Im Zusammenhang mit Shakespeares „Der Sturm“ ist die Frage aufgetaucht, ob Ariel (der Name taucht ja schon in der Bibel unter verschiedenen Bedeutungen auf) und der nichtbiblische Erzengel Uriel identisch sind. Sicher haben wir schon festgestellt, dass beide Namen in der Literatur häufiger auftauchen. Neben den bereits genannten Fundstellen habe ich Uriel noch in Klopstocks „Messias“ und in Grimmelshausens „Das wunderliche Vogelnest“ festmachen können.
Ganz wichtig erscheint mir aber die Verwendung der Ariel-Figur in Goethes Faust, die somit zum Bindeglied zwischen dem Werk Shakespeares und Goethes wird.. Schon im Faust I lässt Goethe den Ariel zusammen mit den Figuren aus dem „Sommernachtstraum“ (Oberon, Puck und Titania) im Walpurgisnachtstraum auftreten. Dass der Ariel direkt nach dem Puck spricht, zeigt, dass Goethe die Weiterentwicklung des Puck aus dem Sommernachtstraum in den Ariel im Sturm auch gesehen hat.
Walpurgisnachtstraum
OBERON:
Seid ihr Geister, wo ich bin,
So zeigt's in diesen Stunden;
König und die Königin,
Sie sind aufs neu verbunden.
PUCK:
Kommt der Puck und dreht sich quer
Und schleift den Fuß im Reihen;
Hundert kommen hinterher,
Sich auch mit ihm zu freuen.
ARIEL:
Ariel bewegt den Sang
In himmlisch reinen Tönen;
Viele Fratzen lockt sein Klang,
Doch lockt er auch die Schönen.
OBERON:
Gatten, die sich vertragen wollen,
Lernen's von uns beiden!
Wenn sich zweie lieben sollen,
Braucht man sie nur zu scheiden.
TITANIA:
Schmollt der Mann und grillt die Frau,
So faßt sie nur behende,
Führt mir nach dem Mittag sie,
Und ihn an Nordens Ende.
Ganz wichtig und nicht zu unterschätzen ist, dass Ariel im FAUST II die Einleitung spricht. Das scheint mir mehr als eine Hommage an Shakespeare zu sein.
Der Tragödie zweiter Teil
1. Akt
Anmutige Gegend
ariel
Wenn der Blüten Frühlingsregen
über alle schwebend sinkt,
Wenn der Felder grüner Segen
Allen Erdgebornen blinkt,
Kleiner Elfen Geistergröße
Eilet, wo sie helfen kann,
Ob er heilig, ob er böse,
Jammert sie der Unglücksmann.
Die ihr dies Haupt umschwebt im luft'gen Kreise,
Erzeigt euch hier nach edler Elfen Weise,
Besänftiget des Herzens grimmen Strauß,
Entfernt des Vorwurfs glühend bittre Pfeile,
Sein Innres reinigt von erlebtem Graus.
Vier sind die Pausen nächtiger Weile,
Nun ohne Säumen füllt sie freundlich aus.
Erst senkt sein Haupt aufs kühle Polster nieder,
Dann badet ihn in Tau aus Lethes Flut;
Gelenk sind bald die krampferstarrten Glieder,
Wenn er gestärkt dem Tag entgegenruht;
Vollbringt der Elfen schönste Pflicht,
Gebt ihn zurück dem heiligen Licht.
Gibt es eigentlich noch mehr literarische Figuren, die von einem anderen Dichter wieder verwendet werden? Im Moment ist es mir aber zu spät um noch darüber nach zu denken.
Liebe Grüße
Hubert