thopas

    Gute Frage, die Ankunft Angelicas hatte für mich aber schon eine Bedeutung.
    Ich hatte das Gefühl, dass der Bürgermeister seine Tochter extra ein paar Sekunden später eintreten ließ um den Menschen zu zeigen: Seht her, das ist meine Tochter, sie ist wunderschön und sie ist noch zu haben.


    Diesen Eindruck hatte ich zumindest.


    Katrin


    Dein Eindruck trügt nicht. Dieser Auftritt von Angelica war sehr sorgfältig inszeniert und hat ja auch seine Wirkung nicht verfehlt....


    In dem Buch von Colm Tóibín über Henry James (The master) ist eine sehr schöne Szene enthalten: bei einem Ball sind nach einiger Zeit nach wie vor nur die Herren schon im Ballsaal versammelt, die Damen lassen auf sich warten. Jede ist in ihrem Zimmer und schickt immer wieder ihre Zofe hinunter, um zu sehen, wann endlich alle da sind, da jede als letzte ankommen und einen großen Auftritt haben möchte. Zuletzt werden dann alle Damen überredet, gleichzeitig herunterzukommen, denn sonst würde der Ball nie anfangen...


    Als letztes anzukommen verspricht ja immer einen großen Auftritt und die Aufmerksamkeit aller Anwesenden, das wissen auch Angelica und don Calogero.


    Schön, dass ich Euch doch noch gefunden habe! Ich hatte fälschlicherweise seit dem 1. Juni auf der Seite nachgeschaut, wo zunächst die Eröffnung des Themas angekündigt war, und mich schon gewundert, dass sich niemand meldet..Na ja, ich bin halt ein absoluter Neuling!


    Dann herzlich willkommen in der Leserunde!




    Ja, thopas, ich finde die Handhabung der französischen, italienischen und lateinischen Zitate auch etwas seltsam. Mal sind sie im Glossar übersetzt ( wie das Baudelaire-Zitat), mal ergibt sich der Sinn aus dem folgenden Text (was aber nur, wenn der Satz verstanden wurde, ersichtlich und dann eigentlich überflüssig wird), oder der Leser wird gänzlich allein gelassen wie mit der Zitaten in neapolitanischem (Audienz beim König) oder sizilianischen Dialekt. Verständlich , dass der Übersetzer die sprachlichen Nuancen irgendwie erhalten wollte. Es ist ja auch witzig , den König in vulgärem Neapolitanisch parlieren zu lassen. ("Der neapolitanische Akzent übertraf an Würze bei weitem den des Kämmerers") Wie will man das ins Deutsche übertragen?Hier wären aber doch erläuternde Fußnoten o.ä. hilfreich gewesen.


    Da stimme ich dir zu. Wenn man als Übersetzer diese sprachlichen Nuancen beibehalten will, dann sollte man wenigstens für gute Fußnoten oder ein ausführliches Glossar sorgen. Denn so, wie es existiert, ist es irgendwie nicht "ausgegoren"...



    Vom "Gattopardo" kannte ich bislang nur die Visconti-Verfilmung. Vor Jahren habe ich mir in Palermo(!) das Buch auf italienisch gekauft, bin aber über die ersten Seiten nicht hinweggekommen. Es ist ja schon auf deutsch nicht ganz einfach.


    Gut zu wissen, daß du eine italienische Ausgabe hast, falls sie noch in deinem Besitz ist... Denn manchmal würde mich schon interessieren, was da im Original steht.


    Viel Spaß noch beim Lesen!
    thopas


    Dann müsste aber auch die Jagd als Vergnügen der herrschenden Klasse unter Punkt b) fallen?!


    Einerseits ja. Andererseits ist es ja keine klassiche Jagd mit lauter Adligen und deren Helfern. Don Fabrizio geht mit dem Organisten (der aus einer niederen Familie stammt und nur mit Hilfe eines Stipendiums Musik studieren konnte) auf die Jagd. Dieser ist aber nicht als sein Diener dabei, sondern eher als Freund und Vertrauter. Don Fabrizio flüchtet sich ja sehr häufig auf die Jagd, um aus dem Palast wegzukommen und sich in der unberührten Natur erholen zu können. Das Erlegen der Tiere ist ja eher ein Vorwand für ihn.


