Mäzene der Literatur

  • Hallo zusammen,


    keine Ahnung ob das Thema Potential für einem eigenen Thread verfügt. Ich wollte dennoch meine Gedanken zu diesem Thema kurz niederschreiben.


    Auf das Thema Mäzene wurde ich aufmerksam, als ich letztes Jahr Biographien über James Joyce und Thomas Mann las. Ohne die Hilfe von Mäzene, hier waren es in beiden Fällen Frauen, hätten Joyce und Mann doch recht schwer gehabt. Für Joyce war es sogar lebensnotwendig, würde ich mal behaupten und in seiner Eitelkeit erwartete er die Geldmittel auch.


    Schon vor Monaten kam mir der Gedanke, dass nach dem 2. Weltkrieg kaum von solchen Mäzene zu lesen oder hören ist. Gibt es sie heute noch? Wenn ja, dann wohl im Hintergrund. Seit Wochen beschäftige ich mich mit Siegfried Lenz Vita und da las ich etwas für mich erleuchtendes, dass der Rundfunk die Rolle des Mäzen für die Nachkriegsschriftsteller übernommen hat. War euch das bewußt?
    Für mich als Radio'hörer' (lieber als Fern'seher') ein fesselnder Gedanke.


    Das Hörspiel war für die damaligen Schriftsteller das Medium sich Geld zu verdienen.
    Siegfried Lenz, Friedrich Dürrenmatt, Günter Eich, Max Frisch, Ilse Aichinger, Heinrich Böll.


    Auch Features war ein beliebtes Element, genutzt von Ernst Schnabel, Alfred Andersch...


    Reiseberichte u.a. von Wolfgang Koeppen.


    Auch die Gruppe 47 wurde vom Rundfunk gefördert.


    Ein bißchen gegoogelt bin ich dann mal Jahrhunderte zurück und fand dann u.a. auf:


    Gaius Cilnius Maecenas ein Berater Oktavians, der in augusteischer Zeit Dichter wie Vergil, Properz und Horaz förderte.


    Das Mittelalter wäre auch zu erwähnen. Ich denke Eleonore von Aquitanien kann man auch einen Mäzen nennen, oder?


    Mäzene im Wandel der Zeit.... Was fällt euch noch dazu ein?


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Ich finde das Thema sehr interessant, weiß aber wenig darüber.


    Stellen wir doch mal fast, dass zu allen Zeiten die wenigsten Autoren/Maler/Musiker/Sonstigen Künstler in der Lage waren, von dem, was sie produzierten, auch zu leben.
    Also schlugen sie sich durch, so gut sie konnten.


    Neben der ausgeübten Kunst irgendeine Brotarbeit.
    Oder die Kunst, neben der eigentlich gewollten, auch als Brotarbeit.


    Der Versuch, an irgendeine Rente etc. zu kommen.
    ( Andersen bspw. wurde sozusagen lebenslänglich unterstützt, er bekam ein Fixum vom Staat, und wurde dauernd eingeladen :wink: )


    Ich habe mehrfach gelesen, dass früher Verleger sich stärker um die Unterstützung ihrer Autoren kümmerten. Rowohlt bspw., S. Fischer, Peter Suhrkamp, die recht erhebliche Summen zusetzten. Sich eben auch als Literaturförderer begriffen.


    Im 18. Jahrhundert übrigens gab es so eine Art "BAFöG" :wink:
    das Theologiestudium, welches oft das einzig vom jeweiligen Landesherrn geförderte war, natürlich mit dem Ziel dem Staat willige Diener ranzuziehen -
    die dann aber öfters mal ausbüxten, nachdem sie zumindest die Gelegenheit hatten, neben der Theologie auch andere Vorlesungen zu hören.


    Und, pumpen auf Deubel komm raus, wie es der erwähnte Joyce ja letztendlich gemacht hat. Schulden machen.


