März 2002: Miguel Cervantes - Don Quijote

  • Hallo Nimue (bzw. JMaria)!


    Jetzt ist doch schon einige Zeit vergangen, und unser gemeinsames Lesen scheint eingeschlafen zu sein! Was ich übrigens sehr schade finde, ich finde das Buch wirklich sher gut, aber alleine weiterlesen möcht ich nun auch nicht. Bin jetzt mit dem 35. oder 36. Kapitel fertig, und frage mich nun (nach dem ersten Drittel), was mit dir, Nimue, los ist. Bist du noch dran oder hast du keine Lust mehr oder keine Zeit?!


    Und was ist mit dir, JMaria? Bist du schon miteingestiegen oder noch immer mit dem lieben Joseph beschäftigt?


    Ich les jetzt erst mal nicht weiter (es gibt genug anderes), aber würde mich darüber freuen, wenn ich endlich wüsste, was nun mit unserer kleinen Runde los ist...


    Gruß, Angélique

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  • Hallo Angelique


    Ikarus und ich lesen gerade den letzten Band der Joseph-Sage und würden, evtl. danach einsteigen in den Don Quixote, wenn ihr noch nicht zu weit seit, das sehen wir ja dann. Aber ich denke, ich brauche schon noch 1 Woche (mindestens, wenn nicht 2) bis ich durch bin.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria!


    Das wär schön, wenn du und Ikarus mit einsteigen würdet...
    Also, wie gesagt, ich weiß nicht genau, wie weit Nimue mittlerweile ist (ich denke, sie hatte in der letzten Zeit eh wenig Zeit dafür), aber ich hab schon über 400 Seiten, also bis einschließlich Kapitel 36, geschafft. Aber ich würde klar auf euch warten; und anscheinend kommt ihr eh schnell voran mit dem Lesen, sonst wärt ihr nicht schon bald mit dem Joseph ganz fertig. Also da macht euch mal keine Gedanken...


    Gruß, Angélique

  • Hallo ihr alle,


    tut mir leid, wenn ich mich in der letzten Zeit etwas rar gemacht habe. Ich kann im Moment auch nicht so viel schreiben, weil ich eine totale Matschbirne habe 8O
    Ich war nämlich Donnerstag / Freitag auf einem Seminar "Literatur & Politik" in Gummersbach (bei Köln), das recht anstrengend war (mit Schreibwerkstatt, Diskussionen und herrlichem Essen *g*). Und heute war schon das nächste Seminar für mich: Presse & Öffentlichkeitsarbeit (in Wiesbaden).


    Ich kann gerne noch ein bißchen ausführlicher berichten, wenn euch das interessiert, aber ich denke, ich werde sowieso auf Literaturschock einen kleinen Bericht online stellen (zumal ich von Lutz Rathenow, der das erste Seminar leitete, eine Menge Bücher mitgekriegt habe, die ich nur ja auf meiner HP vorstellen soll :) )


    Zum Don Quijote: Ich möchte das Buch auf jeden Fall weiterlesen! Nur geht es bei mir eben sehr langsam und ich habe ein sehr schlechtes Gewissen deswegen :(
    Aber wie gesagt: Weiterlesen werde ich auf jeden Fall! Gebt mir ruhig zwischendurch mal einen Tritt! *g* Ansonsten wäre es natürlich toll, wenn Du, Angélique, noch ein bißchen von Deinen bisherigen Eindrücken erzählen würdest. Vielleicht komme ich dann besser wieder rein?


    Liebe Grüße
    nimue

  • Ein Bild, das in meiner Ausgabe des Don Quijote zu finden ist:


    [Blockierte Grafik: http://www.klassikerforum.de/pics/quijote.jpg]


    Außerdem habe ich noch das kleine Reclam Heftchen von Martin Franzbach über Cervantes durchgeblättert und folgendes Zitat gefunden:


    "Wenn wir den Don Quijote deuten, interpretieren wir uns selbst. Wir spiegeln uns in ihm und gleichzeitig schulden wir ihm einen Teil unseres geistigen Lebens. Wir sind Geschöpfe des Cervantes. Der Dichter könnte sich in uns spiegeln wie der Patriarch, der stolz auf sein Geschlecht ist"
    (Unamuno, Philosoph).

