Sept. 2005 - Schiller: Über die ästhetische Erziehung ...

  • Hallo zusammen,


    Zitat von "sandhofer"

    *) Dasselbe gilt natürlich auch für Beiträge in Internet-Foren! :zwinker:


    Ja, ja, das denke ich auch so manches Mal, wenn ich mir überlege, was Schiller wohl von dem Quark halten würde, den ich hier verzapfe ... :zwinker:


    Aber damit muss er halt im Grabe fertig werden, wenn er schon so kompliziert und schwammig schreibt.


    Ich beeile mich jetzt ein bisschen, damit ich euch nicht so ewig lange hinterher lese.


    Beim 23. Brief habe ich mir überlegt, wen Schiller wohl als edlen Menschen ansehen würde: sich selbst? Und / oder Goethe? Dagegen der erhabene Mensch ist, wie ich es verstehe, der moralisch vollkommene
    Mensch, aber um das zu erreichen, muss er sich doch durch den ästhetischen Zustand durch ? Rätsel über Rätsel .


    Der 24. Brief umfasst eine Entwicklungsgeschichte des Menschen über drei Stufen: Sinnen-, Verstandes- und Vernunftmensch, wobei auch die letzte Kategorie noch nicht die Wahrheit erkannt hat, weil sie noch nicht frei genug dazu ist.


    Bis bald


    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Schiller hat zwischen zwei Arten der Kunst unterschieden, in die man Goethe un dihn einteilen kann und dabei ist ihm selber die höhere zuzschreiben. ;) Er war auf der einen Seite immer am zweifeln über sich und sein Schaffen, auf der andern Seite doch recht eingenommen von sich.


    Sandhofer, ich sage nicht, dass er es nicht weit gebracht hat und will seine Schrift auch nicht schmälern in dem Sinne. Ich beschrieb nur, wie sie auf mich wirkt.


    Schliesslich und endlich bleibt sich Schiller treu iin dieser Schrift. Das Konzept baut er von anfang an auf, schon in seinen medizinischen Schriften wird man mit dem verhältnis Körper-Geist konfrontiert, es wird ein Mittelding eingeführt, das vermitteln soll. Und so führt er seine Argumentation weiter, bis er sie am Schluss konkret anwenden kann auf dSinnlichkeit und SIttlichkeit, Moral und Ästhetik.

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Cosima"

    Sandhofer, ich sage nicht, dass er es nicht weit gebracht hat und will seine Schrift auch nicht schmälern in dem Sinne. Ich beschrieb nur, wie sie auf mich wirkt.


    Ich wollte Dich auch nicht kritisieren. Ich habe beschrieben, wie der Philosoph Schiller auf mich wirkt: ein äusserst begabter Dilettant, der - einige fachliche Schulung vorausgesetzt - zu den ganz Grossen (Kant, Hegel) hätte gehören können. Er schlug lieber den Weg des Dramatikers ein (wo Inkonsequenzen dem Charakter der Figur beigemessen werden können :zwinker: ) - und er tat wohl recht daran.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,

    Zitat von "finsbury"

    (Maja?),


    Kämpft noch....
    War weg und habe nun wieder viel zu tun, und die Briefe lesen sich wirklich nicht leicht!!! Keine Chance, anders als am Arbeitsplatz und in völliger Ungestörtheit zu lesen.
    Es tröstet mich, dass es Euch ähnlich geht und ich hoffe, dass ich noch Ruhe und Konzentration zum Weiterlesen finde.
    Bis später,
    Maja

  • Hallo zusammen,


    nun hab ich's auch geschafft und bin froh darüber :klatschen: .
    Und zwar sowohl darüber, dass ich diese wichtige Schrift gelesen und hoffentlich wenigstens Einiges verstanden habe als auch darüber, dass es jetzt vorbei ist.
    Nach wie vor fällt mir Schillers Sprache in seinen theoretischen Schriften schwer: Er schwankt oft zwischen streng dialektisch aufgebauten Strukturen und schwülstigem Pathos, wofür die letzte Seite das beste Beispiel ist.


    25. Brief:
    Definition der Schönheit [...] und ein Nachbild des Unendlichen, DIE FORM, reflektiert sich auf dem vergänglichen Grunde.
    Schiller zeigt sich in diesem Brief manchmal abgehoben und arrogant gegenüber Menschen, die Schicksalsschlägen ausgeliefert sind, wenn er schreibt: jedem Schrecknis der Natur ist der Mensch überlegen, sobald er ihm Form zu geben und es in sein Objekt zu verwandeln weiß. Da muss man schon ein vollendeter Hiob sein, um das zu schaffen.


