Obwohl ich gerne Rockmusik höre und mir jede mögliche Liveaufführung von Mahlersinfonien anhöre und zur Entspannung am liebsten Barockmusik auflege ist der Höhepunkt der abendländischen Musik für mich die so genannte Wiener Klassik d.h. die Musik der Komponisten Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven. Beethovens Sinfonien oder sein Violinkonzert kann ich mir immer wieder anhören ebenso wie Mozarts Opern. Trotzdem bin ich der Meinung, dass Joseph Haydn in der allgemeinen Wertschätzung zu Unrecht hinter Mozart und Beethoven zurück bleibt. Insbesondere hat Haydn beim Streichquartett und bei der Sinfonie Entwicklungsarbeit geleistet, ohne die Mozarts Sinfonien oder Beethovens Streichquartette, die zwar über die Werke ihres Vorgängers hinausgehen, überhaupt nicht denkbar wären. Was meint ihr?
Wiener Klassik
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Insbesondere hat Haydn beim Streichquartett und bei der Sinfonie Entwicklungsarbeit geleistet, ohne die Mozarts Sinfonien oder Beethovens Streichquartette, die zwar über die Werke ihres Vorgängers hinausgehen, überhaupt nicht denkbar wären.Hallo montaigne,
Haydns historische Leistung ist mittlerweile anerkannt. Die Zeiten, in denen er in Mozarts und Beethovens Schatten stand, sind vorbei.
... ist der Höhepunkt der abendländischen Musik für mich die so genannte Wiener Klassik d.h. die Musik der Komponisten Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven.Das kann man anders sehen. Mit dem Aufkommen der sog. Wiener Klassik hat auch eine Vereinfachung musikalischer Strukturen stattgefunden. Hier nur einige Stichworte: Verschwinden der Polyphonie, Vereinfachung der Harmonik, Standardisierung der musikalischen Formen, Entwicklung von musikalischen Leitmotiven ... Davon hat die Musik sich lang nicht "erhohlt". Das ganze 19. Jahrhundert (bis zu Debussy, Ravel und Schönberg) war im Grunde genommen Musik nach dem klassischen Schema. Schöne Musik, aber eben auch im Vergleich zur barocken Vielfalt "ärmere" Musik.
LGTom
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Haydns historische Leistung ist mittlerweile anerkannt. Die Zeiten, in denen er in Mozarts und Beethovens Schatten stand, sind vorbei.Haydn nicht mehr im Schatten von Mozart und Beethoven? Würde mich für ihn freuen. :zwinker:
Nein im Ernst, in der Musikwissenschaft wird Haydns Leistung mittlerweile sicher anerkannt, vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Aber wenn ich jemand nach seinem Lieblingskomponisten frage und es wird einer aus der Wiener Klassik genannt dann entweder Mozart oder Beethoven, noch nie hat jemand Haydn genannt. Obwohl ich mir kaum etwas schöneres vorstellen kann als Haydns Streichquartette. -
... wenn ich jemand nach seinem Lieblingskomponisten frage und es wird einer aus der Wiener Klassik genannt dann entweder Mozart oder Beethoven, noch nie hat jemand Haydn genannt.Das hat eventuell auch etwas mit der Biografie Haydns zu tun. Während das Wunderkind Mozart eine Art Jim Morrison des 18. Jahrhunderts darstellte und Beethoven von der Nachwelt zum tauben Titan und heroischen Einzelgänger stilisiert wurde, bot Haydns Lebensweg wenig Spektakuläres. Mit der Qualität der Musik hat das nichts zu tun. Aus "Marketing"sicht ist es aber ein echtes Manko.
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Das kann man anders sehen. Mit dem Aufkommen der sog. Wiener Klassik hat auch eine Vereinfachung musikalischer Strukturen stattgefunden. Hier nur einige Stichworte: Verschwinden der Polyphonie, Vereinfachung der Harmonik, Standardisierung der musikalischen Formen, Entwicklung von musikalischen Leitmotiven ... Davon hat die Musik sich lang nicht "erhohlt". Das ganze 19. Jahrhundert (bis zu Debussy, Ravel und Schönberg) war im Grunde genommen Musik nach dem klassischen Schema. Schöne Musik, aber eben auch im Vergleich zur barocken Vielfalt "ärmere" Musik.