  • Hallo,


    ich habe in der Chronik ein Bild von Don Quijote abgelegt und dann gleich noch ein Zitat des kleinen Reclam Hefts dazugeschrieben.


    Ich werde so langsam mal weiterlesen am Don Quijote und werde auch weiterhin hier berichten. Parallel dazu schmökere ich noch in dem kleinen Reclam-Heft, das doch einiges noch erklärt (auch über die Zeit, in der das Werk entstand und die Nachwirkungen).


    Liebe Grüße
    nimue


    P.S.: Nun lese ich also drei Bücher parallel:


    1. Cervantes "Don Quijote"
    2. Tad Williams "Otherland 2"
    3. bald im Funny Fantasy Forum "Thief of Time" von Terry Pratchett


    *argh*

  • Unter der Rubrik "Literatur & Kunst" gibt es nun eine Bildergallerie, die sich speziell der Kunst rund um Don Quijote widmet. Insgesamt sind 85 Bilder vorhanden. Teilweise sind sie jedoch etwas ladeintensiv, da ich sie nicht allzu klein komprimieren wollte, um die Schönheit der Bilder zu erhalten.


    Don Quijote Gemäldegallerie

  • Ich will mal in Erfahrung bringen, was Ihr von "Don Quijote" haltet. Meine Meinung dazu: Ich habe "Don Quijote" vor ca. 3 Jahren gelesen, es ist erstaunlich leichte Literatur, für ein Werk das bereits so antiquiert ist. Allerdings konnte ich während des gesamten Lesens keine Bindung zu den Hauptcharakteren aufbauen. Teilweise interessierte es mich nicht mal richtig was ich gerade las. Abgesehen davon, sind die vermeintlich komödiantischen Passagen nicht wirklich annähernd so komödiantisch. Das mag allerdings um 1600 so gewesen sein, der Humor der Menschen hat sich eben auch verändert.
    Also schreibt mir, was ihr davon haltet.

    Mit freundlichen Grüßen,<br />Roberto

  • Hallo Roberto,


    leider sind wir noch nicht sehr weit mit dem Don Quijote, aber ich glaube, Cervantes ging es nicht darum, daß man einen Bezug zu den Hauptcharakteren aufbauen sollte. Vielmehr ist das Buch für mich ein Schelmenroman, der Kritik an der damaligen Gesellschaft ausübt. Leider kenne ich mich mit dieser nicht sehr gut aus, weshalb mir wohl einiges bei der Lektüre entgeht.


    Anfangs habe ich mich übrigens auch gewundert, wie wunderbar unkompliziert dieses Buch zu lesen ist.


    Übrigens haben sich sehr viele Künstler mit dem Thema "Don Quijote" befasst. In meiner Rubrik "Literatur & Kunst" habe ich derzeit 85 Gemälde darüber gesammelt.


    Ich bin mal gespannt, wie euch die Idee gefällt :-)


    Liebe Grüße
    nimue

  • Hallo Roberto!


    Ich bin wohl schon am weitesten hier mit Don Quixote (ca. 3/4 des ersten Buches), aber ich muss sagen, mir gefällt es sehr gut.
    Zum Einen, weil es wirklich ziemlich leicht zu lesen ist, und außerdem, weil es wirklich witzig ist. Ich musste schon einige Male laut lachen, als ich ein paar Szenen gelesen habe.
    Ich hab dazu sogar ein Zitat aus einer Kritik über das Buch:


    "Als Philip III., König von Spanien, einmal sah, wie ein junger Mann sich vor Lachen krümmte, kommentierte er: >>Der Bursche hat entweder seinen Verstand verloren, oder er liest gerade Don Quixote<<.


    Das sagt doch schon alles, finde ich! Und zumindest auf mich trifft es auch zu (gut, Humor ist auch Ansichtssache!).


    In der gleichen Kritik (aus "Bücher - alles was man lesen muss") steht noch etwas sehr Interessantes:


    "Das Besondere an Don Quixote ist aber, dass die europäische Literatur mit diesem Roman >erwachsen< wurde. Bis dahin hatte man die Frage >>Fiktion oder Wirklichkeit?<< nie gestellt. Von jetzt an mussten sich alle Leser vor Augen führen, dass man sich in eine *fiktive* Welt begibt, wenn man einen Roman zu lesen beginnt."


