Titus Livius: Römische Geschichte

  • Nachdem wir die ersten 5 Bücher zusammen in einer [url=http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,2818.0.html]Leserunde[/url] gelesen hatten, lese ich nun auf eigene Faust weiter.


    Was wir schon in der Leserunde konstatieren durften, bestätigt auch die weitere Lektüre: einen sehr unaufgeregten, bei allem Patriotismus aber doch auch den Gegner gegenüber fairen Autor.


    Witzig ist, dass wir - soweit ich bisher gelesen habe - lange Jahre mit lokalen bzw. regionalen Konflikten zubringen, Kämpfen gegen Völker, deren Namen heute wohl nur der Spezialist noch kennt, und die ich bereits wieder vergessen habe, um uns dann, nach einer Lücke in der Überlieferung (es fehlen da ein paar Bücher), plötzlich in einem Weltkrieg sich wiederzufinden. Offenbar hat hier der römische Patriotismus in der Überlieferung einzelner Bücher doch sehr den Ausschlag gegeben.


    Ich werde nun gleich weiterlesen, nimmt mich doch Wunder, wie denn nun der Zweite Weltkrieg ... äh Punische Krieg ... ausgegangen ist. ;)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Der Punische Krieg ist zu Ende - die Römer fangen schon wieder an, sich untereinander auf die Nüsse zu geben. :breitgrins:


    Aber Livius gibt sich wirklich sehr viel Mühe um Objektivität, wägt seine Quellen ab oder sagt auch mal, so ungefähr hätte (z.B.) Scipios Rede an seine Soldaten gelautet. Also gleichzeitig ein Aufnehmen der Tradition (ähnlich schon bei Thukydides und nach ihm auch bei Herodot finden wir wohl elaborierte Reden der Feldherren an ihr Heer) und eine Verbeugung vor einem realistischeren Geschichtsbild, indem die Zahl dieser Reden doch stark reduziert worden ist.

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    Einmal editiert, zuletzt von sandhofer ()

  • Faszinierend auch, wie die religiös-rituellen Pflichten den Konsuln (bzw. den Senatoren, bzw. dem Staat (der res publica)) oft wichtiger sind als feldherrliche Verpflichtungen. Und da nach einem Jahr das Konsulat eh abgelaufen ist, macht man entweder gar nichts - oder man versucht, noch einen Triumph einzuheimsen. Und das alles erzählt Livius in einem absolut neutralen Tonfall, so dass der Leser nicht wirklich weiss, was nun der Autor von solchen Auswüchsen hält.

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  • Während es zwischendurch sich doch recht gezogen hat - die römischen Kriege in Griechenland und in Kleinasien, mit jeweils wechselnden Verbündeten (heute Freund, morgen Feind; heute Feind, morgen Freund) wirken irgendwann mit den Schilderungen von Schlachten und Belagerungen äusserst monoton - kamen nun wieder ein paar interessante Teile: das spätere Schicksal des Scipio Africanus und die Aufdeckung eines staatsgefährdenden Kults. Die ersten Anzeichen der Dekadenz des römischen Wesens kann Livius ebenfalls ausmachen: Köche, früher die billigsten und niedrigsten aller Sklaven, werden nun teuer.

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  • Die ersten Anzeichen der Dekadenz des römischen Wesens kann Livius ebenfalls ausmachen: Köche, früher die billigsten und niedrigsten aller Sklaven, werden nun teuer.


    Das finde ich ja witzig, das habe ich nämlich nicht gewusst, dass Köche als Sklaven teurer wurden.


    Katrin

  • Da ich früher schon C. Petronius Arbiter: Satyricon gelesen habe, war mir das eigentlich bekannt. (Oder war es Lytton in seinem Die letzten Tage von Pompeji? Hm ...) Wobei es beide von Livius haben könnten ...

