Willensfreiheit

  • Zitat von "Harald"

    Nein, aber sie können die Zulässigkeit von Begriffsbildungen überprüfen helfen. Und da Begriffe wie der, über den wir in diesem Thread diskutieren, auch in Diskussionen um soziale Probleme verwendet werden, kann es meiner Meinung nach nicht schaden, die Analysefähigkeit zu stärken.


    Hallo Harald!


    Einverstanden, ich habe ja auch nichts gegen diese Diskussion, finde es sogar vorbildlich von Dir, dass Du sie aus dem Bibelprojekt rausgelöst und einen eigenen Thread angelegt hast. Im übrigen habe ich auch schon versucht, Diskussionsteilnehmer für diese Diskussion zu gewinnen.



    Das mit der Bank überlegst Du Dir noch mal, ja?


    Ja okay, nur gut, dass wir noch mal drüber geredet haben. :breitgrins:



    Ich habe in der Tat noch nicht darüber nachgedacht. Ich habe noch nicht einmal den 1 Mose 3 gelesen... kann deshalb nichts Vernünftiges dazu sagen. Vielleicht ein anderes Mal.


    Hattest Du nicht eigentlich mal Interesse am Bibelprojekt gezeigt? Was hindert dich an der Teilnahme?


    Gruß von Hubert


    PS: Und wieso hast du dich damals so kommentarlos aus der Grimmelshausen-Leserunde verabschiedet?

  • Hallo zusammen!


    Wenn es nicht stört, würde ich mich der Diskussion anschließen.


    Seinerzeit habe ich im Bibel-Thread den Ausdruck "freier Wille" benutzt, wobei ich diesen Ausdruck wie Hubert verstehe: "freier Wille im Unterschied zu von Gott gelenkt". Der Mensch ist frei etwas tun zu können (Handlungsfreiheit) und kann aus den vielen Handlungsvarianten eine auswählen (Wahlfreiheit). Also kann der Mensch auch, wie es Sandhofer angemerkt hat, auch den Selbstmord wählen und ihn auch ausführen, obwohl diese Tat objektiv sich gegen ihn richtet, ihm selbst aber subjektiv als ein immenser Nutzen erscheint.


    Ich würde gerne den Vergleich mit der Roulettekugel wieder aufgreifen. Die Kugel hat keine Wahlfreiheit und keine Entscheidungsfreiheit, ihre Handlungsweise ist, um Harald zu zitieren, determiniert und zufällig: Mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit trifft sie eine der 37 Zahlen, genauer mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/37. Die Kugel kann nicht zwischen den Varianten wählen (in diesem Fall zwei Varianten: rollen / nicht rollen), hat also keine Wahlfreiheit - sie ist determiniert. Sie kann auch nicht eine bestimmte Zahl favorisieren, kann nicht für den Rest ihres Daseins immer auf die 23 fallen - ihr Verhalten ist zufällig.
    Übertragen wir das Modell auf den Menschen, vielleicht auf die Berufswahl. Wenn wir eine Statistik erstellen würden, wie viele Menschen in welchen Berufen arbeiten, so würden wir beispielsweise feststellen, dass 1,3 % der Bevölkerung Fernfahrer sind, 5% Ärzte, 4% Richter, 6% Lehrer und 2% Schreiner (alles fiktive und erdachte Zahlen, hat nichts mit der Realität zu tun). Also könnte ich, um beim Modell zu bleiben, behaupten, dass mein Nachbar mit der Wahrscheinlichkeit von 2% Schreiner werden kann. Kann ich das wirklich behaupten? Ich meinerseits kann mit Sicherheit sagen, dass ich kein Richter werde/bin.
    Was ich mit diesem Beispiel zeigen wollte, ist, dass des Menschens Verhalten weder determiniert noch zufällig ist, sondern von einem freien Willen bestimmt ist. Der Mensch (und ich meine jetzt die gesamte Menschheit) kann frei wählen, ob er denn nun Arzt oder Richter wird. Bei einem menschlichen Individuum ist es nun anders. Seine Freiheit ist so ziemlich beschränkt, sei es durch Gesetzte oder soziale Gemeinschaften. Einem Menschen, in dessen sozialem Umfeld alle wählen gehen, würde es extrem schwer fallen, nicht wählen zu gehen, er würde mit Konsequenzen rechnen. Genauso treffe ich als einzelnes menschliches Individuum, immer die gleichen Entscheidungen, beispielsweise könnte ich nach einem Bankbesuch die Variante "kaufe eine Schusswaffe und bedrohe damit die Bankangestellten" wählen, mache es aber nicht, weil ich mit Restriktionen rechnen würde.
    Da ich unter gleichen Umständen eben nicht anders entscheide, weil ich es nicht will und es faktisch auch nicht kann, folgt dann daraus, dass der Mensch keinen freien Willen hat? Ich behaupte, dass er es als gesamte Gattung Mensch dennoch ist, aus der gesamten Menschheit würden sich bestimmt einzelne Exmplare finden, die die eben genannte Variante präferieren würden.
    Die Menschheit verfügt über einen freien Willen, der einzelne Mensch hingegen über einen begrenzten Willen.
    Genauso wie man Elefanten ein ausgezeichnetes Gedächtnis nachsagt, obwohl sicherlich auch ein paar furchtbar vergessliche Exemplare existieren, genauso würde ich dem Menschen einen freien Willen unterstellen.


