Januar 2004: Virginia Woolf: Zum Leuchtturm

  • Ähnlich wie Joyce und in gewisser Weise auch in der Tradition von Henry James werden ... kleine Zeitausschnitte aus dem Leben der Figuren beschrieben: in Mrs. Dalloway (1925) zwölf Stunden aus dem Leben der Titelfigur; in Die Fahrt zum Leuchtturm zwei Tage aus dem Leben der Familie Ramsay, die multiperspektivisch, als Montage verschiedener "Bewusstseinsströme" erzählt werden. Nur aus dem Kontext ergibt sich, welche Person gerade 'spricht'. Gern spielt Woolf auch mit dem Missverhältnis von Erzählzeit und erzählter Zeit, der "discrepancy between the time on the clock and the time on the mind". Die Intensität räumlichen Empfindens - beispielsweise in Die Wellen (1931) - unterscheiden ihren Stil klar von dem eines James Joyce. Oft wird ihre Schreibweise daher mit Malerei verglichen; insgesamt ist sie dezidiert modernistisch zu nennen: die Empfindungen der einzelnen Personen, die Spiegelung ihres Inneren werden wichtiger als äußere Handlung.


    Quelle:http://www.uni-essen.de/litera…gen/poetik/virg_woolf.htm



    Nachdem ich ja nun schon ein bißchen in Virginias Welt eingetaucht bin, wollen JMaria und ich das Buch zusammen lesen. Start wäre aber schon so Mitte Januar- wäre schön, wenn noch jemand mitlesen will.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Maria,


    leider hat sich ja kein zusätzlicher Leser gefunden, dann wird unsere Runde halt sehr klein :breitgrins: Im übrigen bin ich froh, endlich mal wieder ein - um mit ikarus Worten zu sprechen - richtiges Buch zu lesen !


    Ich habe gestern angefangen, aber nur ein paar Seiten gelesen. Ziemlich schnell fällt jedoch auf, dass das Thema Zeit eine große Rolle spielt. Mir haben der Anfangsdialog, unterbrochen durch die langen inneren Überlegungen von Mrs. Ramsay sehr gefallen. Das 1. Kapitel fängt an mit "Doch, bestimmt, wenn es morgen schön ist" dann folgt eine Seite Beschreibung über James und dann die Erwiderung von Mr. Ramsay - recht schonungslos übrigens - und so weiter. Ein kurzer Dialog, der in Wirklichkeit ein oder zwei Minuten dauert wird so durch innere Monologe und Beschreibungen gestreckt auf 7 Seiten, ohne im geringsten langweilig zu sein.


    Natürlich habe ich mir in diesem Zusammenhang auch wieder Gedanken über den Titel gemacht. Ein Symbol für die Beständigkeit, Sicherheit, eine Art Rettungsanker ? Für Mrs. Ramsay jedenfalls der Ausbund der Langeweile !


    Kurz noch zum Roman allgemein:
    Virginia Woolf schreibt sehr autobiographisch über ihren viktorianischen, tyrannischen Vater und ihre selbstlose, früh verstorbene Mutter und ihre Kindheit, deren Sommer sie immer in einem Landhaus (St. Ives) in Cornwall am Meer verbracht hatte. Danach sehnte sie sich ihr Leben lang zurück. Es war ihr 5. Roman, sie begann damit 1925 und er erschien 1927, und war bis dahin ihr erfolgreichster Roman.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi,


    Zitat


    leider hat sich ja kein zusätzlicher Leser gefunden, dann wird unsere Runde halt sehr klein :breitgrins: Im übrigen bin ich froh, endlich mal wieder ein - um mit ikarus Worten zu sprechen - richtiges Buch zu lesen !


    ich habe die Dante-Leserunde bewundernd verfolgt.


