Beiträge von thopas

    Romanistik, Komparatistik, etc. pp.


    Dann oute ich mich mal: ich habe im Nebenfach englische Literaturwissenschaft studiert, habe mich aber vorwiegend mit der Shakespearezeit beschäftigt, weil man da auch viel historisches lesen und behandlen kann. Die Literaturanalyse liegt mir nämlich nicht so. War schon auf der Schule nicht mein Ding.


    Mir liegt das Rezensionen-Schreiben auch nicht besonders, weshalb ich im großen Forum (als ich vor einigen Jahren dort aktiv war) kaum was geschrieben habe, weil ich immer das Gefühl hatte, ich müsste eine komplette Rezension einstellen. Nur so Gedanken reichen nicht. Im Klassikerforum kam mir das nicht so vor... Da sieht man mal, wie unterschiedlich Wahrnehmungen sein können.


    Das ist jetzt aber nicht der Grund, warum ich kaum mehr im großen Forum bin; mir geht es dort einfach zu schnell. Ich komme, auch aus beruflichen Gründen, unter der Woche kaum privat ins Internet. Da passiert dann soviel, dass ich nicht mehr nachkomme. Im Klassikerforum ist es ein bisschen gemütlicher. :breitgrins:


    Es ist schon speziell. Kein Lieblingsautor von mir, dazu ist er mir zu kühl und man kann das Erzählte nicht richtig fassen.


    So ungefähr würde ich mein Leseerlebnis auch beschreiben. Bei mir war es White Noise (Weißes Rauschen) und es ist schon ewig her. Ich hatte bisher nicht mehr das Bedürfnis, noch was von ihm zu lesen.

    Ich habe gerade (ca. 20 Jahre nach der Erstlektüre) Villette von Charlotte Bronte wieder geleden. Die Beschreibung des Gefühlslebens der Protagonistin ist schon sehr beeindruckend, aber auch beängstigend. V.a. der Schluss hat mich frustriert. Ich konnte mich an den Inhalt kaum mehr erinnern.

    Ich habe inzwischen zum Vergleich auch Hard Times von Dickens gelesen (und auch die Einträge in der Leserunde, die vor eineinhalb Jahren stattgefunden hat). Dickens' Roman soll ja der erfolgreichere gewesen sein bei den Lesern von Household Words, was ich nicht so ganz nachvollziehen kann. Ich fand den Roman lesbar, aber es gibt bessere von Dickens, und die Industrialisierung ist eher eine Kulisse, groß thematisiert wird da nichts. Das finde ich aus der heutigen Perspektive schade, war aber vermutlich für den damaligen Leser nicht so von Bedeutung.


    Tenar: dann lies doch mal was von Jane Austen und am besten Jane Eyre von Charlotte Bronte. Es lohnt sich!

    Durch meine Lektüre von Jane Austens Persuasion, in dem ein paar Szenen in Lyme Regis spielen, bin ich darauf gekommen, mal wieder The French Lieutenant's Woman von John Fowles zu lesen. Dieses Buch habe ich vor ca. 20 Jahren mal gelesen und habe es als gut in Erinnerung. Mal sehen...


    Wir haben Hard Times hier auch in einer Leserunde gelesen, und ich finde, dass er als Pendant hervorragend zu "Norden und Süden" passt, ein ähnliches Sujet, aber ein ganz anderer Stil, auf der einen Seite viel bissiger als Gaskell, auf der anderen Seite sehr melodramatisch und viel weniger elegant als Gaskells "Schreibe". Aber beide Romane haben ihre berechtigte Stellung in der Literatur und auch in diesem Sujet der "Inudstrieromane".
    Und im Übrigen mag ich Dickens -trotz allen Kitsches- wegen seiner wunderbaren Figuren.


    Danke für den Hinweis, finsbury! Da bin ich gespannt, was ihr in der Leserunde dazu geschrieben habt.


    Momentan lese ich gerade Nice Work von David Lodge, quasi ein moderner Industrieroman und eine Art Pastiche zu North and South im Speziellen und die englische "industrial novel" im Allgemeinen. Der Roman ist der dritte Teil der Campus-Trilogie, die ich sehr mag und sehr amüsant finde. (Hier dann also: "campus novel" trifft "industrial novel".)

    Inzwischen bin ich auch mit dem Buch fertig. Der Schluss ist etwas abrupt aber eigentlich ganz gut gelöst. Schmalzige Liebesszenen zwischen Margaret und Thornton wären etwas fehl am Platze gewesen.


