April 2002: Anna Seghers - Das siebte Kreuz

  • Hallo finsbury,


    ich habe die AtV-Ausgabe von 1996 (6. Aufl.).


    Liebe Grüße & bis Montag,
    Michael :smile:

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "finsbury"

    Wir sollten vielleicht kurz schauen, welche Ausgabean wir haben, damit wir wissen, ob wir mit Seiten- oder Kapitelangaben schreiben können. Ich habe die AtV- Ausgabe von 2001.


    Auch wenn ich an der Leserunde nicht teilnehme; und eigentlich auch unabhängig von dieser Leserunde habe ich eine Bitte: Es ist auf jeden Fall leichter, auch für Leute, die den Thread vielleicht viel später mal durchgehen, wenn Leserunden mit Kapitelangaben arbeiten. Vielen Dank im Voraus!


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "sandhofer"

    Auch wenn ich an der Leserunde nicht teilnehme; und eigentlich auch unabhängig von dieser Leserunde habe ich eine Bitte: Es ist auf jeden Fall leichter, auch für Leute, die den Thread vielleicht viel später mal durchgehen, wenn Leserunden mit Kapitelangaben arbeiten.


    Sandhofer


    Hallo,


    klar, einsehbar und kein Problem. Wenn wir uns auf eine bestimmte Textstelle beziehen, können wir ja trotzdem noch das Ausgabenkürzel und die Seitenzahl dazu schreiben.


    So, ich habe letzte Nacht auch angefangen, nachdem Pompeji endgültig verschüttet war. :zwinker:


    Der Anfang ist ja schon furios. Wie Seghers erstmal den ganz großen Teppich ausbreitet (historische Dimension des Rhein-Main-Gebietes), um ihrer Geschichte eine Basis zu geben, das ist schon atemberaubend.
    Auch die Andeutungen zu Ende von Kapitel 1,I, das ist schon eine andere Dimension als der Actionreißer, den ich gerade gelesen habe.


    Die Hakenkreuzler besetzen am Ende des Geschichtsabrisses die "Stadt
    hinter dem Fluss" und der Schäfer Ernst pfeift seinem Hündchen, das ihm das Halstuch zwischen den Zähnen bringt. Jetzt sind wir hier. Was jezt geschieht, geschieht uns.


    Das ist schon toll, zumal wenn man weiß, dass das Halstuch rot ist und Ernst wohl noch eine (positive?!) Rolle in dem Roman spielen wird.


    Ich find's nicht leicht zu lesen, bin jetzt zu Beginn von Kap.1,III, aber sehr motiviert, weiterzulesen.


    Und wie geht es euch so mit dem Buch? :?:


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Halloo hallo :smile:


    Mein Lesestand ist Kapitel 1/III., wo Georg gerade auf der Flucht ist, sehr ergreifend und existenziell geschildert.


    Dabei muss ich u.a. an die Verfilmung 1944 mit Spencer Tracy denken, der den Georg spielte und dessen laut gedachten Worte mir noch lange hängen blieben:


    Zitat

    Wallau und Füllgrabe und ich kommen durch. Wir drei sind die besten. Beutler haben sie. Belloni kommt vielleicht auch durch. Aldinger ist zu alt. Pelzer ist zu weich.


    S.26 Kapitel 1/III ATV Anna Seghers/Das siebte Kreuz


    Bye, Ivy

  • Hallo zusammen,


    nun bin ich in 1,V dort angelangt, wo die Erzählpespektive von Georg zu Ernst, dem Schäfer wechselt. Interessant, wie Seghers den Leser noch zu orientieren unternimmt, wenn sie die Erzählperspektiven verschränkt: Bevor es von Georg zu Ernst geht, nimmt sie zur Zeitpunktangabe Franz zur Hilfe, den Moment, wo er erfährt, dass "Holzklötzchen" verhaftet worden ist. (A propos: Diese Spitznamen sind schon köstlich - und dadurch ein umso herberer Kontrast zum ernsten Geschehen - und meist mit Verkleinerungsformen: Man merkt, dass das Rhein-Main-Gebiet nicht mehr so weit von Schwaben entfernt ist :zwinker: )


    Im Kindler steht, dass Seghers ihre Ezählperspektive an Dos Passos geschult hat: wisst ihr, ob der das auch so macht?
    Seine USA- Trilogie liegt auf meinem SUB, steht aber nicht oben auf meiner Prioritätenliste.