    26. und 27. Brief:
    Beide leicht zu lesen und interessant: Hier wird nun der Spieltrieb auf eine
    Kulturgeschichte der Menschheit angewandt und der ästhetische Staat als oberste Vollendung gepriesen. Allerdings - wenn ich Sch. richtig verstehe,
    kann dieser Staat nicht in Wirklichkeit, sondern nur im schönen Schein existieren. Und nur dort würde auch das Ideal der Gleichheit zu erreichen sein - bitter, wenn man das mit dem jungen Schiller von "Räubern " und "Kabale und Liebe" vergleicht.


    Fazit: Ein wichtiges Werk, das mir den Autor und auch seine Stellung in der Epcohe der literarischen Klassik deutlich gemacht hat, aber es war Lesearbeit und nur selten Lesegenuss für mich.
    (Im Gegensatz zu Jean Paul: Da erarbeite ich mir den Genuss! :zwinker: )


    Maja, klasse, dass du trotz der Unruhe und Arbeitsbelastung nicht aufgibst. :blume:



    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Finsbury, ich muss gestehen, mir ging es gleich wie dir und die Briefe haben mir das Lesen und den Schiller ein wenig madig gemacht. Ich hatte sie ja schon gelesen gehabt als ich begannt und hatte mich etwas von der Literatur distanziert... :redface: eigenltich dumm, da der Auslöser der Aversion ein eigentlich nichtliterarisches Werk war, wenn man auch in der damaligen Zeit diese Trennung in der Schärfe nicht mal so machte. Wie auch immer, ich versuche grad, wieder zurückzufinden...irgendwie... :rollen:


    Was ziehen wir nun aus diesen Briefen? Wir sollen uns ein Tummelfeld in der Kunst suchen, auf dass wir sittlîch werden. Wenn was schön ist, ist es gut, wenn es gut ist, ist es sittlich. Ist irgendwie nachvollziehbar, einerseits offensichtlich, andererseits wieder weithergeholt. Wie man es nimmt. Nur weil ich schöne Bildchen malen kann, heisst es nicht, dass ich ein sittlicher Mensch bin, oder? Müsste doch, logisch gedacht? Oder nicht?

  • Hallo Cosima,


    Zitat von "Cosima"

    Nur weil ich schöne Bildchen malen kann, heisst es nicht, dass ich ein sittlicher Mensch bin, oder? Müsste doch, logisch gedacht? Oder nicht?


    Ich denke, ganz so platt meint er es nicht. Aber da unser guter Schiller sich so verquast ausdrückt, was Schönheit ist (vgl. meinen letzten Beitrag), muss er sich auch gefallen lassen, dass man seine Ausführungen so reduziert.


    Trotz der Mühen gehe ich zufrieden von dannen, denn es ist schon Einiges enthalten, was ich bedenkenswert finde. Warum fühlen wir uns denn häufig bereichert, wenn wir einen sogenannten Klassiker gelesen haben? Weil wir doch den inneliegenden Wert spüren, den freien Umgang mit Welt und Form: Shakespeare fällt mir da sofort ein, aber auch viele andere große Autoren.
    Und dieses Gefühl hat Schiller für mich etwas aufgedröselt.


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Dass Schönheit einen Wert hat, mag hinkommen, dass Schönheit ein gutes Gefühl gibt, auch. Dass Schönheit objektive Kriterien haben kann, müsste dann hinkommen, Lessing versucht dem in seinem Laokoon auch auf die Schliche zu kommen. Dass man aber die Schönheit und die Kunst damit rechtfertigen will, dass man sie als Tummelplatz für die SIttlichkeit und die MOral heranzieht, das find ich einfach etwas gar weit entfernt. Es scheint zu konstruiert. Dass er es konstruiert, ergibt sich schon aus dem Anfang. Er ergiesst sich in politischen Betrachtungen, kommt zum Schluss, dass in dieser Zeit man von nichts anderem als von den Umständen und Geschehnissen sprechen dürfte, auf keinen Fall von Kunst. DOch, das kann nicht sein, wo bliebe Schiller, wär das so. Und so braucht er ein Feld, das die Kunst quasi unerlässlich macht. Ich weiss, das ist sehr böse gesprochen, doch so kommt es mir vor.


    NIchts desto trotz bin ich froh, die Briefe gelesen zu haben, nichts desto trotz werde ich mich weiter der Kunst (vor allem der schreibenden) widmen und hoffe - ob trotz oder wegen - ein sittlicher Mensch zu sein. :breitgrins:

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "finsbury"


    Ich denke, ganz so platt meint er es nicht.