    Ich kann verstehen, dass Margaret den Aufenthalt bei den Lennoxes in London langweilig und deren Beschäftigungen oberflächlich empfindet. Trotzdem hat es mich etwas gewundert, dass sie offensichtlich der Zeit in Milton hinterhertrauert. Es war ja doch keine angenehme Zeit dort. In der englischen Wikipedia wird erwähnt, dass Gaskell ihren Roman scherzeshalber gerne "Death and Variations" genannt hätte, da der Tod bzw. die verschiedenen Tode eine große Rolle in der Entwicklung der Geschichte spielen. Schade, dass auch Mr Bell noch sterben musste, er war ja so etwas wie der "Lichtblick" des Romans.


    Ich habe mir jetzt übrigens Hard Times von Dickens gekauft, da dieses Buch ja direkt vor North and South in Dickens' Zeitschrift Household Words erschien und erfolgreicher war.


    Während die Thorntons sich etwas auf ihr Geld und ihre soziale Stellung einbilden, schritten die Hales aufgrund ihrer Bildung und ihres gelebten Christentums aufrecht einher. Nun aber muss Margaret schamrot ihr Haupt beugen, weil sie gegen ihre eigenen Werte verstoßen hat. Ihre Überlegenheit ist widerlegt, ihr Selbstbewusstsein geknickt.


    Das stimmt, Margaret ist ja die tadelloseste Christin in diesem Roman und kann es deshalb vermutlich nicht ertragen, sich nicht an die 10 Gebote halten zu können. Auch wenn sie dadurch ihren Bruder schützt.


    Doch Thornton steht ihr eigentlich in nichts nach, wie man später herausfindet: er könnte sich durch eine riskante Spekulation sanieren, wenn er das Geld seiner Gläubiger dafür einsetzt. Das lehnt er aber ab, denn er möchte nicht mit dem Geld fremder Leute spekulieren... Sein Schwager gewinnt durch solch "unmoralisches" Verhalten viel Geld, Thornton steht vor dem Bankrott. Sowas muss Margaret ja bestimmt sehr beeindrucken.

    Ich bin gerade in diesem Kapitel mit der gerösteten Katze... Ich denke auch, dass Gaskell dieses Kapitel dazu nutzt, Margaret leichter mit Helstone abschließen zu lassen. Der Umbau des Pfarrhauses und die neue Pfarrersfamilie (so ganz anders als die ruhigen, angenehmen Hales) zeigen, dass die "gute, alte Zeit" unwiderbringlich vorbei ist. Der Gentleman, von dem die Rede ist, der Helstone besucht hat, wird sich vermutlich als Mr Thornton herausstellen...


    Mr Bell finde ich auch eine sehr angenehme und positive Person. Mich hat mit der Zeit diese trübsinnige und hoffnungslose Atmosphäre in Milton schon etwas "heruntergezogen". Als Leser kann man da richtig die Verzweiflung von Margaret mitfühlen. Mr Bell bringt dann wieder etwas Schwung hinein und wirkt dadurch schon fast wie ein "deus ex machina", der die festgefügten Verhältnisse in Milton aufbricht und die Handlung wieder in Gang bringt.


    (Ich habe das Buch ja vor einigen Jahren schon einmal gelesen, wußte auch noch, dass Mr Hale stirbt, aber dachte, dass es erst später in der Handlung ist. Insofern war ich wieder total überrascht, dass er bei dem Besuch in Oxford einfach einschläft.)


    Mir geht es übrigens auch so, dass ich nicht verstehen kann, warum sich Margaret über ihre Lüge so aufregt, die ja zu diesem Zeitpunkt ihren Bruder schützen sollte. Ein bißchen schwingt vermutlich auch noch mit, dass sie vor Thornton gut dastehen möchte, da sie ja inzwischen schon Interesse an ihm hat, sich aber die genaue Art dieses Interesses noch nicht eingestehen will.

    Bin nicht "auf und davon" :winken: Ich hinke noch etwas hinterher bzw. bin gerade in Kapitel 38. Mrs Thornton will sich nun Margaret "zur Brust nehmen" und ihr klar machen, dass sie sich tunlichst nicht mit jungen Männern in der Dämmerung sehen lassen soll...


