Göttliche Kommödie: Welche Übersetzung nehmen ?

  • Hallo,


    ich bin absoluter Literatur-Neuling: Zu Weihnachten habe ich "Bildung" von D. Schwanitz bekommen (tolles Buch) und bin nun ganz begierig auf Weltliteratur. :smile:


    Bis jetzt habe ich mich in die griechische Mythologie eingearbeitet - und danach die Ilias und die Odyssee gelesen (eine überarbeitete Voß-Übersetzung). Derzeit lese ich "Don Quijote" und danach will ich mich an der "Göttlichen Komödie" versuchen, ansonsten kenne ich gar nichts an Literatur (nur die Literatur-Zusammenfassung im Buch von Schwanitz). Aber das wird noch ... :zwinker:


    Ich habe im Internet schon einige Kommentare über Dante und die "Commedia" gelesen und weiß also in etwa was auf mich zukommt.


    Nur: Welche Übersetzung sollte ich am besten nehmen ? Ich hätte es gerne möglichst originalgetreu und einigermaßen gut verständlich. Auf gereimte Verse kann ich auch verzichten, aber in Versen sollte es schon sein, also keine Prosafassung.
    Eine Ausgabe mit ausführlichem Kommentar wäre auch nicht schlecht.


    Was gibt es so für Übersetzungen, was könnt Ihr mir da empfehlen ?
    Sollte ich vor der Commedia evtl. noch was anderes lesen um die Commedia besser zu verstehen ?


    Gruß Dietrich (der zur Zeit gerne alles auf einmal lesen möchte)

  • Hallo Dietrich


    Persönlich fand ich die Übersetzung von Walter und Ida von Wartburg (inkl. Anmerkungen und Einleitungen zu jedem Gesang) eigentlich sehr gut. Gibt es zur Zeit als Sonderausgabe bei Manesse.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Guten Abend!


    Zitat von "Dietrich"


    ich bin absoluter Literatur-Neuling: Zu Weihnachten habe ich "Bildung" von D. Schwanitz bekommen (tolles Buch) und bin nun ganz begierig auf Weltliteratur. :smile:


    Nun ja :breitgrins:


    "Bildung" ist ziemlich oberflächlich, enthält nicht wenig Falsches und ist teilweise so klischeehaft, dass es an Falschheit grenzt. Wenn es aber Interesse für die Weltliteratur weckt, werde ich ihm einen Pluspunkt geben :smile:


    Ich würde empfehlen, dass du dir unsere Leserunde zu Dante ansiehst, da wird ausgiebig aus verschiedenen Übersetzungen zitiert.


    Dante ist für einen Weltliteratureinsteiger ziemlich komplex, hast du dir das auch gut überlegt? :winken:


    CK

  • Hallo


    ich habe die Übersetzung von Wilhelm G. Hertz, dtv.


    Sie reimt sich nach dem Muster
    a, b, a,
    b, c, b,
    c, d, c,


    Dadurch entsteht so eine Art Sog, immer weiter zu lesen. Mir war es bei meinem Allein-Versuch trotzdem zu schwierig.


    Wenn du es nicht ganz so schwer haben willst, lies doch erst noch etwas anderes - eine "Parzifal"-Version von Wolfram von Eschenbach oder Chrestien de Troyes, das Nibelungenlied oder einen Teil von Boccaccios "Decamerone". Fand ich alles wesentlich besser verständlich als "Die Göttliche Komödie".


    Ansonsten wünsche ich dir aber viel Spaß! Und es freut mich, das außer mir noch jemand Schwantiz' "Bildung" mag. Du wirst zwar schnell an seine Grenzen stoßen, wenn du dich selbst ein bisschen länger umgeschaut hast, aber er bietet wirklich einen unterhaltsamen Einstieg, nich?


    Liebe Grüße
    Nightfver

  • Hallo !


