Altgriechische Literatur

  • Hallo zusammen, vor allem Harald und Hubert,


    ich habe mir jetzt endlich die Zeit genommen, eure ganze Diskussion über Homer und Latacs(?) etwas genauer zu lesen. Auf diesem Niveau kann ich mich leider wegen fehlender Kenntnis der Sekundärliteratur nicht bewegen, ich möchte dennoch ganz naiv dazu etwas aus der Lektüre des Epos selbst (in der vossischen Übersetzung) bemerken.
    Es gibt sehr häufig die von euch schon erwähnten feststehenden Formeln, die mit der mündlichen Überlieferung von Versatzstücken des Werks zu tun haben, aber die Gesamtkomposition, die Konzentration auf den Konflikt des Achilles mit Agamemnon, Hektor und sich selbst, kann m.E. nur das Werk eines großen, bewusst gestaltenden Autors sein. Es ist ja schon allein deshalb bewundernswert, weil er die ganze Geschichte mit dem Pferd und dem Fall Trojas weglässt, also eigentlich die Publikumsmagneten.
    Übrigens hat mir die Ilias viel besser gefallen als die Odyssee, ich finde sie viel intensiver, sie macht einen beim Lesen wirklich atemlos.


    Herzlichen Gruß
    finsbury

  • Hallo finsbury,


    Zitat von "finsbury"

    Es gibt sehr häufig die von euch schon erwähnten feststehenden Formeln, die mit der mündlichen Überlieferung von Versatzstücken des Werks zu tun haben, aber die Gesamtkomposition, die Konzentration auf den Konflikt des Achilles mit Agamemnon, Hektor und sich selbst, kann m.E. nur das Werk eines großen, bewusst gestaltenden Autors sein.


    Und so ähnlich, glaube ich, ist auch Latacz' Position. Ich habe mir sein Buch inzwischen besorgt, aber erst die ersten 20 Seiten gelesen. Wenn ich etwas weiter bin, werde ich evtl. dazu posten.


    Herzlichen Gruß, Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Hallo finsbury


    OT:

    Zitat von "finsbury"

    Auch mit den tags - falls das die eckigen Klammern mit den Befehlen sind, ich hab nämlich wenig bis keine Ahnung von sowas -komme ich nicht klar.


    Kleiner Tipp: Klicke oben rechts den Button "quote" an, dann erscheint der Text Deines "Vor-Posters" im Antwortfeld - mit offengelegten BBCode-Tags. So kannst Du sie in aller Ruhe studieren und dann in einem anderen Fall selber wieder hineinschreiben.


    Grüsse


    Sandhofer


    PS: Hast Du eventuell in Deinem Profil "BBCode deaktivieren" gewählt? Das könnte auch eine Quelle des Problems sein ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Hallo sandhofer,


    danke für die Tipps. :blume:


    Das mit der quote habe ich schon oft gemacht, aber ich kann wie gesagt, das Zitat aus dem Vorgängerbeitrag nicht teilen, weil die Eingabe des eigenen Befehsl "quote" sowie sämtliche anderen Hervorhebungs-möglichkeiten nicht funktionieren. Den BBCode habe ich sowohl im Profil wie in allen Beiträgen immer aktiviert.
    Ich habe natürlich keine Ahnung, aber vielleicht liegt es auch daran, dass ich kein Outlook verwende. Mein Mitbenutzer ist der Meinung, dass man sich damit nur eine Virusinfektion holt.
    Also muss es mit einfachen Mitteln gehen. :zwinker:


    Gruß
    finsbury

  • Hallo finsbury


    Das wird nun schon fast on topic ...