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  • Während es zwischendurch sich doch recht gezogen hat - die römischen Kriege in Griechenland und in Kleinasien, mit jeweils wechselnden Verbündeten (heute Freund, morgen Feind; heute Feind, morgen Freund) wirken irgendwann mit den Schilderungen von Schlachten und Belagerungen äusserst monoton - kamen nun wieder ein paar interessante Teile: das spätere Schicksal des Scipio Africanus und die Aufdeckung eines staatsgefährdenden Kults. Die ersten Anzeichen der Dekadenz des römischen Wesens kann Livius ebenfalls ausmachen: Köche, früher die billigsten und niedrigsten aller Sklaven, werden nun teuer.


    Lese das mit Interesse, dürfte aber ausführlicher sein :breitgrins:


    CK

  • Dann kannst Du ihn ja selber lesen :breitgrins: . Zwischendurch ist er wirklich ermüdend mit seiner Aufzählung sämtlicher schlechten Vorzeichen und deren Sühnung sowie aller Prätoren und Priester mit Namen.


    Aber ich bin nun durch mit meiner Ausgabe - die bricht kurz nach dem Krieg mit den Macedoniern ab. Kurz bevor Rom nun wirklich im Sumpf der Verweichlichung und der willkürlichen Herrschaft von irgendwelchen Volkstribunen und Heerführern versinkt. (Ein Sumpf, in dem das Reich allerdings noch ein paar Jährchen zu existieren vermochte.)

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  • Summa summarum ist Livius aber eine angenehme Lektüre, und wir erfahren durch ihn doch ein wenig vom politischen Leben Roms, einigen grossen Namen der Geschichte, aber auch von Möchte-gern-Grossen, die sich durch Intrigen und ähnliches an die Spitze eines Staates geschlängelt haben, der im Verlaufe des Textes zur Weltmacht Nr. 1 geworden ist - jedenfalls, was damals für die Mittelmeeranrainer "die Welt" halt war. Livius' Stil (oder ist es die Übersetzung?) ist locker-flockig, ohne flapsig zu sein. Eine angenehme Lektüre also.

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  • Livius, Titus: Römische Geschichte. Uebersetzt von Dr. Oertel, Professor am K. Gymnasium in Ansbeck. Stuttgart: Scheible, Rieger & Sattler, 31844. 8 Bände. Mit 9 Stahlstichen von P. C. Geissler. (= Die Klassiker der Römer und Griechen, Band 1-8)

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  • Hallo!


    Mitte Juli erscheint jetzt noch:


    Titus Livius
    Römische Geschichte
    von der Gründung der Stadt an
    Herausgegeben und mit Anmerkungen
    versehen von Lenelotte Möller
    Gebunden mit Schutzumschlag
    1.280 Seiten, Format: 15,1 x 22,7 cm
    € 30,-/sFr 50,90/€(A) 30,85
    ISBN 978-3-86539-194-0
    Bestellnr.: 626-00236


    Wir leben in einer Zeit, „in der wir weder unsere Fehler,
    noch die Heilmittel dagegen ertragen können“,
    schreibt T. Livius Patavinus (um 59 v. Chr. – um 17 n.
    Chr.) in der Einleitung seines monumentalen Werkes über
    römische Geschichte Ab urbe condita (von der Gründung
    der Stadt an). In 142 Büchern antiker Zählung stellte er
    chronologisch in bemerkenswerter Anschaulichkeit und
    nicht ohne Anekdoten von hohem Unterhaltungswert, aber
    auch mit klaren und versteckten Stellungnahmen dar, was sich nach der Sage oder tatsächlich in Rom
    seit 753 v. Chr. bis zu seiner eigenen Lebenszeit unter Kaiser Augustus ereignete. Erhalten sind aus
    dem Gesamtwerk die Bücher 1-10 (753 bis 293 v. Chr.) und 21-45 (218 bis 167 v. Chr.).
    Der marixverlag legt hiermit eine deutsche Ausgabe aller erhaltenen Bücher dieser epochalen
    Darstellung römischer Geschichte vor.


    Habe es bereits bestellt.


    CK

  • Der marixverlag legt hiermit eine deutsche Ausgabe aller erhaltenen Bücher dieser epochalen
    Darstellung römischer Geschichte vor.


    Habe es bereits bestellt.


    marix? Hm ... dann warte ich, bis die Ausgabe im Modernen Antiquariat auftaucht ... *ggg*

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