    Grüße
    markizy

  • Es gibt keine Willensfreiheit! (meint,Fuu)


    -geistiger Akt=Gott(Wille)(s. Zitat)


    Gott soll also freier Wille sein...? Gott ist aber stets in der Transzendent zu sehen.(s.Bibel)
    Würde das nicht so sein, wäre Gott ein Machtinstrument! (Trieb=Macht)
    Dann stimmt aber wieder Schopenhauers Ansicht. :breitgrins:
    ("Der Wille zur Macht")


    Das Zitat(s.Sandhofer) steht meiner Meinung nach im Widerspruch. Diese Diskussion weiter führen zu wollen, ist also für mich leer. Es ergibt keinen Sinn!


    Persönlich frei sein, heißt für mich,dass keine andere Person über die Meinige verfügen darf. Das was Ich darf oder nicht darf, sollte dann von der Bestimmung eines Andern nicht abhängig sein. :breitgrins:


    Gruß,Fuu

    Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst...ja, wenn man aber einander nicht richten soll, haben die Menschen nichts, um sich zu unterhalten.
    <br /> Maxim Gorkij

  • Hallo Hubert,


    Zitat von "Hubert"

    Im übrigen habe ich auch schon versucht, Diskussionsteilnehmer für diese Diskussion zu gewinnen.


    Ja, das habe ich gesehen :smile:


    Zitat von "Hubert"

    Hattest Du nicht eigentlich mal Interesse am Bibelprojekt gezeigt? Was hindert dich an der Teilnahme?


    PS: Und wieso hast du dich damals so kommentarlos aus der Grimmelshausen-Leserunde verabschiedet?


    Das Interesse hatte ich und habe ich noch immer. Mich hindern nur Zeitgründe. Den Grimmelshausen hatte ich übrigens mit zuende gelesen, soweit ich mich erinnere, aber beim Dorian Gray bin ich rausgepurzelt... Erst hatte ich zuviel zu tun, um posten zu können, dann war ich krank... und dann lag ich soweit zurück, dass es keinen Sinn mehr machte. Zugegeben, es war nicht die feine Art, sich sang- und klanglos zu verabschieden... :redface:


    Aber gerade deshalb möchte ich mich jetzt nur noch zu Leserunden anmelden, bei denen ich sicher bin, dass ich auch dabei bleiben und dazu beitragen kann.


    Herzlichen Gruß, Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Hallo markizy,


    Zitat von "markizy"

    Der Mensch ist frei etwas tun zu können (Handlungsfreiheit) und kann aus den vielen Handlungsvarianten eine auswählen (Wahlfreiheit).


    Hubert hatte schon verdeutlicht, dass es keine Handlungsfreiheit gibt.


    Was die Wahlfreiheit betrifft, so ist das Problem, wie schon mehrfach von mir beschrieben, folgendes: Auch wenn die Entscheidung eines Menschen eine Auswahl aus mehreren Möglichkeiten ist, muss doch irgendetwas diese Entscheidung bestimmen. Das muss kein äußerer Zwang sein, das kann auch eine innere Instanz sein. Ich sehe nur zwei Möglichkeiten: Entweder es gibt eine (innere oder äußere) Ursache für eine konkrete Entscheidung - dann war die Entscheidung davon determiniert, oder es gibt gar keine Ursache - dann handelt es sich um reinen Zufall. Ich sehe nicht, wie eine dritte Möglichkeit logisch konstruiert werden kann.


