März 2002: Thomas Mann - Joseph und seine Brüder

  • Hallo Ikarus


    ich bin mit dem 1. Hauptstück noch nicht durch, aber mir gefällt dieser Mai-Sachme überaus gut.


    Da hat es Joseph wieder gut erwischt. Er wird gleich nach seinen Talenten eingesetzt und bringt sogar noch Verbesserungen der Lebensumstände im Steinbruch für die Häftlinge ein.
    d. h. bereits nach der 2. Ohnmacht wurde ein Häftling in die Krankenstation gebracht, nicht erst nach der 3. Ohnmacht. Die erste Ohnmacht zählt ja nicht, da die meist simuliert war *ggg*.


    Hast du die Liebesgeschichte zu anfangs, die Mai-Sachme erzählt auch genossen?


    Da wußte ich wieder, warum ich T. M. so gern lese


    Gruß Maria

  • Hallo Ikarus


    es ist so unheimlich ruhig


    Ich weiß im Moment nicht in welchem Tempo ich lesen soll, denn ich spurte nicht gern voraus, darum frag ich einfach mal nach, wieweit du bist


    Gruß Maria

  • Hallo JMaria


    Ja, ruhig hier. Aber ich habe zur Zeit etwas viel um die Ohren und mußte den "Joseph" deshalb leider vernachlässigen.


    Joseph hat es wirklich wieder gut erwischt. Sogar im Gefängnis macht er noch Karriere. Wird die rechte Hand des Aufsehers und gewinnt diesen sogar als Freund.
    Der junge, kränkliche Pharao macht sich daran "Amun", den Hauptgott seines Vaters, gegen "Aton" zu ersetzen. Das entspricht übrigens den historischen Tatsachen. Zu Ehren dieses Sonnengottes nannte sich dieser Pharao später Echnaton.
    Traumdeuter war im alten Ägypten ja ein wirklich bescheuerter Job. Oder nicht? Man konnte doch eigentlich nur alles falsch machen. Im Grunde kam es bloß darauf an, die Erwartungshaltung des Pharao zu treffen. Wenn der seinen Traum für ein negatives Zeichen hielt, konnte eine positive Deutung einen leicht in Krokodilfutter verwandeln. Im umgekehrten Fall natürlich genauso. Denn so schlecht fand ich die Deutungen der Kühe-und-Ähren-Träume gar nicht. Ich habe mir nämlich überlegt, wie ich diese Träume ausgelegt hätte. Viel ist mir nicht eingefallen. Ich wäre auch ein Fall für die Krokodile gewesen oder für den Türknauf im Auge. (Diese Foltermethode fand ich ja besonders pervers).


    Ich komme nun zum 3. Hauptstück.


    Viele Grüße
    ikarus

  • Hallo Ikarus


    Ich komme nun zu dem Kapitel im 2. Hauptstück 'Die Träume des Pharaos', also kurz vor dem 3. Hauptstück. Ich mußte schmunzeln, als du schriebst, daß du dir überlegt hast, wie du die Träume gedeutet hättest *ggg*


    Hat mich animiert, dies dann ebenfalls zu tun, aber ich bezweifle, daß mir mehr einfällt als dir


    Es besteht ja keine Hektik, wenn du viel um die Ohren hast, dann lesen wir halt langsamer. Ich möchte nur nicht zu weit voraus sein, weil ich dann immer wieder Gedanke vergesse, die aufkommen.


    Echnaton konnte ich auch identifizieren, nur war mir nie klar, daß dieser Pharao zu Zeit Joseph regierte. Meinst du das ist geschichtlich korrekt? Bisher fehlte mir die Zeit, da etwas tiefer nach zuforschen.


    Dieses Einführen des Gottes 'Aton' war damals ja die reinste Häresie. Thomas Mann nennt es Frechheit *g* und er hat sehr schön den Alterungsprozess des alten Pharaos beschrieben:


    2. Hauptstück: Der stechende Wurm:
    Denn allmählich waren seine Knochen zu Silber, sein Fleisch zu Gold, seine Haare aber zuechtem Lapislazuli geworden, eine sehr schöne Form der Altersversteifung, die aber trotzdem mit allerlei Pein und Krankheit verbunden gewesen war, ...allein vergebens, da gegen die Versilberung, Vergoldung und Versteinerung eines so hohen Alters kein Kraut gewachsen ist. Aber selbst unter diesen Umständen noch immer hatte der greise Re an seiner irdischen Herrschaft festgehalten, obgleich er hätte wahrnehmen müssen, daß diese angesichts seiner Altersschwäche, sich zu lockern und Furchlosigkeit, ja - Frechheit rings um ihn her einzureißen begonnen hatte.



