Hallo aus Hamburg

  • Hallo liebe Literaturfreunde!


    Ich stelle mich kurz vor. Ich schreibe aus Hamburg, wo ich lebe, ursprünglich komme ich aus Lübeck. Auf dieses Forum stieß ich durch Literaturschock.de, wo mich jemand auf dieses Forum hinwies ( ging um Gontscharovs Oblomov). Neben der Literatur ist meine größte Leidenschaft die klassische Musik, über die ich mich in einem Forum auch gerne austausche. Fast möchte ich sagen hat die klassische Musik meine Aufmerksamkeit auf Kosten der Literatur ein wenig absorbiert, aber das soll anders werden.


    Leseerfahrungen der letzten Monate war das Gesamtwerk von Gogol in der Ausgabe von Zweitausendeins ( billig zu haben, falls es dies noch gibt), Gontscharovs Oblomov und in letzter Zeit habe ich mich mit der zweibändigen Werke Ausgabe von Oscar Wilde ( auch Zweitausendeins, ehemals Hanser) beschäftigt. Neulich versuchte ich Gottfried Kellers Züricher Novellen und fand das in einem furchtbar langweiligen, umständlichen, aufgeblasen altväterlichen Stil geschrieben. Nicht mein Fall.


    Was möchte ich in Zukunft lesen? Ich liebe sehr die russische Literatur, die für mich jeder anderen überlegen ist. Da kenne ich auch viel: Puschkin, Gogol, habe auch so ziemlich alles von Dostojewski gelesen, in der letzten Zeit wiegesagt Gontscharov. Tolstoi dagegen kenne ich kaum und ich plane mal die Anna Karenina zu lesen oder Bulgakov oder Lermontov. Auch meine Kenntnis von Tschechov könnte ich vertiefen.


    Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, was der Zauber der russischen Literatur des 19. Jahrhunderts ist; Rußland war damals ein furchtbar rückständiges, dem Feudalismus verhaftetes Land. Trotzdem gehört diese Literatur für mich immer noch zum Großartigsten, was ich kenne.


    Was könnte ich sonst noch lesen? Von Joseph Conrad habe ich einige Bücher bei mir im Regal stehen, die mir mal jemand geschenkt hat. Ich mag sehr den Lord Jim, obwohl der im ersten Teil großartig ist, im zweiten Teil aber für mich immer mehr zur Räuberpistole wird, sich dann am Ende wieder fängt. Die englischsprachige Literatur finde ich grundsätzlich auch sehr interessant. So würde mich Hawthorne auch mal sehr interessieren, hatte mal seine Romane auf Englisch, aber mein Englisch reicht dafür nicht aus. Auch Phantasten wie Poe und Bierce sind sehr interessant. Im Moment lese ich das Gesamtwerk von Oscar Wilde, aber auch George Bernard Shaw finde ich recht interessant. Vielleicht ist die Englischsprachige Literatur mir die wichtigste neben der russischen. Und Shakespeare, na klar.


    Daran reichen meine Kenntnisse der französischen Literatur nicht heran. Immerhin mag ich Bove "Meine Freunde" und "Armand". Daran reichen aber die späteren Werke von Bove vermutlich nicht heran, ich las da "Die letzte Nacht" und fand das langweilig und stilistisch nicht auf dem großartigen Niveau des Frühwerkes. Interessieren würde mich Flaubert. Ich hatte da ein Buch mit zwei Frühwerken von Flaubert, zwei kurze Romane, die mich sehr beeindruckten. Unglücklicherweise ist dieses nicht sehr lange Buch verloren gegangen, ich würde es mir gerne wieder besorgen, am besten antiquarisch ( war es Manesse?), vielleicht kennt jemand dieses Buch? Sonst kenne ich Camus aus der Französichsprachigen Literatur, aber vieles auch überhaupt nicht wie meinetwegen Zola. Ein bißchen Stendhal habe ich auch gelesen, aber so furchtbar interessant fand ichs dann doch nicht. Moliere dagegen finde ich großartig, jedenfalls die bekannten Sachen. Proust möchte ich unbedingt wiederlesen, aber die gesamte "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" muß man vermutlich nicht gelesen haben.


    Mit deutschsprachiger Literatur tue ich mich dagegen schwer. Sind denn Gottfried Keller, Fontane oder Raabe tatsächlich "Weltliteratur"? Ich glaube kaum. Goethe vermutlich schon, obwohl ich am Wilhelm Meister etwa gescheitert bin. Jean Paul kennt außerhalb des deutschsprachigen Raums vermutlich keine Sau, trotzdem ist er vermutlich sehr gut, aber furchtbar eigenartig und wie ich finde unheimlich schwer zu lesen, obwohl ich vermutlich doch einiges in meinem Leben gelesen habe. Neulich gab es hier eine "Titan" Leserunde, da hätte ich vielleicht gerne mitgemacht. Ich kann mich erinnern, daß mir die Beschreibung am Anfang des Romans, wie der Held des Romans wie hieß er nochmal den Berg besteigt, einen großen Eindruck gemacht hat. Aber als ich den Roman damals las ist mir die Handlung damals nie wirklich klar geworden. Ich habe allerdings bei mir ein gewisses Buch "Vorschule zu Jean Paul", und da habe ich nochmal rein gelesen, vielleicht regt mich das an, Jean Paul mal wieder zu lesen, ein Autor wiegesagt mit einer eigenartigen Ästhetik, die das Lesen schwer macht.