    Zitat


    Ich habe gestern angefangen, aber nur ein paar Seiten gelesen. Ziemlich schnell fällt jedoch auf, dass das Thema Zeit eine große Rolle spielt. Mir haben der Anfangsdialog, unterbrochen durch die langen inneren Überlegungen von Mrs. Ramsay sehr gefallen. Das 1. Kapitel fängt an mit "Doch, bestimmt, wenn es morgen schön ist" dann folgt eine Seite Beschreibung über James und dann die Erwiderung von Mr. Ramsay - recht schonungslos übrigens - und so weiter. Ein kurzer Dialog, der in Wirklichkeit ein oder zwei Minuten dauert wird so durch innere Monologe und Beschreibungen gestreckt auf 7 Seiten, ohne im geringsten langweilig zu sein.


    das erinnert mich an das was du in den Lesevorschlägen über diesen Roman reinkopiert hast:


    Zitat

    Zitat:
    Gern spielt Woolf auch mit dem Missverhältnis von Erzählzeit und erzählter Zeit, der "discrepancy between the time on the clock and the time on the mind". Die Intensität räumlichen Empfindens - beispielsweise in Die Wellen (1931) - unterscheiden ihren Stil klar von dem eines James Joyce. Oft wird ihre Schreibweise daher mit Malerei verglichen; insgesamt ist sie dezidiert modernistisch zu nennen: die Empfindungen der einzelnen Personen, die Spiegelung ihres Inneren werden wichtiger als äußere Handlung.


    Kannst du dich noch an Thomas Manns "Zauberberg" erinnern, da gibt es das Kapitel "Strandspaziergang" und das beginnt mit den Worte: Kann man die Zeit erzählen...


    Strandspaziergang! Paßt doch gut zu unserem Thema "Zum Leuchtturm".
    Zufall?


    Wenn ihr Erzählstil mit Malerei verglichen wird, freue ich mich umso mehr auf die Geschichte, da ich gerne ein "Bild" vor dem inneren Auge habe bzw. ein Bild das sich so nach und nach entwickelt.


    Zitat


    Natürlich habe ich mir in diesem Zusammenhang auch wieder Gedanken über den Titel gemacht. Ein Symbol für die Beständigkeit, Sicherheit, eine Art Rettungsanker ? Für Mrs. Ramsay jedenfalls der Ausbund der Langeweile !


    oder ein Stillstehen der Zeit? Ich würde den Leuchtturm auch als ein Ort der Beständigkeit sehen. Sicherheit - und das obwohl die Naturelemente den Leuchtturm umtosen. Einsamkeit und bestimmt auch Langeweile.


    Mrs. Ramsey packt ja schon Zeitschriften und allerlei ein um sie den Bewohnern des Leuchtturms zu bringen. Ob diese das auch tatsächlich brauchen, frag ich mich. Bin auch noch nicht weit mit lesen.


    Mr. Ramsey's Auftritt hat in James starke Gefühle hervorgerufen: Wäre eine Axt greifbar gewesen, ein Schürhaken oder sonst irgendeine Waffe, die ein Loch in die Brust seines Vater gerissen und ihn auf der Stelle getötet hätte, James hätte sie ergriffen.


    Zitat


    Kurz noch zum Roman allgemein:
    Virginia Woolf schreibt sehr autobiographisch über ihren viktorianischen, tyrannischen Vater und ihre selbstlose, früh verstorbene Mutter und ihre Kindheit, deren Sommer sie immer in einem Landhaus (St. Ives) in Cornwall am Meer verbracht hatte. Danach sehnte sie sich ihr Leben lang zurück. Es war ihr 5. Roman, sie begann damit 1925 und er erschien 1927, und war bis dahin ihr erfolgreichster Roman.


    siehe James Reaktion auf seinen Vater. Erschreckend. Da tun sich Abgründe auf.


    in meiner kurzen Nachbemerkung von Klaus Reichert heißt es:


    Der Roman interessierte die Autorin vor allem auch technisch. Wie lassen sich alltäglichste Dinge darstellen, wenn sie nicht durch eine schwergewichtige Thematik wie die des Wahnsinns in "Mrs. Dalloway" ausbalanciert werden? Wie läßt sich Zeit darstellen....


    sie beginnt die Geschichte auch gleich mit einigen Zeitbegriffen:
    im Anfangssatz: morgen und früh.
    Im 1. Abschnitt: seit Jahren und Jahren....nach dem Dunkel nur einer Nacht noch und einem Tag.


    sie gibt dem Leser bereits im ersten Abschnitt den Hinweis dass sie den Augenblick kristallisieren und erstarren lassen will.