    Zitat von "finsbury"

    Das mit der quote habe ich schon oft gemacht, aber ich kann wie gesagt, das Zitat aus dem Vorgängerbeitrag nicht teilen,


    Doch, doch: Setze dort, wo Du selber einen Kommentar abgeben willst, "[/quote]" (natürlich ohne Anführungszeichen, aber in eckigen Klammern (aber ohne Leerschlag nach der Klammer, ich mach das jetzt dann gleich weiter unten, weil sonst das Board einen Befehl ausführt, den es nicht soll) und: vergiss den Slash nicht!), dann kannst Du mit [ quote ] oder

    Zitat von "sandhofer"

    Zitat von "sandhofer"

    weiterfahren. Und so weiter, ad infinitum.
    [quote="finsbury"]Ich habe natürlich keine Ahnung, aber vielleicht liegt es auch daran, dass ich kein Outlook verwende. Mein Mitbenutzer ist der Meinung, dass man sich damit nur eine Virusinfektion holt.
    Also muss es mit einfachen Mitteln gehen. :zwinker:


    Dein Mitbenutzer hat natürlich Recht; aber damit hat das Problem nichts zu tun. Kann aber sein, dass er im IE gewisse Javascripts deaktiviert hat. Wozu ich nur gratulieren könnte :smile: . Ich selber benutze Opera, das diese Scripts in den phpBB-Foren auch nicht unterstützt, und setze deshalb meine Tags von Hand. Wie Du siehst, funktioniert's.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "sandhofer"

    . Ich selber benutze Opera, das diese Scripts in den phpBB-Foren auch nicht unterstützt, und setze deshalb meine Tags von Hand. Wie Du siehst, funktioniert's.


    Ich benutze Firefox, muß nichts von Hand setzen und bin trotzdem sicherer als bei Microsoft ....

  • @ Harald


    Danke für den Hinweis, dass ich mit Latacz in diesem Punkt übereinstimme. Aber was ich geschrieben habe, drängt sich wohl jedem Leser bei der Ilias auf, deshalb ist das wohl eher eine Binseneinsicht.




    @ sandhofer,


    nett, dass du dich weiter darum kümmerst, dass ich mit der Textverarbeitung hier klar komme. :blume: :blume:
    Ich meine, dass ich das mit dem Slash in der eckigen Klammer schon versucht habe, aber vielleicht hab ich tatsächlich eine Leerzeile eingefügt. Werd's demnächst ausprobieren.
    Falls es sowas noch nicht gibt, ich hab noch nicht alles umfassend durchgeforstet, wäre vielleicht wirklich ein eigenes Thema zum Umgang mit der Textverabeitung und auch ein kleines Lexikon zur Begrifflichkeit in diesem Zusammenhang nicht schlecht, denn ich könnte mir vorstellen, dass auch andere Benutzer nicht so fit sind im Computern. Schließlich gelangt man hier auch auf dem Weg über seine Interessen hin und nicht nur, weil man ein C.junkie ist :zwinker: .
    An wen müsste ich mich denn wenden, damit so etwas eingerichtet würde?
    Grüße und Dank
    finsbury

  • Hallo, liebe "Altgriechen", :breitgrins:


    mal ab vom Thema Überlieferungsgeschichte: gerade hab ich zum zweiten Mal "Die Perser" gelesen. Das Stück ist zwar nicht sonderlich dramatisch, weil ja das eigentlliche Geschehen, die Niederlage des Xerxes gegen die Griechen, zu Beginn des Stückes bereits berichtet ist und dann nur noch das "Warum" der Niederlage reflektiert wird, aber ich finde es einfach grandios,
    dass hier statt der typischen Mythologiedramen ein aktuelles Thema verhandelt wird ( ich weiß, dass es wohl schon ein Drama zu diesem Thema von einem gewissen Phrynichos gab, aber das ist verloren und hatte wohl auch nicht den folgenden Vorteil),
    dass es überhaupt nicht chauvinistisch den Sieg der Griechen feiert, sondern Xerxes' Vorgehen zwar verurteilt, aber die Unterlegenen sehr positiv darstellt.
    Da können wir uns heute m.E. noch eine Menge von abschneiden.