    Wieder lesen möchte auf jeden Fall den Kafka, der steht weit oben, bei Hans Henny Jahnn bin ich unschlüssig, kenne aber einiges, wie die Nacht aus Blei und die kürzeren Geschichten.


    Das wird alles zu lang also kein Wort mehr zu Rilke, Thomas Mann, Hesse und vielen anderen. Jedenfalls freue ich mich auf dieses Forum und auf die Auseinandersetzung über Literatur. Angeregt zu werden ist immer gut; die Foren über klassische Musik etwa haben meinen musikalischen Horizont ungewöhnlich erweitert, ich hoffe, daß das bei Literatur genauso ist, wobei so eine Sinfonie hört sich schnell, aber die dicken Romane, vor allem die russischen, ziehen sich natürlich hin.


    Herzlichen Gruß
    Martin

  • Hallo Marlino,


    schön, dass dich jemand hier her geschickt hat :winken:


    Dein Lesespektrum ist ja ein sehr breites wie man sehen kann. Oblomov habe ich in besagter Leserunde gelesen. Allein hätte ich mich an die Russen wahrscheinlich nie heran getraut.


    Kafka habe ich mit Genuss gelesen und vor allem das Schloss und der Prozess haben mich fasziniert, mit Amerika konnte ich nicht so viel anfangen und die Verwandlung ist mir auch noch in guter Erinnerung. Ich sehe schon, die gehören noch mal gelesen.


    Ich wünsche dir viel Spaß hier im Forum und dass du viele neue Leseanregungen bekommst. Ich habe mich aufgrund dieses Forums an viele neue Bücher herangewagt oder erst davon gehört.


    Und vielleicht verlierst du ja doch noch ein paar Worte über einen meinen Lieblingsautoren Thomas Mann. :zwinker:


    Katrin

  • Und vielleicht verlierst du ja doch noch ein paar Worte über einen meinen Lieblingsautoren Thomas Mann. :zwinker:


    Katrin


    Hallo Katrin,


    das will ich gerne tun und danke für Deine Begrüßung. Von Thomas Mann habe ich das eine oder andere gelesen. Ich kenne seine Novellen und Erzählungen, den Zauberberg und Dr. Faustus. In die Buddenbrocks habe ich bloß hinein gelesen.


    Den Zauberberg habe ich zweimal gelesen, einmal vor vielen Jahren und einmal vor etwa zwei Jahren. Was sind denn Deine Lieblingsbücher von Thomas Mann?


    Gruß Martin

  • Moin Martin,


    vielen Dank für Deine ausführliche Vorstellung. Sei gegrüßt!



    Neben der Literatur ist meine größte Leidenschaft die klassische Musik ...


    Hast Du spezielle Vorlieben? Hier meine aktuellen Favoriten: Bach, Beethoven, Grieg, Debussy, Ravel, Prokofjew; lieber Kammer- und Klaviermusik als Sinfonien; wenig Romantik (Ausnahme: Chopin), eher Barock, Wiener Klassik und alles rund um den Impressionismus.



    Sind denn Gottfried Keller, Fontane oder Raabe tatsächlich "Weltliteratur"? Ich glaube kaum. Goethe vermutlich schon ...


    Deine "Vermutung" stimmt! :breitgrins: Und auch wenn ich Keller & Fontane nicht unbedingt zu meinen Lieblingsautoren zähle: Weltliteratur ist das schon!



    ... kein Wort mehr zu Rilke, Thomas Mann, Hesse und vielen anderen.


    Hesse muss auch nicht sein. Aber mit Rilke und Thomas Mann triffst Du bei mir ins Schwarze!


    Auf einen erfreulichen Austausch!


    Viele Grüße in den hohen Norden


    Tom

  • Hallo Martin,



    Von Thomas Mann habe ich das eine oder andere gelesen. Ich kenne seine Novellen und Erzählungen, den Zauberberg und Dr. Faustus. In die Buddenbrocks habe ich bloß hinein gelesen.


    Buddenbrooks ist mein Lieblingsbuch von ihm, am Zauberberg bin ich schon zweimal gescheitert. Felix Krull habe ich auch gelesen und der Tod in Venedig steht auf meiner Liste sowie so viele andere Werke von ihm.


    Katrin

  • Hallo Tom, hallo Katrin,


    was die klassische Musik anbetrifft habe ich ein sehr weites Interessenspektrum. Ich würde mal sagen, daß es von Monteverdi bis zur klassischen Moderne reicht und auch alle Genres abdeckt. Es wäre also eher sinnvoll zu fragen: Was hörst Du nicht? als Was hörst Du? Was ich nicht höre ist Musik der frühen Renaissance, wo ich mich sehr schlecht auskenne. Ich höre auch kaum frühes Barock, also etwa Schütz. Und ich kenne kaum Musik der Moderne, also etwa Ligeti, Boulez oder Stockhausen. Mit Stockhausen machte ich erst neulich wieder einen Versuch. Ansonsten höre ich aber fast alles. Was stört Dich ( Tom) denn so sehr an der Romantik?