    Um auf das Beispiel der geworfenen Roulettekugel noch einmal einzugehen. Vom Gesichtspunkt der klassischen Mechanik ist ihr Verhalten 100% determiniert: Wenn man die Drehung der Scheibe, den Anwurf der Kugel (Richtung, Geschwindigkeit) und die Materialeigenschaften der beteiligten Gegenstände (Elastizität der Kugel etc.) kennt, steht das Ergebnis nach den Gesetzen der Mechanik schon in dem Zeitpunkt fest, wo die Kugel geworfen wird. Wir wissen zwar nicht, was herauskommt, weil die Berechnung viel zu kompliziert ist, aber theoretisch steht das Ergebnis fest.


    Es gibt also keinen Zufall!!! Warum reden wir trotzdem von Zufall, Wahrscheinlichkeiten (1/37 pro Zahl etc.) usw.? Nur weil wir das Ergebnis nicht berechnen können. Der Vorgang des Werfens der Kugel ist so aufgebaut, dass die Variation der Anfangsbedingungen bei jedem Wurf zu einer gleichmäßigen Verteilung der Resultate führt.


    Der Mensch ist ungleich komplizierter als eine Roulettekugel. Trotzdem wäre es auch hier denkbar, dass die unterschiedlichen Ergebnisse z.B. der Berufswahlen (einer wird Richter, ein anderer Schreiner etc.) nur zufällig verteilt erscheinen, in Wirklichkeit aber in jedem Einzelfall zu 100% determiniert sind - dass wir diese Determination nicht berechnen können, beweist noch nichts.


    Zitat von "markizy"

    Wenn wir eine Statistik erstellen würden, wie viele Menschen in welchen Berufen arbeiten, so würden wir beispielsweise feststellen, dass 1,3 % der Bevölkerung Fernfahrer sind, 5% Ärzte, 4% Richter, 6% Lehrer und 2% Schreiner (alles fiktive und erdachte Zahlen, hat nichts mit der Realität zu tun). Also könnte ich, um beim Modell zu bleiben, behaupten, dass mein Nachbar mit der Wahrscheinlichkeit von 2% Schreiner werden kann.


    Das ist ein typischer Irrtum im Umgang mit Statistik, den man häufiger findet. Zur Aufklärung: Wahrscheinlichkeitsaussagen beziehen sich immer auf bestimmte Grundmengen, nie auf singuläre Objekte. Wenn z.B. 2% der Bevölkerung Schreiner sind, dann gilt folgendes: Wenn Du aus eben dieser Gesamtmenge (die deutsche Bevölkerung z.B.) zufällig einen auswählst, d.h. so, dass jeder mit gleicher Wahrscheinlichkeit ausgewählt werden kann, dann bekommst Du mit einer Wahrscheinlichkeit von 2% einen Schreiner. Es ist aber falsch zu sagen, dass ein bestimmtes Individuum dieser Menge mit 2% Schreiner ist. Das ist schon deshalb falsch, weil jedes Individuum zu unterschiedlichen Gesamtheiten gehört und weil die Wahrscheinlichkeiten entsprechend variieren können.


    Zitat von "markizy"

    Was ich mit diesem Beispiel zeigen wollte, ist, dass des Menschens Verhalten weder determiniert noch zufällig ist, sondern von einem freien Willen bestimmt ist.


    Das eben verstehe ich nicht. Was heisst denn nun "freier Wille"? Das ist immer noch nicht erklärt worden. Siehe oben!


    Zitat von "markizy"

    Da ich unter gleichen Umständen eben nicht anders entscheide, weil ich es nicht will und es faktisch auch nicht kann, folgt dann daraus, dass der Mensch keinen freien Willen hat? Ich behaupte, dass er es als gesamte Gattung Mensch dennoch ist, aus der gesamten Menschheit würden sich bestimmt einzelne Exmplare finden, die die eben genannte Variante präferieren würden.


