Marisha Pessl

  • Moin, Moin!


    Iris Radisch und Gert Scobel haben im Schnellwaschgang einige Bücher <a href="http://www.3sat.de/webtv/?kuz_070322_bml07_radischscobel2_16zu9.rm">vorgestellt</a>, darunter ein Ausnahmebuch, will man ihnen und den Amazon-Kritiken glauben. Zudem ist <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3100608038/leipzigerbuch-21">Die alltägliche Physik des Unglücks</a> das <a href="http://www.fischerverlage.de/sixcms/detail.php?template=fv_wide_wrapper&_content_template=buch_detail&id=708443">Debut</a> Marisha Pessls. Bei der hymnischen Preisung läuft mir jedenfalls das Wasser im Munde zusammen. Von der "New York Times" wurde der Roman unter die fünf besten belletristischen Werke des Jahres 2006 gewählt. Besprechungen gibts beim <a href="http://www.tagesspiegel.de/kultur/archiv/19.03.2007/3149000.asp">Tagesspiegel</a>, beim <a href="http://www.perlentaucher.de/buch/26520.html">Perlentaucher</a>, bei <a href="http://bookworm.twoday.net/stories/3393675/">Bookworm</a> und <a href="http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/606430/">im DLR</a> (<a href="http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2007/03/19/dkultur_200703191907.mp3">mp3</a>), das auch über eine Lesung in Berlin <a href="http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2007/03/19/dkultur_200703192343.mp3">berichtet</a>. Weiterhin fand (s)ich ein <a href="http://www.bookslut.com/features/2006_09_009871.php">Interview</a> mit der Autorin. Freunde des Klickibunti werden über die <a href="http://www.marishapessl.de/main.htm">Webseite zum Buch</a> begeistert sein.

    Edit sandhofer: Tippfehler in Überschrift korrigiert ...

  • Hallo!


    Das Loben und Preisen ist des Kritikers Passion und des Lesers Fluch. Wenn Iris Radisch ein Buch empfiehlt, die sich schon seinerzeit beim Bachmannpreis nicht entblödet hat, ein Schulaufsätzchen wie das Blütenstaubzimmer zu hoher Literatur zu ernennen, dann pflege ich in Deckung zu gehen und um das Buch einen weiten Bogen zu machen. Zugegeben, das Buch kann ja nix dafür, wenn es von solch zweifelhafter Seite gewürdigt wird: Nichtsdestotrotz - eine Empfehlung ist das nicht gerade.


    Grüße


    s.

  • Hallo zusammen!


    Es mag am Format gelegen haben ("Schnellwaschgang") oder an den Kritikern ("hymnische Preisung") - ich hatte jedenfalls das Gefühl, dem Aufblasen eines Kinderballons zuzusehen: viel warme Luft in Form überschwänglicher aber allgemein gehaltener Adjektive, wenig dünne Haut in Form von Fakten übers Buch. Der Ballon ist nicht zerplatzt, nein. (Obwohl ich jeden Momant damit rechnete.) Er wird wohl irgendwann, leer und verrunzelt an einem Laternenpfahl hängend wiedergefunden werden, und der Literaturhistoriker weiss dann: "Ach ja ... hier hat mal eine weitere riesige Kritikerfete stattgefunden." Und er wird den Ballon schamerfüllt vom Laternenpfahl lösen und an all seine eigenen Ballons denken, die er weiter vorn aufgehängt hat ...


    Was ich über die Fakten gehört habe, wirft in mir die Frage auf: Was ist Pressl anderes als Eco3? Und schon Eco ist nur wohlkonstruierte Gelehrtenliteratur, mit Fakten und Wissen protzend, unheimlich klug konstruiert. Doch man sieht die Gelenke und man sieht, wo der Konstrukteur den Zirkel eingesteckt hat ...


    Ich frage mich, ob solche "Literatur"kritiker wie die hier angesehenen, einen Richard Burton, einen Montaigne, einen Sterne, einen Jean Paul gelesen haben ...


    Wenn Iris Radisch ein Buch empfiehlt, die sich schon seinerzeit beim Bachmannpreis nicht entblödet hat, ein Schulaufsätzchen wie das Blütenstaubzimmer zu hoher Literatur zu ernennen, [...]


    Ach, die war das. Das würde einiges erklären ...


    (Die Zoë steht bei mir immer noch im Regal. Als Warnung davor, a) Literaturpreise und b) zeitgenössische Kritiker ernst zu nehmen, sowie c) irgendwelche Bücher zu kaufen von noch lebenden AutorInnen, die unter 70 sind und ihre pubertären Vaterprobleme dem Leser aufbürden zu müssen meinen ... )


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

    Einmal editiert, zuletzt von sandhofer ()

  • Hallo!