    Und jetzt kommt es:


    "Don Quixote ist dieser Herausforderung nicht gewachsen. Er ist nicht in der Lage, Wirklichkeit und Fiktion als zwei getrennte Welten zu behandeln."


    Und ich denke, gerade dieser Aspekt ist es, der auf der einen Seite die Komik des Werkes ausmacht, aber auf der anderen Seite damals wie heute genug Fragen und Stoff zum Nachdenken aufwirft.
    Aber ich glaube, darüber sollten wir erst weiterreden, wenn wir alle das 2. Buch zu Ende gelesen haben werden (worin Don Quixote nämlich kurz vor seinem Tod erkennt, "dass er einer Illusion erlegen war" (wie mein Buch mich so schön aufklärt ;-) ).



    Zu Nimue:
    Über die Gesellschaft des 17. Jh in Spanien weiß ich leider auch so gut wie nichts - es wäre interessant, darüber merh zu erfahren!
    Wann liest du eigentlich weiter?



    Liebe Grüße, Angélique

  • Hallo Roberto


    ich habe Don Quijote noch nicht gelesen, habe aber mit dem Vorwort heute begonnen und mir ist folgende Aussage aufgefallen und das, ich vermute mal, war auch das Bestreben des Autors für das Buch:


    ...sondern Ihr habt nur darum bemüht zu sein, daß in schlichter Weise, mit bezeichnenden, anständigen und wohlgefügten Worten, Euer Stil und Satzbau klangvoll und anmutig dahinschreite; indem Ihr in allem, was Ihr erreichen könnt und was Euch möglich ist, Euern Endzweck getreulich darstellt und Eure Gedanken zum Verständnis bringt, ohne sie zu verwickeln und zu verdunkeln. Strebet auch danach, daß beim Lesen Eurer Geschcihte der Schwermütige zum Lachen erregt werde, der Lachlustige noch stärker auflache, der Mann von einfachem Verstande nicht Überdruß empfinde, der Einsichtsvolle die Erfindung bewundere, der sinnig Ernste sie nicht mißachte und der KEnner nicht umhinkönne, sie zu loben....


    Vielleicht war diese Einstellung zur Schriftstellerei damals erfrischend anders und ist deswegen heute auch noch aktuell.


    Da du dich auch der Schriftstellerei widmest, müßte das Vorwort dir evtl. zugesagt haben. Trotz Humor steckt doch auch sehr viel Ernst dahinter und die Hinweise, daß der Erzähler sich Gedanken um ein Vorwort und Nachwort macht, oder auch um Einbauen von Versen berühmter Dichter, damit das eigene Werk, gebildeter wirkt und aber in Endeffekt ist das nicht das wichtigste, fand ich sehr interessant.


    Mal sehen, wie mir das ganze Buch gefällt :)


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Ikarus


    du schriebst:

    Zitat


    Du scheinst vom Joseph auch nicht loszukommen Ich habe auch noch etwas Probleme damit, meinen Kopf davon frei zu bekommen. War doch ein sehr intensives Leseerlebnis. Ich habe bis jetzt etwas über 100 Seiten "Don Quijote" gelesen, aber irgendwie werde ich mit dem Buch nicht richtig warm. Obwohl es mir sehr gut gefällt. Komisch. Vielleicht wird´s ja noch.


    du hast recht, ich habe auch noch nicht den Kopf frei für Don Quijote, wie er es bestimmt verdient. Thomas Mann fordert den ganzen Menschen beim Lesen. Du wirst es nicht glauben, aber ich bin um die ungelesenen T.M's die ich noch im SUB habe, getigert.
    In die Hand genommen, geblättert, aber dann schnell wieder weggelegt, sonst komm ich nie rein in den Cervantes :roll:


    Aber es ist schon eine große Umstellung. So ging es mir auch damals bei Alexander Dumas, ich glaube, da haben wir zuvor 'Die Schachnovelle' von Zweig gelesen. Obwohl dies nur eine kleine Novelle war, hab ich die Umstellung sehr bemerkt.