    Ich finde, dass Gaskell ganz gut diese Missverständnisse und Heimlichtuereien handhabt, die zu den ganzen emotionalen Verwicklungen führen und den Roman amüsant machen (neben den sozialkritischen Elementen). So ist dann wohl für jeden Leser etwas dabei.


    Die Episode mit Boucher fand ich recht interessant. Er dreht sich wie das Fähnlein im Winde, nur um an Geld zu kommen, um seine Familie zu versorgen. Da wundert es dann nicht, dass Hamilton ihn nicht einstellen will. Nur Selbstmord passt da irgendwie nicht ganz ins Bild, ich hätte eher erwartet, dass er abhaut und woanders sein Glück sucht und Frau und Kinder ihrem Schicksal überlässt.


    Sind Margaret und ihr Vater wirklich so in ihren jeweiligen Glauben "verbohrt", dass sie nicht erkennen können, dass es Bouchers Frau wirklich sowas von egal ist, ob die Seele ihres Mannes durch den Selbstmord gefährdet ist, wenn sie selbst und die sechs Kinder sehen müssen, wo sie etwas zu essen herbekommen ohne Versorger? Hier sind die Missionierungsversuche auch etwas fehl am Platze.

    Auffällig ist, dass sowohl Mrs Thornton als auch Mrs Hale so an ihren erstgeborenen Söhnen hängen und dies auch ziemlich offensichtlich kund tun. Die jüngeren Schwestern müssen sich da wohl wie Menschen zweiter Klasse vorkommen (was aber damals vielleicht nicht so ungewöhnlich war?). Elizabeth Gaskell hatte ja selbst einen älteren Bruder und kannte vielleicht dieses Gefühl der minderwertigen jüngeren Schwester.


    Mrs Thornton ist in der Tat eine sehr interessante Persönlichkeit und es ist spannend zu verfolgen, wie sie reagiert auf die jeweiligen Herausforderungen. Im Gegensatz zu Mrs Hale, die in ihrem Leben wohl immer nur gelitten und gejammert hat (statt die angenehmen Seiten zu sehen), und jetzt dafür quasi "bestraft" wird. Das wirkt schon wie ein Wink des Schicksals: "Sei mit deinem Leben zufrieden und jammere nicht! Sonst wird dir Schlechtes widerfahren!"

    Ich bin inzwischen bei Kapitel 25 angekommen, habe also ca. die Hälfe des Buches gelesen. Mir hat die Szene mit dem Aufstand ganz gut gefallen. Gaskell hat eine sehr eindringliche aber doch ruhige Art, dies zu schildern. V.a. als Margaret durch die Straßen geht und die sich häufenden Anzeichen nicht wahrnimmt, bis sie dann bei den Thorntons darauf aufmerksam gemacht wird, ist gut gemacht.


    Vermutlich wird es auch noch Ärger geben, denn Mrs Thornton hat sich ja jetzt schweren Herzens dazu durchgerungen, ihren geliebten Sohn an Margaret "zu verlieren", und jetzt will Margaret Thornton gar nicht. Das ist für Mrs Thornton wie ein Schlag ins Gesicht...

    Es wird ja, von John Thornton glaube ich, auch gesagt, dass es im Norden viel einfacher ist, sich hochzuarbeiten und reich zu werden, wohingegen man im Süden eher von der Herkunft (und Bildung) her geprägt ist.


    Die beiden Beresford-Schwestern sind ja gute Beispiele: währen Tante Shaw einen älteren, aber reichen Mann geheiratet hat (den sie allerdings nicht liebte) und so ihrem Stand gemäß leben kann, ist Mrs Hale eine Liebesheirat eingegangen mit einem Landpfarrer, der zwar Bildung hat, aber sonst leider nicht so viel. Darunter leidet sie ja ihr ganzes Leben. Die Hales sprechen ja auch in Helstone davon, dass es kaum Leute in der Nachbarschaft gibt, die angemessene Gesellschaft für sie sind.


    In Kapitel 18 (?) spricht Margaret mit Bessy über ihre Einladungs zum Dinner bei den Thorntons und Bessy ist überrascht, dass die Thorntons die Hales überhaupt einladen. Für Margaret ist es selbstverständlich, denn für sie zählt allein Bildung, nicht Geld. Im industriell geprägten Norden ist es allerdings nicht selbstverständlich. Hier zählt allein die Arbeitsleistung bzw. der Erfolg und das Geld, nicht die (klassische) Bildung. Thornton ist ja auch eher eine Ausnahme dadurch, dass er die klassische Bildung nun bei einem Hauslehrer nachholt (was seine Mutter als verschwendete Zeit ansieht).