Das war mir so nicht bewusst, deshalb musste ich etwas darüber nachdenken, aber du hast Recht, zumindest das Verschwinden der Polyphonie und die Vereinfachung der Harmonik kann ich auch feststellen. Standardisierung der musikalischen Formen gab’s aber doch auch schon im Barock? und die Entwicklung von musikalischen Leitmotiven, ist ja nicht unbedingt eine „Verarmung“, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es das in der Wiener Klassik schon gab, ich hätte gedacht, dass das ein Merkmal der Romantik ist?
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Standardisierung der musikalischen Formen gab’s aber doch auch schon im Barock?Das stimmt, montaigne. Die Barockmusik war stärker reglementiert als die vorherige Renaissancemusik. Der Wildwuchs der Polyphonie war seit Monteverdi eingedämmt, in Bachs Zeiten fuhr die Mehrstimmigkeit schon auf arg gebremstem Schaum (z.B. als Fuge).
Auch was eine Suite bzw. Partita beinhalten konnte oder sollte, war jedem Barockkomponisten klar. Das darf man aber nicht gleichsetzen mit den genauen "Vorschriften" für den Bau einer Sonate (Exposition, Durchführung etc.) der Wiener Klassik. Außerdem lebte die Barockmusik von der Begleitung durch den sog. basso continuo, was im Vergleich zur Begleitung in der Wiener Klassik sehr viel Freiheit für die Musizierenden bedeutete. Die barocke Begleitung wurde teilweise noch nicht einmal notiert, sondern improvisiert.
und die Entwicklung von musikalischen Leitmotiven, ist ja nicht unbedingt eine „Verarmung“, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es das in der Wiener Klassik schon gab, ich hätte gedacht, dass das ein Merkmal der Romantik ist?Die Arbeit mit musikalischen Themen und (Leit)Motiven ist ein nicht ganz unschuldiges Kind der Wiener Klassik. Die Romantik hat daraus einen spleenigen Erwachsenen gemacht, wie man ihn in Wagners Werk bis zum Exzess zu hören bekommt.
:winken:
Tom
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Die Barockmusik war stärker reglementiert als die vorherige Renaissancemusik. Der Wildwuchs der Polyphonie war seit Monteverdi eingedämmt, in Bachs Zeiten fuhr die Mehrstimmigkeit schon auf arg gebremstem Schaum (z.B. als Fuge).Auch was eine Suite bzw. Partita beinhalten konnte oder sollte, war jedem Barockkomponisten klar. Das darf man aber nicht gleichsetzen mit den genauen "Vorschriften" für den Bau einer Sonate (Exposition, Durchführung etc.) der Wiener Klassik. Außerdem lebte die Barockmusik von der Begleitung durch den sog. basso continuo, was im Vergleich zur Begleitung in der Wiener Klassik sehr viel Freiheit für die Musizierenden bedeutete. Die barocke Begleitung wurde teilweise noch nicht einmal notiert, sondern improvisiert.
Die Arbeit mit musikalischen Themen und (Leit)Motiven ist ein nicht ganz unschuldiges Kind der Wiener Klassik. Die Romantik hat daraus einen spleenigen Erwachsenen gemacht, wie man ihn in Wagners Werk bis zum Exzess zu hören bekommt.
Vielen Dank für die Ausführungen. Ist ja interessant. Kann man eigentlich sagen, wann und bei wem Leitmotive zu erst auftauchten?
