Mai 2006: Heinrich Mann: Die Jugend des Henri IV.

  • Was lange währt, wird endlich gut! :zwinker: In grauer Vorzeit (7. Dezember 2002) habe ich mal einen Lesevorschlag gemacht und voilá - jetzt startet die Leserunde:


    Heinrich Mann wurde geboren am 27. März 1871 in Lübeck. Er starb am 12. März 1950 in Santa Monica (Kalifornien/USA). Der zweiteilige Roman über das Leben des französischen Königs Heinrichs IV. erschien 1935 und 1938. Er gilt als sein bedeutendstes erzählerisches Werk.


    Ich lese eine Ausgabe aus dem Jahre 1958, die im Aufbau Verlag erschienen ist.


    Gruß



    Erika
    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Hallo zusammen,


    ich lese die Ausgabe des Claassen-Verlags von 1959, die als Lizenzausgabe des Aufbau-Verlags in Westdeutschland erschienen ist.


    Erika, gibt es in deiner Ausgabe ein Nachwort ? Bei mir nicht. Und das ist bei westdeutschen Lizenzausgaben erfahrungsgemäß immer ein Zeichen , dass das Nachwort der DDR-Ausgabe (sofern vorhanden) sehr idelologisch gefärbt war :zwinker: .


    Ich bin im zweiten Teil "Jeanne" und habe dort das erste Kapitel "Die Festung am Ozean" abgeschlossen.


    Sehr gut hat mir die Beschreibung Henris als Kind gefallen, auch sein erstes Auftreten am französischen Hof, wo schön aufgezeigt wurde, dass er eben nur ein Provinz-Prinz und damit verglichen mit den französischen Prinzen und ihrer höfischen Erziehung nichts als ein Bauernlümmel war.


    Die Sprache ist wirklich sehr gut, ich finde sie besser als in den Romanen, die ich bisher von Heinrich Mann gelesen habe.
    Sehr schön beschreibt er das kriegerische Denken der damaligen Zeit (besonders treffend in dem Satz "da bekam er seine ersten Unterweisungen im Regieren und im Kriegführen, was aber beides dasselbe war"), auch die enge Verflechtung von Konfession und politischem Interesse, nicht nur in der herrschenden Schicht, sondern auch bei den einfacheren und ungebildeten Leuten, die die konfessionellen Unterschiede wohl kaum verstanden. Wenn man sich gegen den König auflehnen wollte und der Hof katholisch war, war es auch eine stärkende Abgrenzung calvinistisch zu sein. Johannes Calvin selbst warnte damals übrigens vor einer eigenmächtigen Gewaltsamkeit und empfahl ein vorgehen in legaler Form, als Gesandte der Hugenotten ihn nach dem Recht des bewaffneten Kampfes für das Evangelium fragten.


    Henris Blick auf das Meer am Ende des Kapitels "Eine Festung am Ozean" und seine träumerischen Gedanken an den fernen Kontinent Amerika, den er sich "frei vom Bösen, vom Haß, vom Zwang dies oder jenes zu glauben" vorstellte, die Mann zusammenfaßt mit: "was er Amerika nannte, war eigentlich das Reich Gottes" ist schon ein Ausblick in die Zukunft, denn erst in Amerika ("God's own country") sollten viele seiner Glaubensbrüder ohne Verfolgung und in Religionsfreiheit ihren neuen Glauben dauerhaft praktizieren können.


    Viele Grüße,
    Zola

  • Voilá, Materialien zu Heinrich Manns: Die Jugend des Henri IV:
    Ich habe auch einige bereits veröffentlichte Links hier noch einmal zusammengefasst.



    http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Mann


    http://www.rhein-main.net/sixc…p/1880154?topic_id=732681



    http://www.ub.fu-berlin.de/int…ren/multi_lmno/hmann.html


    Internationales Heinrich-Mann-Forum:
    http://www.uni-lueneburg.de/fb3/forschung/ihmf/


    Rezension über die Herausgabe des Briefwechsels zwischen Félix Bertaud und Heinrich Mann:
    http://www.welt.de/data/2003/01/18/33746.html
    http://www.zeit.de/2003/13/L-HeinrichMann


    Zur Geschichte der Hugenotten:
    http://www.deutsches-pfarrerblatt.de/
    (dort auf Archiv, dann unter Volltextsuche "Hugenotten" eingeben)


    http://de.wikipedia.org/wiki/Hugenotten


    http://www.hugenotten.de/htm_ger/index_ger.html



    Bitte ergänzt, wenn Ihr noch weitere Links kennt.


    Erika
    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
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  • Hallo,


    ich bin gerade im 4. Teil "Margot" im Kapitel "Wo ist mein Bruder" - in meiner Ausgabe auf Seite 300.


    Liest eigentlich schon jemand mit ? Sonst kann ich auch noch etwas warten.


    Das Buch liest sich sehr gut, wenn man einmal richtig drin ist, kann man es kaum mehr aus der Hand legen. Sehr schön ist auch der Spannungsuaufbau vor der Bartholomäusnacht (die erwartet mich wohl in den nächsten Seiten :zwinker: )


    Viele Grüße,
    Zola

  • Hallo Erika und Zola!
    Ich lese zwar noch nicht das Buch, aber Eure Beiträge ;-). Am Donnerstag beginne ich endlich mit dem richtigen Lesen. Bevor der Strang eröffnet wurde, hätte ich mehr Zeit gehabt, aber ich wollte mir das Buch ja unbedingt "aufsparen", aber seit ein paar Tagen habe ich sehr viel zu tun und keine ruhige Minute. Das ist wohl immer so :zwinker:
    Liebe Grüße
    Dora

  • Hallo zusammen,
    auch ich habe unterdessen das Buch und zu lesen begonnen.
    Es liest sich sehr angenehm, aber leider kann ich mit Kindheitserzählungen nie viel anfangen. Vermutlich muss man aus dem Rückblick noch mal daraufschauen, um den Symbolgehalt und tieferen Sinn der Episoden zu sehen?!
    Gruss, Maja

  • Hallo zusammen, hallo Maja,


    vielleicht wollte Mann mit diesen Kindheitserzählungen (die mir sehr gut gefallen haben) aufzeigen, dass Henri eben trotz seines Adels ein einfacher Bursche vom Land ist und vielleicht immer so denken wird ?


    Ich habe heute nachmittag den Wikipedia-Eintrag zu Katharina von Medici durchgelesen. Heinrich Mann beschreibt sie als durchweg schlechten Menschen und als Hauptverantwortliche für das Greuel an den Protestanten.
    Interessant fand ich die Theorie, die bei Wikipedia erwähnt wird, dass man ihr - als Italienerin - das alles vielleicht nachträglich so weit wie möglich nur in die Schuhe geschoben hatte, um eine Ausländerin für das inner-französische Morden verantwortlich zu machen.


    Viele Grüße,
    Zola

  • Hallo zusammen,
    ich möchte mich bis zum Sonntag abmelden, da ich zu einer Kindergottesdiensttagung fahre. Bisher bin ich beim Kapitel "Und Wunder" angelangt. Die Bartolomäusnacht steht unmittelbar bevor. Es ist spannend und quälend zugleich die Überlegungen mitzuverfolgen, wer nach England reist und wer nicht.


    Am Anfang meiner Lektüre hatte ich mir vorgenommen, die Konfessionswechsel Henri´s zu zählen. Ich komme bisher auf drei:
    - als Kind katholisch getauft
    - dann evangelisch geworden mit seiner Mutter, als Protest auf den Wechsel seines Vaters zum katholischen Glauben
    - in Paris unter Druck wieder zum katholischen Glauben konvertiert
    - danach wieder evangelisch geworden


    Vielleicht habe ich ja was vergessen. Man kann ja langsam die Übersicht verlieren.



    Eine Frage noch zu Karl IX. : Litt er ähnlich wie der Sohn des letzten russischen Zaren an der Bluterkrankheit?


    Gruß
    Erika
    :blume:

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  • Hallo zusammen,
    melde mich wieder zurück und sehe, dass Ihr gewartet habt :zwinker:


    Heute abend werde ich wohl weiter lesen.


    Maja und Dora:
    Schön, dass Ihr auch mit dabei seid.


    Gruß
    Erika
    :blume:

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  • Hallo zusammen,


    ich habe ziemlich weit einfach mal drauflosgelesen und längst nicht alles verstanden. So viele Intrigen und Personen!
    Vor allem muss ich mich zuerst mal über die historischen Hintergründe informieren. Danke, Erika, für die Links! Aber das will auch immer alles noch gelesen sein. Deshalb finde ich es gut, wie Zola begonnen hat, Infos herauszupicken und hier kurz darzustellen.


    Zitat von "Erika"

    Am Anfang meiner Lektüre hatte ich mir vorgenommen, die Konfessionswechsel Henri´s zu zählen.


    Ich finde, dass Henri sich schon sehr früh innerlich von den Konfessionen distanziert, und es deshalb gar nicht so wesentlich ist, wie oft er (äusserlich) wechselt.


    Herzliche Grüsse,
    Maja

  • Hallo Maja,
    ich habe ja den Vorteil, dass ich durch mein Studium mich intensiv mit der Reformationszeit beschäftigt habe. Allerdings wird die französische Kirchengeschichte meist nur gestreift. Viel mehr, als dass es die Bartolomäusnacht gab, wusste ich auch nicht. Ich musste mich auch erst sachkundig machen. Gut, dass eine theologische Bibliothek in Reichweite ist. Wenn du Fragen hast, melde dich!


    Gruß
    Erika
    :blume:

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  • Hallo!


    Zitat von "Erika"


    der Reformationszeit beschäftigt habe. Allerdings wird die französische Kirchengeschichte meist nur gestreift. Viel mehr, als dass es die Bartolomäusnacht gab, wusste ich auch nicht. Ich musste mich auch erst sachkundig machen. Gut, dass eine theologische Bibliothek in Reichweite ist. Wenn du Fragen hast, melde dich!