    Bin auf weiteres sehr gespannt.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria und Steffi,


    da Steffi in "Gemeinsames Lesen" einen neuen Thread begonnen hat, habe ich den Lesevorschlag jetzt in die "Chronik" verschoben. Anbei noch ein paar Links zu Virginia-Woolf und viel Spaß beim Lesen:


    Biographie
    http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/WoolfVirginia/


    Biographie mit Foto:
    http://www.fembio.org/frauen-biographie/virginia-woolf.shtml


    Artikel der Uni Essen
    http://www.uni-essen.de/litera…gen/poetik/virg_woolf.htm


    Linksammlung zu Virginia-Woolf
    http://www.feministische-sf.de…n/fsf_virginia-woolf.html

  • vielen Dank Hubert :winken:


    die angeführten Links (bis auf den englischen, dafür brauch ich länger) habe ich mir durchgelesen. Sehr aufschlußreich.


    eine sensible Frau, die viel zu schweres mitgemacht hat. Es berührt mich sehr.


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo,


    auch von mir, Hubert, vielen Dank für die links.


    Ich habe nun schon 2 Biografien über Virginia gelesen und sie bleibt nach wie vor irgendwie ungreifbar. Auf jeden Fall ist sie nicht die Emanze, als deren Vertreterin sie oft dargestellt wird. Sie hatte eine emanzipatorische Einstellung, aber war auch gleichzeitig den viktorianischen Grundsätzen verhaftet. Ihren despotischen Vater tauschte sie ein in einen ebenso bestimmenden Ehemann, der ebenfalls die volle Kontrolle über Virginia übernahm, wenn auch aus Fürsorge um ihre Geisteskrankheit.


    Wenn man die Krankengeschichte studiert, kommt man zum Ergebnis, dass ihren manisch-depressiven Schüben immer ein einschneidendes Erlebnis vorausging: Tod der Mutter, Beendigung eines Buches oder Kriegstrauma (das Haus, in dem sie zuletzt lebte, war nur 5 km von dem möglichen Landeplatz der deutschen Flieger entfernt).


    Interessant auch die Beziehung zu ihren Büchern. Davon abgesehen, dass sie, wie wohl jeder Autor, Angst vor der Beurteilung hatte und fast immer überzeugt war, das das fertige Buch schlecht war - sie war ja eine pedantische Arbeiterin, die die Bücher mehrmals umschrieb (ich glaube der Leuchtturm hatte 5 Fassungen?) - ihr Mann Leonard hatte auch hinsichtlich ihrer geistigen Verfassung beschlossen, dass sie keine Kinder bekommen würden. Virginia fühlte sich durch die Kinderlosigkeit minderwertig und noch weniger als Frau, so dass wohl die Bücher eine Art Ersatz darstellten. Kein Wunder, dass sie sich vor einer Trennung fürchtete.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Maria,


    ich habe die Biografie von ihrem Neffen Quentin Bell gelesen und kann sie wirklich empfehlen. Sehr objektiv und interessant und gut recherchiert.


    Dann gibt es da noch einen wundervollen Bildband "Die Welt von Bloomsbury" von Pamela Todd, der über die Personen und Orte der Bloomsburianer erzählt; die Gestaltung scheint wirklich im Stil von Virginias Schwester Vanessa zu sein, die ja eine zeitlang künstlerische Innenausstattungen (Möbel, Tapeten usw.) herstellte und verkaufte (habe ich aus der Ulmer Bib ausgeliehen und dann selbst gekauft).


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi


    kann es sein, daß V.W. mit der kleinen Gruppe von Menschen in diesem Hotel die damalige Gesellschaftsform darstellen will?


    Mrs. Ramsey = Königin Victoria (kommt auf den ersten Seiten öfters vor).


    die Kinder, die mit der Lebensanschauung ihrer Mutter nicht immer übereinstimmen = das an der Schwelle stehende neue Jahrhundert.


    der atheistische Freund, ein anhänglicher Bewunderer Mrs. Ramseys.
    u.a. über die ich erst noch nachdenken möchte.