    Hat eine/r von euch eine Erklärung für die Andersartigkeit des Stückes? :rollen:
    Herzliche Grüße


    finsbury

  • Huhu, :winken:


    guckt hier noch jemand rein?


    Nun bin ich bei den Altgriechen bei einem der bekanntesten Werke angelangt, der Orestie von Aischylos. Vielleicht kennt das ja jemand von euch und kann mir erzählen, wie sie / er es fand. Lt. Sekundärliteratur ist es eines der wichtigsten Werke des antiken Theaters, die einzige vollständig erhaltene Trilogie für die Athener Tragödienaufführungen. Auch dramentechnisch ist es wohl ein gewaltiger Vorwärtssprung, z.B. da nicht mehr nur alle "action" von Boten berichtet wird, sondern zumindest andeutungsweise - in der Skene, im Bühnenhaus
    vonstatten geht.


    Herzliche Grüße
    finsbury

  • Hallo Finsbury!


    Zitat von "finsbury"

    Auch dramentechnisch ist es wohl ein gewaltiger Vorwärtssprung, z.B. da nicht mehr nur alle "action" von Boten berichtet wird, sondern zumindest andeutungsweise - in der Skene, im Bühnenhaus
    vonstatten geht.


    Diese Äußerungen sind ziemlich problematisch, da wir im Grunde nicht viel über das "vorklassische" attische Theater wissen.
    Daß sich Theaterbau (also die technischen Voraussetzungen) und Dramaturgie gegenseitig beeinflussen, ist schon klar, aber es ist letztendlich ein Henne-Ei-Problem.


    Die übliche Sachbuchliteratur zur griechischen Tragödie ist m.A.n. ziemlich veraltet, die Forschung kloppt sich noch: Die einen beharren auf den alten "bewährten" Theorien, die anderen müssen ihren Aristoteles ständig als relevant verteidigen ...
    Wenn du willst, mache ich mal ein paar neuere Sachen ausfindig.


    Liebe Grüße,


    Iris

  • Zitat von "Iris"

    Hallo Finsbury!



    Diese Äußerungen sind ziemlich problematisch, da wir im Grunde nicht viel über das "vorklassische" attische Theater wissen.
    Daß sich Theaterbau (also die technischen Voraussetzungen) und Dramaturgie gegenseitig beeinflussen, ist schon klar, aber es ist letztendlich ein Henne-Ei-Problem.


    Hallo Iris,


    Ich meinte das nicht im Sinne von Regieanweisungen, bei den wenigen, die in den Übersetzungen auftauchen, nehme ich nicht an, dass sie aus den Originalen stammen, sondern in Bzug auf die gezeigte bzw. angedeutete Handlung. Bei den Schutzflehenden, den Persern, den "Sieben gegen Theben" passiert Handlung nicht auf der Bühne, sondern nur durch Botenberichte, das habe ich selbst gelesen, ab der Orestie, hier gebe ich nur Angaben aus dem Kindler weiter, soll das Geschehen z.T. im Hintergrund der Bühne stattfinden, wenn z.B. Klythaimestra (oder wie auch immer geschrieben) Agamemnon über den blutroten Tepppich in den Palast (kann man sich den nicht als Bühnenhaus vorstellen?) lockt, damit er dort ermordet wird.
    Außerdem ist Aischylos doch der erste klassische attische Tragiker?!


    Aber wenn du neue Literatur zu den alten Literaturgriechen findest, würde ich das toll finden. Ich lese im Moment von Albin Lesky "Die griechische Tragödie", in den dreißiger Jahren zum ersten Mal erschienen, und wenn ich auch glaube, dass Lesky ernsthaft recherchiert hat und keine hanebüchenen Hypothesen äußert, sicher veraltet und außerdem so zopfig geschrieben, dass ich mich nur sehr langsam durchquäle.


    Vielen Dank für die Anmerkungen
    Bis bald
    finsbury

  • Hallo Finsbury!