    Ich bin dir übrigens auch recht dankbar, Sir Thomas, für deine Interpretationen und Analysen, denn mir fällt so etwas - trotz Studium der Literaturwissenschaft (allerdings im Nebenfach) - nicht so leicht. Ich kann zwar meist erkennen, wo etwas "dahintersteckt", tu mir aber recht schwer mit dem Formulieren und Klassifizieren...


    Viele Grüße
    thopas


    Ich will Euch ja nicht widersprechen, Ihr Lieben, aber wie kommt Ihr darauf, dass man das Rosenkranzgebet am Beginn mit den kommenden Ereignissen in Verbindung bringen muss?
    In katholischen Fürstenhäusern wurde eben viel gebetet und anschließend widmeten sich die Herren ihren Mätressen. So war auch der Beichtvater immer beschäftigt.
    Ich hätte in diesem Einstieg noch keine Symbolik vermutet. Muss man das wirklich so interpretieren?


    Hallo Madeleine,
    ja, ich würde schon sagen, daß man das so interpretieren sollte. Ein Autor, zumal ein guter Autor, macht eigentlich nie irgendetwas "nur einfach so". Und Lampedusa verwendet sehr viel Symbolik, so daß es wahrscheinlich ist, daß auch diese Szene symbolische Bedeutung hat. Zusätzlich bietet die Szene natürlich auch einen guten Einblick in die Verhältnisse, die so im Fürstenhaus herrschen. Der Fürst wird dadurch sehr schnell charakterisiert...


    Viele Grüße
    thopas


    vielleicht hilft euch das weiter:
    http://de.wikipedia.org/wiki/CamelCase


    Danke, Lost, für diesen Link!


    Das hatte ich tatsächlich noch nicht gewußt. Vermutlich, weil ich noch keine barocke Literatur gelesen habe. Ich hatte mir zwar schon so was in der Richtung gedacht (weil ja auch im Englischen immer "He" großgeschrieben wird, wenn von Gott die Rede ist), hätte es mir aber nicht erklären können.


    Ich überlege mir gerade, warum der Übersetzer zu diesem Ausdrucksmittel gegriffen hat. Es ist ja in der neueren deutschsprachigen Literatur (und auch in Übersetzungen) nicht üblich, das so zu markieren...

    Der Threadstarter - in diesem Fall Telemachos - sollte unter seinem Beitrag einen Button finden: Link zum Kalender. Anklicken. Ausfüllen. Fertig. :winken:


    Danke für die Information. Ich dachte schon, ich bin zu blöd, weil ich nichts finde :breitgrins:.

    Ja, das ist mir auch aufgefallen, thopas. Noch habe ich keine Antwort darauf. Sobald ich etwas weiß, werde ich berichten.


    Ich werde auch mal etwas nachforschen. Vielleicht finden wir ja eine Erklärung...


    Ich bin mittlerweile schon etwas weitergekommen. Die Bevölkerung von Donnafugata wird anschaulich beschrieben. V.a. die Tatsache, daß Don Fabrizio in der Achtung der Leute sinkt, weil er plötzlich netter zu ihnen ist, finde ich sehr interessant. Er ist also auch irgendwie selbst daran schuld, daß es mit ihm bergab gehen wird. Er fügt sich ja auch viel zu einfach in die neuen Umstände, weil er glaubt, daß sein Besitz ihn noch lange ernähren wird können, auch wenn sich das Regime ändert.


    Auf der anderen Seite denkt er sehr praktisch und will seinen Neffen Tancredi mit der reichen Bürgermeistertochter Angelica verkuppeln, da er für den verarmten Tancredi nur so die Möglichkeit sieht, Macht und Einfluß zu bekommen. Er erkennt, daß der Adel sich an das reiche Bürgertum anbiedern muß, um überleben zu können. Wobei Angelicas Vorfahren mütterlicherseits ja eher noch niedrigeren Standes waren.