    Warum nannte V.W. wohl den 1. Teil des Romans "Fenstertür"?
    ein Fenster aus dem man auch hinaustreten konnte?
    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria,


    Zitat

    kann es sein, daß V.W. mit der kleinen Gruppe von Menschen in diesem Hotel die damalige Gesellschaftsform darstellen will?


    Ja, könnte tatsächlich sein - der Gedanke ist mir noch nicht gekommen. (Allerdings sind sie, glaube ich, nicht in einem Hotel sondern im Ferienhaus der Ramsays). In der viktorianischen Zeit (hier noch eine Kurzbiografie über Queen Victoria) war ja die Rolle der Frau auf das Haus beschränkt, ich denke VWs Mutter hat diese Rolle sicher perfekt ausgefüllt. Sie war wohl ebenso schön und mütterlich fürsorgend, aufopfernd und klug wie Mrs. Ramsay. Ich glaube, ich habe gelesen, sie sei an den Folgen ihrer unermüdlichen Fürsorge gegenüber Fremden und Familie aus Erschöpfung gestorben.


    Und die Künstlerin Lily Briscoe (alias Virginia ?) würde dann das Bild (der Mutter und der vergangenen Gesellschaftsform) für immer festhalten, sozusagen die Zeit festhalten.


    Mr. Ramsay kommt ja nicht gerade gut weg bisher. Ein egoistischer, intellektuell-anmaßender Patriarch, der seinen Intellekt nach dem Alphabet mißt :rollen: Auch scheint mir der Stil, mit dem Vriginia über ihn schreibt, irgendwie viel holpriger und zerfetzter zu sein als wenn Mrs. Ramsay "dran" ist. Viel mehr Gefühl und Intuition. Was hälst du von den Bewußtseinsströmen ? War nun z.B. Mrs. Ramsay im Dorf ? Oder sitzt sie die ganze Zeit in der Fenstertür ? Fenstertür - gut, wie du das beschreibst - zum Hinausschauen und auch Hinaustreten. Mrs. Ramsay sitzt gerade auf der Schwelle, aber wird sie auch hinaustreten wollen ? Sieht sie überhaupt die Möglichkeit ? Interessant dabei auch, dass ja Mr. Ramsay draußen ist - genau wie Lily Briscoe und die anderen. Und wie kommt dann wieder der Leuchtturm ins Spiel ? Das Licht bei Nacht als Aufblitzen der Möglichkeit, hinauszufahren ? Er gibt ja auch Sicherheit vor Schiffbruch.


    Bis jetzt auf jeden Fall bin ich wieder begeistert von Virginia Woolf. Ihr poetischer Stil liegt mir, die Intuition, die Beschreibungen: "Jackmanii und weiße Wand" - jackmanii habe ich auch im Garten in der Nähe der hellen Hauswand und :breitgrins: oder wie die Wellen Perlmutt abstreifen (schön). Und zum Denken gibts auch was.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi


    Zitat

    Ja, könnte tatsächlich sein - der Gedanke ist mir noch nicht gekommen. (Allerdings sind sie, glaube ich, nicht in einem Hotel sondern im Ferienhaus der Ramsays).


    nachdem ich weitergelesen wurde es deutlicher, daß es das Ferienhaus der Ramsey's ist. Das Haus, nach Mrs. Ramsey Ansicht, wird immer schäbiger.


    ich bin auf den Gedanken, dass Mrs. Ramsey das viktorianische Element der Gesellschaft ist, durch folgende Szene gekommen:


    gegen Ende des Kapitel 1 (Fenstertür):
    ...als sie (Mrs. Ramsey), plötzlich, hereinkam, einen Augenblick schweigend stand (als hätte sie sich dort oben verstellt und gönne sich jetzt einen Augenblick, sie selbst zu sein), völlig reglos einen Augenblick vor einem Bild der Königin Victoria stand, die die blaue Schärpe des Hosenbandordens trug; und schlagartig erkannte er, daß es dies war: es war dies - sie war die schönste Frau, die er je gesehen hatte.


