Im Zuge des Klassikforum-Listenwettbewerbs habe ich nun den kleinen Roman 'Am Weg' von Herman Bang gelesen.
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Ein schmales Bändchen, mein erstes Buch von Herman Bang, der als großer Erzähler in Dänemark ein besonderes Ansehen genießt.
Ich tat mich nicht ganz leicht, in die Geschichte hineinzukommen, denn Bang ist ein eigenwilliger Erzähler. Anders als andere Autoren der Zeit erzählt er nicht fließend, ausschmückend, elegant, sondern knapp, mit klarem Blick für einzelne Gesten oder Sätze. Die außerordentliche Knappheit seines Stils lässt manche Szenen fast collagehaft wirken, denn bei der Schilderung einer Gesellschaft etwa montiert er Fragmente einzelner Dialoge einfach ineinander oder springt von dialoghaften Passagen immer wieder zu kurzen beschreibenden Sätzen. Das Ganze macht seinen Stil fast kinematographisch, ich denke, vieles davon ließe sich sehr gut filmisch umsetzen, zumal er wenig ausladende beschreibende Passagen einfügt.
Zur Handlung: In dem keinen Bahnhofsdorf lebt eine ebenso kleine Gesellschaft, bestehend aus Gutsherren, Pastor, Lehrerin und Bahnhofsvorsteher. Letzterer heißt Bai und hat eine Frau namens Katinka. Das Ehepaar ist kinderlos und leidlich glücklich miteinander. Bai ist eher vom Typ 'grober Klotz', aber nicht unsympathisch. Als ein neuer Verwalter auf dem Gutshof eingestellt wird, Huus, entwickelt sich zwischen dem scheuen und zurückhaltenden Mann und Katinka eine Romanze, die aber nicht recht in Fahrt kommt, weil Huus äußerst zaghaft ist. Nachdem die gegenseitige Leidenschaft gestanden ist, verkrümelt sich Huus und verschwindet vom Gutshof. Für Katinka kommt dies einer Katastrophe gleich. Die Gefühle für Huus waren ein Ausweg aus der Eintönigkeit und Sinnleere ihrer Existenz. Von Huus zurückgelassen wird sie krank, verfällt zusehends uns stirbt an der Schwindsucht. Ihr Mann Bai will nach ihrem Tod sein altes, eher lockeres Leben wieder aufnehmen, muss aber feststellen, dass auch sein erotischer Marktwert im Laufe der Jahre gesunken ist.
Ein eher deprimierendes Buch, das den Blick auf die enttäuschten Wünsche und vergeblichen Hoffnungen der Menschen richtet. Lichtblicke gibt es kaum. In diesem Aspekt hat es mich an Thomas Hardy und dessen Fatalismus erinnert. Stilistisch ist es knapp und fast impressionistisch - weniger elegant als Keyserling oder Fontane.
Ich bin nicht unfroh, den Autor kennen gelernt zu haben. Weitere Bücher von ihm werde ich aber wohl nicht lesen.