    Viele Grüße
    thopas

    Ich wollte nur mal kurz fragen, ob wir uns auf einen Termin einigen sollen. Wie ich sehe, startet evtl. am 28. Juni die Grass-Leserunde. Wann würdest du denn mit dem Lear anfangen wollen, ink-heart? Und wie sieht´s bei dir aus, Telemachos?


    Viele Grüße
    thopas

    Hallo Sir Thomas,


    ich habe die Erzählung schon mal vor Jahren gelesen, konnte damit aber nicht viel anfangen. Vielleicht wäre eine Leserunde dazu geeignet, daß ich mich nochmal mit diesem Werk auseinandersetze.


    Ich weder vermutlich irgendwann im Juli oder August nochmal eine Woche in Urlaub fahren, weiß aber noch nicht wann. Und König Lear steht ja auch noch an... Doch ist das Herz der Finsternis ja kein langes Werk, sodaß ich es auf jeden Fall lesen und mit diskutieren können werde (evtl. mit etwas Verspätung).
    Lange Rede, kurzer Sinn: mir ist jeder Termin recht :smile:


    Viele Grüße
    thopas


    Was mich aber noch mehr stört, sind die ganzen * in der Geschichte. Ich bin gerade auf Seite 22 und innerhalb der letzten beiden Seiten musste ich dreimal im Glossar nachschauen wer denn die Personen sein sollen. Das behindert mich ungemein beim Lesen, da ich immer wieder rauskomme.


    In der damaligen Zeit hat man die Personen sicher unter diesen Namen gekannt, ich kann mit diesen "Spitznamen" leider gar nichts anfangen und bin gezwungen nachzuschlagen.


    Hallo Katrin,
    ja, das nervt mich auch ein bißchen. Aber immerhin gibt es ein Glossar, sonst hätten wir überhaupt keine Ahnung, um wen es sich da handelt. Ob Fußnoten besser gewesen wären? Das ist ja immer eher unschön in einem nicht-wissenschaftlichen Text.
    Ich habe auch erstmal in einem historischen Atlas nachgeschlagen, da ich von italienischer bzw. sizilianischer Geschichte überhaupt keine Ahnung habe.



    Noch etwas, das mir aufgefallen ist, das ich mir aber nicht erklären kann: warum wird der Herr (also Gott) immer "der HErr" geschrieben?


    Fragende Grüße
    thopas

    Hallo zusammen,


    ich bin mittlerweile auch auf Donnafugata angelangt. Sehr beeindrucken fand ich bis jetzt die Beschreibung des wüsten-ähnlichen Landes, der staubtrockenen Ebenen, über die sie tagelang fahren müssen, um zu ihrem Landsitz zu kommen. Ich war einst mal, vor vielen Jahren, in Sizilien, allerdings im Frühling; da hat sich mir eine ganz andere Landschaft geboten. Momentan entstehen bei mir im Kopf eher Bilder einer spanischen Missionssiedlung in der mexikanischen oder kalifornischen Wüste :roll:.



    Vom ersten Lesen her wieder erinnert habe ich mich an die zum Teil eigenwillige Kommagebung in der neuen Übersetzung. Ich kann mich manchmal des Eindrucks nicht erwehren, der Übersetzer hätte am Schluss seiner Arbeit einen Sack Kommata über das Werk geschüttet und nicht so recht geschaut, wo sie zu liegen kommen. Statt den Leser zu führen, behindern die Satzzeichen ihn eher. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig.


    Hallo uhu,
    wenn du die Taschenbuchausgabe hast, findest du auf Seite 326 einen Hinweis auf Lampedusas eigenwillige Interpunktion, die in dieser Übersetzung beibehalten werden sollte.


    Was mich etwas irritiert, ist, daß die italienischen oder französischen Sätzchen, die im Text vorkommen, nicht unbedingt im Glossar erläutert werden. Es kann doch nicht davon ausgegangen werden, daß jeder italienisch und französisch versteht, oder mit Wörterbüchern hantieren möchte...


