Sylvia Plath

  • Im Rahmen meiner Lektüre von Werken des 20. Jahrhunderts habe ich jetzt folgenden Roman gelesen:


    Sylvia Plath: Die Glasglocke /The Bell Jar


    Plaths einziger Roman erschien 1963, in dem Jahr, in dem die Autorin einen Monat später ihrem Leben mit 30 Jahren in London ein Ende setzte.


    Autobiografische Elemente prägen weite Teile der Romanhandlung. Plath ist neben ihrem Roman hauptsächlich für ihre Lyrik bekannt, gesammelt in den beiden Bänden „ The Colossus and other Poems“ und „Ariel“.


    Esther Greenwood, Plaths Alter ego, gewinnt als College-Stipendiatin einen einmonatigen Aufenthalt in New York, um an einer Ausgabe einer Frauenzeitschrift mit elf anderen Stipendiatinnen mitzuwirken. In diesem Monat wird den jungen Frauen viel geboten, sie erhalten Einladungen zu Veranstaltungen, bekommen Geschenke und dürfen für die Modezeitschrift Artikel schreiben. Doch dieses Leben, von dem Esther glaubt, dass sich viele junge Frauen danach sehnen würden, kann die Ich-Erzählerin nicht genießen. Sie fühlt sich oft isoliert vom Geschehen, sieht diesem nur von außen zu und neigt zu unerklärlichen Weinkrämpfen. Auch die Bekanntschaft mit der unkonventionellen, dem Lebensgenuss ergebenen Doreen ändert daran nichts.

    In Rückblicken wird von Esthers bisherigem Leben erzählt, den fleißigen und erfolgreichen ersten Collegejahren und der Beziehung zu ihrem Jugendfreund Buddy.

    Nach der Rückkehr nach Hause versinkt Esther in eine tiefe Depression. Eigentlich hatte sie gehofft, an einem Sommerschreibkurs in den Semesterferien teilnehmen zu können, dafür aber keine Einladung bekommen. Trotz zahlreicher Versuche ihrer Mutter und anderer, sie aufzumuntern, kommt es zu einem Selbstmordversuch, wonach sie in eine Klinik eingeliefert wird. Die Stifterin ihres Stipendiums sorgt dafür, dass sie von dieser düsteren Einrichtung in eine Privatklinik für psychische Erkrankungen verlegt wird. Dort rappelt sie sich langsam wieder auf, aber fühlt sich nicht wirklich geheilt. Sie erkennt, dass sie lange unter einer Glasglocke gelebt hat und dass diese jederzeit wieder über sie hereinbrechen kann. Das Buch endet offen vor dem Entlassungsgespräch in der Klinik.


    Der Roman wurde zu einem Schlüsselwerk des Feminismus, da die Zerrissenheit der Hauptperson von ihr selbst immer wieder auch mit der restriktiven Rolle der Frau in den USA der Fünfziger Jahre in Verbindung gebracht wird. Das Studium zum Beispiel bereitet die Frau nicht auf ein eigenbestimmtes Leben in einer entsprechenden beruflichen Stellung vor, sondern bestenfalls darf sie auf eine dienende Funktion zum Beispiel als Assistentin eines Wissenschaftlers rechnen. Die Heirat und das damit verbundene Leben als Hausfrau und Mutter ist immer noch das eigentliche Ziel der bürgerlichen Frau. Die hochintelligente und ebenso sensible Esther verzweifelt an diesen Engführungen ihrer Existenz und fühlt sich davon gelähmt.


    Die Lektüre dieses Werks fiel mir nicht leicht, weil die lähmende Stimmung der depressiven Ich-Erzählerin intensiv wirkt. Aber gerade deshalb hat das Buch wohl auch so eine immense Wirkung erzielt, natürlich auch im Kontext mit dem unglücklichen Leben der Autorin. Neben diesen düsteren Elementen enthält das Buch aber auch viele satirische Gesellschaftsbeschreibungen, die die Lebensbedingungen und Reglementierungen der jungen Generation zu der Zeit sowie ihre zum Teil kläglich scheiternden Ausbruchsversuche aufs Korn nehmen.


    Ein Buch, das man vielleicht nicht lesen sollte, wenn man sich selbst in einer düsteren Phase befindet, das aber erstens wirklich gut geschrieben ist (Achtung, die Monotonie mancher Satzanfänge und viele Wiederholungen sind gewollt) und einem zweitens viel über das Lebensschicksal vieler Frauen in der Mitte des letzten Jahrhunderts vermittelt.

  • Hallo finsbury,


    ich las das Buch vor ca. 25 Jahren und fand das Buch enorm intensiv, es hatte mich sehr begeistert. Soweit man das bei dieser Thematik überhaupt sagen kann. Da ich mich kaum noch an den Inhalt erinnern kann, ist wohl bald ein Wiederlesen angesagt.

    Auf jeden Fall bekam ich selber deswegen keine Krise.:D


    Gruß, Lauterbach

  • Ja, Lauterbach, man muss davon keine Krise bekommen. Ich kenne aber durchaus Personen in meinem Bekanntenkreis, die zu Depressionen neigen und denen ich dieses Buch wirklich nicht ans Herz legen würde. Obwohl ich trotz der spürbaren Qualität und Aussagekraft des Romans nicht in jedem Moment die Lektüre genossen habe, glaube ich nicht, dass ich mehr (Dach)schäden davon getragen habe, als ich ohnehin schon aufweise :clown:.
    Ein Wiederlesen ist aber bestimmt eine gute Option!