    So, habe mein Manuskript jetzt im Satz, der Kopf ist frei! :-)


    Zitat von "finsbury"

    Bei den Schutzflehenden, den Persern, den "Sieben gegen Theben" passiert Handlung nicht auf der Bühne, sondern nur durch Botenberichte, das habe ich selbst gelesen, ab der Orestie, hier gebe ich nur Angaben aus dem Kindler weiter, soll das Geschehen z.T. im Hintergrund der Bühne stattfinden, wenn z.B. Klythaimestra (oder wie auch immer geschrieben) Agamemnon über den blutroten Tepppich in den Palast (kann man sich den nicht als Bühnenhaus vorstellen?) lockt, damit er dort ermordet wird.


    Ich kriege immer die Krise bei diesem Zirkelschluß! :redface: [Blockierte Grafik: http://www.mainzelahr.de/smile/genervt/gd.gif] :redface:


    Soll kein Vorwurf sein ... ich erklär 's mal:
    Man hat festgestellt, daß Aischylos Dramen schreibt, in denen Teile der Handlung per Botenbericht erzählt werden, und Dramen, in denen die Handlung auf der Bühne erfolgt. Außerdem hat man festgestellt, daß die Dramen quasi eine chronologische Reihenfolge haben. Daraus wurde geschlossen, daß vor Aischylos nur Botenberichte vorkamen und Aischylos der Erfinder der "action auf der Bühne" ist. Gestützt wurde das durch Äußerungen in Aristoteles' Poetik
    Ganz so simpel ist es vermutlich nicht.
    Richtig ist, daß Aischylos beide Formen benutzt, allerdings den Botenbericht eigentlich nur bei Ereignissen, die sich auf der Bühne nicht realisieren lassen (Schlachten, Belagerungen etc.) oder wenn die Handlung einen Wechsel des Schauplatzes erfordern würde; ein Mord oder Zweikampf hingegen lassen sich auf der Bühne darstellen, wenn sie von beteiligten Personen ausgeführt werden.
    Insofern ist es ziemlich vorschnell, hier von einer Entwicklung zu sprechen, die Aischylos verursacht hätte; der Mann hatte fleißige Zeitgenossen, die ebenfalls Dramen aufführten, mit denen er also in Konkurrenz stand.
    Ich vermute eher, daß das sehr viel mit Aischylos persönlichem Kunstwollen zu tun hat: nicht den Schock in den Vordergrund zu stellen, sondern die Ursachen, Umstände und Folgen. Das paßt auch wunderbar zu dem sich damals reformierenden Rechtswesen (insbesondere im Strafrecht), das sich anhand der Entwicklung der Rhetorik beobachten läßt. In der Zeit der attischen Tragiker entfaltete sich eine hochdifferenzierte Auseinandersetzung mit Straftaten und ihren Ursachen.


    Zitat

    Aber wenn du neue Literatur zu den alten Literaturgriechen findest, würde ich das toll finden.


    Empfehlenswert ist da Joachim Latacz' Buch über Die griechische Tragödie
    [Blockierte Grafik: http://images-eu.amazon.com/images/P/3825217450.03.MZZZZZZZ.jpg]


    Und ganz allgemein die gut geschriebene und saubere Kleine griechische Literaturgeschichte des Münchner Gräzisten Martin Hose:
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    Liebe Grüße,


    Iris

  • Zitat von "Iris"

    Hallo Finsbury!


    So, habe mein Manuskript jetzt im Satz, der Kopf ist frei! :-)


    Hallo Iris,
    herzlichen Glückwunsch! :blume: Wieder ein historischer Roman?



    Vielen Dank, Iris,
    ich beuge mich hier gerne der überlegenen Kenntnis der Fachfrau.
    Auch den Zusammenhang mit dem Rechtswesen finde ich sehr spannend, weil ja wohl die einzelnen Bereiche des öffentlichen Lebens, hier also Kultur und - im weitesten Sinne Verwaltung - eng miteinander verzahnt waren.