    Ich weiß zwar diese Versilberung, Vergoldung nicht zu deuten, aber die Versteinerung ist vermutlich das steifer werden im Alter, die eingeschränkte Beweglichkeit des Bewegungsapparats. Warum das Haar des alten Pharaos wie Lapislazuli wurde, rätsele ich noch heute. Lapislazuli ist doch ein leuchtendes Mittelblau. Soweit zu meinen Grübeleien


    Viele Grüße und einen schönen Wochenbeginn
    Maria

  • Hallo Ikarus,
    JMaria hatte mich gebeten, Dich darauf aufmerksam zu machen, dass G. Grass ein eifriger "Joseph"-Leser ist.
    Ich habe neulich noch ein Exemplar der Sonderedition des "Werkstattberichts" vom letztjährigen "Welttag des Buches" bekommen können.
    Anlässlich eines längeren Klinikaufenthaltes schreibt Grass, dass er den "Joseph" gleich mehrfach gelesen habe. Allerdings erläutert er das nicht näher.
    Liebe Grüße, Fevvers

  • Hallo Fevvers


    Danke für die interessante Information. Günther Grass´ Gedanken zum Buch hätten mich schon sehr interessiert, da ich ihn sowohl als Mensch wie auch als Schriftsteller sehr schätze. Und er wird schon seinen Grund gehabt haben, den "Joseph" gleich mehrmals zu lesen, was ja schon eine bewundernswerte Leistung ist. Schade, daß Grass nicht näher darauf eingeht.
    Ich würde aber gerne wissen, was Dir an "Mein Jahrhundert" mißfallen hat. Ich habe das Buch zwar nicht gelesen, aber ich habe mal eine Lesung des Buches, von Günter Grass selbst, im Fernsehen gesehen. Ich fand es sehr spannend und mich haben die ungewöhnlichen Perspektiven beeindruckt, aus denen er die historischen Ereignisse schildert.


    Viele Grüße
    ikarus

  • Hallo Ikarus,
    ich lese nicht so gern kurze Texte, dafür kann Grass natürlich nichts, aber es hat mir den Zugang zu "Mein Jahrhundert" sehr erschwert, vielleicht sogar unmöglich gemacht.
    Viele Geschichten waren höchsten 2 Seiten lang, manche sogar nur eine, wenn ich mich recht erinnere. Es wurden viele interessante Themen und Personenkonstellationen angerissen (nach "1903" habe ich noch ein wenig darin gestöbert), von denen ich gern noch mehr erfahren hätte. Da ich das Buch nur ausgeliehen hatte, gebe ich ihm vielleicht noch eine Chance, wenn es als Tb erscheint.
    Der "Werkstattbericht" hat mich dagegen sehr fasziniert! Kennst Du den? Für die letztjährige "Welttags"-Sonderediton hat Grass ein fünftes Jahrzehnt hinzugefügt. Ich bin froh, dass ich noch ein Exemplar in der Buchhandlung bekommen habe. (Es gibt auch noch welche bei amazon, allerdings verteuert.) Es war ein kurzer, aber erhellender Überblick über die künstlerische Arbeit Grass' seit der Nachkriegszeit.
    Liebe Grüße, Fevvers

  • Hallo Ikarus


    habe nochmals im Netz geforscht und die obigen Sätze hat Thomas Mann übernommen aus einigen Aussprüchen des Gottes Re. Er hat wirklich gut recherchiert.


    Hier ein Auszug aus dieser HP:


    http://klausalba.bei.t-online.…eigaben/grabbeigaben.html


    Gold war immer Bestandteil einer königlichen Grabausstattung, denn für die Ägypter war Gold nicht nur ein Metall, sondern ein Träger magischer Kräfte. Gold konnte, beispielsweise, die Mumie vor dem Zerfall schützen, und symbolisierte deswegen Unsterblichkeit, denn auch das Fleisch der Götter war aus purem Gold.


    So spricht Ra: Mein Leib ist aus Gold, meine Knochen aus Silber und mein Haar aus echtem Lapislazuli.