    Aber ich bin auch erst beim Vorwort vom Stiefvater des Don Quijote. Es gefällt mir wie der Berater dem Stiefvater den Tipp gibt, nur nicht zuviel Gewicht auf das Vorwort, das Nachwort und Querverweisen zu legen, oder gar Verse/Weisheiten anderer Dichter einzufügen, nur damit das Buch intelligenter wirkt. Sondern so erzählen wie es ist, und nicht anders.


    Das hat mir gut gefallen.


    Gerade sind Gewitterwolken in Anmarsch, ideales Wetter um weiterzulesen.


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Nochmals Hallo :-)


    Ich bin ja noch nicht sehr weit, aber ich frage mich, warum Cervantes einen Mann erschuf der sich wünscht ein Ritter zu sein und dadurch die Realität nicht mehr sieht, einer Illusion nachjagt?


    Gilt es zur Warnung, oder eine Mahnung für Verständnis, weil es evtl. gewisse Werte (das Rittertum) im Aussterben in Begriff war, oder liegt der Wunsch des Autors zu sagen, daß der Wunsch nach Abenteuer, raus aus dem langweiligen Trott in jedem Menschen steckt?


    Immerhin ist Don Quijote, als er sich auf macht bereits 50 Jahre alt.


    Bei der Warnung denke ich an die Worte im Buch, die besagen, daß Don Quijotes Lesen von Ritterromanen sein Hirn weich werden ließ.


    Bestimmt wird das Buch die Antwort selbst liefern. Wollte aber vorweg mal meine Gedanke äußern.


    Kurz bevor er loszog, gab es nochmal ein Zaudern bei Don Quijote, vielleicht der letzte Rest von Vernunft, das sich noch zeigte?


    Kaum war er auf freiem Feld, als ihn ein schreckliche Gedanke anfiel, und zwar ein solcher, der ihn beinahe dahin gebracht hätte, das angefangene Unternehmen wieder aufzugeben: nämlich der Gedanke, daß er nicht zum Ritter geschlagen sei.....


    Durch die Zeichnungen in meinem Buch kann ich mir die traurige Gestalt wie sie auf dem klapprigen Gaul dahintrottet, sehr gut vorstellen. Es rührt mich an und belustigt zugleich.


    Dann gibt es noch die brutale Seite, wie er ohne zögern die zwei Mauleseltreiber niederschlug, das fand ich vom Autor überzogen dargestellt. Ich vermute aber, das das dazugehört, da die ganze Geschichte irgendwie unglaubwürdig aufgebauscht wird.


    ...so brach er doch den Kopf des Treibers in mehr als drei Stücke, denn er schlug ihn in vier auseinander...


    trotzdem sollen die Treiber überlebt haben. Naja ;-)


    Ich gebe zu, mit diesen Übertreibungen habe ich so meine Probleme, weil ich noch keinen Sinn darin sehe. Darum meine obigen Fragen bzw. Gedanken.


    Hier noch ein Teil aus Rosinates Gespräch mit, ich vermute, einem anderen Pferd:


    Babieca: So hager, Rosinante, so verschlissen?
    Rosinante: Weil's Arbeit stets und niemals Futter gab.
    Babieca: Wirft Euch der Dienst nicht Stroh und Gerste ab?
    Rosinante: Mein Herr verabreicht mir nicht einen Bissen......
    Wo Herr und Diener in de Welt rumlungern
    Und grad so schäbig sind wie Rosinante?


    Wie kann man einen Hengst Rosinante nennen, ich dachte das wär eine Stute ;-)


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria!


    Ich schalte mich jetzt auch mal ein, schließlich habe ich ja das Ganze ebenfalls schon gelesen (nur ist das mittlerweile auch schon wieder etwas länger her ;-)).


    Zitat

    Ich bin ja noch nicht sehr weit, aber ich frage mich, warum Cervantes einen Mann erschuf der sich wünscht ein Ritter zu sein und dadurch die Realität nicht mehr sieht, einer Illusion nachjagt?
    Gilt es zur Warnung, oder eine Mahnung für Verständnis, weil es evtl. gewisse Werte (das Rittertum) im Aussterben in Begriff war, oder liegt der Wunsch des Autors zu sagen, daß der Wunsch nach Abenteuer, raus aus dem langweiligen Trott in jedem Menschen steckt?