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Kann man eigentlich sagen, wann und bei wem Leitmotive zu erst auftauchten?Erste Überlegungen zum thematisch-motivischen Komponieren wurden mWn. bereits im späten Barock angestellt. In der musikalischen Praxis hat es das wohl schon länger gegeben. Es wurde allerdings nicht weiter beachtet und analysiert - ähnlich wie das fast schon archaische Prinzip der Variation, dem erst Bach mit den Goldberg-Variationen eine danach kaum wieder erreichte Kompositionsgestalt samt theoretischem Fundament verlieh.
Nachsatz:
In meinem gestrigen Beitrag hätte ich deshalb schreiben sollen: Die systematische Arbeit mit Themen und Motiven ist ein Kind der Wiener Klassik. -
Das kann man anders sehen.
Natürlich kann man das anders sehen. Was ist den z.B. für dich der Höhepunkt der abendländischen Musik?
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Natürlich kann man das anders sehen. Was ist den z.B. für dich der Höhepunkt der abendländischen Musik?
Hi montaigne,
an der Frage, woran man große Musik bzw. musikalische Genies erkennt (die in etwa gleichzusetzen wären mit Deinem "Höhepunkt der abendländischen Musik"), kann man sich schnell die Finger verbrennen. Selbst der schätzenswerte Musikwissenschaftler Alfred Einstein liefert mit seinem Werk "Greatness in music" keine befriedigenden Antworten. Für mich persönlich thront Bach ganz oben auf dem Olymp der Musik, was aber nicht bedeutet, dass er allein so etwas wie "den Höhepunkt ..." (irgendwie habe ich Schwierigkeiten mit Deiner Formulierung :zwinker:) verkörpert.
Tom
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Zwei Buchtipps, die das Thema "Wiener Klassik" in ein spannendes Licht rücken:
1. Gerhard Anselm: London und der Klassizismus in der Musik - Die Idee der „absoluten Musik“ und Muzio Clementis Klavierwerk (2002)
Das Buch kratzt erheblich am Lack des Mythos "Wiener Klassik". Die These: Von London, der Weltmusikhauptstadt des 18. Jahrhunderts, gingen die entscheidenden Impulse aus, die zu dem heranwuchsen, was wir heute als Wiener Klassik kennen (diesen Begriff gibt es übrigens nur im deutschen Sprachgebrauch). Als Beleg führt der Musikwissenschaftler G. Anselm die in London entstandenen Sonaten Clementis an, in denen das Verfahren der motivisch-thematischen Vereinheitlichung ab etwa 1790 zu höchster Reife gelangte und die großen Einfluss auf Beethoven hatten. Sein Fazit: Die Wiener Klassiker waren im europäischen Kontext weit weniger isoliert als bisher angenommen. Und erst die in London erprobten neuen Mechanismen musikalischer Öffentlichkeit erlaubten die europaweite Durchsetzung unseres Begriffs von klassischer Musik. Leider ist das Buch nicht mehr im Handel erhältlich (warum ist mir schleierhaft). Ich musste deshalb auf das Exemplar eines Freundes zurückgreifen.
2. Mark Kroll: Johann Nepomuk Hummel – A musician's life and world (2007)
Warum es keine vernünftige deutschsprachige Biografie des Mozart-Schülers und Beethoven-Konkurrenten Hummel gibt, hat sich mir nicht erschlossen. Macht aber nix, weil M. Kroll uns den Menschen Hummel und seine Zeit in zahlreichen, gut recherchierten Facetten darbietet. Gekonnt spielte Hummel mit unterschiedlichsten Rollen. Er war Klaviervirtuose (und als solcher ein gefeierter Popstar), Klavierlehrer und Komponist in einer Person (wie Beethoven auch). Er war aber vor allem ein genialer Kaufmann, was letztlich seinen Erfolg ausmachte. Heute kennt kaum jemand seine Musik, was kein Fehler ist, weil sie sehr dem Zeitgeschmack verpflichtet war und eher die Bedürfnisse des Salons befriedigte. Das dürfte ihn nicht gestört haben: Hummel war, im Gegensatz zu Beethoven, ein reicher Mann, als er 1837 starb - und damit vielleicht der erste, der von seiner musikalischen Kunst mehr als nur dürftig leben konnte.