    Mir ist natürlich klar, dass "Bildung" nur oberflächlich sein kann. Etwas störend ist auch, dass der Autor einige Dinge recht einseitig schildert, wie ich nach Lesen des Geschichtsteils bemerkt habe. Und ein paar Fehler habe ich selber auch schon entdeckt. Aber als Orientierungsleitfaden für einen Einstieg halte ich es für super gut geeignet. Für mich ist es genau das richtige, da ich bisher gar keinen Zugang zu Literatur/Kunst/Philosophie hatte. Und es ist einfach unterhaltsam, darin zu lesen. :smile:


    Ich habe nun mal in einer Buchhandlung und im Internet in einige Ausgaben der Commedia hineingeschaut. Mein erster Eindruck ist folgender:


    Gmelin (Reclam): Gut lesbar
    Hertz (Winkler, dtv): Einigermaßen lesbar, gereimt
    v.Wartburg (Manesse): Gut lesbar, die Sonderausgabe gefällt mir aber überhaupt nicht (schlechtes Papier, Buch ist klein, aber fast 6 cm dick)
    Streckfuß (gutenberg.de): Anstrengend zu lesen, gereimt
    Vossler (Bertelsmann): Hab ich noch nicht gesehen (wohl OOP)
    Falkenhausen (insel): Anstrengend zu lesen
    J.v.Sachsen (diogenes): Hab ich noch nicht gesehen


    Also werde ich wohl Gmelin oder v.Wartburg (vielleicht auch Hertz) nehmen, schaun wir mal. Überraschenderweise sind alle Ausgaben recht ausführlich kommentiert (das ist wohl auch notwendig). Also hoffe ich mal, dass ich keine großen Probleme beim Lesen bekomme.


    Danke für die Tipps. Den Thread zu eurer Commedia-Leserunde habe ich mir abgezogen, da steht ja eine ganze Menge drin. :klatschen:


    Von Parzival habe ich eine Prosafassung und das Dekameron habe ich inzwischen auch. Ich hatte eigentlich vor, beides direkt nach der Commedia zu lesen, kann ich aber auch vorziehen.


    Viele Grüße
    Dietrich (der derzeit aber noch mit Don Quijote beschäftigt ist)


    P.S.: Ja ich weiß, Komödie schreibt man mit einem 'm'. Der Schreibfehler kommt daher, dass ich kurz vor meinem Posting einen Blick in den italienischen Text der Commedia geworfen habe...

  • Hallo Dietrich, hallo Sandhofer,


    Merkwürdigerweise steht in meiner Ausgabe:


    Zitat

    Titel der Originalausgabe:
    'La Comedia' (Erstdruck Mantua 1479


    Von Dante Alighieri
    ist im Deutschen Taschenbuch Verlag erschienen:
    La Divina Comedia - Die Göttliche Komödie (5916)


    Ein Rechtschreibfehler bei dtv?


    Wikipedia nennt beide schreibweisen, mit einfachem und doppel-m


    LG
    Nightfever

  • Hallo zusammen!
    Hallo Nightfever!


    Zitat von "Nightfever"

    Merkwürdigerweise steht in meiner Ausgabe:

    Ein Rechtschreibfehler bei dtv?
    Wikipedia nennt beide schreibweisen, mit einfachem und doppel-m


    Es gibt m.W., auch im modernen Italienisch, beide Schreibweisen: "Commedia" oder "Comèdia".


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "Dietrich"


    Mir ist natürlich klar, dass "Bildung" nur oberflächlich sein kann. Etwas störend ist auch, dass der Autor einige Dinge recht einseitig schildert, wie ich nach Lesen des Geschichtsteils bemerkt habe.


    Dann ist es ja gut :smile:


    Ich habe das Buch nur quergelesen, erinnere mich aber an eine Menge Fehler. Plato als Erfinder der Metaphysik, "Industriebetriebe" im Mittelalter, ein ziemlich flapsiges 3.-Reich-Kapitel ...


    Hauptmangel ist aber, dass die Naturwissenschaften nicht berücksichtigt werden, was von einem völlig antiquierten Bildungsbegriff zeugt.