    Ich habe mich das auch schon gefragt, aber bis jetzt (Ende des 1. Buches) habe ich noch keine Antwort gefunden. Für mich aber erscheinen dein 1. und dein 3. Vorschlag am plausibelsten.
    Vielleicht wollte Cervantes aber auch nur ein witziges Buch schreiben, wer weiß.


    So witzig ist es ja überdies gar nicht, das stimmt. Ich habe mich ebenfalls schon über die erschreckende und gar nicht so selten vorkommende Gewalt gewundert. Dadurch erscheint mir das Buch manchmal wie ein Zeichentrickfilm, Tom & Jerry z.B., oder auch Itchy & Scratchy. Die Personen vermöbeln sich gegenseitig aufs Übelste, aber das alles wird oft nicht als "echt" dargestellt, sondern eben wie in einem Cartoon. "Unglaubwürdig aufgebauscht" hast du es genannt. Genau so ist es.


    Zitat

    Durch die Zeichnungen in meinem Buch kann ich mir die traurige Gestalt wie sie auf dem klapprigen Gaul dahintrottet, sehr gut vorstellen. Es rührt mich an und belustigt zugleich.


    Das stimmt. Don Quixote macht mich manchmal auch traurig, ich bemitleide und bedauere ihn, undich könnte fast über ihn weinen, wenn es nicht andererseits so zum Schreien komisch wäre. Das macht das Buch auch zu etwas wirklich Besonderem, denn als Leser ist man selbst in einem Zwiespalt, weil man nicht weiß, was man über den "Helden" denken soll. Und ich glaube, genauso verhält es sich auch bei den Menschen, denen Don Quixote über den Weg läuft - sie sind ebenfalls verwirrt, weil sie nicht wissen, was sie denken sollen angesichts dieses "Verrückten".


    Zitat

    Wie kann man einen Hengst Rosinante nennen, ich dachte das wär eine Stute ;-)


    Das ist wirklich seltsam, ich habe auch erst gestutzt. Frag mich nicht, was Cervantes dabei wieder im Sinn hatte... :-)


    Viel Spaß noch beim Lesen
    wünscht
    Angélique

  • Hallo ihr beiden


    @ JMaria: ich glaube, wir sind etwas "Thomas-Mann-geschädigt". Ich habe zu anfangs des Don Quijote auch immer nach einem " tieferen Sinn" gesucht, bis ich gemerkt habe, daß das bei diesem Buch fehl am Platz ist und man sich so den Spaß an dieser wirklich komischen Geschichte nimmt.


    Ich denke, daß Cervantes eine Satire auf die zu seiner Zeit überaus populären Ritterromane schreiben wollte. Er wollte seinen Landsleuten vorführen, was für einen Schund sie da lesen, indem er die typischen Attribute dieser Romane auf den Kopf stellt und satirisch überhöht. Und vielleicht wollte er anhand seines "Helden" sagen, daß das Lesen dieser Schundromane zum Realitätsverlust führen kann.


    Ich habe zwar nie einen solchen Ritterroman gelesen, denke mir aber, daß es darin meist um einen strahlenden, vor Männlichkeit strotzenden jugendlichen Ritter auf edlen Rosse geht, der sämtliche Gefahren bravourös meistert, aus allen Gefechten als strahlender Sieger hervorgeht und zum Schluß sein geliebtes Burgfräulein freit.
    Cervantes schuf dazu seinen Anti-Helden Don Quijote. Ein schon älteres hageres Männlein mit weicher Birne auf einem alten Klepper. Genausowenig wie Don Quijote etwas von einem edlen Ritter hat, hat sein Pferd etwas von einem stolzen Hengst. Sämtliche "Abenteuer" werden mit mehr oder minder großen gesundheitlichen Beschädigungen bezahlt und die große Liebe existiert nur in der Phantasie.


    Angélique, Deinen Vergleich mit den Zeichentrick-Cartoons finde ich sehr treffend. Und wenn man den Roman in diesem Sinn liest, hat man großen Spaß daran. Z. B. die Turbulenzen im Schlafraum der Schenke in Kapitel 16 ist reinster Slapstick.