Einen Nachteil hat das Buch: Es ist sauteuer (weshalb ich auch in diesem Fall gern auf die Bibliothek meines Freundes zurückgegriffen habe).
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Auch ich mag die Musik von Joseph Haydn sehr.
Der "Orpheus" von Joseph Haydn ist seine letzte Oper. 1791, im Todesjahr Mozarts, war sie für das Londoner Publikum bestimmt.
Die Oper verschwand vom Spielplan der europäischen Bühnen. Erst 1951 wurde sie wieder - mit Maria Callas als Eurydice - aufgeführt.Im Berliner Bodemuseum wurde von dem Regisseur Hagels die im romanischen Stil gestaltete Basilika zum Aufführungsort bestimmt. Balletteinlagen lösten den Gesang ab.
Der Chor bestand nur aus vier Stimmen, zwei Frauen- und zwei Männerstimmen, doch dank der Akustik dachte man einen großen, vielstimmigen Chor zu hören. Die Kostüme waren im klassischen Stil gestaltet.
Besungen wird das Ende einer großen Liebe. Obwohl es Erinnerungen an Christoph Willibald Gluck gibt, endet Haydns Oper tragisch. Eurydike wird dem Sänger, der sich nach der Gattin umblickte, nicht wieder geschenkt. Der Tod ist immer anwesend.
Die schönen Leiber werden zerfallen, auch das Fleisch der Liebenden wird zu Staub. Das ist überhaupt nicht ein "Papa Haydn" (spießbürgerliche Legende). Die Oper ist noch viel dramatischer als die Christoph Willibald Glucks (1762), der freilich auf den Geschmack des Pariser Publikums Rücksicht nehmen musste.
Ich wurde mit meiner Schlangenphobie schön bedient durch eine auf die Bühne gebrachte echte Schlange, die Eurydike in den Hals biß. :zwinker:Noch ein Literaturtipp:
Jan Caeyers: Beethoven. Der einsame Revolutionär. Eine Biographie. Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke. München 2012, 852 S.
Wahrscheinlich habe ich einen besonderen Nachholebedarf dabei, die zahlreichen Legenden zerpflückt zu sehen, die sich um Beethoven ranken. Der wichtigste "Übeltäter war Anton Felix Schindler, der sich dem Komponisten als Biograph aufdrängte, obwohl er von diesem immer wieder kalt abserviert wurde, und sogar Dokumente aus dem Nachlaß stahl und verfälschte.
Beethoven wuchs nicht in Armut auf. Allerdings begann schon sein Großvater Louis, der neben seinem Kapellmeister-Posten noch eine Weinhandlung aufzog, für den Alkoholmißbrauch in der Familie zu sorgen. Beide Großmütter Ludwigs landeten in der Anstalt. Caeyers geht dezent mit dem Alkoholismus Beethovens erst im Zusammenhang mit dessen Ende um. Es war noch keine Vollnarkose möglich, als ihm am Schluss das Wasser aus dem Leib geschöpft wurde. Beim Begräbnis fanden sich etwa 20.000 Menschen ein, darunter auch Franz Schubert und Franz Grillparzer (der die Ansprache verfasst hatte). Der regierende Kaiser hieß auch Franz, das ist der "gute Kaiser Franz" (ein arger Jakobiner-Jäger) aus der "Kaiserhymne", zur Melodie von J. Haydn. Beethoven ließ nur Mozart und Haydn, bei denen er Neues lernte, neben sich als Komponisten gelten; er verfügte also über ein ausgeprägtes Selbstbewußtsein.Arm ist Beethoven erst recht nicht gestorben, er hatte mehrere tausend Gulden in Wechseln angelegt.