    über ihre Töchter wird geschrieben:
    Sie (Mrs. Ramsey war jetzt furchterregend anzuschauen, und nur insgeheim vermochten ihre Töchter - Prue, Nancy, Rose -, als sie von ihren Tellern aufblickten, nachdem sie in derart strengem Ton über Charles Tansey gesprochen hatte, mit den abtrünnigen Vorstellungen zu liebäugeln, die sie sich für ihr eigenes Leben zusammengesponnen hatten, das anders wäre als ihres, ein Leben in Paris vielleicht; ein wilderes; nicht ständig von der Fürsorge für irgendeinen Mann bestimmt; denn sie alle stellten im Innern Ergebenheit und Ritterlichkeit, die Bank of England und die Herschaft in Indien.... stumm in Frage....daß sie sich, wie sie da unter dem Blick ihrer Mutter am Tisch saßen, vor ihrer eigenartigen Strenge, ihrer maßlosen Höflichkeit verneigten, der einer Königin gleich, ... bei ihnen zu wohnen.


    in Wirklichkeit zieht sich der Satz, ein einziger Satz, 20 Zeilen im Buch hin. Ich staune nicht schlecht.
    ( ikarus: das würde dir gefallen :breitgrins: )


    Zitat


    In der viktorianischen Zeit (hier noch eine Kurzbiografie über Queen Victoria) war ja die Rolle der Frau auf das Haus beschränkt, ich denke VWs Mutter hat diese Rolle sicher perfekt ausgefüllt. Sie war wohl ebenso schön und mütterlich fürsorgend, aufopfernd und klug wie Mrs. Ramsay. Ich glaube, ich habe gelesen, sie sei an den Folgen ihrer unermüdlichen Fürsorge gegenüber Fremden und Familie aus Erschöpfung gestorben.


    sehr aufschlußreich. Auch in der Verehrung des Ehegatten, gleicht Mrs. Ramsey der Königin Viktoria, die ihren Prinzgemahl doch auch sehr verehrte. Sehr schön, deine Kurzbio über Victoria, und die gleichnamige Rose :winken:

    Zitat


    Und die Künstlerin Lily Briscoe (alias Virginia ?) würde dann das Bild (der Mutter und der vergangenen Gesellschaftsform) für immer festhalten, sozusagen die Zeit festhalten.


    guter Gedanke. Warum meinst, dass Virginia Lily gewählt hat?
    Vielleicht um von außen einzusehen?
    Lily ist 33 jährig und kinderlos.


    Lily kann ich mir noch nicht so recht vorstellen. Sie malt, aber anscheinend sehr abstrakt(?). Mrs. Ramsey stellt sie als eine purpurne dreieckige Form dar(?) (Purpur= Königsfarbe?).


    Die Einblendungen die nicht in die "Zeitfolge" reinpassen, die verwirren mich.
    Wie dieser Spaziergang mit Mrs. Tansey, oder Lily's Vision, die Knie Mrs. Ramsey umschlingend..


    und doch ist man immer noch in diesem Zimmer mit der geöffneten Fenstertür. Ein Spruch von Mrs. Ramsey: "Türen müssen geschlossen sein, Fenster geöffnet"

    Zitat


    Mr. Ramsay kommt ja nicht gerade gut weg bisher. Ein egoistischer, intellektuell-anmaßender Patriarch, der seinen Intellekt nach dem Alphabet mißt :rollen:


    Das habe ich nicht verstanden. Warum nur bis Q und R bzw. Z kann man nicht erreichen. Warum gerade diese Buchstaben *grübel*


    Zitat


    Auch scheint mir der Stil, mit dem Vriginia über ihn schreibt, irgendwie viel holpriger und zerfetzter zu sein als wenn Mrs. Ramsay "dran" ist. Viel mehr Gefühl und Intuition. Was hälst du von den Bewußtseinsströmen ?


    wie er gelobt werden will, das ist schon sehr unsympathisch, auch sein aufbrausendes Temperament.


    Die Bewußtseinströmen verwirren mich tatsächlich. Ich habe manche Passagen, wie den Spaziergang ins Dorf und Lily's "Kniefall" zweimal gelesen. Aber es ist auch faszinierend. Man fühlt sich beim Lesen auch irgendwie entrückt. Geht es dir auch so?

