Hans Jürgen von der Wense

  • Aber nicht den Humboldt! :entsetzt:


    Den auf keinen Fall. Aber ich habe da ein paar Schwarten über Xt und Motif-Programmierung, PC-Hardware von Anno-Krümelkäse und sowas. Das kann weg, aber nichts belletristisches.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • Ein kleines, eher untypisches Fundstück aus dem zweiten Band, speziell für BigBen :zwinker: Eine kleine Postkarte, die von der Wense mal so zwischendurch einem Freund schickte ...


    [size=14][b]Physiker.[/b][/size] Nach einer Autofahrt durch die Lüneburger Heide wurde ein Göttinger Physiker von Freunden gefragt, ob die Schafe dort schon geschoren seien. Seine Antwort war: »Auf der mir zugewandten Seite nicht.«

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Ein kleines, eher untypisches Fundstück aus dem zweiten Band, speziell für BigBen :zwinker: Eine kleine Postkarte, die von der Wense mal so zwischendurch einem Freund schickte ...


    [size=14][b]Physiker.[/b][/size] Nach einer Autofahrt durch die Lüneburger Heide wurde ein Göttinger Physiker von Freunden gefragt, ob die Schafe dort schon geschoren seien. Seine Antwort war: »Auf der mir zugewandten Seite nicht.«


    Ich kenne das eher als Mathematikerantwort, ein experimenteller Physiker würde aussteigen und nachschauen. :zwinker:

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • So, nun bin ich fertig, satte 1'500 Seiten sind gelesen. Was ist mein Fazit?


    Zum einen die Edition als solche: Leinen (ev. Kunstleinen; ich kenne ich da nicht soooooo gut aus ...), Fadenheftung, angenehmes Papier. Der Satzspiegel leider etwas zu gross; es wirkt unschön, wenn so wenig Seitenrand vorhanden ist (und ist unpraktisch für alle, die gerne Bemerkungen an denselben schreiben). Bei dem Schnäppchenpreis, zu dem ich mein Exemplar erwarb, gibt es allerdings nichts zu meckern.


    Inhaltlich: von der Wense ist eine sehr faszninierende Persönlichkeit. Ein genauer Beobachter und Schilderer von Landschaften. Bei den Menschen ist es so, dass er sich gerne von einer momentanen Laune hinreissen lässt. Entsprechend kann er in einem Brief so schreiben, im nächsten völlig entgegengesetzt. (Wobei ich hier den zeitlich nächsten meine; die Ausgabe hat die Briefe ja relativ willkürlich verschlagwortet und dann alphabetisch sortiert.) Wense war Autodidakt und manischer Sammler von Eindrücken (wie Jean Paul oder Arno Schmidt), kapriziert darauf, ausgefallene Eckchen volkskundlicher Literatur zu studieren. Er sammelte, ordnete, ergänzte, ordnete nach einem neuen, völlig andern Gesichtspunkt wieder, sammelte neue Fakten, ordnete nach einem nochmals andern Gesichtspunkt neu, ergänzte, ordnete nach dem ersten Gesichtspunkt zurück ... und so weiter ad infinitum. Er hat kaum veröffentlicht, stand aber, wenn man seinen Briefen glauben will, immer kurz vor der Vollendung eines (oder gar: des) Werks.


    Hat die Literaturgeschichte etwas verloren dadurch, dass von der Wense kaum publiziert hat? Auf die Gefahr hin, die Herausgeber und die Fans von der Wenses zu brüskieren: Nein. Hans Jürgen von der Wense ist ein begnadeter Briefsteller. (Die Herausgeber weisen in ihrem [in einem separaten, mitgelieferten dritten Band veröffentlichten] Nachwort darauf hin, dass vieles von dem, was von der Wense berichtet, erfunden ist.) Er liefert Inszenierungen (auch seiner selbst), kurze handlungsintensive Skizzen. Während, was von seinem eigentlichen Werk als Briefbeilagen geliefert wird, mich, ehrlich gesagt, nicht vom Hocker gehauen hat, muss ich gestehen, dass ich seine Briefe - als Skizzen, als Essays - spannend und lesenswert finde. Von daher ist der Titel dieser Briefsammlung (Werke) m.M.n. völlig gerechtfertigt.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • So, ich habe jetzt mein eigenes Exemplar. Es ist Nummer 154 von der 2005er Auflage. Verkauft sich wohl nicht so gut. :zwinker:
    Mein erster Eindruck nach dem Durchblättern ist recht positiv. Ich habe schon einige Interessante Stellen gefunden. Leider muß ich die komplette Lektüre noch etwas zurückstellen.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • Sandhofers Rezension kann ich mich nur anschließen, nachdem ich nun den Wense selbst durchgelesen habe. Wense mag mit seiner Selbsthervorhebung (ich weiß nicht recht, wie ich das nennen soll, aber er kann kaum etwas erwähnen, ohne hinzuzufügen, er sei der erste, der dies entdeckte oder er habe da einen entscheidenenden Anstoß gegeben, die Wüstungsforschung etwa beruhe quasi auf ihm, seine soeben verfertigten anmerkungen seien brillant und diese oder jene Übersetzung einzig und überwältigend) nerven, aber sein Enthusiasmus und seine Spontanität glichen das für mich aus. Besonders mochte ich seinen Sinn für Anarchie und Schabernack. Mag vielleicht auch nur Selbstdartsellung sein, aber dann sehr gelungen. Er schwelgt in Unwettern und Regengüssen und ist zum Beispiel völlig hingerissen, als bei einem Besuch der documenta die Ausstellungsstücke bei einem Wolkenbruch in Gefahr geraten.


    Ich fand die Lektüre äußerst unterhaltsam, empfehle aber unbedingt den Begleitband durchzulesen, denn Wense auch aus Sicht anderer zu sehen ist dringend nötig.