    Ich hatte es jetzt auch nicht so "platt" verstanden. In einem früheren Brief (ich weiss nicht mehr in welchem :redface: ) hat Schiller, wenn ich mich recht erinnere, ja explizit gesagt, dass ein guter Künstler nicht unbedingt ein sittlich-moralisch guter Mensch sein muss. Sein Kunstwerk kann aber andere auf diesen Weg führen (helfen).


    Allerdings hatte ich das Gefühl, dass der Spieltrieb mit zunehmendem Fortschreiten im Text immer weniger spielerisch und immer ernster wird. Ist er zu Beginn eigentlich nur eine Art Kitt zwischen zwei Lebensformen, wird er zusehends zu einer eigenen Lebensform, zu der anzustrebenden Lebensform - allerdings dann eher als ästhetisches Gefühl. So ist es jedenfalls im Moment bei mir abgespeichtert. Geht es Euch auch so?


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo ,


    Zitat von "sandhofer"

    Allerdings hatte ich das Gefühl, dass der Spieltrieb mit zunehmendem Fortschreiten im Text immer weniger spielerisch und immer ernster wird. Ist er zu Beginn eigentlich nur eine Art Kitt zwischen zwei Lebensformen, wird er zusehends zu einer eigenen Lebensform, zu der anzustrebenden Lebensform - allerdings dann eher als ästhetisches Gefühl. So ist es jedenfalls im Moment bei mir abgespeichtert. Geht es Euch auch so?


    Grüsse


    Sandhofer


    So meinte ich das auch, als ich schrieb

    Zitat


    Allerdings - wenn ich Sch. richtig verstehe,
    kann dieser Staat nicht in Wirklichkeit, sondern nur im schönen Schein existieren.


    Villeicht erlebte Schiller z.B. seine Zusammenarbeit und Partnerschaft mit Goethe als eine Art Vewrwirklichung dieser Lebensform.


    Man muss sich wohl damit abfinden, dass das Ganze etwas verquast bleibt. Es ist nicht umsonst eine wichtige Schrift des deutschen Idealismus :breitgrins: .


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)


  • Ich denke (hoffe/unterstelle) auch, dass er es nicht so platt meint. Nur: Ein Maler kann also ein Bild malen, das schön ist. Durch das Malen ist er selber nicht moralisch gut, durch das anschauen der Schönheit wird dann aber ein Dritter moralisch besser? Macht das dann Sinn? Das würde ja heissen, dass der, welcher Schönheit produziert, Schönheit nicht empfängt und dass die Schönheit allein es nicht ist, sondern man eben auch für sie empfänglich sein muss. Es braucht also noch was..Was wäre dann das? Oder hab ich wieder was falsch verstanden? Oder falsch im Gedächtnis?

  • Na, wenn ich schon dabei bin, werde ich wohl noch ein wenig bei Schiller weiter lesen und mich chronologisch rückwärts bewegen und Kallias dran nehmen. Mal sehen, wie sich Schiller da gibt.

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Cosima"

    Das würde ja heissen, dass der, welcher Schönheit produziert, Schönheit nicht empfängt und dass die Schönheit allein es nicht ist, sondern man eben auch für sie empfänglich sein muss. Es braucht also noch was..Was wäre dann das?


    Eben diese Disposition, das Empfänglich-Sein? Mir kommt dabei die calvinistische Gnadenwahl in den Sinn, die besagt, dass da einer noch so gute Taten vollbringen kann, wenn ihn Gott nicht erwählt hat (aus seiner Gnade, ohne dem Menschen einsehbare Gründe!), dann wird er später das Paradies doch nicht gewinnen. Während ein anderer, von Gott ebenso grundlos erwählt, im Prinzip das Paradies gewinnen kann, selbst wenn er hier auf Erden rauben, morden, saufen und huren würde. Natürlich ist es dann so, dass sich der Mensch der Gnadenwahl als würdig erweisen soll, und deshalb auch ein frommes und gottgefälliges Leben führen soll. (Und der Nicht-Erwählte übrigens auch - sozusagen zur höheren Ehre Gottes ... ) Aber zwischen dem einen und dem andern besteht theologisch gesehen für einen Calvinisten kein kausaler Zusammenhang. Und sehr ähnlich scheint mir Schillers Spieltrieb bzw. ästhetische Erziehung zu funktionieren. Wenn ich mich recht erinnere, kam Schiller ja auch aus einem Pfarrershaus.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus