Hallo zusammen,
Hiermit eröffne ich die neue Leserunde. Willkommen in Proust’s Welt! Hier lesen wir den 3. Teil: „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ – „Guermantes“.
Der erste Satz lautet:
Das morgendliche Vogelgezwitscher kam Françoise fade vor.
Ursprünglich begann „Guermantes“ mit dem 1. Satz aus dem 2. Abschnitt:
In dem Alter, da die Namen uns das Bild des Unergründbaren zeigen, das wir selbst in sie hineingelegt haben, zu demselben Zeitpunkt, da sie für uns auch einen wirklichen Ort benennen und uns demnach zwingen, das eine mit dem anderen in einem Maße gleichzusetzen, dass wir aufbrechen, um in einer Stadt nach einer Seele zu suchen, die sie nicht enthalten kann, die aus ihrem Namen zu vertreiben wir aber auch nicht mehr die Macht... usw.
Der Satz geht über die halbe Seite. Ich finde es vernünftig, dass er den Leser mit diesem 1. Satz nicht gleich ‚erschlägt’ .
Der 1. Abschnitt beinhaltet die ganze Proustsche Welt, wie wir sie bereits von den vorherigen Bänden kennen. François und Combray werden erwähnt. Es werden „Mädchen“ erwähnt, wenn hier auch die Dienstboten gemeint sind, doch gibt es einen schönen Übergang von der „Mädchenblüte“, wenn auch ein nüchterner.
Sogar die Eisenbahn wird im Abschnitt eingebaut, die für den Erzähler doch immer eine große Rolle gespielt hat. Sie wird mit dem Laufburschen eingeflochten, dem der Umzug wie ein Urlaub vorkommt,... er glaubte sich auf dem Lande; ein Schnupfen verschaffte ihm noch dazu – als habe er etwas durch ein schlecht schließendes Fenster in der Eisenbahn „etwas eingefangen“ – das köstliche Gefühl, er sei weit in der Welt herumgekommen; bei jedem Nieser beglückwünschte er sich, eine so schicke Stelle gefunden zu haben...
Wichtig ist der Ort an dem die Familie umzieht. Sie beziehen eine Wohnung im Nebenbau des Guermantesschen Stadtpalais’. Schon ist man im „Thema“ drin. Leider ist die Gesundheit der Großmutter angeschlagen, deswegen der Umzug. Das ist traurig.
Das Melusinenmotiv darf ebenfalls nicht fehlen. Wir erinnern uns, dass der Erzähler bereits Gilberte mit einer Melusine verglich. Nun wird das Element Wasser und eine Märchengestalt, eine Fee, in Verbindung mit der Madame de Guermantes gebracht. (2. Abschnitt, am Ende des obigen erwähnten langen Satzes).
Auf der S. 14 wird es wiederholt: ...wenn ich mich einfach in Paris Madame de Guermantes, Lehensherrin des Ortes und Dame vom See, einen Augenblick näherte, ...
Als Erklärung steht bei mir im Anhang:
Die Dame vom See ist die Fee Viviane, Geliebte des Zauberers Merlin und Erzieherin Lanzelots. In gewissen Versionen der Sage wird sie mit Melusine in Verbindung gebracht.
Ich finde diesen Aspekt wichtig, zeigt es doch ein gewisses Bild, das Proust dem Leser von den Frauen in seinem Werk weist und gibt vielleicht auch einen versteckten Hinweis für zukünftige Ereignisse. Interessant finde ich, dass er Albertine (bisher) kein solches "Mysterium" zuschrieb.
Auf den ersten 36 Seiten fehlt nur noch eine Beschreibung des Zimmers des Erzählers. Mal sehen wann diese erfolgt.
Wie gefällt euch der Einstieg in „Guermantes“? Mir sehr gut.
Viele Grüße
Maria