    Deine Argumentation: Der Wille ist frei, weil einige Menschen so und andere anders entscheiden, ist ja durch mein Beispiel der Roulettekugel widerlegt worden. Auch dort "entscheidet" sich die eine Kugel für die 17, die andere für die 24, und trotzdem gibt es keinerlei "Freiheit". Noch mal zur Verdeutlichung meines Argumentes: Wenn Deine Argumentation für die Menschen zulässig und richtig ist, dann muss sie auch für die Kugel zulässig und richtig sein, weil die Voraussetzungen gleich strukturiert sind. Wir wissen aber von der Roulettekugel, dass die Schlussfolgerung nicht zutrifft. Also kann die Argumentation auch an anderer Stelle nicht stimmen. Das bedeutet nicht, dass das Ergebnis dieser Argumentation nicht wahr ist! Es bedeutet, dass an der Herleitung des Ergebnisses etwas faul ist.


    Herzlichen Gruß, Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Hallo Fuu,


    Zitat von "Fuu"

    Persönlich frei sein, heißt für mich, dass keine andere Person über die meinige verfügen darf. Das, was ich darf oder nicht darf, sollte dann von der Bestimmung eines Anderen nicht abhängig sein.


    In diesem Sinne ist natürlich niemand frei.


    Herzlichen Gruß, Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Zitat von "Harald"

    Wenn Deine Argumentation für die Menschen zulässig und richtig ist, dann muss sie auch für die Kugel zulässig und richtig sein, weil die Voraussetzungen gleich strukturiert sind. Wir wissen aber von der Roulettekugel, dass die Schlussfolgerung nicht zutrifft. Also kann die Argumentation auch an anderer Stelle nicht stimmen.



    Hallo Harald,


    wenn also Hofstadters Argumentation in „Gödel, Escher, Bach“ für Maschinen richtig ist, dann muss sie auch für den Menschen richtig sein. Es wird also eines Tages Menschen geben, die sich frei entscheiden.


    Im übrigen gibt es Wege den freien Willen zu trainieren. Der achtfache, heilige Pfad der Buddhisten ist m.M.n. so ein Weg.


    Gruß von Hubert

  • Mein Pfad führt jetzt in den Garten :breitgrins: . Später mehr! Muss ich ersteinmal sehen ,was Hubert meint. :zwinker:

    Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst...ja, wenn man aber einander nicht richten soll, haben die Menschen nichts, um sich zu unterhalten.
    <br /> Maxim Gorkij

  • Hallo Hubert,


    Zitat von "Hubert"

    wenn also Hofstadters Argumentation in „Gödel, Escher, Bach“ für Maschinen richtig ist, dann muss sie auch für den Menschen richtig sein.


    Ja, wenn seine Argumentation stimmt und in dem Sinne, in dem er "frei" verwendet. Welcher Sinn das ist, ist mir im Moment unklar.


    Zitat von "Hubert"

    Im übrigen gibt es Wege, den freien Willen zu trainieren.


    Wie kann man das sagen, wenn man noch gar nicht weiß, was "freier Wille" heißen soll??? Außerdem, wenn der Wille frei ist, was gibt es da zu trainieren?


    Herzlichen Gruß, Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Zitat von "Harald"

    Wie kann man das sagen, wenn man noch gar nicht weiß, was "freier Wille" heißen soll??? Außerdem, wenn der Wille frei ist, was gibt es da zu trainieren?


    Hallo Harald,


    Hast Du die Definition im folgenden nicht indirekt geliefert?:


    Entweder es gibt eine (innere oder äußere) Ursache für eine konkrete Entscheidung - dann war die Entscheidung davon determiniert, oder es gibt gar keine Ursache - dann handelt es sich um reinen Zufall. Ich sehe nicht, wie eine dritte Möglichkeit logisch konstruiert werden kann.


    Also eine Entscheidung die nicht determiniert und nicht zufällig ist, wäre frei. Ebenso eine Handlung die nicht determiniert und nicht zufällig ist, würde ich als freie Handlung sehen. Ich war mal auf einem Seminar "Freier Wille - gibt's das?" und da wurde das so definiert. Und der Dozent gab am Schluß Anleitungen, wie man freies Handeln trainieren kann. (Also theoretisch ist der Freie Wille vorhanden, er wird nur nicht genutzt, weil die Menschen determiniert oder zufällig handeln)


    Gruß von Hubert

  • Hallo Hubert,


    Zitat von "Hubert"

    Hast Du die Definition im folgenden nicht indirekt geliefert?


    Wenn Du es so sehen willst, ja. Nur dass ich meine, dass es so etwas nicht geben kann. Man kann ja auch den Begriff "hölzernes Eisen" oder "Primzahl größer 24 und kleiner 28" definieren, mit der Folge, dass nichts unter diesen Begriff fällt.