    In meiner Ausgabe des Romans sind sehr hilfreiche Anmerkungen. Es wird oft darauf hingewiesen, daß Cervantes einige typische Merkmale aus anderen Ritterromanen wortwörtlich im Don Quijote eingearbeitet hat. Dort wird auch der Name "Rosinante" erklärt:


    Rosinante - von Rocin, Gaul und antes, vorher bzw. vorhergehend. Also hat das Wort die Doppelbedeutung: (vorher) ein gewöhnlicher Gaul, (jetzt) allen Gäulen vorangehend.


    Meine Devise ist jetzt: Weniger über einen tieferen Sinn nachdenken - einfach lesen und sich über diese tragikomische Geschichte amüsieren.


    Viele Grüße
    ikarus

    &quot;Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand&quot; (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo zusammen


    Beim Weiterlesen des Don Quijote sind mir noch ein paar Gedanken gekommen.


    Nachdem ich das Buch die ersten Kapitel eher als Parodie auf Ritterromane
    gelesen habe, denke ich nun, daß doch etwas mehr dahinter steckt. Die
    Figuren gewinnen an Tiefe. Don Quijote erscheint mir nicht mehr nur als der
    tumbe Narr, sondern als Getriebener in Sachen Menschlichkeit. Er meint es ja
    nur gut und glaubt ständig, jemanden aus Gefahr befreien und überhaupt gegen
    das Böse in der Welt ankämpfen zu müssen. Seine Bemühungen enden jedoch alle
    in Enttäuschung. Eine eher tragische Figur.
    Sehr schön zu lesen finde ich auch, wie sich langsam eine Freundschaft
    zwischen Sancho Pansa und seinem "Herrn" entwickelt.


    Ich kann mir vorstellen, daß ein nicht unwichtiger Aspekt ist, daß Cervantes
    den Roman zu Zeiten der spanischen Inquisition geschrieben hat.
    Mitmenschlichkeit war damals keine sehr gefragte Tugend. Ob Cervantes seine
    Landsleute dazu aufrütteln wollte mehr Menschlichkeit zu üben und sich gegen
    die Inquisition zu stellen? Und auch wenn dieser Widerstand zu
    Enttäuschungen führt nicht aufzugeben?


    Vielleicht ist der Roman auch autobiographisch und Cervantes war jemand, der
    sich stets für das Gute eingesetzt hat und dabei ständig enttäuscht worden
    ist? Ich weiß nichts über die Lebensgeschichte Cervantes´. Vielleicht wäre
    eine Cervantes-Biographie zum besseren Verständnis des Buches hilfreich?


    Das Phänomen, daß Menschen nicht mehr zwischen Realität und Fiktion
    unterscheiden können finde ich auch ein zeitloses Thema und gerade wieder
    sehr aktuell. Was bei Don Quijote die Ritterromane bewirkt haben, schafft
    heute das Fernsehen, die Werbung, Computerspiele etc. Und auch heute treten
    wieder Zensoren auf, die meinen bestimmen zu können, was gut oder schlecht ist. (Wie der Pastor bei der Bücherverbrennungsszene im 6.
    Kapitel).


    Und: Steckt nicht in jedem von uns ein Don Quijote? Sieht nicht
    jeder die Welt so, wie er sie sehen möchte?


    Das Buch scheint jedenfalls vielschichtiger zu sein, als es zunächst den
    Anschein hatte.


    Nur so ein paar Gedanken vom
    ikarus

    &quot;Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand&quot; (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo Ikarus
    danke übrigens für die Erklärung für Rosinante, da sieht es gleich viel vernünftiger aus. Don Quijote hat ja auch lange gebraucht um für sich und dem Pferd einen Namen zu geben. War ja gut durchdacht.


    Deine Gedanken sind sehr gut und ich glaube auch, daß das die richtige Richtung ist.


    Schon beim ersten Abenteuer in der Schenke hatte ich so ein Gefühl. Diese Unvoreingenommenheit und Höflichkeit der 2 leichten Mädchen gegenüber, auch wenn sie dem Wahn entsprach, da er dachte es wären Burgfräulein, fand ich rührend und irgendwie mahnend. Kann den Gedanken oder das Gefühl aber noch nicht so recht greifen.