    Dieses Wissen kommt auch einer Montaigne-Lektüre zu gute. Er war ja in den Bürgerkrieg involviert ...


    CK

  • Hallo zusammen,


    einige Infos zu wichtigen Personen:


    Jeanne d´Albret:
    http://www.bautz.de/bbkl/j/Jeanne.shtml


    das Herzogsgeschlecht der Guisen:
    http://www.bautz.de/bbkl/g/guise.shtml


    Karl IX. :
    http://www.bautz.de/bbkl/k/Karl_IX.shtml


    Katharina von Medici (seine Mutter):
    http://www.bautz.de/bbkl/k/Katharina_v_m.shtml


    Admiral Coligny:
    http://www.bautz.de/bbkl/c/coligny_g.shtml


    Tipp:
    Die Texte sind sehr dicht gedrängt geschrieben. Das macht das Lesen mühsam. Ich habe sie mir nach Word kopiert und dann mit mehreren Absätzen versehen. Anschließend habe ich sie ausgedruckt.


    Erika
    :blume:


    PS für Xenophanes:
    Montaigne:
    http://www.bautz.de/bbkl/m/Montaigne.shtml
    (wenn ich diesen Link schon einmal irgendwo gepostet habe, bitte ich um Entschuldigung) :zwinker:

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  • Hallo,


    Zitat von "xenophanes"

    Dieses Wissen kommt auch einer Montaigne-Lektüre zu gute. Er war ja in den Bürgerkrieg involviert ...


    er taucht in dem Roman auch mehrfach kurz auf, von der Romanfigur Henri IV wie wohl auch von Heinrich Mann sehr geschätzt und als über den Religionsstreitigkeiten stehend.

  • Hallo zusammen,


    ich bin jetzt am Ende des Teils "Die Mühlen des Lebens", in meiner Ausgabe auf Seite 600.
    Mir gefällt Heinrich Manns bildhafte Sprache in diesem Roman, man kann sich sehr gut den Ablauf als Film vorstellen.
    Was mir etwas fehlt ist die positive Person, mit der man sich identifizieren kann. Henri taugt dazu nur bedingt. Durch die komödienhafte Art, wie er manchmal dargestellt wird (z.B. als der Bauer auf seinem Pferd mitreitet um den König zu sehen oder die Episode mit der Müllerin), macht ihn sympathisch, sein Egoismus und seine Gedankenlosigkeit wiederum nicht, obwohl all diese Eigenschaften zusammenpassen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Heinrich Mann oft selbst durch Henri spricht, wenn dieser die Religionskriege als unchristlich verurteilt oder durch sein ständiges Wechseln der Konfessionen eigentlich aufzeigt, dass der Unterschied für den Gläubigen so groß nicht ist - ist nach den ersten Jahrzehnten der Reformation auch immer nur ein Bruchteil der Christen wirklich aus Überzeugung konvertiert - sondern ein Religionswechsel meist weltliche Gründe hat.


    Die Charaktere des Romans wirken meist gesichtslos, Heinrich Mann beschreibt kaum ihre Physiognomie, er beschränkt sich eigentlich nur auf besondere Merkmale bei manchen Personen wie beim "König mit den zwei Nasen", auch deshalb fällt es mir teilweise etwas schwer manche Nebenfiguren voneinander zu unterscheiden.



    Ich bin jetzt für eine Woche in Paris und werde das Buch nicht mitnehmen, wer etwas hinterher ist hat also Gelegenheit aufzuholen ;-) Und mal sehen ob am Louvre noch Blut klebt.


    Viele Grüße,
    Zola

  • Hallo Zola,
    da beneide ich dich: Eine Woche Paris!!!
    Fährst du alleine oder mit einer Gruppe?


    Gruß
    Erika
    :blume:

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  • Hallo Erika,


    Zitat von "Erika"

    Hallo Zola,
    da beneide ich dich: Eine Woche Paris!!!
    Fährst du alleine oder mit einer Gruppe?


    Wir (meine Frau und ich) fahren auf eigene Faust. Ich habe schon einen Reiseführer gewälzt und hoffe natürlich nicht nur auf dem Friedhof ein paar Spuren der französischen Klassikerautoren zu entdecken. Ich mußte meiner Frau auch versprechen in eine Messe in die "Notre-Dame de Paris" mitzugehen. Vielleicht bekomme ich da ein bischen ein Henri-IV-Gefühl :zwinker:

  • Hallo Zola,
    ich plane im Oktober eine Romreise, vielleicht geht es im nächsten Jahr nach Paris. Vielleicht kann ich ja dann auf Eure Erfahrungen zurückgreifen, was Hotels etc angeht.


    Gruß
    Erika
    :blume:

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  • Hallo


    xenophanes:


    Montaigne darf sich im 2. Band, der "Vollendung" bemerkbar machen. H.Mann hat ihn nicht vergessen ;-)


    Gruß
    Bloom