Wilkie Collins

  • Hallo zusammen,


    vor einiger Zeit habe ich Drood von Dan Simmons gelesen, ein Krimi/Thriller, in dem Wilkie Collins der Erzähler ist. Da meine Wilkie-Collins-Lektüre schon relativ lange zurückliegt, habe ich nun The Woman in White wieder hervorgeholt, um nun den "echten" Wilkie Collins erzählen zu hören. Und siehe da: er erzählt weitaus besser als ich in Erinnerung hatte. Leider aber auch seeehr langatmig. Das könnte aber daran liegen, daß Collins, wie damals auch Dickens und viele andere, seine Werke in immer gleich langen Episoden in literarischen Zeitschriften veröffentlich hat. Und da war dann eine bestimmte Anzahl an Episoden vorgeschrieben. Vielleicht mußte Collins also seine Geschichte um die Frau in Weiß etwas aufblähen, um die Vorgaben zu erfüllen?


    Seine Romane wurden damals als "sensation novels" bezeichnet und sind eine Art Vorläufer zu Kriminalromanen bzw. "Thrillern". Collins verstand es sehr gut, sein Publikum bei der Stange zu halten, sodaß es jede Woche begierig die nächste Ausgabe der Zeitschrift kaufte. Im Falle von The Woman in White war es die Zeitschrift "All the year round", deren Herausgeber Charles Dickens war. Und Collins erzielte mit The Woman in White weit höhere Verkaufszahlen als Dickens zuvor mit A Tale of Two Cities (auch in Drood wird davon berichtet).


    Da ich mich nicht erinnern kann, was das Geheimnis der Frau in Weiß war, bin ich nun neugierig, es nochmal herauszufinden. Und dann wollte ich auch nochmal The Moonstone lesen (vielleicht aber auch erst im nächsten Jahr)...


    Viele Grüße
    thopas


  • Hallo zusammen,


    vor einiger Zeit habe ich Drood von Dan Simmons gelesen, ein Krimi/Thriller, in dem Wilkie Collins der Erzähler ist. Da meine Wilkie-Collins-Lektüre schon relativ lange zurückliegt, habe ich nun The Woman in White wieder hervorgeholt, um nun den "echten" Wilkie Collins erzählen zu hören.


    Da ich mich nicht erinnern kann, was das Geheimnis der Frau in Weiß war, bin ich nun neugierig, es nochmal herauszufinden. Und dann wollte ich auch nochmal The Moonstone lesen (vielleicht aber auch erst im nächsten Jahr)...


    Hallo thopas,


    das hatte ich nach der Lektüre "Drood" auch vor. Doch bisher hat es nicht geklappt einen Roman von Wilkie Collins zu lesen. ich hoffe ja, dass ich ihn dann zuende lese, denn meine beiden Versuche in jüngeren Jahren (Die Frau in weiß // Der rote Schal) waren nicht sehr erfolgreich. ich kann mich nur noch erinnern, dass ich ihn langatmig fand.


    Vielleicht liegt er mir jetzt, wo ich geduldiger bin, eher (?)
    Immerhin gefielen mir seine Erzählungen sehr gut.


    Grüße von
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • ich kann mich nur noch erinnern, dass ich ihn langatmig fand.


    Hallo Maria,


    langatmig ist er auf jeden Fall. Bei der Frau in Weiß wird es erst ab Seite 200 spannender. Dann kommen auch einige gothic-Elemente hinzu und man muß um die arme Heldin Laura Fairlie bangen. Seine Erzählweise ist dann zwar immer noch langatmig, aber zumindest will ich jetzt weiterlesen um herauszufinden, was es mit dem bösen Ehemann von Laura auf sich hat :breitgrins:.


    Viele grüße
    thopas

  • langatmig ist er auf jeden Fall.


    Na ja - zu jener Zeit nahm man sich halt noch die Zeit, seine Figuren zu positionieren. Da musste die Heldin nicht schon im zweiten Satz angeschossen und von ihrem trinksüchtigen Vater vergewaltigt werden. :breitgrins:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Na ja - zu jener Zeit nahm man sich halt noch die Zeit, seine Figuren zu positionieren. Da musste die Heldin nicht schon im zweiten Satz angeschossen und von ihrem trinksüchtigen Vater vergewaltigt werden. :breitgrins:


    Das ist klar :zwinker:. Trotzdem finde ich, daß Wilkie Collins auch für damalige Verhältnisse etwas langatmig wirkt (z.B. im Vergleich zu Dickens). Was es aufwiegt, ist die sehr schöne, fließende Sprache. Und durch die ausführlichen Beschreibungen kann man sich Schauplätze und Personen sehr gut vorstellen. Und Collins versteht es, die Spannung wirklich lange zu halten; er mußte ja auch sicherstellen, daß jede Woche die nächste Episode gekauft wurde :breitgrins:.