    (Die Zoë steht bei mir immer noch im Regal. Als Warnung davor, a) Literaturpreise und b) zeitgenössische Kritiker ernst zu nehmen, sowie c) irgendwelche Bücher zu kaufen von noch lebenden AutorInnen, die unter 70 sind und ihre pubertären Vaterprobleme dem Leser aufbürden zu müssen meinen ... )


    Da muss ich die pubertären Nöte allerdings vor Verunglimpfung retten. Mir ist es im Grunde egal, was mir jemand erzählt, wenn er's denn zu erzählen versteht. Böswilligerweise könnte man auch die Buddenbrooks als Aufarbeitung der Mannschen Jugend bezeichnen - wie auch immer: Der junge Mann war des Schreibens kundig.


    Fräulein Jenny aber hat sich ihrer Aufgabe in berückend talentfreier Weise genähert, das Büchlein ist schon wieder so schlecht, dass ich aus dem Staunen kaum noch raus kam. Ich werde beim Jüngsten Gericht das Auslesen dieses Romans als strafmildernden Umstand anführen.


    Das wirklich Üble an solchen Preisverleihungen und Lobeshymnen aber ist, dass unter diesem Wust an Lobhudelei anderes, Lesenswertes verschwindet. Zoe ist ein gutes Beispiel für den Literaturbetrieb: Der Papa (meines Wissens) im Verlagswesen und als Lektor tätig besitzt die notwendigen Verbindungen und schon findet sich ein Dieter Bohlen der Literaturkritik, der uns an seinem zweifelhaften Geschmack teilhaben lässt. Wobei man schon einen Namen in der Kritikerszene sein eigen nennen muss, um überhaupt eine wenig wohlwollende Beurteilung unterzubringen. Weil die Tageszeitung zum Presshaus XY gehört, welches seit der Fusion mit YZ und dem dabei anhangenden Verlag ZA Mehrheitsanteile an AB hält, weshalb es dann ganz vorsichtig im Postskriptum heißt: Schreibn's halt wenigstens "bestechende Einfachheit" oder "pittoreske Formulierungen", damit es irgend jemand kauft. Aber "Sedativum für alzheimergeplagte Analphabeten", das kann man nicht drucken ...


    Grüße


    s.


    p. s.: Das mit der Abschreckung deucht mir eine gute Idee, andere stellen sich eine handgeschnitzte afrikanische Totenmaske aus Taiwan ins Ikea-Regal, um zu gepflegten zivilisatorischen Ängsten zu kommen. Oder betrachte den Roman als potentiellen Energielieferanten, sofern du bei möglicher Heizöl- oder Gasknappheit auf feste Brennstoffe umzustellen gezwungen bist.

  • Na sowas, finde ich die Marisha Pessl im Unklassischen der Klassiker - da war ja mein Schreiben im Literaturschock allerseits verzichtbar.
    Witzig finde ich, daß sich nicht nur mir der eitle Eco aufdrängte ('Reich-Ranitzkis einziger Einwand im Lit.Quartett zum Foucault'schen Pendel war übrigens mal dessen Quantität, wenn ich mich recht erinnere :rollen:)
    Die profunden Urteile der "Fachleute".....
    In Martin Walsers "Die Verwaltung des Nichts" ist auch seine Rede zur Verleihung des Preises der Kritik 2002 "Lesen und Schreiben oder Viel auf einmal" enthalten, die Beschreibung der zwangsläufigen Subjektivität literarischer Bewertungen. Nichts dagegen einzuwenden, im Gegenteil - solange sie nicht als quasi objektives fachlich begründetes Urteil verkauft werden. Da ich aber heutzutage schon bei allem Käuflichkeit wittere, frage ich mich irritiert nach etwaigen Verlagsverbindungen der Kritiker. Dennis Scheck z.B. hat bislang fast ausschließlich Bücher gepriesen, die bei mir jedenfalls keine Resonanz hatten.
    Jedenfalls freut es mich auf gleiche Geschmäcker zu treffen, wie hier im Fall Pessl.

  • Hallo!


    Ich habe deine Besprechung im Literaturschock mit Interesse gelesen und - ohne das Buch zu kennen - etwas Derartiges vermutet. Mein Eindruck bei jungen Autoren: Dass sie oft nichts zu erzählen haben, dies aber wortreich und mit vielen bildungsbürgerlichen Versatzstücken tun und dadurch die ebenso halbgebildeten Kritiker für sich einnehmen. Auch wenn mir die Verurteilung manchmal zu weit geht: Kehlmann etwa hat Talent, kann schreiben, sollte sich aber dessen bewusst werden, dass es keine irgendwie geartete Verpflichtung gibt, alle zwei Jahre ein Buch zu veröffentlichen.


    Und Eco mag ein eitler Geck sein, sein Essays für die Papiermülltonne, aber seine Romane (ob nun Erfolge oder nicht) sind sehr lesbar. Manchmal will mir scheinen, dass, wenn nicht der Madenfraß schon vor mindestens 50 Jahren beim entsprechenden Schriftsteller eingesetzt hat, eine positive Beurteilung unmöglich wird.


    Grüße


    s.