    Toll finde ich, wie Seghers sich im Exil so hineinversetzen konnte in die angstbesetzte Stimmung in ihrer Heimatlandschaft: Ich nehme ihr jederzeit ab, dass sie aus Eigenem diese Stimmung kennt, obwohl sie schon 1933 emigriert ist. Vermutlich hat man in den Emigrantenkreisen
    häufig über diese Situation geredet und immer wieder kamen Augenzeugen und Betroffene dazu.


    @Ivy: Wie ist denn der Film? Ich habe ihn noch nicht gesehen, worüber ich im Moment aber ganz froh bin, weil mir sonst die ganze Zeit die Schauspieler und die Regie meine eigene Phantasie versperren. Wie geht es dir damit? Hat Georg ein eigenes Gesicht oder siehst du Spencer Tracy vor deinem inneren Auge? :rollen:


    Bis bald
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hallo zusammen,


    Zitat

    @Ivy: Wie ist denn der Film? Ich habe ihn noch nicht gesehen, worüber ich im Moment aber ganz froh bin, weil mir sonst die ganze Zeit die Schauspieler und die Regie meine eigene Phantasie versperren. Wie geht es dir damit? Hat Georg ein eigenes Gesicht oder siehst du Spencer Tracy vor deinem inneren Auge?

    ´


    Ich habe den Film vor längerer Zeit einmal gesehen. An Spencer Tracy kann ich mich zwar noch erinnern, nicht jedoch an die Einzelheiten. Mir ist es auch lieber so, finsbury. Bei mir schränkt das den Blick irgendwie immer stark auf die filmische Interpretation ein. Ich erinnere mich aber, dass ich den Film damals gut fand. Lohnt sich, glaube ich, anzuschauen, wenn man das Buch ausgelesen und darüber nachgedacht hat.


    Liebe Grüße,
    Michael

  • Hallo zusammen,
    hallo finsbury


    Zitat von "finsbury"


    Toll finde ich, wie Seghers sich im Exil so hineinversetzen konnte in die angstbesetzte Stimmung in ihrer Heimatlandschaft: Ich nehme ihr jederzeit ab, dass sie aus Eigenem diese Stimmung kennt, obwohl sie schon 1933 emigriert ist. Vermutlich hat man in den Emigrantenkreisen
    häufig über diese Situation geredet und immer wieder kamen Augenzeugen und Betroffene dazu.


    Das finde ich auch beeindruckend und auf der anderen Seite erschreckend. Denn wenn es einer Autorin im Exil möglich war so detailgetreu die Zustände um die KZ´s zu recherchieren, wie viel ist dann noch die Aussage wert: Man habe in Deutschland, teils in der unmittelbaren Nähe, darüber nichts gewusst?


    Deshalb beeindruckt mich die Szene in Kapitel 1,II zwischen Marnet und Greiner. Beide wissen oder spüren, dass irgendetwas in Westhofen passiert ist, aber was genau und wie? Spekulationen, Gerüchte, Berichte aus anderer Hand. Und das alles gleichwohl unter dem Eindruck des Belauertwerdens und selbst andere vorsichtig Beobachtens:


    "Wenn ihn jetzt jemanden belauert hätte mit der gleichen Beharrlichkeit wie er die anderen, dieser andere wäre genauso enttäuscht über Franz gewesen. Franz bekam sogar einen Stich von Haß gegen all diese Menschen, die überhaupt nicht merkten, daß irgend etwas in der Luft lag, oder es gar nicht merken wollten." Kap. 1,II


    Ich finde, dass es Anna Seghers wirklich versteht aus den unterschiedlichen Perspektiven detailiert diese Grundsituationen zu entwickeln. Das hat mir in den ersten Abschnitten gut gefallen. Ich bin jetzt übrigens in 1,V.