    Zitat von "Iris"

    Empfehlenswert ist da Joachim Latacz' Buch über Die griechische Tragödie
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    Und ganz allgemein die gut geschriebene und saubere Kleine griechische Literaturgeschichte des Münchner Gräzisten Martin Hose:
    [Blockierte Grafik: http://images-eu.amazon.com/images/P/3406421261.03.MZZZZZZZ.jpg]


    Das sind gute Tipps, besonders der Latacz interessiert mich, weil er schon in einer Diskussion zwischen Hubert und Holger unter diesem Thread eine wichtige Rolle spielte.


    Herzliche Grüße
    finsbury

  • Hallo Finsbury!


    Zitat von "finsbury"

    Wieder ein historischer Roman?


    Ja, diesmal wieder ein historischer. Ich habe aber noch viele andere Ideen in der Schublade (bzw. auf der Festplatte).


    Zitat von "finsbury"

    ich beuge mich hier gerne der überlegenen Kenntnis der Fachfrau.


    Bloß nicht! Ich kann mir auch nur eine Meinung bilden.
    Allerdings habe ich eben Probleme damit, wenn Meinungen als gesichertes Wissen verbreitet werden ... ist ein altes Leiden von mir ... :breitgrins:


    Zitat von "finsbury"

    Auch den Zusammenhang mit dem Rechtswesen finde ich sehr spannend, weil ja wohl die einzelnen Bereiche des öffentlichen Lebens, hier also Kultur und - im weitesten Sinne Verwaltung - eng miteinander verzahnt waren.


    Das war und ist schon immer so. Jedes Buch, jeder Film, jedes Kunstwerk ist ein Ausdruck der Kultur und Gesellschaft, in denen sie erstellt werden. Kein Künstler steht außerhalb seiner Welt -- selbst der, der verucht, sich außerhalb zu stellen, grnzt sich damit gegen das Bestehende ab.


    Zitat von "finsbury"

    Das sind gute Tipps, besonders der Latacz interessiert mich, weil er schon in einer Diskussion zwischen Hubert und Holger unter diesem Thread eine wichtige Rolle spielte.


    Latacz ist wirklich gut. Er und "mein" Marburger Prof. Arbogast Schmitt haben auf diesem Gebiet und für Homer sehr gute Arbeit geleistet.


    Liebe Grüße


    Iris


  • Hallo Iris,


    dass alles miteinander zusammenhängt, ist mir wohl auch klar. Dennoch können wir wohl heute nicht mehr von einer so unmittelbaren Wechselwirkung zwischen Kultur und Verwaltung wie damals ausgehen.
    Das ist jetzt natürlich wieder nur eine These, aber es scheint doch wahrscheinlich, dass sich Legislative, Exekutive, Judikative und Kulturschaffende viel stärker persönlich untereinander kannten und austauschten, schon allein wegen der viel größeren Überschaubarkeit des
    Staats- und Kulturwesens. Ich denke, bei allem Respekt und Leidenschaft für Kunstwerke jeder Art ist die Einflussnahme derselben auf die "Polis" heute doch im Einzelfall in der Regel nicht so hoch einzuschätzen.


    Herzliche Grüße
    finsbury

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "finsbury"

    aber es scheint doch wahrscheinlich, dass sich Legislative, Exekutive, Judikative


    Ich bin weder Rechtgeschichtler noch Verwaltungshistoriker - aber: Ist diese Aufteilung nicht überhaupt neueren Datums?


    Zitat von "finsbury"

    Ich denke, bei allem Respekt und Leidenschaft für Kunstwerke jeder Art ist die Einflussnahme derselben auf die "Polis" heute doch im Einzelfall in der Regel nicht so hoch einzuschätzen.