    Sind denn Keller und Fontane Weltliteratur? Ich kann das schlecht beurteilen. Was ist denn Weltliteratur? Für mich ist dies Literatur, die die Gebildeten auf der Welt kennen. Was Weltliteratur ist, ist deshalb aus deutscher Sicht oder deutschsprachiger Sicht überhaupt nicht zu beurteilen. Es reicht für mein Gefühl nicht aus zu sagen: Diese Literatur ist sehr gut, also ist sie Weltliteratur. Was "Weltliteratur" ist, ist also eine Frage des Wissens, nicht der Wertung. Weltliteratur ist eine Literatur, die sich im kollektiven Bewußtsein der Völker über eine lange Zeit fest gesetzt hat. Also meinetwegen Shakespeare und Cervantes vermutlich. Jean Paul ganz sicher nicht. Ich kenne hochgebildete Engländer oder Amerikaner, die den Namen Jean Paul nie in ihrem Leben gehört haben.


    Daß Buddenbrocks Dein ( Katrins) Lieblingsbuch ist, sollte mich dazu anregen, es mal wieder zu lesen, zumal ich ja als alter Lübecker auch ein bißchen was vom Lokalkolorit verstehe. Schade, daß Du am Zauberberg "gescheitert" bist; ich finde das einen sehr eindrucksvollen Roman, der sehr tief schürft. Mein Lieblingsroman von Thomas Mann. Felix Krull habe ich auch mal gelesen, etwas leichtere Kost.


    Gruß
    Martin


  • Was stört Dich ( Tom) denn so sehr an der Romantik?


    Nichts. Ich bevorzuge einfach andere Epochen, die mir musikalisch interessanter erscheinen. Das heißt nicht, dass ich Schumann & Co. nicht zu würdigen wüßte.



    Sind denn Keller und Fontane Weltliteratur? ... Was ist denn Weltliteratur?


    Literatur, die zeitlose Themen behandelt (manche nennen sie "Menschheitsthemen") und die von unterschiedlichsten Nationen und Kulturen gelesen und verstanden wird. Kellers "Grüner Heinrich" sowie Fontanes "Effi Briest" und "Der Stechlin" gehören für mich durchaus dazu.


    Grüße an Alster und Elbe!


    Tom


  • Schade, daß Du am Zauberberg "gescheitert" bist; ich finde das einen sehr eindrucksvollen Roman, der sehr tief schürft. Mein Lieblingsroman von Thomas Mann.


    Tja, vielleicht lag es immer am Umfeld. Ich habe mir immer vorgenommen den Zauberberg zu lesen wenn schon zahlreiche andere Bücher anstanden. Da war vielleicht die Taktik falsch, wer weiß.


    Ich habe es aber ehrlich gesagt einfach nicht ausgehalten über dieses Sanatorium zu lesen. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen wie es ist an diesem Ort zu sein und Tag ein Tag aus das selbe zu tun und mit Tabletten vollgedröhnt zu werden. Ich habe das Buch aber noch nicht endgültig von meiner Liste zu lesender Bücher gestrichen. Irgendwann ist es sicher dran.


    Katrin

  • Hallo Katrin,


    beim Zauberberg ist es einfach so, daß aus der Todesnähe eine gewisse Faszination entsteht. Es ist dann auch so, daß dieses Sanatorium einen gewissen Luxus entfaltet. Daraus entsteht eine gewisse morbid dekadente Stimmung, weil das Elend von Krankheit und Tod mit dem zur Schau getragenen Luxus, des Essens und anderer Dinge gewissermaßen kotrastiert. Schließlich haben aber all diese Menschen in diesem abgelegenen Bergkaff auch wieder jede Menge Zeit, anderseits aus der Todesnähe auch wieder wenig Zeit.


    All das erzeugt eine eigentümliche Stimmung, die des "Zauberbergs" eben, der sich von jeglicher normalen Arbeitsrealität des "normalen Lebens" gewissermaßen abgekoppelt hat. Auch der "Berg" ist dabei gewissermaßen eine Metapher, man schaut von "ganz oben" auf das gewöhnliche Leben des betriebsamen Menschen in der Ebene hinab.


    All dies kulminiert dann in der Auseinandersetzung von Settimbrini, dem Humanisten, und Naphta, dem Katholiken mit den jüdischen Wurzeln. Dadurch entsteht dann auch etwas, was ich an Romanen eben sehr gerne habe, nämlich daß sie gewissermaßen Dramatisierungen weltanschaulicher Auseinandersetzungen sind ( ein Grund, warum ich Dostojewski gerne gelesen habe). Dadurch spiegelt dieser Roman einerseits die entlegene Stimmung genauso wie die geistige Auseinandersetzung und deshalb habe ich ihn auch sehr gerne gelesen. Mach mal wieder einen Versuch!


    Gruß Martin