    Vielleicht wenn ich soweit wie du bin. Ja - wieweit bist du denn?


    ich bin an der Stelle wo er seine Bibliothek sucht und die 'guten Freunde' sogar die Wand zugemauert haben. So was!


    Bei der Bücherverbrennung ging schon ein Stich durch mein Gemüt und jeder der gern liest, gings bestimmt genauso. War schon nachdenklich stimmend, daß gerade ein Geistlicher die Auswahl traf, welches Buch verbrannt wird und welches nicht. Darunter hat Cervantes auch sein Buch 'Die Galatea' erwähnt, das auch fast das Opfer der Flammen wurde.

    Ein Teil von Don Quijote ist entstanden als er im Gefängnis war:

    1569 verläßt er Spanien Richtung Italien und im Dienste de Kardinals Acquaviva kommt er auch an den päpstlichen Hof. Später tritt er in die spanische Marine ein und nimmt 1571 an der Seeschlacht bei Lepanto teil, in der die Spanier das Vordringen der Türken in den Mittelmeerraum stoppen können. Cervantes wird an der linken Hand verwundet. Er nimmt an weiteren Feldzügen teil und als er 1575 nach Spanien zurückkehren will, gerät er gemeinsam mit einem seiner Brüder in die Gefangenschaft algerischer Seeräuber. Mehrere Fluchtversuche scheitern und erst nach 5 Jahren kann er als ihm die Verlegung nach Konstantinopel droht durch den Trinitarierorden freigekauft werden. In dieser Zeit der Gefangenschaft entstehen bereits literarische Werke.


    Cervantes ist jetzt 33 Jahre alt und sein heldenhaftes Soldatenleben findet hier ein Ende.1583 erscheint sein erstes Theaterstück: "El trato de Argel" Zu der Enttäuschung über den Niedergang der spanischen Weltmacht, kommt die persönliche Lage, die von Mißerfolgen geprägt ist. Auch die Heirat mit der sehr viel jüngeren Catalina de Palacios im Jahre 1584 bringt keine Änderung seines Gemütszustandes. Kurzfristigen finanziellen Erfolg bringt das Erscheinen des Schäferromans "La Galatea". Cervantes verdient sich seinen Lebensunterhalt als Proviantkommissar der spanischen Flotte in Andalusien und schließlich als Steuereinnehmer in Granada und Malaga. Im Zuge letzterer Tätigkeit veruntreut er Staatsgelder und sitzt 1597/98 in Sevilla im Gefängnis, wo das Konzept zum Don Quijote entsteht.






    Dazu kommt die Vereinsamung von Kindern und Jugendlichen durch diese neuen Medien. Ich denke, es ist alles eine Frage des Maßes. Zuviel von irgendwas ist nie gut.


    und du hast recht, Bücherverbrennung ist eine Art Fanatismus der einen bitteren Nachgeschmack hinterläßt.


    Zitat

    Und: Steckt nicht in jedem von uns ein Don Quijote? Sieht nicht
    jeder die Welt so, wie er sie sehen möchte?


    Unbedingt. Jeder schöpft aus irgendetwas Hoffnung, was für einen anderen vielleicht nicht nachvollziehbar ist.


    Ich gehe mal weiter mit den Gedanken: Möchte nicht jeder von uns Heldentaten verbringen? wie immer sie auch aussehen mögen?


    Deine Gedanken waren sehr inspirierend. Ich muß sehen, daß ich demnächst weiterlese.


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria


    Danke für die Cervantes-Kurzbiographie. Dieser kurze Abriß hat mich so neugierig gemacht, daß ich mir heute 2 Cervantes-Biographien aus der Bücherei geholt habe. (Ob ich allerdings dazu komme, die zu lesen? Eher fraglich. :roll: )


    Zitat

    Zu der Enttäuschung über den Niedergang der spanischen Weltmacht, kommt die persönliche Lage, die von Mißerfolgen geprägt ist.


    Dieser Satz bestätigt meine Vermutung, daß der Don Quijote durchaus auch autobiographisch zu lesen ist.


    Zitat

    War schon nachdenklich stimmend, daß gerade ein Geistlicher die Auswahl traf, welches Buch verbrannt wird und welches nicht.