    Im Einzelfall oder in der Regel? :zwinker: Ich denke, bei einem Grass oder einem Böll sind durchaus Einflüsse festzustellen. Andererseits haben weder ein Platon noch ein Aristoteles wirklich politischen Einfluss gewinnen können.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Finsbury!


    Zitat von "finsbury"

    Das ist jetzt natürlich wieder nur eine These, aber es scheint doch wahrscheinlich, dass sich Legislative, Exekutive, Judikative und Kulturschaffende viel stärker persönlich untereinander kannten und austauschten, schon allein wegen der viel größeren Überschaubarkeit des
    Staats- und Kulturwesens. Ich denke, bei allem Respekt und Leidenschaft für Kunstwerke jeder Art ist die Einflussnahme derselben auf die "Polis" heute doch im Einzelfall in der Regel nicht so hoch einzuschätzen.


    Wenn du die nicht streng modern ansiehst (die zitierst hier die Gewaltenteilung, wie sie sich nach dem Absolutismus entwickelt hat), dann ist das durchaus richtig. Vergleichen mit unseren heutigen Staatsgebilden war Athen ein Dorf, eingeteilt in Ortsteile, die ihre eigenen Verwaltungen hatten, meist dogar ihre eigene Gerichtsbarkeit usw.
    Einflußnahme und Auseinandersetzung vollzog sich wesentlich schneller und organischer als zu unserer Zeit.


    Allerdings hatte auch nur ein kleiner Prozentsatz der Einwohner wirklich mitzureden: freigeborene athenische Bürger (also nur Männer!), deren beide Elternteile aus athenischen Familien stammten und die über 35 Jahre alt waren -- zumindest in der "Blütezeit" der athenischen Demokratie waren Mitspracherecht und Wahlrecht auf diesen Personenkreis beschränkt.
    Liebe Grüße,


    Iris

  • Hallo Sandhofer!


    Mit der Gewaltenteilung hast du natürlich recht -- der Gedanke, die Staatsgewalt nach diesen drei aufzuteilen, findet sich erst im 18./19. Jh.


    Allerdings gab es auch in der Antike Formen der Gewaltenteilung, auch wenn diese völlig anders funktionierten als unsere moderne Vorstellung.


    Zitat von "sandhofer"


    Im Einzelfall oder in der Regel? :zwinker: Ich denke, bei einem Grass oder einem Böll sind durchaus Einflüsse festzustellen. Andererseits haben weder ein Platon noch ein Aristoteles wirklich politischen Einfluss gewinnen können.


    Sorry, da liegst du leider komplett falsch!


    Platon z.B. war zweimal in Sizilien, um dortige Staatschefs (Dionysios I, Dionysios II) zu beraten, nahm allerdings Abstand von einer Umsetzung seiner staatstheoretischen Ideen: "Wenn es nämlich ohne Verbannung und Hinrichtung von Mitbürgern nicht möglich ist zur richtigen Staatsverfassung zu gelangen, wird er (Platon) sich ruhig verhalten und von den Göttern das Heil für sich und den Staat erflehen." (7.Brief, übers. O.Apelt)
    Auch in Athen hat Platon sich zwar aus dem öffentlichen Leben ferngehalten, viele seine Schüler waren allerdings die zukünftigen Politiker Athens (und anderer griechischer Stadtstaaten).
    Was Aristoteles anbelangt, so war dessen persönliche Zurückhaltung dadurch bedingt, daß er kein athenischer Bürger war; allerdings -- genau wie im Falle Platons -- war sein Einfluß auf den politischen Nachwuchs und das politische Leben nachhaltig. Wohingegen sein Einfluß auf Alexander vermutlich weit überschätzt wird.