Man könnte natürlich fragen, wieso ich nach solchen Dingen fahnde und nicht der "göttlichen Musik" oder nach den zahlreichen Geliebten. Der Autor Jan Cayers war Assistent bei Claudio Abbado, er war Dirigent und ist jetzt Professor an der Universität Leuven in Belgien.Die Schilderung der Begegnung Beethovens mit Goethe in Teplitz geht auf Bettina von Brentano zurück, die sich an beide mit Ungestüm heranwarf, um sich in ihrem Ruhm zu sonnen. Sie wurde auch von beiden wieder abgefertigt. Sie ließ Goethe als Höfling und Beethoven als Verächter des Hofzeremoniells erscheinen.
So sehr verachtete Beethoven Napoleon nicht, wie die Legende besagt, wonach er das Titelblatt der "Eroica" zerrissen habe, nachdem er von Napoleons Thronbesteigung 1804 gehört hatte. In Wirklichkeit erkundigte er sich auch noch später nach den Bedingungen für einen Eintritt in die Dienste Bonapartes. -
Der "Orpheus" von Joseph Haydn ist seine letzte Oper. 1791, im Todesjahr Mozarts, war sie für das Londoner Publikum bestimmt.
Die Oper verschwand vom Spielplan der europäischen Bühnen. Erst 1951 wurde sie wieder - mit Maria Callas als Eurydice - aufgeführt.Im Berliner Bodemuseum wurde von dem Regisseur Hagels die im romanischen Stil gestaltete Basilika zum Aufführungsort bestimmt. Balletteinlagen lösten den Gesang ab.
Der Chor bestand nur aus vier Stimmen, zwei Frauen- und zwei Männerstimmen, doch dank der Akustik dachte man einen großen, vielstimmigen Chor zu hören. Die Kostüme waren im klassischen Stil gestaltet.
Besungen wird das Ende einer großen Liebe. Obwohl es Erinnerungen an Christoph Willibald Gluck gibt, endet Haydns Oper tragisch. Eurydike wird dem Sänger, der sich nach der Gattin umblickte, nicht wieder geschenkt. Der Tod ist immer anwesend.
Die schönen Leiber werden zerfallen, auch das Fleisch der Liebenden wird zu Staub. Das ist überhaupt nicht ein "Papa Haydn" (spießbürgerliche Legende). Die Oper ist noch viel dramatischer als die Christoph Willibald Glucks (1762), der freilich auf den Geschmack des Pariser Publikums Rücksicht nehmen musste.
Ich wurde mit meiner Schlangenphobie schön bedient durch eine auf die Bühne gebrachte echte Schlange, die Eurydike in den Hals biß. :zwinker:Hallo Karamzin,
um dieses Opernerlebnis im Bodemuseum beneide ich dich, zumal ja Haydnopern nur äußerst selten aufgeführt werden. Obwohl Haydn mehr Opern komponiert hat als Mozart ist es mir bisher erst einmal gelungen eine Haydnoper zu sehen. „Le pescatrici“ (Die Fischerinnen) vor vielen Jahren in Kassel und es hat mir sehr gut gefallen. Sein „Orpheus“ sollte zwar 1791 in London aufgeführt werden, das hat aber m.W. nicht geklappt, so dass die Aufführung mit Maria Callas 1951 in Florenz tatsächlich die Uraufführung war. Zwischenzeitlich gilt der „Orpheus“ als Haydns wichtigste Oper, - nur aufgeführt wird die Oper leider nicht.
Grüße
montaigne -
Ein weiterer Lektüreeindruck:
Alfred Einstein - Mozart. Sein Charakter, sein Werk
Das Werk des in die USA emigrierten Musikwissenschaftlers Alfred Einstein (ein Vetter Albert Einsteins) erschien 1945 zunächst in englischer Sprache, 1947 auch auf deutsch. Es gilt mWn. immer noch als ein Standardwerk der Mozartforschung und entstand quasi als Abfallprodukt der Beschäftigung Einsteins mit dem aus dem 19. Jahrhundert stammenden Köchel-Verzeichnis. Sein Mozartbild dürfte massgeblich zu dem Bild des ewigen Kindskopfs Wolfgang Amadeus beigetragen haben, das uns der 80er Jahre-Film „Amadeus“ so prägnant vor Augen führte.