    Viele Grüße und viel Spaß beim Lesen!
    thopas

    Ja, thopas, wo beginnen? Vielleicht bei den Aspern Papers? Ich lese zur Zeit gerade Leskow und dann soll de Bruyn folgen und irgendwo lauert noch der Joseph Roth mit seinem - Hiob!


    Hallo Peter,


    demnächst muß ja nicht direkt demnächst sein :zwinker:. Bei mir startet morgen erstmal die Leopard-Leserunde, danach wollte ich Huysmans lesen und dann kommt ja noch König Lear... bleibt also noch ein bißchen Zeit, bis ich die Aspern Papers in Angriff nehmen kann...


    Viele Grüße
    thopas


    ...wenn du planst einiges von H. James zu lesen, so schließe ich mich dann an!


    Gerne. Beziehst du dich da nur auf Erzählungen, oder auch auf Romane? Ich hätte geplant, demnächst einmal The Aspern Papers (Erzählung) und Portrait of a Lady zu lesen. Wenn du einen anderen Vorschlag hat, ist mir das aber auch recht. Es gibt ja sehr viel zu entdecken bei Henry James.


    Viele Grüße
    thopas

    Hallo Peter,


    dieser Thread ist eine schöne Idee. Ich lese auch erst seit letzter Zeit öfter Erzählungen, früher waren sie mir immer irgendwie zu kurz, um sich richtig darin einzuleben. Aber da meine Aufmerksamkeitsspanne mit zunehmendem Alter kleiner wird, sind mir Erzählungen inzwischen sehr lieb geworden.


    Meister ihres Faches? Hmm, evtl. Guy de Maupassant. Wobei ich von ihm bisher kaum etwas gelesen habe. Edgar Allan Poe würde mir dann noch einfallen, wenn man es etwas düsterer/grusliger mag.


    Ich habe vor, noch einiges von Henry James zu lesen, der allerdings durchaus auch für seine Romane bekannt ist.


    Viele Grüße
    thopas

    Hallo zusammen,


    erst gestern ist mir beim "Stöbern" im Internet bzgl. dieser King Lear Quarto/Folio-Geschichte wieder ein großer Vorteil aufgefallen: ich kann im Internet direkt Faksimiles der Folio- und Quarto-Ausgaben Shakespeares anschauen. So bequem und schnell (und vor allem zu jedem beliebigen Zeitpunkt) ist man früher nicht an sowas gekommen.


    Genauso praktisch finde ich das Projekt Gutenberg. Auch wenn ich letztendlich ein Werk lieber als gedrucktes Buch lese und nicht auf meinem Bildschirm, so habe ich dort doch die Möglichkeit, in vieles hineinzuschauen, ohne daß ich mich in eine Bibliothek begeben muß. Allerdings werden dadurch auch die Bücher, die man lesen möchte, immer mehr, und die Zeit wird immer weniger, weil man sie mit Stöbern im Internet verbringt :breitgrins:.


    Viele Grüße
    thopas

    Ich habe mich jetzt nochmal schlau gemacht bzgl. der verschiedenen Varianten. Die Herausgeber des Stückes, beginnend mit Alexander Pope, haben die beiden ursprünglichen Texte (also Quarto und Folio) einfach "zusammengewurschtelt" (englisch "to conflate" also in etwa: verschmelzen, zusammenfassen), da man annahm, daß Quarto- und Folio-Text auf einen gemeinsamen Ur-Text zurückgehen. Erst später (30er Jahre des letzten Jahrhunderts) kam die Vermutung auf, daß es sich um zwei separat entstandene Texte handelt. Manche Ausgaben berücksichtigen dies (z.B. hat New Cambridge zwei Versionen des Lear herausgegeben). Die New Arden Edition enthält laut Wikipedia (unter "Date and Text") den "traditional conflated text". Dieser ist dann wahrscheinlich auch ins Deutsche übersetzt worden.


    :winken:
    thopas