    Zitat


    War nun z.B. Mrs. Ramsay im Dorf ? Oder sitzt sie die ganze Zeit in der Fenstertür ? Fenstertür - gut, wie du das beschreibst - zum Hinausschauen und auch Hinaustreten. Mrs. Ramsay sitzt gerade auf der Schwelle, aber wird sie auch hinaustreten wollen ? Sieht sie überhaupt die Möglichkeit ? Interessant dabei auch, dass ja Mr. Ramsay draußen ist - genau wie Lily Briscoe und die anderen.


    gut, daß du das erwähnt hast. So konnte ich darauf achten. Ist dir auch aufgefallen, daß die Hecke sehr oft erwähnt wird? Hecke finde ich, ist auch so ein Begriff der Abgrenzung und Sicherheit.

    Zitat


    Und wie kommt dann wieder der Leuchtturm ins Spiel ? Das Licht bei Nacht als Aufblitzen der Möglichkeit, hinauszufahren ? Er gibt ja auch Sicherheit vor Schiffbruch.


    darauf bin ich auch gespannt.
    Beim Spaziergang ins Dorf gab es diese Aussicht zum Leuchtturm. Fantastisch beschrieben:


    .. - doch da wichen die Häuser zu beiden Seiten zurück und sie betraten den Kai, und die ganze Bucht breitete sich vor ihnen aus...
    Denn der großartige Tellervoll blauen Wassers lag vor ihr; der altersgraue Leuchtturm, fern, streng, mittendrin; und rechts, soweit das Auge reichte, verloren sich und sanken in sanften, flachen Flechten die grünen Sanddünen mit dem wild wehenden Gras, die immerfort davonzulaufen schienen, in irgendein von Menschen unbewohntes Mondland.


    schön.


    Mrs. Ramsey liest James das Märchen vom Fischer und seiner Frau vor. Das stammt von den Gebrüder Grimm.


    Zitat


    Bis jetzt auf jeden Fall bin ich wieder begeistert von Virginia Woolf. Ihr poetischer Stil liegt mir, die Intuition, die Beschreibungen: "Jackmanii und weiße Wand" - jackmanii habe ich auch im Garten in der Nähe der hellen Hauswand und :breitgrins: oder wie die Wellen Perlmutt abstreifen (schön). Und zum Denken gibts auch was.


    das stimmt. Danke für die Erklärung von Jackmanii. Ich wußte nicht, daß es eine Pflanze ist.


    Ich bin nun auf S. 61


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria,


    Zitat

    Warum meinst, dass Virginia Lily gewählt hat?
    Vielleicht um von außen einzusehen?


    Das ist ein guter Gedanke. Ein Künstler muß wohl auf jeden Fall her, um dieses "Bild" festzuhalten. Virginias Schwester Vanessa war ja Malerin und vielleicht war sie auch im richtigen Leben distanzierter zum Vater und der Mutter als Virginia oder vielleicht fehlt Virginia durch ihre ja sehr einfühlsame Schreibweise auch eine Distanz, die man eher in einem Bild ausdrücken kann ?


    Zitat

    in Wirklichkeit zieht sich der Satz, ein einziger Satz, 20 Zeilen im Buch hin. Ich staune nicht schlecht.


    Manchmal genieße ich diese langen Sätze wirklich, meistens sind sie auch nicht verwirrend und, du hast recht, man kann sich richtig darin verlieren. An der Stelle, als dann wieder erwähnt wird, dass Mrs. Ramsay in der Fenstertür sitzt um von Lily gemalt zu werden, hat es mich wie in einem Ruck wieder in die "Wirklichkeit" gezogen - plötzlich war die Zeit zum greifen nah :breitgrins:


    Zitat

    Ist dir auch aufgefallen, daß die Hecke sehr oft erwähnt wird? Hecke finde ich, ist auch so ein Begriff der Abgrenzung und Sicherheit.


    Ja, du hast recht - überhaupt ist der Garten und die Natur sehr wichtig. Weil man daran die Zeit messen kann ? Eingentlich müsste ja der Garten auch ein Ausdruck für die Mütterlichkeit von Mrs. Ramsay sein - ich kann mir Mr. Ramsay gar nicht als Gärtner vorstellen :zwinker:


    Ist dir auch aufgefallen, dass man die Vornamen der beiden gar nicht kennt (oder hab ich sie überlesen). Dieses Spiel von Virginia mit der Persönlichkeit der Figur ist mir auch schon bei "Die Fahrt hinaus" aufgefallen. Seltsam, die Figuren sind mir durch die inneren Monologe so nah und doch irgendwie (äußerlich?) distanziert.