    CK

  • Meine Berufs-Fachabi-Ethik-Lehrerin, eine die allgemeine Regel bestätigende Ausnahme, meinte dazu, Bildung wäre das, was hängen bleibt. Unter dem Gesichtspunkt ist ein derart flapsig geschriebenes Buch, das dadurch nicht allzu trocken ist und, wie ich finde, auch keine falsche Seriosität vortäuscht, evt. nicht gar so verdammenswert. Dass man es zum Nachschlagen verwenden könnte, wie Schwanitz meinte, ist natürlich sein Wunschdenken, ganz und gar nicht zu empfehlen.
    Persönlich find ich den fehlenden Respekt und die offensichtliche Subjektivität eigentlich erfrischend, den Umstand, dass er kein falsches Mitleid mit dem Christentum hat dann wirklich sympathisch. Beispiel Judenverfolgungen und Demagogen: "Die prominentesten von ihnen hat die Kirche heilig gesprochen." Die Tatsache, dass das Papsttum und damit die ganze heilige römisch-katholische Kirche, auf einem Witz, bzw. einem kreativ interpretierten Wortspiel Jesus basiert, noch von einer Fälschung gestützt, wird ebenfalls nicht verschwiegen. Weiterhin zieht er fröhlich über einen Gutteil seiner geisteswissenschaftlichen Kollegen her, angenehm subjektiv. Eben kurzweilig, nicht tiefsinnig; Überblick, nicht Einblick.


    Für Naturwissenschaft gibt's "Die andere Bildung", von einem anderen Autor, hab ich noch nicht gelesen.

  • Hallo !


    Zitat von "Stoerte"

    ... Unter dem Gesichtspunkt ist ein derart flapsig geschriebenes Buch, das dadurch nicht allzu trocken ist und, wie ich finde, auch keine falsche Seriosität vortäuscht, evt. nicht gar so verdammenswert. .... Eben kurzweilig, nicht tiefsinnig; Überblick, nicht Einblick.


    Genau ! Ansonsten hätte ich es wohl kaum durchgelesen. Und hätte auch nicht mein Interesse für Literatur (u.a.) entdeckt. (Ich habe Informatik und Mathematik studiert.)


    Zitat von "Stoerte"

    Für Naturwissenschaft gibt's "Die andere Bildung", von einem anderen Autor, hab ich noch nicht gelesen.


    Hmm, da muss ich bei Gelegenheit mal reingucken, danke für den Tipp. :smile:


    Zitat von "sandhofer"

    Es gibt m.W., auch im modernen Italienisch, beide Schreibweisen: "Commedia" oder "Comèdia".


    Fein. Dann kann ich mir aussuchen, wie ich Com(m)edia schreibe. :breitgrins:


    Zitat von "xenophanes"

    Hauptmangel ist aber, dass die Naturwissenschaften nicht berücksichtigt werden, was von einem völlig antiquierten Bildungsbegriff zeugt.


    Tja, dieser Bildungsbegriff ist aber immer noch verbreitet (z.B. in meiner Familie). Das ist nun mal so. :sauer:


    Gruß Dietrich

  • Kann es sein, dass v.Wartburg Anthroposoph war? Oder Theosoph? Keine Frage, die Übersetzung ist ein guter (bzw. auch gut lesbarer) Tipp, danke dafür, Wartburg war auch ein renommierter Romanist und Religion ist sowieso Privatsache. Trotzdem kam mir die Frage, als ich in "Dante und sein Werk", scheints die Einleitung, von "geistiger Weltschau", "geistiger Schau" usw. las, klingt für mich nach Anthroposoph. google meinte eine Anthroposophin hätte den Kindern Wartburgs Musikunterricht gegeben, ein "Helmut v. Wartburg" ist Herausgeber eines Buches von Rudolf Steiner. Biographie Walthers fand ich leider nur eine, die es ausschliesslich gegen cash gibt. Kann man vllt. von der Uni-Biblothek aus einsehen, aber evt. weiss es ja auch hier jemand.