    Liebe Grüße,
    Michael

  • Hallo zusammen,
    hallo finsbury,


    Zitat

    Der Anfang ist ja schon furios. Wie Seghers erstmal den ganz großen Teppich ausbreitet (historische Dimension des Rhein-Main-Gebietes), um ihrer Geschichte eine Basis zu geben, das ist schon atemberaubend.
    Auch die Andeutungen zu Ende von Kapitel 1,I, das ist schon eine andere Dimension als der Actionreißer, den ich gerade gelesen habe.


    Ich empfinde die Sätze, "Jetzt sind wir hier. Was jetzt geschieht, geschieht uns", als die eigentliche Eröffnung des Romans. Interessant, dass in gewisser Weise zwei Abschnitte vorgeschaltet sind:


    Kap 1,0: Einführung des zentralen Bildes der Sieben Kreuze
    Kap 1,I: Historische Einordnung (historische Dimension des Rhein-Main-Gebietes)


    Kap 1,I scheint mir auf den politischen Kontext der Autorin zurückzugehen, als Einordnung der Menschen in einen historischen (zwangsläufigen) Prozess. Ausgegangen wird von einfachen Leuten, Arbeitern, Bauern, Schäfern, die in einem idyllisch anmutendem "Naturzustand" beschrieben werden.


    "Etwas tiefer, unterhalb der Landstraße, öffnete gerade der Schäfer seinen Pferch. Die Herde schob sich heraus und schmiegte sich sofort dem Abhang an, still und dicht wie ein Wölkchen, das bald in kleinere Wölkchen zerfällt, bald sich zusammenzieht und aufplustert." Kap 1,I


    Eingeordnet werden diese Menschen und die Landschaft in die Prozesse einer übergeordneten Historie, besonders die des Krieges.


    "Das ist das Land, von dem es heißt, daß die Geschosse des letzten Krieges jeweils die Geschosse des vorletzten aus der Erde wühlen." Kap 1,I


    Und mit dieser (sozialistisch) historischen Einordnung kommt Anna Seghers zum eigentlichen Startpunkt ihrer Geschichte:


    "Jetzt sind wir hier. Was jetzt geschieht, geschieht uns."


    Soweit erst einmal, was mir dazu einfiel.
    Wie ordnet ihr die ersten Abschnitte des Romans ein?


    Liebe Grüße,
    Michael :smile:



  • Hallo Michael,


    genauso. Schön, wie du die Idylle entdeckst. Das ist mir gar nicht so bewusst geworden. Und dann passt noch viel besser das rote Halstuch von Ernst, das vermutlich sein aktives politisches Bewusstsein zeigen soll: Das heißt, die Idylle wird zweimal gebrochen: Einmal negativ durch die nazistische Bedrohung, die unter dem Idyll im Tal liegt, weshalb auch Georgs Freund oben gut gelaunt ist und wenn die Massen ins Tal, in das
    Grauen strömen, immer bedrückter wird.
    Und zum Zweiten durch die bewusste Haltung äußerlich scheinbar naiver Naturburschen wie Ernst, der bestimmt noch eine wichtige Rolle spielt.


    Heute werde ich wohl nicht viel weiter kommen.


    Bis bald
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Halihallo :zwinker:


    Ich kann mich nicht mehr genau an den Film erinnern, doch Spencer Tracy als Georg gefiel mir sehr, also warum nicht auch in meinem inneren Film während des Lesens besetzen? Ich hab nichts dagegen. Bei der Ulysses-Leserunde (my homepage) sehe ich das Buch auch in der erinnerten Filmkulisse. Das verbindet sich bei mir assoziativ, wobei die Schauspieler erleben, was im Buch steht, nicht nur das im Film.


    Ich hab nun bis Ende 1,V gelesen.


    Die Szene mit der Omi und ihrer Enkelin gefiel mir besonders gut:


    Zitat

    Jetzt fuchtelte sie mit ihrem dürren Arm über den Feldweg nach dem Zimthütchen hin, mit dem sie mal früher getanzt und den sie mal früher beinahe geheiratet hatte, und um ihren zahnlosen Mund, um ihre verschrumpelten Bäckchen entstand die schreckliche Lebhaftigkeit, mit der ganz alte Leute schäkern, als höre man gleich die Geripplein beim Tanz klingeln...."Ui, ui", grunzte die alte Frau, aber sie trottete weiter, Georg war nicht nur aus ihrem Weg, sondern auch aus ihrem Gedächtnis verschwunden.