    An Autoren, die wirklich ganz oder überwiegend von einem Mäzen lebten, kann ich mich von den Biographien her, die ich so gelesen hab, an sich nicht erinnern.


    Die Rolle des Rundfunks hat zwangsläufig nachgelassen, denn er spielt schon lang nicht mehr die Rolle, wie in den ersten beiden Nachkriegsjahrzehnten. Und eine Hörspielkultur, wie es sie damals ja gab, die gibt es (leider) nicht mehr.


    Gruß
    Leibgeber

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Hallo !


    Ein sehr interessantes Thema, finde ich. Ich denke natürlich gleich an Goethe, der ohne seinen Fürsten auch nicht so unbeschwert schreiben hätte können. Daneben Jean Paul, der ohne Mäzene schreiben "musste".


    Die Rolle des Hörfunks hätte ich nicht so eingeschätzt, dazu fallen mir auch noch die diversen Romane ein, die als Fortsetzungen in irgendwelchen Zeitschriften erschienen sind. War es nicht Thackeray, der oftmals so gar keinen Plan hatte, wie es denn in der nächsten Folge weitergeht mit seinem Jahrmarkt der Eitelkeit ?


    Auszug aus Wikipedia:
    Die Bezeichnung Mäzen leitet sich vom Römer Gaius Cilnius Maecenas her, der in augusteischer Zeit Dichter wie Vergil, Properz und Horaz förderte.


    Auch heute noch gibt es Mäzene, ich glaube Jan Philipp Reemtsma hatte Arno Schmidt finanziell unterstützt.


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Steffi"

    Ich denke natürlich gleich an Goethe, der ohne seinen Fürsten auch nicht so unbeschwert schreiben hätte können.


    Ich habe - wohl durch die Lektüre von Friedenthals Goethe-Biografie - im Hinterkopf, dass Goethe vor allem von der Hinterlassenschaft seines Grossvaters mütterlicherseits gelebt hat, eines Schneiders (wenn ich mich nicht irre), dessen Existenz und Beruf Goethe allerdings mit äusserster Zurückhaltung zugegeben hat. Die Finanzlage seines Herzogs war auch nicht gerade rosig und seine Beamten lebten mehr schlecht als recht.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "sandhofer"


    Ich habe - wohl durch die Lektüre von Friedenthals Goethe-Biografie - im Hinterkopf, dass Goethe vor allem von der Hinterlassenschaft seines Grossvaters mütterlicherseits gelebt hat, eines Schneiders (wenn ich mich nicht irre), dessen Existenz und Beruf Goethe allerdings mit äusserster Zurückhaltung zugegeben hat. Die Finanzlage seines Herzogs war auch nicht gerade rosig und seine Beamten lebten mehr schlecht als recht.


    Stimmt. Goethe hatte natürlich den Nachlass seines Vaters im Rücken.
    Er war, nachdem seine Schwester Cornelia so jung verstorben war, das einzige Kind.
    Sigrid Damm beschäftigt sich in ihrem Buch über Christiane Vulpius, das ich z Zt lese, auch mit den Finanzen. Und Herr Goethe war schon ganz clever. Der ließ sich nicht die Butter vom Brot nehmen.
    Er hat auch vom Herzog erhebliche Summen bezogen, zugegeben dafür gearbeitet, aber wurde bspw. auch während der Italien-Reise weiter bezahlt.
    Während es niedrigen Beamten hundsmiserabel ging, u.a. auch dem Vater der Vulpius.
    Er hat aber auch mit seinen Werken einiges an Geld gemacht, bspw. meine ich mich zu erinnern, dass "Hermann und Dorothea" sehr hoch bezahlt wurde. Schädigung durch Raubdrucke ist allerdings wieder ein anderes Ding.
    Schiller bspw. war da ganz anders dran.
    Goethe betrieb, wenn es sein musste, auch seinerseits mal Sponsoring, bspw. bei Christianes Bruder, Christian August, Autor von "Rinaldo Rinaldini".
    Dem hat er mal eine Bibliotheksstelle verschafft.
    Fazit - ohne Vitamin B = Beziehungen läuft eben nix. :wink:


    Was Jean Paul betrifft, so hab ich irgendwie im Kopf, dass der auch mal an eine staatliche Rente drangekommen war. Aber die meiste Zeit ging es ihm finanziell schlecht. Wie fast allen.