    Was die Tragiker angeht: Der Einfluß der Dramatiker wird gerne an klassizistischen Maßstäben gemessen und deshalb komplett unterschätzt, wenn nicht sogar geleugnet.
    Das ist hermeneutischer Unfug. ;-)
    Die Aufführungen waren ein Politikum ersten Ranges. Euripides hat sich mit seinen Tragödien seinerzeit mehrfach hübsch in die Nesseln gesetzt, da er es nicht lassen konnte, die salzigen Finger in die Wunden zu legen -- und zwar nicht nur in politischen sondern auch in (modern gesprochen) sozialen Fragen (Phaedra).


    Liebe Grüße,


    Iris

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Iris"

    Sorry, da liegst du leider komplett falsch!


    Komplett falsch liege ich eigentlich nie. Aber es kommt zugegebenermassen darauf an, wie man "Einfluss" definiert. Ich meinte hier nicht den indirekten Einfluss, unter Umständen Jahrzehnte nach dem Tod, den die beiden Philosophen unbestreitbar gehabt haben - auf vielen Gebieten. Ich meinte den direkten Einfluss auf die aktuelle Politik ihrer Umgebung.


    Zitat von "Iris"

    Platon z.B. war zweimal in Sizilien, um dortige Staatschefs (Dionysios I, Dionysios II) zu beraten, nahm allerdings Abstand von einer Umsetzung seiner staatstheoretischen Ideen:


    Das klingt nun so, als ob dies das Resultat staatmännischer Weisheit gewesen wäre. Tatsache ist, dass er keinen der beiden Tyrannen für seine Ideen gewinnen konnte; ja, dass er sich offenbar ziemlich unbeliebt machte, einmal gar wohl mit knapper Not einem Ende in der Sklaverei entkommen ist ...


    Ebenso hat Aristoteles kaum nennenswerten Einfluss auf Alexander gehabt.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Sandhofer!


    Zitat von "sandhofer"

    Ich meinte den direkten Einfluss auf die aktuelle Politik ihrer Umgebung.


    Dann hätte das kleine Dummerchen gerne eine dezidierte Quellenangabe für diese Erkenntnis, um seinen (früheren) Professoren und Dozenten (E. Vogt, H. Flashar, D. Bremer, W. Stroh, W. Suerbaum, A. Patzer -- alle München --, A. Schmitt, A. Thiel -- Marburg) klarzumachen, was sie doch für einen Quatsch erzählen. [Blockierte Grafik: http://www.mainzelahr.de/smile/froehlich/zwinkern.gif]


    Zitat von "sandhofer"

    Das klingt nun so, als ob dies das Resultat staatmännischer Weisheit gewesen wäre. Tatsache ist, dass er keinen der beiden Tyrannen für seine Ideen gewinnen konnte; ja, dass er sich offenbar ziemlich unbeliebt machte, einmal gar wohl mit knapper Not einem Ende in der Sklaverei entkommen ist ...


    Den politischen Begriff "týrannos" mit dem modernen Begriff Tyrann gleichzusetzen ist ein bekannter Anachronismus. Der gesamte Sachverhalt ist wieder mal verzerrt wiedergegeben. Ich fange jetzt hier keine dezidierte Quellenanalyse an, würde aber empfehlen, wenigstens auf verläßlichere Sekundärliteratur zurückzugreifen, bevor wir in eine Diskussion zu diesem Thema einsteigen.


    Zitat von "sandhofer"

    Ebenso hat Aristoteles kaum nennenswerten Einfluss auf Alexander gehabt.


    Wo habe ich das behauptet?

    Zitat von "Iris"

    Was Aristoteles anbelangt, <...> Wohingegen sein Einfluß auf Alexander vermutlich weit überschätzt wird.


    Gut, als graduierte Philologin (Schwerpunkt Hermeneutik) vermied ich an dieser Stelle den Indikativ, mit dem Behauptungen gerne als Fakten verkleidet werden -- das ist natürlich ein Unterschied. [Blockierte Grafik: http://www.mainzelahr.de/smile/froehlich/zwinkern.gif]


    Iris (aka "zusammen") [Blockierte Grafik: http://www.mainzelahr.de/smile/unsortierbar/wink.gif]