    Das reichliche Vorkommen von Gold bei königlichen Mumien verdeutlichte den Anspruch des Pharao auf Unsterblichkeit und Göttlichkeit, indem es ihm als Sohn des Ra identifizierte.



    Gruß Maria

  • Hallo JMaria


    Du hast aber auch gut recherchiert und eine sehr schöne Ägypten-Seite gefunden :) Sehr interessant der Abschnitt über das Gold und das Ra-Zitat. Soviel ich weiß, war Thomas Mann zweimal in Ägypten. Und wie wir es von ihm ja gewöhnt sind, muß er sehr tief in die Materie eingetaucht sein.


    Mich fasziniert immer mehr, daß Thomas Mann an dem Joseph-Roman von 1926 bis 1943 mit teils längeren Unterbrechungen geschrieben hat und das ganze Werk trotzdem sehr homogen und wie aus einem Guß wirkt.


    Ich bin nun mit dem 3. Hauptstück fertig. Ich weiß nicht, was ich von diesem jungen Pharao halten soll. Er scheint mir etwas vergeistigt, überdreht und seine übertriebene Gestikuliererei hat mich manchmal sogar genervt. Aber trotzdem keineswegs unsympathisch. (Das habe ich bei Thomas Mann ja so schon öfter erlebt). Dann wirkt er auf mich sehr kindisch, was meiner Meinung nach aber daran liegt, daß seine Mutter die eigentliche Regentin ist und ihm bisher keine Entwicklungschance gelassen hat. Mit Josephs Auftritt merkt sie allerdings, daß ihr die Zügel aus der Hand gleiten. Man hat auch sofort gespürt, daß sich der Pharao und Joseph auf Anhieb sympathisch waren. Sehr schön zu lesen, wie er es versteht Amenhoteps Gedanken behutsam in die von Joseph gewünschte Richtung zu lenken, der sich somit wieder in eine vorteilhafte Situation und Position bringt.
    (Ich traue mich´s ja fast nicht zu sagen. Aber weißt Du, an wen mich diese Pharao-Figur erinnert? An König Ludwig II. Genauso stelle ich mir diesen Pharao vor.) :lol:
    Ich habe auch immer mehr den Eindruck, daß Thomas Mann wieder sehr viel von sich in diese Joseph-Figur hineingelegt hat. Einmal wird Joseph von Amenhotep mit "Zauberer" tituliert. Und so ließ sich ja auch Thomas Mann gern nennen.


    Wie weit bist Du? Nicht daß ICH jetzt zu sehr vorauseile.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo Ikarus


    Joseph steht gerade vor Pharao und sie unterhalten sich sich und sogar die Königinmutter Teje nickt anerkennend bei den Worten Joseph (Kapitel: Kind der Höhle)


    Dein Vergleich mit König Ludwig ist doch passend, ich finde den Gedanken toll, beide sind Visionäre, aber unverstanden von der Gesellschaft, zugleich aber Träumer und für ihr Amt eigentlich nicht geeignet.
    Echnation war ja alles andere als ein Krieger, wie sein Vater, vermutlich war ihm deswegen der Gott Amun zu dominant, daß er sich einem anderen zuwandte. Er hat auch die Regierungsgeschäfte am liebsten anderen überlassen.


    Auch, daß T. M. sich selbst in Joseph einbringt, würde zu dem Schriftsteller sehr gut passen. Auf die Gespräche zwischen Joseph und Echnaton bin ich weiter sehr gespannt. Deine Gedanken war für mich sehr interessant und wären mir mit Sicherheit entgangen.


    Manchmal verzettele ich mich mit Nachforschen, weil mich Gedanken nicht loslassen, das bremst natürlich mein Lesen. So hat es mich keine Ruhe gelassen mit Echnaton und wann er ungefähr gelebt hat.


    Folgendes habe ich herausgefunden:


    das genaue Geburtsjahr ist nicht bekannt, man siedelt aber seine Regierungszeit zwischen 1353-1336 v. Chr. ein. Aber da kann theoretisch Joseph nicht gelebt haben, weil der Auszug der Israeliten aus Ägypten ca. um 1540 v. Chr. stattfand und Joseph lebte ja nochmals ein paar Hundert Jahre vorher *grübel*.