    Trotzdem gefällt mir die Definition. Ich kann sie zumindest verstehen. Das Existenzproblem liegt dann auf einer anderen Ebene.


    Zitat von "Hubert"

    Ich war mal auf einem Seminar "Freier Wille - gibt's das?" und da wurde das so definiert. Und der Dozent gab am Schluß Anleitungen, wie man freies Handeln trainieren kann. (Also theoretisch ist der Freie Wille vorhanden, er wird nur nicht genutzt, weil die Menschen determiniert oder zufällig handeln)


    Ich bin immer wieder erstaunt, was Du alles weißt bzw. schon gemacht hast. In diesem Fall würde ich aber vermuten, dass das Training darin besteht, eine Determinierung (ein inneres "Programm") durch ein anderes zu ersetzen. Wie ein Computer, der sein eigenes Programm modifizieren kann. Vielleicht ist es auch das, was Hofstadter meint.


    Herzlichen Gruß, Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • hallo zusammen,


    hier nur eine kurze skizzierung des problems:


    Die definition des freinen willens ist mE im theologischen, philosophischen und praktisch-ethisch-forensischem gebrauch eindeutig:


    Frei ist der wille, wenn sich jemand unter gleichen umständen auch hätte anderes entscheiden können.
    Kain hatte die freiheit, Abel nicht zu erschlagen.
    Wenn nicht, dann war der mensch nicht frei. Sein wille war für ihn nicht beherrschbar, zB weil der sexualtrieb oder der psychotische wahn oder die zwanghafte neurose nicht mehr beherrschbar=unterdrückbar waren.



    Folgende dichtotomie jetzt:


    Die willensfreiheit schließt determinismus aus


    die quantenphysik eröffnet diese möglichkeit, weil sie unverursachte geschehnisse zu läßt.
    Angenommen, ich w i l l meinen arm heben. Durch eine quantenfluktuation in einem neuron passiert es, daß stattdessen mein bein sich hebt.
    Das ergebnis sehen wir wohl kaum als willensfreiheit.


    Der determinist also kann sagen:
    Willensfreiheit bedingt determinismus


    Unglücklicherweise führt diese argumentation zum problem des infiniten regresses:
    Wenn A das B verusacht, muß ein X das A verursacht haben, und so weiter. Man steht vor dem problem, ein erstes unverursachtes zu finden, was es laut prämisse nicht gibt.


    Völlig verschwommen wird es, wenn man konzidieren muß, daß ein test der willensfreiheit nach der obigen definition nur dann möglich wäre, wenn man in einem experiment alle die maßgeblichen entscheidungsvariablen in völlig identischer weise reporduzieren könnte, -was aber unmöglich ist.
    Wie soll man dann also jemals eine "willensfreiheit" objektiv verifizieren können?
    Das schon erwähnte buch von Davies (gott und die moderne physik) widmet dieser frage ein eigenes kapitel.


    gruß hafis

    Nun haben zwar manche Theologen einen ebenso großen Magen, wie man ihn der Kirche nachsagt;
    <br />sie können ebenso viele gedanklichen Ungereimtheiten verdauen wie die Kirche allerlei weltliche Güter. - Heinz Zahrnt

  • Hallo zusammen!


    Harald, ich glaube, was Du unter Determinismus siehts, sehe ich als freien Willen an.


    Was wäre wenn der Croupier sich mal willentlich und mit voller Absicht für einen bestimmten Wurf entscheiden würde?? Das Ergebnis ist dem Anschein und aus seiner Sicht zufällig, klar wenn man alle Konstante kennt, ist die Zahl, welche die Kugel trifft, determiniert.


    Ja, aber die Entscheidung des Croupiers, die Kugel an einer bestimmten Stelle mit einer bestimmten mehr oder weniger kraftlosen Bewegung fallen zu lassen - wenn er bewusst die Entscheidung trifft - ist in diesem Fall frei. Die Person überlegt sich natürlich nicht bei jedem Wurf, wie sie ihn vollführen will, dann ist es Zufall. Wenn aber hierbei die bewusste Entscheidung, eine absichtliche Handlung geschieht, dann nenne ich es freier Wille.


    Wie frei hingegen der Wille letztendlich ist, ist eine andere Sache. Fuus Vorstellung ist illusionär, niemand ist vollkommen frei von äußeren Einflüssen, die Kugel kann im Roulettespiel nicht an die Decke geworfen werden. Jedoch in den Grenzen, in denen man sich bewegt, sehe ich etwas, was nicht determiniert und nicht zufällig ist - den freien Willen.