    LG
    Leibgeber

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Zitat von "Steffi"


    Auch heute noch gibt es Mäzene, ich glaube Jan Philipp Reemtsma hatte Arno Schmidt finanziell unterstützt.


    Und andere literarische und sonstige Zwecke auch.
    Er ist eben der Fall eines reichen Erben, der sich hat auszahlen lassen und dann das Geld für vernünftige Zwecke verwendet.
    Das ist schön.
    Und ein Nannen hat eben ein Museum gegründet, oder unterstützt.
    Aber so oft kommt das nicht vor.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Hallo zusammen,


    tolle Beiträge vielen Dank.


    Ich habe gestern eine kurze Biographie von Stefan Eggert über Wolfgang Koeppen gelesen, dort hieß es, dass Alfred Andersch, zu der Zeit hatte er die Leitung der Sendung "Radio-Essay" beim süddeutschen Rundfunk inne, Koeppens erste Reise nach Spanien für einen Reisebericht finanzierte.


    Das kam Koeppen sehr gelegen. Er brauchte Geld und er reiste gerne.


    ein weiterer Punkt zum Thema "Mäzene", wären die Literaturpreise, die nicht nur Ehren einbringen, sondern auch ein Preisgeld.


    Gibt es auch Stipendien für Schriftsteller?


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Zitat von "JMaria"


    Gibt es auch Stipendien für Schriftsteller?


    Villa Massimo, oder?
    Ich googel es jetzt nicht extra :wink:


    Ich hatte in den 80ern mal einiges von Rolf Dieter Brinkman gelesen, insbesondere "Rom, Blicke". Das hat er wohl großenteils während des Aufenthalts dort geschrieben.
    Was die Stadtschreiber betrifft, so hatte ich mich irgendwann gefragt:
    Wie viel Städte gibt es eigentlich, die sich noch keinen genehmigen? :wink:


    Blieben ja auch, wo der Rundfunk weniger wurde, Jobs fürs Fernsehen.
    Da hab ich aber nur im Blick, dass, mal auf Deutschland bezogen, ein Teil der Krimiautoren auch Drehbücher schreibt. Bspw. für Tatort.
    Bzw. die Romane werden verfilmt, was ja auch eine Einkommensquelle ist.


    Übrigens gibt es auch welche, die als Übersetzer dazuverdienen.
    Bspw. Pieke Biermann, die in der Ecke Gutes abgeliefert hat.
    Naja, das ist Verdienen, kein Mäzenieren. :wink:


    Es gibt doch auch einen Deutschen Übersetzerpreis, oder?


    Merkwürdig, dieser Thread.
    Ich überleg immer mehr, wie machen die das eigentlich, sich durchzubringen?
    Gut, dass ich eine geregelte Arbeit hab.


    LG
    Leibgeber

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Zitat von "Steffi"

    da fällt mir der Mainzer Stadtschreiber ein. Wenn man sich die Liste so anguckt, hat es ja einige bekannte Schriftsteller darunter.


    Das kannste wohl sagen, ja.
    Ich hab mir das gerad angeschaut, das war letztes Jahr Sten Nadolny, und davor Raoul Schrott. Nix gegen zu sagen, aber haben DIE das finanziell nötig? Und der Peter Bichsel war es in Mainz, und in Bergen.


    Eine nette Literaturpreis-Übersicht hab ich auf die Schnelle
    (ist schon spät :wink: )
    hier
    http://www.asa.de/kuenstlerservice/
    http://www.uschtrin.de/preise.html
    gefunden.


    Naja. Die meisten dürften wohl eher NICHT lukrativ sein.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)