März 2004: L.N. Tolstoi "Krieg und Frieden"

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    "Mit seinem zwischen 1863 und 1869 entstandenen Roman Krieg und Frieden schuf Lew N. Tolstoi ein Werk, das in epischer Breite auf unübertroffen kunstvolle Weise einen Familien-, Historien- und Bildungsroman in sich vereint. Die geschickte Verknüpfung der zahlreichen Handlungsstränge und die sprachliche Intensität, mit der Tolstoi seine Figuren zum Leben erweckte, ließen sein Werk zu einem Meilenstein der russischen Literaturgeschichte und zu einem Klassiker der Weltliteratur werden."


    Aus: Das Buch der 1000 Bücher (Harenberg-Verlag)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,


    Mitte Mai 1866 setzte Tolstoi das Wort „Ende“ unter ein Manuskript, das bis heute Leser in aller Welt fasziniert. Zwischen dieser Urfassung von „Krieg und Frieden“ und der uns bekannt gewordenen liegen allerdings unzählige Überarbeitungen, Ergänzungen und Erweiterungen, die Tolstoi in den folgenden Jahren vorgenommen hat. Der Eichborn-Verlag hat im September 2003 nun die „Urfassung“ dieses Epos zum ersten Mal in deutscher Sprache vorgelegt:


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    Reizvoll an dieser Urfassung ist, dass sie mit Details aufwartet, die in späteren Fassungen gestrichen bzw. moralisch und ideologisch geglättet sind. Handlung und Figuren widersetzen sich noch der Einbindung aller Elemente in die großen Sinnbezüge von Patriotismus und Religion. Kurz gesagt: Mit der Eichborn-Ausgabe ist, auch für die, die „Krieg und Frieden“ schon kennen, ein neuer Tolstoi zu entdecken und auch der Schluss des Romans war ursprünglich überraschend anders.


    Gruß von Hubert

  • Hallo Hubert,


    Mit deinen Äußerungen hast du mich ein Bissel aus dem Konzept gebracht.
    So weit ich weiß, kam 1869 die Urfassung heraus und wurde dann aufgrund der Kritik von Tolstoi nocheinmal überarbeitet(1873), so wurden z.B. alle französischen Textstellen durch russische übersetzt usw.


    Doch in der fünften Auflage der Werksausgabe wurde die von 1873 bestehende Einteilung behalten, aber der Text wurde wieder zu dem von 1869.
    Deswegen wundert mich, dass es doch Unterschiede gegeben haben soll, zwischen der Urfassung und der eigentlichen Urfassung mit einer anderen Einteilung. Heißt das nun, dass meine Winkler Weltliteraturausgabe der Bearbeiteten Ausgabe von 1873 entspricht? In meiner Ausgabe ist auf jeden Fall auch in Französich geschrieben worden. Ist meine Ausgabe nun die Urfassung?


    Schöne Grüße
    Hyperion

    John fragt ihn: "Did you come?"
    <br />&quot;No&quot;, antwortet der Alte.
    <br />John fragt ihn: &quot;Did she come?&quot;...

  • Hallo zusammen,
    hallo Hyperion,


    es war nicht meine Absicht Dich mit meinen Äußerungen aus dem Konzept zu bringen. Tolstois Roman erschien wie Du richtig schreibst zuerst 1869. Das war aber nicht die „Urfassung“, diese hatte Tolstoi im Mai 1866 vollendet. Diese sogenannte Urfassung wurde dann von Tolstoi zwischen 1866 und 1869 zu einer politisch eher durchsetzbaren Druckfassung geändert, die z.B. nicht mehr Tolstois Napoleonbegeisterung der Urfassung erkennen lässt. Dafür hat er dann geschichtsphilosophische und zeitpolitische Exkurse aufgenommen, die das Werk gegenüber der „Urfassung“ erheblich anschwellen ließen.


    Die Winklerausgabe ist m.W. eine Mischung aus verschiedenen Druckfassungen:
    Der Text stammt aus den ersten beiden Ausgaben von 1868/69, vermischt mit den Korrekturen und der Kapiteleinteilung der dritten Ausgabe von 1873. Gegenüber der „Urfassung“ von 1866 weicht er um die zwischen 1866 und 1869 vorgenommenen Änderungen ab.


    Gruß von Hubert

  • Hallo Hubert,


    Vielen Dank. Hast du die Urfassung schon gelesen? Wenn ja würdest du sagen, dass eine Version besser ist als die andere? Literarisch hochwertiger?


    Bis denne
    Hyperion

    John fragt ihn: &quot;Did you come?&quot;
    <br />&quot;No&quot;, antwortet der Alte.
    <br />John fragt ihn: &quot;Did she come?&quot;...

  • Hallo Hyperion,


    Du hast gepostet:
    Hast du die Urfassung schon gelesen? Wenn ja würdest du sagen, dass eine Version besser ist als die andere? Literarisch hochwertiger?


    Ich hab’ die „Urfassung“ letzte Weihnachten (also 2 Monate nachdem sie zum 1. Mal in Deutsch erschien) als Geschenk bekommen und da ich da gerade mit DosPassos beschäftigt war und anschließend gleich mit Grimmelshausen, habe ich sie noch nicht gelesen, aber über die Weihnachtstage doch eifrig darin geblättert und einige Stellen mit dem bekannten Roman verglichen, so dass ich doch einen Eindruck gewonnen habe, ein Urteil bezüglich literarischer Wertigkeit kann ich allerdings nicht geben.


    Die Urfassung erschien erstmals 1983 in Moskau, nachdem sie von einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Tolstoi-Museums aus den Handschriften rekonstruiert worden war. Vom Umfang her hat sie ca. ¼ weniger Seiten als die bisher bekannte Ausgabe. Sicher ist es interessant, im Vergleich der beiden Ausgaben, zu sehen, was Tolstoi vor Drucklegung noch geändert und hinzugefügt hat.


    Gruß von Hubert

  • Hallo Hubert,


    Jetzt hast du mich neugierig gemacht :grmpf: .
    Wenn ich wieder ein bisschen Platz habe, versuche ich mal die Urfassung zu bekommen. Ich werd sie wohl nicht kaufen, aber bestimmt irgendwo ausleihen. Hättest du Lust bei dem Lesen von der bearbeiteten Version mitzumachen? Obwohl du ja auch, soweit ich weiß, gut beschäftigt bist?
    Vielleicht entsteht nach dem Lesen und Besprechen noch ein neuer Thread um die Urfassung abzuhandeln... Mal gucken.
    Kannst du dir ja einmal überlegen, du wärst herzlich Willkommen. Und sag auf keinem Fall aus Höflichkeit JA!


    Adieu
    Hyperion

    John fragt ihn: &quot;Did you come?&quot;
    <br />&quot;No&quot;, antwortet der Alte.
    <br />John fragt ihn: &quot;Did she come?&quot;...