    Was ich ganz interessant finde, ist, dass die Hales sich ja als etwas besseres vorkommen, weil sie aus dem "aristokratischen Süden" sind und diese Atmosphäre harter Arbeit nicht kennen. Sie sind ja auch ein bißchen irritiert über die Vergangenheit der Thorntons, auch wenn Margaret anerkennt, dass John Thornton sich aus eigener Kraft nach oben gearbeitet hat. (Wobei Mrs Hale an der alten Spitze, die Mrs Thornton trägt, erkennt, dass die Familie doch einmal wohlhaben gewesen sein muss.)


    Im Gegensatz dazu denken die Thorntons (v.a. Johns Mutter), dass sie die weitaus höher gestellten sind, da Hale ja nur ein Hauslehrer ist und quasi schon fast zu den Dienstboten gehört. Also hält sich jeder für besser als es der andere ist...

    Interessant wäre, ob ein Leser der damaligen Zeit die Gründe für Mr. Hales Zweifel nachvollziehen hätte können. Oder hat Gaskell einfach nur einen Grund benötigt, der es unumgänglich macht, dass die Hales relativ weit weg gehen müssen und damit dann in den Norden kommen, den Gaskell dann in Kontrast zum Süden setzen kann?


    Es erscheint am Anfang ja alles ziemlich plakativ (Süden = schön, paradiesisch, entspannte Menschen vs. Norden = düster, unheimlich, angespannte und verbissene Menschen), wird sich dann aber mit der Zeit vermutlich immer mehr differenzieren. Es wirkt ja nicht nur so, als ob die Hales in einer völlig fremden Welt landen, auch Thornton sieht v.a. Margaret wie ein Wesen aus einer fremden Welt (sie wird ja wie eine Art Elfe beschrieben; die elfenbeinfarbene Haut, die weichen, runden Hände; vermutlich alles im Gegensatz zu den ausgemergelten Frauen, die in den Baumwollspinnereien arbeiten).

    Hallo zusammen, lese nun doch auch mit, es geht sich zeitlich bei mir gut aus :smile:. Ich lese auch die Penguin Popular Classics Ausgabe von 1994. Habe das Buch vor ein paar Jahren schon mal gelesen und es hat mir damals sehr gut gefallen.


    Ich habe gestern die ersten sieben Kapitel gelesen und bin wieder sehr angetan. Es liest sich schon sehr wie eine Art "Vertreibung aus dem Paradies" die den Hales hier widerfährt, nachdem der Vater von der Kirche "abgefallen" ist. Die Beschreibung der Pfarrei bzw. des Hauses in Helstone kam mir zwar auch etwas bedrückend vor (v.a. wegen des ewigen Gemeckers der Mutter), aber das Drumherum, die Landschaft etc. sind doch wie ein richtiges Paradies beschrieben. Da leidet man richtig mit mit der armen Margaret, die das dann bald unverschuldet verlassen muss und in eine ganz andere Welt "verstoßen" wird.


    Ich melde mich später nochmal mit ausführlicheren Überlegungen.

    Northern Lights habe ich gerade eben wieder gelesen (der ganze Schnee bei uns nach Weihnachten hat mich an die Szenen auf Spitzbergen erinnert). Ich finde das Buch immer noch sehr gut. Die beiden anderen Bände werde ich gleich im Anschluss lesen.



    Sandhofer, dass jemand wie du Philip Pullman toll findet heisst wohl dass ich den auch auf meine "irgendwann lesen" Liste setze. Danke.


    Kannst du getrost auf deine Liste setzen :smile:.


    Oh, George Eliot - ich have vor mehr als zwanzig Jahren ihre Romane (Mühle am Floss, Middlemarch, Adam Bede, Daniel Deronda) verschlungen. Vielleicht sollte ich sie mal wieder lesen. Ich habe mich von den englischen Autorinnen des 19. Jahrhunderts eigentlich verabschiedet. Irgendwann hatte ich gewissermaßen genug davon. Im März werde ich es dann mal in der Leserunde mit E. Gaskell versuchen. :zwinker:


    Ich lese immer mal wieder was davon. Middlemarch hat mir ganz gut gefallen. North and South von Gaskell auch. Wenn es sich zeitlich bei mir ausgeht, werde ich den Roman in der Leserunde dann auch nochmal mitlesen :winken:.