    S.36 + 37 ATV Anna Seghers/Das siebte Kreuz


    Diese Szene empfinde ich besonders poetisch und ansonsten die Naturbeschreibungen und die kontemplativen Gedanken von Georg, also immer dann, wenn der Leser für einen Moment Glück empfinden soll, so wie Georg, als er neben der alten Frau schreitet.
    Für einen Augenblick fühlt er sich glücklich, er wird angenommen. Und so auch die Natur, welche als Einziges schön und poetisch sein kann in dieser schrecklichen Welt, denn das Böse ist nicht poetisch, sondern nur roh und stumpf.


    In der Doktor Faustus-Leserunde wird übrigens auch gerade über den 2.Weltkrieg gesprochen (look my homepage-button).


    Bye, Ivy

  • Huhu zusammen,


    muss wieder Brot erwerben. Urlaub zu Ende. Geht alles langsamer. Also auch die Lektüre für mich. Aber ich melde mich immer, wenn ich wieder ein Bröckchen geschafft habe.
    @Evelyne,
    kann mir auch Schlimmere im Innenkino vorstellen als Spencer Tracy.
    Gruß finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hallo zusammen,


    eigentlich stört mich ein Spencer Tracy im Kopf ja nicht. Er ist mir in seiner Rolle auch wirklich haften geblieben, was mir bei Schauspielern nicht oft passiert.
    Dennoch verlasse ich mich gern auf meine eigenen Bilder und da wirkt es manchmal störend, wenn diese überlagert oder völlig verdrängt werden. (Z.B. kann ich mich gar nicht mehr erinnern, wie ich mir Gollum in der Ringtrilogie vorgestellt hatte, bevor ich die Jacksonverfilmung gesehen habe. Eigentlich schade.)


    Ich habe das erste Kapitel zu Ende gelesen und beginne heute mit dem zweiten.


    LG,
    Michael

  • Halihallo :zwinker:


    Michael, ich verstehe, was Du meinst. Man will sich beim Lesen schliesslich einen eigenen Vorstellungsraum schaffen und keine Stereotypen übernehmen.


    Jean Gabin wäre z.B. genauso denkbar für die Georg-Rolle und viele andere.


    Stell Dir einfach vor, den Film gäbe es noch nicht und Du kannst Dich nur an den Beschreibungen der Autorin orientieren. In Franz' Rückblick wird Georg zwar nicht gerade sympathisch beschrieben, doch die letzte Szene des 1.Kapitels wirft dieses negative Bild wieder um.


    So wie wir uns ein Bild von Georg schaffen wollen, so versucht sich Georg an sein Mädchen zu erinnern, was nicht wirklich gelingen will, berührend, wie er auf diese Weise die vermisste Geborgenheit sucht.


    Bye, Ivy

  • Hallo Ivy und Michael (wo sind eigentlich die anderen? :rollen:),


    das erste Kapitel habe ich jetzt auch hinter mir. Langsam wird die politische Dimension deutlicher. Schön, wie gemächlich sich der Roman aufrollt. Die Autorin nimmt sich viel Zeit, bevor sie die Hauptpersonen des Romans und ihre Beziehungen zueinander vorstellt.
    Wisst ihr, ob das Personenverzeichnis (in meiner Aufbau-Ausgabe) von Seghers selber ist? Da hat man auf den ersten 60 Seiten mehr Orientierung über die Personen als durch die Charakterisierung selbst!
    Gespannt bin ich schon auf Madame Marelli, die Schneiderin für Artistenkostüme.


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hallo zusammen!


    Na, wo die anderen sind? keine Ahnung!
    Im Personenregister sind sie nicht enthalten! :breitgrins:


    Nun im Ernst: Ob das Personenregister von Anna Seghers selbst geschrieben wurde, weiss ich nicht, wär nicht unbedingt nötig, soo kompliziert ist die Handlung nicht, aber hilfreich, wenn einem ein Name nicht mehr einfallen will .