    Auf der anderen Seite ist interessant, daß Echnation eine Aton-Hymne schrieb die die Wisschenschaft anlehnt an den Psalm 104. Den hat widerum König David geschrieben der ca. 1000 v. Chr. regierte.


    Verwirrend, nicht wahr? Aber nicht ganz so wichtig, wie ich finde
    schließlich gibt es auch schriftstellerische Freiheiten und da das genaue Geburtsjahr Echnatons nicht bekannt ist, kann man T. M. keinen Vorwurf machen.


    Ich vermute, daß T.M. der monotheistische Gedanke gefallen hat und deswegen Joseph und Echnaton miteinander verband.


    Wenigstens habe ich meine Gedanken nun wieder geordnet :roll:


    Nochmals zurück als Joseph zum 1. Mal Echnaton und Familie im Garten vorgestellt wird. Da wird von einem Künstler gesprochen der ein Bild von einer essenden Prinzessin machen soll. Ich hab tatsächlich ein Bild gefunden das dieser Szene entspricht:


    http://www.vonbastet.de/echnaton.htm


    Noch einen humorvollen Auszug, der mir viel Spaß gemacht hat zu lesen:


    Weißt du dich zu benehmen?, fragte er, während sie rechtshin die Halle verließen und einen Blumenhof betrten, in dessen verzierten Estrich vier Wasserbecken eingelassen waren.


    Allenfalls und im Notfall, antwortete Joseph lächelnd.


    Nun, der Notfall wäre denn wohl gekommen, erwiderte der Mann.
    Du weißt also wenigstens für den Anfang den Gott zu begrüßen?


    Ich wollte, ich wüßte es nicht, versetzte Joseph, denn allerliebst müßte es sein, es von dir zu lernen.


    Der Beamte blieb ernst vorderhand, lachte dann plötzlich, war man garnicht für möglich gehalten hätte....


    :)


    Irritiert hat mich der Beamte als er zu Joseph sagte: Merci, mein Freund.


    Konnten die Französisch :?: *gg*


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria


    Der Link zur Echnaton-Seite ist ja der Wahnsinn! Vielen Dank dafür. Das Suchen nach solchen Dingen hemmt zwar schon den Lesefluß, lohnt sich aber auch oft, wie Du mir mal wieder gezeigt hast. Ich bin in der Beziehung ja leider etwas faul. Bloß gut, daß ich Dich an meiner Seite habe :-)


    Zur zeitlichen Einordnung des Buches brauchen wir uns, glaube ich, wirklich keine weiteren Gedanken zu machen und können es unter schriftstellerischer Freiheit verbuchen. Thomas Mann hat einfach zeitlich verschiedene Ereignisse zusammengezogen und in EINER Zeit angesiedelt.


    Dazu schrieb er am 26. 4. 1928 im Berliner Tageblatt: "Ich schreibe an einem Schmöker, (...) Gegenstand des Buches ist die Fleischwerdung des Mythos; sein Held: Joseph, Jaakobs Elfter; seine Welt: der babylonisch-ägyptische Orient um 1400 vor Christo (...) seine Aufgabe: zu beweisen, daß man auf humoristische Weise mythisch sein kann."


    Das letzte ist Thomas Mann wirklich gelungen. Über dieses "Merci" mußte ich auch schmunzeln. Wie damals über das "So eine Hetz" der Torwachen. :-) Überhaupt empfinde ich das Buch als irgendwie augenzwinkernd und verschmitzt geschrieben.


    Du bist, glaube ich, noch im 3. Hauptstück, deshalb mache ich hier mal einen


    S
    P
    O
    I
    L
    E
    R


    denn gleich am Anfang des 4. Hauptstücks kommt ein Satz, der mir mal wieder die Genialität Thomas Manns gezeigt hat:
    "Und was sollte jetzt aus uns werden ohne jedes vernünftige Prinzip, da unser Schifflein, vom mäßig gehenden Strom der Erzählung dahingetrieben, wieder einmal an dem Rand eines Zeit-Katarakts bebt von sieben und sieben geweissagten Jahren?"