    Genau dieser Zusammenhang hat mich an die spanische Inquisition denken lassen. Angélique und Nimue haben sich in ihrer Diskussion schon darüber unterhalten, daß zwar die Bücher verbrannt wurden, aber eigentlich deren Autoren gemeint waren. So sehe ich das auch. Damals entschied auch die Geistlichkeit, wer als Ketzer oder Hexe verbrannt wird.


    Link zur Inquisition:
    http://www.marioschumann.de/gesch04.htm#_ftn1


    Ich komme nun zum 22. Kapitel


    Viele Grüße
    ikarus

    &quot;Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand&quot; (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo zusammen


    ist ziemlich ruhig ;-)


    Liegt vielleicht auch daran, daß das Buch sehr leicht zu lesen ist, oder?


    Hier ein paar Gedanken:


    Die Gespräche zwischen Don Quijote und Sancho haben es mir auch sehr angetan, Ikarus. Er belehrt Sancho, daß ein Ritter :


    1. Schmerzen ertragen muß ohne zu jammern
    2. keinen Hunger verspürt, weil er immerzu an seine Liebe denkt
    3. Unbequemlichkeiten in Kauf nimmt


    Das wird dann in den nächsten Kapiteln total von Don Quijotes Verhalten widerlegt :D


    1. er jammert sehr, als er die vielen Hiebe einstecken muß
    2. er nimmt die Gastfreundschaft der Hirten sehr in Anspruch und futtert sich regelrecht durch
    3. statt auf einer Wiese zu übernachten (die Wiese, auf der D.Q. , Sancho und Rosinante daniederlagen vor Schmerzen), will er den Komfort einer Burg (die natürlich eine Schenke ist) in Anspruch nehmen *g*


    Sind euch die Widersprüche in Wort und Wirklichkeit auch aufgefallen?


    Das ernste Gespräch zwischen D.Q. und Vivaldo über das Rittertum, war ja sehr aufschlußreich. Ist Rittertum gleich Heidentum, wenn D.Q. nicht für Christus ins Feld zieht, sondern für Dulcinea?


    D.Q. hatte auf alles eine Antwort ;-)


    Sehr schön fand ich die Rechtfertigungsrede von Marcela, dass man Liebe nicht erzwingen kann. Sehr schön geschrieben.


    Ich gebe aber zu, daß ich das Klagelied des verstorbenen Grisostomos nur überflogen habe. Diese Versformen liegen mir nicht.


    Das Kapitel als Rosinante starke Gefühle für galizische Stuten bekommt, ist sehr zum schmunzeln :-)


    Ich bin erst bei Kapitel 16.
    Ikarus, bist du schon sehr weit voraus?


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria


    Zitat

    ist ziemlich ruhig ;-)


    Liegt vielleicht auch daran, daß das Buch sehr leicht zu lesen ist, oder?


    Ich war ein paar Tage verreist und bin auch erstaunt, daß es so ruhig geblieben ist. Das Buch ist einerseits schon sehr leicht zu lesen, andererseits aber tiefgründiger als es zunächst scheint.


    Die Widersprüche zwischen Anspruch und Wirklichkeit hast Du sehr gut dargestellt. Ist mir beim Lesen gar nicht so aufgefallen.


    Die Rede der Marcela hat mir auch sehr gut gefallen.


    Zitat

    Ich gebe aber zu, daß ich das Klagelied des verstorbenen Grisostomos nur überflogen habe. Diese Versformen liegen mir nicht.


    Mit solchen Versen geht es mir wie Dir. Damit habe ich auch immer so meine Probleme.


    Ich bin auch noch nicht sehr weit gekommen. Das 24. Kapitel steht jetzt an. Ich habe aber die nächsten zwei Wochen Urlaub, in denen ich wahrscheinlich viel Zeit zum Lesen haben werde. Leider werde ich mich aber in dieser Zeit nicht im Forum hier melden können. :cry: Ich freue mich aber jetzt schon darauf, nach meiner Rückkehr Eure Beiträge hier zu lesen. :D


    Bis dahin viel Spaß beim Weiterlesen und viele Grüße


    ikarus

    &quot;Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand&quot; (Erasmus von Rotterdam)