    Ich bin jetzt Ende Kapitel 2/III. Die Kirche-Szene am Anfang ist wirklich sehr beeindruckend geschrieben, hat mich sofort an meine Parallel-Lektüre Victor Hugo/Der Glöckner von Notre-Dame erinnert, dort wird die kalte Beschaulichkeit des Kirchengemäuers ähnlich anschaulich vergegenwärtigt.


    Bei Anna Seghers ist sehr gut die Erneuerung des klassischen Erzählstils zu erkennen, die Erinnerungen werden nahtlos in die klassisch beschriebenen Kirchen-Eindrücke eingebunden, sehr eindrucksvoll, wie innere und äussere Wahrnehmung ineinander fliessen.


    Das kleine Verhör mit Georgs Schwiegervater ist mir auch haften geblieben, mehr sage ich nicht, falls Ihr noch nicht so weit seid. :zwinker:


    Bye, Ivy

  • Hallo Ivy und Michael,


    ich bin jetzt in Kap.2, VII.


    Die Szene im Mainzer Dom hat mich auch sehr beeindruckt, vor allem fand ich es enorm, wie Seghers alle christliche Ergriffenheit ausspart und dennoch den Aufenthalt in diesem Bauwerk existentiell bedeutend macht. So geht es wohl vielen nicht religiösen Menschen (ich nehme mal an, dass Seghers nicht besonders religiös war auf Grund ihrer ideologischen Orientierung), dass dennoch große religiöse Bauwerke eine besondere Stimmung atmen.
    Manchmal finde ich das Buch sehr bedrückend, eben auch - Ivy - die Verhörszene mit Herrn Mettenheimer. Dieses Ausgeliefertsein, dass einem jedes Wort im Munde verdreht wird, das ist schon sehr gut dargestellt.
    Die Frauengestalten in dem Buch gefallen mir bisher nicht so gut, sie wirken auf mich - im Kontrast zu den Männern - so rein vegetativ. Erstaunlich, bei einer weiblichen Autorin!!
    Aber jetzt kommt gerade die Frau Wallauer ins Spiel, und die scheint ja viel zupackender!
    Wie gefällt euch die Landschaftsbeschreibung?
    Ich habe mir schon einen Atlas genommen und die Lage der Orte zueinander angeschaut. Das hilft mir ein bisschen beim Verständnis.
    Für meine nächste Fahrt nach Süddeutschland habe ich mir außerdem fest einen Zwischenaufenthalt in Mainz mit der Besichtigung des Mainzer Doms vorgenommen.
    Herzliche Grüße
    finsbury
    angeschaut

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hallo zusammen! :smile:


    Ich bin jetzt auf Seite 172/Kapitel 3/III: Georg überlegt sich gerade, ob er den netten Mann, der ihn in seinem tollen Schlitten mitgenommen hat, umbringen will, um auf diese Weise an ein schnelles Fluchtauto zu kommen...


    Der Fremde bewundert naiv die wunderschöne Landschaft, welche Anna Seghers wirklich gut beschreibt, alles konkret vorstellbar.


    Zitat

    Der Fremde sagte: "Ihr Land sehr schön." - "Ja, das Land", sagte Georg.


    Der Traum-Einschub mit der Vogelscheuche (S.149) ist eine kluge Vorausdeutung auf das Siebte Kreuz.


    Auch ich finde die Frauenfiguren etwas allzu typisiert, wobei sich dieser Mangel bei anderen (männlichen) Nebenfiguren ebenso abzeichnet. Es hat wohl mehr mit der Gewichtung der Rollen zu tun. Die Individualisierung geschieht erst durch die Wiederholung, also eigentlich nur bei den Hauptfiguren.


    Die Typisierung hat aber auch den Vorteil, dass es die rohe Stumpfheit und Deindividualisierung der Nazizeit besonders realistisch rüberbringt.