    Grüße
    markizy

  • Hallo zusammen,


    im Bibelprojekt hat hafis50 die Meinung des


    „Verein für angewandte Evolutions- u Spieltheorie e.V.“


    zu 1 Mose 3 gepostet. Bei Recherchen zu dem Verein, bin ich auch auf die Meinung dieses Vereins zum "Freien Willen" gestoßen, die ich Euch nicht vorenthalten will:

    185
    Freier Wille bedeutet, die Paradiesmöglichkeit verwirklichen zu können: Beliebig lange leben mit beliebig viel Freude u beliebig wenig Leid.


    Manchmal braucht man halt was zum Lachen. :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:

  • Vereine und Spiele :breitgrins: , :breitgrins: , :breitgrins: !


    Und warum sollten wir nicht wie Kinder spielen?


    "Das Leben ist Kunst und Spiel" Kant und Schiller :zwinker:


    Aber nicht immer das Gleiche, sonst werde ich :sauer: !!!


    Gruß,Fuu

    Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst...ja, wenn man aber einander nicht richten soll, haben die Menschen nichts, um sich zu unterhalten.
    <br /> Maxim Gorkij

  • Hallo zusammen,


    Werner Freytag widmete sich dem Studium der Medizin, Zahlheilkunde und Biologie. Er absolvierte die Staatsexamina und Promotionen in Heidelberg und Göttingen. Neben über 150 wissenschaftlichen Abhandlungen schrieb er auch Sachbücher. Aus seinem Buch: "Das Diktat der Naturgesetze und die Willensfreiheit (Weltbild aus naturwissenschaftlich-medizinischer Sicht)":


    Zwar ist das Geistige aus den Gesetzen der Materie im Sinne einer gesamtpsychischen Aktion über alle Nervenbahnen und des Zentralnervensystem entwickelt worden, dennoch ist jedes Atom, jede Zelle, jedes Molekül des ganzen Organismus am Geistigen mitbeteiligt. Das Denken, Wollen, Handeln ist deswegen auch nicht restlos frei. Das Wollen hängt von vielen Einflüssen ab, .....
    ...
    Es gibt aber auch vom Willen, vom Bewußtsein, von Vernunft unabhängige geistige und/oder körperliche Funktionsabläufe. Diese unterliegen im wesentlichen der Steuerung (Kybernetik) des autonomen Nervensystems.
    Trotzdem kann durch Übung und auch Fremdeinwirkung selbst die Funktion der unbewußt ablaufenden nervalen Steuerungen bis zu einem gewissen Grad willentlich kontrolliert werden. Das beweisen die Fähigkeiten mancher Yogi, Zen-Mönche, aber auch Resultate autogenen Trainings. ....
    Das was wir Willen nennnen, hat seinen Ursprung zunächst in den alten Gehirnabschnitten, aus denen die Triebe aufsteigen. Erst im Durchgang durch die einzelnen Schichten und Kerne des gesamten Gehirns werden, soweit diese ungeschädigt sind, die Triebe zu echten Willensvorstellungen umgeformt. Triebe und Gefühle, mit ihrem Sitz im Stamm- und Zwischenhirn, im Zusammenspiel mit dem eigentlich Geistigen, das dem Groß- oder Neuhirn zugeordnet werden kann, sind die bildenden Kräfte einer bewußten Willensformung. Erst durch die zügelnde, manchmal auf die Triebe und Wollungen zielrichtende, ordnende Wirkung des entwicklungsgeschichtlich jüngsten Anteils des Gehirns, also der Großhirnrinde, werden die Aktionen der tiefern Anteile des ZNS harmonisch eingeordnet und damit zu der sittlichen und sozialen Höhe echter Menschlickheit beitragen. Man kann durch ein Training des eigenen Willens erreichen, dass man das Triebhafte freigibt, soweit dies Harmonie verspricht, oder durch den kritischen Denkakt (Vernunft) bändigt bzw. unterbindet, wenn ein Nachgeben zu seelischer oder körperlicher Dissonanz führen könnte.
    ....
    Dieses Vermögen zu folgerichtigem Denken, zum Ordnen unserer spontanen Wollungen, die die Fähigkeit, Erfahrungen nicht nur zu speichern, sondern Trieb- und Gefühlsimpulse bewußt zu regulieren, unterscheidet uns auch von den höchst entwickelten Tieren.