Neben all den präzisen, größtenteils nur für den Fachmann nachvollziehbaren Werkanalysen, steht der Mensch Mozart im Mittelpunkt des ersten Drittels der umfangreichen Abhandlung. Einstein beschreibt Mozart als das gehorsame Kind eines dominanten Vaters, der den Bub fördert und fordert wie ein human eingestellter „Tyrann“. Im Hause Mozart war man katholisch aus Tradition, wobei man die Amtskirche zutiefst verabscheute. Vater Leopold und Sohn Wolfang durchschauten die Verlogenheit der Salzburger Würdenträger, waren aber von ihnen abhängig, so dass es erst spät zum Bruch mit dem Fürstbischof Colloredo kam. Dem weit gereisten Wunderknaben Wolfgang impfte der Vater schon frühzeitig ein, keinen allzu großen Respekt vor Berühmtheiten, egal welcher Art, zu haben. Daraus resultierte eine gewisse Respektlosigkeit des erwachsenen Mozart gegenüber komponierenden Kollegen und anderen berühmten Zeitgenossen. Nur Joseph Haydn, Johann Christian Bach und dessen Vater Johann Sebastian werden niemals durch den Kakao gezogen.
Einstein beschreibt Wolfgang als grundsätzlich lebensuntüchtigen Kindskopf, der sich zeitlebens um eine einträgliche und adäquate Anstellung bemüht – meistens vergebens. Auch mit Frauen hatte er wenig Glück, obwohl er seiner ständig über die Verhältnisse lebenden Konstanze wohl ein guter Ehemann war.
Zum Musiker: Mozart war laut Einstein ein einseitiger Mensch, ein allen Zeitgenossen überlegenes musikalisches Genie, das aber letztlich an der engstirnigen und oberflächlichen Rokoko-Gesellschaft scheiterte. Er war kein musikalischer Revolutionär, aber ein perfekter Vollender wie J.S. Bach ein halbes Jahrhundert zuvor. Mozart beherrschte gleichzeitig das vokale wie das instrumentelle Komponieren – was eher selten ist. Einstein bescheinigt den Werken eine beiläufige und mühelose Eleganz, wobei Mozart mit der Präszision eines Feinmechanikers arbeitete und es verstand, dem Mechanischen soviel Charme wie irgend möglich zu verleihen. Seine Musik verkörpert keine Gefühle, keine Ideen oder gar Ideale; sie ist pure Mechanik, tönende Mathematik und damit letztlich inhuman, was ich nicht mit unmenschlich, sondern übermenschlich übersetze.
Fazit: Wer sich für Mozart und die sog. Wiener Klassik interessiert, sollte dieses Buch keinesfalls ignorieren, auch wenn es natürlich keinen aktuellen Forschungsstand darstellt. Besonders interessant ist die Tatsache, dass Einstein viele Zitate aus dem umfangreichen Briefverkehr zwischen Leopold und Wolfgang Amadeus Mozart einstreut.
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Nur Joseph Haydn, Johann Christian Bach und dessen Vater Johann Sebastian werden niemals durch den Kakao gezogen.
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Seine Musik verkörpert keine Gefühle, keine Ideen oder gar Ideale; sie ist pure Mechanik, tönende Mathematik und damit letztlich inhuman, was ich nicht mit unmenschlich, sondern übermenschlich übersetze.
Dieser Respekt für die drei Komponisten entspräche also etwa auch der Verehrung Beethovens nur noch für Haydn und Mozart. Heute ist nur schwer verständlich, dass der Mailänder bzw. Londoner Bach, Johann Christian, bei den Zeitgenossen bekannter war als sein Vater.
Inzwischen scheint so etwas wie eine Johann-Christian-Bach-Renaissance eingesetzt zu haben; man kann jetzt mehrere Einspielungen seiner Konzerte erwerben.