    Na, ich hoffe, Ihr kommt noch nach und Eure Nebenbücher müssen nicht allzu stark leiden. :breitgrins:


    Bye, Ivy

  • Hallo ihr beiden,


    denn mehr sind es ja doch irgendwie nicht?!
    Ich hänge etwas nach mit meiner Lektüre, werde aber bis zum Wochenende etwas nachholen. Musste wieder einmal zwei Lektüren zwischenschieben.
    Ich hasse diese Prallelleserei :zwinker:


    LG,
    Michael

  • Zitat von "Evelyne Marti"

    Der Traum-Einschub mit der Vogelscheuche (S.149) ist eine kluge Vorausdeutung auf das Siebte Kreuz.


    Hallo Ivy,


    das habe ich doch glatt überlesen. was für eine Ausgabe hast du denn?
    Bei mir steht das nicht auf Seite 149. Auf der Seite beginnt das dritte Kapitel.


    Zitat von "Evelyne Marti"

    Die Individualisierung geschieht erst durch die Wiederholung, also eigentlich nur bei den Hauptfiguren.


    Die Typisierung hat aber auch den Vorteil, dass es die rohe Stumpfheit und Deindividualisierung der Nazizeit besonders realistisch rüberbringt.


    Da hast du wohl völlig recht. Ich finde es in Bezug auf die Frauen nur komisch, dass sie bisher - ich bin jetzt Kap.4, Abschn.VI - hauswirtschaftliche, familiäre und emotionale Züge entfalten, aber kaum politisches Bewusstsein. Dabei müsste Seghers als politisch denkende und handelnde Frau doch das auch anderen Geschlechtsgenossinnen zutrauen.
    Ich finde das Buch teilweise wirklich bedrückend: diese Ausweglosigkeit und Allgegenwärtigkeit der Angst wird sehr gut beschrieben.

    Zitat von "Evelyne Marti"

    Na, ich hoffe, Ihr kommt noch nach und Eure Nebenbücher müssen nicht allzu stark leiden. :breitgrins:


    Bye, Ivy


    Es geht langsam, wie du oben siehst, voran. Aber mühsam ernährt sich das Eichhörnchen neben Beruf und Familie. Es lohnt sich aber dranzubleiben.


    @ Michael
    Ich hasse auch Zwangslektüren, die einem dazwischenfunken!


    Bis bald, ihr beiden :winken:
    finsbury[/quote]

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hi together! :zwinker:


    finsbury, meine Ausgabe findest Du auf meiner Homepage unter Leserunden, dort mit einem direkten Link zu amazon, Aufbau-Taschenbuch 21. Auflage 2003.


    Seite 149 ist bei mir 6 Seiten nach Beginn des 3.Kapitels/S.144, die Vogelscheuche-Szene taucht in Kapitel 3/I auf.


    Auch ich finde, Anna Seghers hätte die Frauenfiguren dreidimensionaler auftreten lassen können, ein paar Striche hätten genügt, die Kunst des Weglassens und gezielten Pointierens.


    Auf der anderen Seite wollte sie vielleicht gerade dadurch den Frauen einen Spiegel vorhalten, ihnen zeigen, wie sehr die Frau damals noch in ihrer Muttchen-Rolle verhaftet war und Anna Seghers selbst wohl eher zur Minderheit gehörte.


    Eigentlich beachtlich, dass sie keine Heldin kreierte, welche sozusagen die Muttchen-Rolle ausgeglichen und fast wieder entschuldigt hätte. So wird der damals verbreiteste Frauentypus ungeschont etikettiert.


    Diese ungeschminkte stumpfe Darstellung ist auch bei den meisten männlichen Nebenrollen wiederzufinden. Interessant, wie eine Schwäche gleichzeitig den realen Kern trifft, viel mehr als Anna Seghers Zeitgenossen es vermochten.


    Ich glaube, Anna Seghers wollte gar nicht, dass wir uns mit Nazideutschland und deren Männern und Frauen anfreunden, sie wollte nicht, dass wir die Täter in irgendeiner Weise psychologisch verstehen und entschuldigen. Wir sollen wissen: Diese Menschen waren stumpf und identitätslos ihrem Führer ergeben, die Inhumanität der breiten kollektiven Masse, Massenpsychose.


    Na, Michael, das mit dem Zwischenlesen ist für mich fast eine Normalität, bei gleich fünf Leserunden, welche ich aktiv mitmache! :breitgrins:


    Bye, Ivy