    Der Wille ist die Fähigkeit, sich für etwas zu entscheiden.


    Gruß von Hubert

  • Hallo Hubert,


    Dieses Vermögen zu folgerichtigem Denken


    Wer vermöge mir zu sagen, was folgerichtiges Denken beinhaltet? :zwinker:


    Ansonsten gute Erklärung :zwinker: ! Bin jetzt für ein paar Tage nicht im Internet.


    Gruß,Fuu

    Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst...ja, wenn man aber einander nicht richten soll, haben die Menschen nichts, um sich zu unterhalten.
    <br /> Maxim Gorkij

  • hallo zusammen.

    Zitat von "Hubert"

    Es gibt aber auch vom Willen, vom Bewußtsein, von Vernunft unabhängige geistige und/oder körperliche Funktionsabläufe. Diese unterliegen im wesentlichen der Steuerung (Kybernetik) des autonomen Nervensystems.
    Trotzdem kann durch Übung und auch Fremdeinwirkung selbst die Funktion der unbewußt ablaufenden nervalen Steuerungen bis zu einem gewissen Grad willentlich kontrolliert werden. Das beweisen die Fähigkeiten mancher Yogi, Zen-Mönche, aber auch Resultate autogenen Trainings. ....


    Und was bedingt die entscheidung zur übung und kontrolle der nervalen fubnktion? Was entscheidet, wie die steuernden abläufe der kybernetik selbst gesteuert werden bzw. die weise, in der sie steuern, bzw. daß sie überhaupt steuernd tätig werden??


    Zitat von "Hubert"

    Das was wir Willen nennnen, hat seinen Ursprung zunächst in den alten Gehirnabschnitten, aus denen die Triebe aufsteigen.


    Und was entscheidet über das aufsteigen der triebe?


    Zitat von "Hubert"

    Erst im Durchgang durch die einzelnen Schichten und Kerne des gesamten Gehirns werden, soweit diese ungeschädigt sind, die Triebe zu echten Willensvorstellungen umgeformt. Triebe und Gefühle, mit ihrem Sitz im Stamm- und Zwischenhirn, im Zusammenspiel mit dem eigentlich Geistigen, das dem Groß- oder Neuhirn zugeordnet werden kann, sind die bildenden Kräfte einer bewußten Willensformung.


    Und wer entscheidet, daß die triebe und gefühle entsprechend und in dieser weise umgeformt werden sollen?


    Zitat von "Hubert"

    Erst durch die zügelnde, manchmal auf die Triebe und Wollungen zielrichtende, ordnende Wirkung des entwicklungsgeschichtlich jüngsten Anteils des Gehirns, also der Großhirnrinde, werden die Aktionen der tiefern Anteile des ZNS harmonisch eingeordnet und damit zu der sittlichen und sozialen Höhe echter Menschlickheit beitragen.


    Wer entscheidet, ob die "wirkung" sich nun auf die triebe oder das wollen richtet, und wer entscheidet, ob die wirkung zügelnd oder anspornend ist?


    Zitat von "Hubert"

    Man kann durch ein Training des eigenen Willens erreichen, dass man das Triebhafte freigibt, soweit dies Harmonie verspricht, oder durch den kritischen Denkakt (Vernunft) bändigt bzw. unterbindet, wenn ein Nachgeben zu seelischer oder körperlicher Dissonanz führen könnte.


    Wer entscheidet, daß man den eigenen willen trainieren soll und in genau welcher weise? Wer entscheidet, ob man einen trieb freigeben oder bändigen soll?


    Zitat von "Hubert"

    Der Wille ist die Fähigkeit, sich für etwas zu entscheiden.


    Eben nicht. Wenn ein verhalten eine ursache hat, kann man ad infintum eine weitere ursache davor finden (siehe den kosmologischen "gottesbeweis"), eben bis auf molekulare oder sogar quantenmechanische ebene (auf welcher der geist auf die wirklichkeit einwirkt!!).. Diese argumentation ist unstrittig in der wisenschaft. Lösen könnte man dieses problem nur durch die benennung der ersten unverursachten ursache unseres verhaltens bzw des willens. Dies bleibt uns der autor natürlich schuldig.
    gruß hafis
    gruß hafis

    Nun haben zwar manche Theologen einen ebenso großen Magen, wie man ihn der Kirche nachsagt;
    <br />sie können ebenso viele gedanklichen Ungereimtheiten verdauen wie die Kirche allerlei weltliche Güter. - Heinz Zahrnt

  • hallo,


    ich möchte jetzt einen bogen schlagen zum bible-thread, zur willens- und wahlfreiheit gottes, -was ja zB für die schöpfungsgeschichte oder die Theodizee relevant ist.