    Viele Grüße
    thopas


  • Bei der Frau in Weiß wird es erst ab Seite 200 spannender. Dann kommen auch einige gothic-Elemente hinzu und man muß um die arme Heldin Laura Fairlie bangen. Seine Erzählweise ist dann zwar immer noch langatmig, aber zumindest will ich jetzt weiterlesen um herauszufinden, was es mit dem bösen Ehemann von Laura auf sich hat :breitgrins:.



    gut zu wissen. Soweit bin ich das letzte Mal nicht gekommen.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo thopas,


    ja, Drood macht schon Lust auf Wilkie :zwinker:


    Ich habe die Frau in Weiß sehr gerne gelesen, langatmig fand ich die Geschichte nicht (ich habe sie in englisch gelesen), aber natürlich sorgfältig erzählt und er lässt es schon relativ langsam angehen. Allerdings wirklich ohne den Spannungsbogen zu verlieren. Ich mag diese bedächtige Art sehr gerne und las Wilkie lieber als Dickens, der mir immer ein bißchen zu theatralisch ist.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi,


    ich finde Wilkie Collins auch etwas angenehmer zu lesen als Dickens, auch wenn sich die Geschichte sehr langsam entwickelt und sehr viele Details beschrieben werden. Ich habe dieses Jahr The Mystery of Edwin Drood gelesen, davor aber ganz lange gar keinen Dickens. Irgendwann wollte ich auf jeden Fall einmal Bleak House lesen. Dann kann ich nochmal direkt einen Vergleich anstellen.


    Ich habe mittlerweile fast 350 Seiten gelesen. Marian Halcombes Tagebuch fand ich davon am spannendsten.


    Maria: ich habe auch relativ lange für die ersten 200 Seiten gebraucht und wollte das Buch fast schon abbrechen :rollen:.


    Viele Grüße
    thopas

  • Ich habe The Woman in White inzwischen fertig gelesen und jetzt weiß ich auch wieder, was mir damals nicht so gut gefallen hat. Es ist gar nicht die Langatmigkeit, sondern eher der Aufbau bzw. die Konzeption der Geschichte. Ich habe als Leser einer sensation novel bzw. eines Krimi/Thriller (oder wie auch immer man das Buch einordnen möchte) erwartet, daß gegen Ende der große "Knall" kommt bzw. die ganzen obskuren Machenschaften gelöst werden. Aber nein: die Lösung kommt schon viel früher, und der Rest der Geschichte ist dann der Bericht, wie der Erzähler (des größten Teils) der Geschichte dann noch die genaue Vorgehensweise der Bösewichte entlarvt bzw. nachforscht, bis alle Punkte geklärt sind. Das erinnert mich eher an Gerichtsthriller, die mich ziemlich langweilen wegen der ewigen Verhöre, Nachforschungen etc.


    Nachwievor finde ich Marian Holcombes Tagebuch den besten Teil der Geschichte, weil er wirklich spannend und mitreißend ist. Es hat sich aber insgesamt schon gelohnt, dieses Buch noch einmal gelesen zu haben.


    Viele Grüße
    thopas

  • Nachwievor finde ich Marian Holcombes Tagebuch den besten Teil der Geschichte, weil er wirklich spannend und mitreißend ist.


    Marian ist sicher die insgesamt am besten gezeichnete Figur des Romans. Im übrigen denke ich, dass die Erwartungen eines Lesers des 21. Jahrhunderts in vielem fundamental anders sind als die eines Lesers im 19. Jahrhundert. :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Im übrigen denke ich, dass die Erwartungen eines Lesers des 21. Jahrhunderts in vielem fundamental anders sind als die eines Lesers im 19. Jahrhundert. :winken:


    Hallo sandhofer,


    da hast du sicherlich recht. Vor allem wenn es sich um vergleichsweise modern anmutende Genres handelt. Da tappt man dann schnell in die Falle und ist enttäuscht, wenn z.B. ein Krimi nach anderen Mustern abläuft... Damals war das Genre der sensation novel erst im Entstehen; da hatten die Leser wahrscheinlich noch keine speziellen Erwartungen. Ich habe mir jetzt aus Neugier noch einen der damaligen Bestseller in diesem Bereich bestellt: Lady Audley's Secret von Mary Elizabeth Braddon. Mal sehen, was mich da erwartet :smile:.


    Viele Grüße
    thopas


  • Ich habe mir jetzt aus Neugier noch einen der damaligen Bestseller in diesem Bereich bestellt: Lady Audley's Secret von Mary Elizabeth Braddon. Mal sehen, was mich da erwartet :smile:.


    Inzwischen habe ich dieses Buch auch gelesen. Und auch hierzu kann ich berichten, daß das Geheimnis von Lady Audley schon relativ früh enthüllt wird bzw. wird ein geschulter Leser wird so ziemlich von Anfang an ahnen, was ihr Geheimnis ist (wobei sich hier dann die Frage stellt, ob die damaligen Leser das auch gleich geahnt haben; so arg kompliziert ist es allerdings nicht :zwinker:). Einen Großteil der Geschichte nimmt dann die Suche des Protagonisten nach seinem besten Freund ein, der im Zuge dieses Geheimnisses verschwunden ist, bzw. die Entlarvung von Lady Audley.


    Das Buch war ganz nett zu lesen, hat mich aber nicht wirklich umgehaun. Und leider sind mal wieder viele Passagen drin, wo man das Gefühl hat, die Autorin mußte die 3 Teile (in denen damals Romane veröffentlicht wurden) vollkriegen; und die Geschichte allein hat nicht genügend Stoff hergegeben. Obwohl The Woman in white teils auch langatmig ist, kann man aber gut erkennen, warum Wilkie Collins heute noch ein relativ bekannter Autor ist, wohingegen Mary Elizabeth Braddon dann wohl nur noch in speziellen Kreisen bekannt sein dürfte. Vermutlich war sie die Rosamunde Pilcher oder Donna Leon ihrer Zeit :teufel:.


    Viele Grüße
    thopas