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Hmm, also das mit der vorwiegend umgesetzten Mathematik und Mechanik und den fehlenden Gefühlen und Ideen leuchtet einem musikinteressierten Laien wie mir aber nur schwer ein.
Der Kenner mag wissen, wie es gemeint ist.
Wenn das keine Gefühle sein sollen: Wie sehnsuchtsvoll schmachtend hört sich die "Rosenarie" im "Figaro" an! Der tugendhafte Sarastro wiederum entfaltet in seinen Arien das freimaurerische Programm der josephinischen Aufklärung, wenn das keine Gestaltung von Ideen ist!Vielleicht meint Einstein nur die reine Orchestermusik
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Wenn das keine Gefühle sein sollen: Wie sehnsuchtsvoll schmachtend hört sich die "Rosenarie" im "Figaro" an! Der tugendhafte Sarastro wiederum entfaltet in seinen Arien das freimaurerische Programm der josephinischen Aufklärung, wenn das keine Gestaltung von Ideen ist!Die o.g. Arien stammen von den Librettisten da Ponte und Schikaneder, nicht von Mozart. Der wird sich kaum darum gekümmert haben, welche Gefühle durch den sanglichen Vortrag im Zuhörer geweckt werden. Nebenbei: Die "Gefühlsästhetik" regierte vor Mozart (der sog. empfindsame Stil), und nach ihm die "Affektlehre" der Romantik. Beide haben zu vielen Missverständnissen geführt, daher sei abschliessend betont: Es handelt sich um musikästhetische Konzepte, die mit dem Verständnis von Musik nichts zu tun haben, sondern nur mit angenommenen Wirkungen.
Inzwischen scheint so etwas wie eine Johann-Christian-Bach-Renaissance eingesetzt zu haben; man kann jetzt mehrere Einspielungen seiner Konzerte erwerben.Interessant. Hast Du einen Tipp?
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Zum Beispiel diese Ausgabe:
http://www.amazon.de/Johann-Ch…erti-Kaiser/dp/B000WGMQWM
Ich muss allerdings hinzufügen, dass ich insofern musikalischer Laie bin, als ich keine großen Vergleiche zwischen verschiedenen CD-Ausgaben anstelle und dabei auch ein bißchen auf den Preis achte.
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Zum Beispiel diese Ausgabe:http://www.amazon.de/Johann-Ch…erti-Kaiser/dp/B000WGMQWM
Ich muss allerdings hinzufügen, dass ich insofern musikalischer Laie bin, als ich keine großen Vergleiche zwischen verschiedenen CD-Ausgaben anstelle und dabei auch ein bißchen auf den Preis achte.
Danke für den Tipp!
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Obwohl ich gerne Rockmusik höre und mir jede mögliche Liveaufführung von Mahlersinfonien anhöre und zur Entspannung am liebsten Barockmusik auflege ist der Höhepunkt der abendländischen Musik für mich die so genannte Wiener Klassik d.h. die Musik der Komponisten Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven. Beethovens Sinfonien oder sein Violinkonzert kann ich mir immer wieder anhören ebenso wie Mozarts Opern. Trotzdem bin ich der Meinung, dass Joseph Haydn in der allgemeinen Wertschätzung zu Unrecht hinter Mozart und Beethoven zurück bleibt. Insbesondere hat Haydn beim Streichquartett und bei der Sinfonie Entwicklungsarbeit geleistet, ohne die Mozarts Sinfonien oder Beethovens Streichquartette, die zwar über die Werke ihres Vorgängers hinausgehen, überhaupt nicht denkbar wären. Was meint ihr?Ich sehe das auch so, Haydn wird meiner Meinung nach viel zu sehr unterschätzt! Ebenso wie Georg Friedrich Händels, wenn ihr mich fragt! Ich habe mir neulich in einem gutsortierten Kopfhörer Shop ein paar tolle In ears gekauft und höre gerade Largo von Händels...Was für ein auditives Erlebnis!:-)