    Dazu aus Paul Davies - Gott und die moderen Physik (Freier Wille und Determinismus):


    Man könnte vielleicht sagen, daß es Gott freigestellt ist, einen Teil seiner Macht aufzugeben, wenn er das wünscht. Er kann uns den freien Willen verleihen, wenn er das wünscht, und er kann Atome Quanteneffekten unterwerfen, um seine Schöpgung in ein kosmisches Glücksspiel zu verwandeln. Auf jeden Fall bleibt das logische Problem, ob ein zum wahrhaft allmächtigen Handeln befähigtes Wesen einen Teil seiner Machtfülle aufgeben kann...


    Der Begriff der Allmacht führt zu einigen schwierigen theologischen Fragen. Ist es Gott gegeben, das Böse zuverhindern?...Das nachstehende, wahrhaft vernichtende Argument hat David Hume entwickelt: Sofern das Böse in der Welt zu Gottes Plan gehört, ist er nicht gut, läuft es aber seinem Plan zuwider, ist er nicht allmächtig. Er kann nicht (wie die meisten Religionen behaupten) zugleich allmächtig und gut sein...


    Weitere Rätsel ergeben sich, wenn man sich an die chriistliche Lehre hält, derzufolge Gott die Zeit transzendiert (er meint, falls gott auch die Zeit geschaffen hat), denn der Begriff der Wahlfreiheit ist wesensmäßig zeitgebunden. Welche Bedeutung hätte es, wenn jemand nicht in einem bestimmten Augenblick eine Entscheidung träfe, sondern diese zeitlos wäre? Und wenn Gott die Zukunft bereits kennt, welche Bedeutung können wir dann einem Plan für den Kosmos und unserer eigenen Beteiligung daran beimessen? Ein unendlicher Gott weiß, was überall geschieht. Da es aber, wie wir gesehen haben, keinen universell gültigen, gegenwärtigen Augenblick gibt, muß Gottes Wissen auch in der Zeit eine Asudehnung haben, wenn sie es im Raum hat. Wir schließen also, daß die Vorstellung der Wahlfreiheit im Zusammenhang mit dem ewigen Gott de Christentums sinnlos ist. Doch vermögen wir zu glauben, daß der Mensch eine seinem Schöpfer nicht zu Gebote stehende Fähigkeit besitzt? Wir scheinen tatsächlich zu der paradoxen Schlußfolgerung gezwungen zu sein, daß Wahlfreiheit in Wirklichkeit eine Einschränkung bedeutet, unter der wir leiden - nämlich unsere Unfähigkeit, die Zukunft zu kennen. Der nicht ins Gefängnis der Gegenwart eingesperrte Gott braucht keinen freien Willen. (unterstreichungen u. fettdruck von mir)


    Fragen nach gottes absichten bei der schöpfung können also sinnlos sein, wie ich schon im bibel-thread zu hubert's these zu gottes plan vermerkte.


    Dazu nochmals Davies ("Die Zeit"):


    Für einen "zeitlosen Gott", d.h. einen Gott, der zB gem. Augustinus die Zeit geschaffen hat und außerhalb ihrer steht, gilt:
    Gott kann keine Person sein, die denkt, sich unterhält, empfindet, plant und dergleichen, denn all das sind in die Zeit eingebundene Tätigkeiten...Wir haben auch gesehen, wie eng das Empfinden von der Existenz des Selbst mit der Erfahrung des Zeitflusses verknüpft ist. Ein zeitloser Gott ließe sich nicht als <Person> oder Individuum in irgendeinem uns bekannten Sinn ansehen. Bedenken dieser Art haben eine ganze Anzahl neuzeitlicher Theologen dazu gebracht, die Vorstellung eines ewigen Gottes zurückzuweisen...


    gruß hafis

    Nun haben zwar manche Theologen einen ebenso großen Magen, wie man ihn der Kirche nachsagt;
    <br />sie können ebenso viele gedanklichen Ungereimtheiten verdauen wie die Kirche allerlei weltliche Güter. - Heinz Zahrnt