    Zitat

    Warum nur bis Q und R bzw. Z kann man nicht erreichen. Warum gerade diese Buchstaben *grübel*


    Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht - aber einfallen tut mir dazu leider auch nichts.


    Leider bin ich am Wochenende gar nicht zum lesen gekommen, wo ich doch schon so gespannt bin,,wies weitergeht.


    Jackmanii ist eine Clematis (Achtung: Suchtfaktor) - ich sehe schon, wenn du deinen Garten gestaltest, brauchst du fachfrauische Hilfe :breitgrins:
    http://www.clematis-westphal.de/shop/pd-160050284.htm?defaultVariants={EOL}&categoryId=0



    Gruß von Steffi

  • Hallo Maria,


    danke für die Tipps. Die Hörbücher kenne ich leider nicht, aber interessant, das der "Leuchttum" sogar zu Kompositionen inspiriert hat.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi


    danke für den Link zu der Clematis. Die Pflanze ist wunderschön. Dieser Name "Clematis" hätte mir etwas gesagt *bg*. Aber du hast recht, wenn mein Garten soweit ist, brauch ich bestimmt fachfraulichen Rat. Zum Glück weiß ich ja an wen ich mich wenden kann :breitgrins:


    Übrigens (völlig OT):
    in Neu-Ulm im Edwin-Scharff-Haus sind vom 27.2. - 29.2.04 Orchideentage *yippieh*


    Gestern habe ich noch ein bißchen weitergelesen, muß aber meine Eindrücke noch setzen lassen.


    Bis später
    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Steffi


    sind dir die Aspodelenwiesen aufgefallen? In meinem Fischer-TB auf S. 35.


    Bei meinen Nachforschungen bin ich auf die griech. Mythologie gestoßen. Persophone (oder auch Proserpina), Herrscherin der Unterwelt. Bevor man das eigentliche Totenreich betritt, kommt man auf die Asphodelenwiesen.


    Hier noch ein Gedicht von Gottfried Benn:
    Henri Matisse Asphodèles
    (Gottfried Benn)


    "Sträuße - doch die Blätter fehlen,
    Krüge - doch wie Urnen breit,
    - Asphodelen,
    der Proserpina geweiht -"


    und Tristesse von Gottfried Benn


    http://www.ruedigersuenner.de/bollingenpersephone.html


    diese Gedanken an Asphodelenwiesen und Idiosynkrasie (Angeborene Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Stoffen und/oder Reizen???)
    hat ja Mr. Banks. Ich weiß sie noch nicht so recht einzuordnen.


    Mit der Definition von Idiosynkrasie habe ich meine Probleme. Ich habe das Gefühl, sie paßt in diesem Fall nicht.


    Es gibt übrigens auch ein Gedicht von Wilhelm Busch das ebenfalls den Titel Idiosynkrasie hat:


    http://www.uni-mainz.de/~pomme…usch/BuNachl/idiosynk.htm


    Weißt du was "Akrosticha" bedeutet? (S. 48 in Zusammenhang mit Mr. Carmichael)


    LG Maria
    PS: habe mir eine neue Signatur rausgesucht :winken:

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria,




    Zitat

    Sind dir die Aspodelenwiesen aufgefallen?


    Nein. Ich muß nochmal nachlesen - klingt äußerst interessant.


    Zitat

    Weißt du was "Akrosticha" bedeutet?


    Nein. Muß irgendwas mit Stil zu tun haben ? Ah, jetzt hab ichs:


    Das Akrostichon von (grch.: akros Spitze; stichos Vers) ist die Versform, bei der die Anfänge (Buchstaben bei Wortfolgen, oder Worte bei Versfolgen) hintereinander gelesen einen Sinn ergeben.


    Klingt sehr nach Mr. Ramsay :breitgrins: - nur Sinn ergibts keinen :zwinker:


    Deine Signatur ist gut - ist mir gleich in einem anderen thread aufgefallen :winken:


    Gruß von Steffi