Sigrid Undset: Frühling

  • Ich habe das Buch - das ich übrigens im letzten Jahr von einem Flohmarkttisch gezogen habe - im Rahmen des Klassikerwettbewerbs 2018 gelesen, es ist das erste von meiner Liste.

    Sigrid Undset ist heute nur noch bekannt als Autorin zweier umfangreicher Mittelalterromane, "Kristin Lavranstochter" und "Olaf Audunsson". Ihre Liebes- und Entwicklungsromane gibt es wohl nur noch antiquarisch. "Frühling" ist eine Ehegeschichte und ein Frühwerk. Es geht um ein Ehepaar, das sich nach der Totgeburt des ersten Kindes auseinanderlebt, später aber wieder zusammenfindet.

    Interessant an "Frühling" ist die Perspektive: Undset erzählt einen Großteil, mehr als die Hälfte jedenfalls, aus Sicht des Ehemannes. Bei Wikipedia steht zu lesen, dass Frau Undset - zum Befremden ihrer Familie - als Erwachsene katholisch wurde. Ihre Erfahrungen in dieser Lebensphase verarbeitete sie in dem Doppelroman "Gymnadenia" und "Der brennende Busch", den ich sehr schätze. Auch dieses Buch ist aus Männerperspektive erzählt. Vielleicht war Frau Undset der Meinung, dass dieser Standpunkt besser zu ihr passt?

    Obwohl in "Frühling" auch emanzipatorische Ansätze zur Sprache kommen - mehrmals sogar -, macht sie deutlich, dass ihrer Meinung nach eine Mutter in erster Linie für ihre Kinder da sein soll. (Was sie aber nicht daran hindert, sowohl in "Frühling" als auch in "Der brennende Busch" alleinerziehende Männer zu schildern.)
    "Frühling" ist ein sehr einfühlsames Buch, sehr schön die Naturschilderungen, die Beschreibung des Landlebens; allerdings erreicht Frau Undset hier noch nicht ganz die Qualität ihrer späteren Werke.