    Was für eine Metapher! "Katarakt" mußte ich nachschlagen. Es bedeutet sowohl "Stromschnelle" bzw. "Wasserfall" als auch "rasche Folge", "Flut von Ereignissen".
    Und tatsächlich habe ich den Eindruck, daß der Roman ab dem 4. Hauptstück ziemlich an Fahrt gewinnt. Ich merke auch an mir, daß ich auf einmal schneller lese. Josephs Hochzeit wird relativ schnell abgehandelt, seine Söhne werden geboren und die Jahre fliegen nur so dahin.
    Dazu paßt auch ein Satz, im Abschnitt über die Namen der Töchter Echnatons, über den ich richtig lachen mußte:
    "Die Namen der anderen, zum Teil sehr liebevoll erdacht, hätten wir ebenfalls am Schnürchen; aber indem wir eine leichte Verstimmung über die weibliche Einförmigkeit teilen, mit der sie sich aufreihten, haben wir keine Lust, sie herzusagen." *ggg*


    Das schreibt der detailversessene Thomas Mann!!! Da hätte ich eher erwartet, daß er uns am Lebenslauf jeder Tochter bis in die Enkelgeneration teilhaben läßt. :-)


    Ich komme nun zum 5. Hauptstück.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo Ikarus


    Ich komme nun zum 4. Hauptstück:


    toll, daß dir das mit dem Katarakt aufgefallen ist, wäre mir entgangen und du hast recht. Thomas Mann beherrscht mal wieder seine Sprache und seinen Humor :)


    Die Aussage T. Ms in diesem Artikel fand ich auch interessant. Einen Schmöker nannte er das Buch *g*.


    Auch dieser Satz kann nur von Thomas Mann stammen:


    Es mag sein, es ist möglich und nicht ganz von der Hand zu weisen, man muß damit rechnen.....


    ich glaube wenn ich nur diesen Anfang von diesem Satz sehen würde, könnte ich es gleich T.M. zuordnen. Gigantisch ;-)

    Geschickt führt sich Joseph mit Geschichten von seinen Vorfahren ein, die den Pharao zum Lachen bringt und stimmt ihn so günstig für ihn.


    Joseph spricht ja zum Teil indirekt zu Pharao und Pharao ist zwar ein Träumer aber nicht dumm, dem gefällt das sehr, das Joseph spricht und doch nicht spricht, da er Gedanken ausspricht....
    Instinktiv merkt Echnation, daß Joseph einen Hochmut in sich hat, den aber Joseph nun im reifen Alter gut zu unterdrücken weiß. Die Jahre im Gefängnis haben bestimmt dazu beigetragen.


    Pharao: An dir, mein Freund, spüre ich leider, bei übrigens gefälligen Sitten, eine Art Hochmut, - ich sage: eine Art, denn ich kenne deinen Hochmut nicht.....


    Ich glaube jetzt kann meinem Geschreibsel nur jemand folgen, der das Buch auch liest :lol:


    Teje hat Joseph durchschaut, daß er nicht mehr in Gefängnis zurück möchte, aber ich glaube sie heißt es gut, daß Joseph um Echnation ist, denn Joseph ist absolut ehrlich zu Echnaton. Das zeigte die Begebenheit als er Pharao nicht recht gab und erzählte, daß auch sein Ur-Vater Abraham sich gerüstet hat um Krieg zu führen um Lot, seinen Neffen zu befreien. Das war bestimmt nicht ungefährlich, so zu einer Majestät zu sprechen, da Echnaton überhaupt nichts mit Krieg am Hut hatte.


    Teje sagt einen Spruch, den die Religionen lange Zeit ebenfalls so praktizierte:


    Pharao ist zu loben, wenn er Glaubens-Staatsklugheit übt und die Einfalt der Zahlreichen schont....Auch ist Schonung und Wissen kein Widerspruch, und nicht braucht Lehrertum das Wissen zu dämpfen. Nie haben Priester die Menge alles gelehrt, was sei wußten...


    Kommt einem bekannt vor ;-)


    so wurde nun Joseph Pharaos Oberster Mund. Gut gemacht Joseph! 8)


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Ikarus


    da heute das absolute Lesewetter bei uns war, habe ich das 4. Hauptstück mit Genuß gelesen und muß dir recht geben, es geht nun Schlag auf Schlag und Joseph mit seiner rechnerischen Begabung ist am richtigen Platze.


    Wie bereits oben erwähnt wäre mir garnicht aufgefallen, daß Joseph auch als Zauberer bezeichnet wurde, wenn du es nicht erwähnt hättest. Ist doch gut, daß du weiter bist als ich, so kann ich sozusagen in deinem Windschatten lesen :lol:


    zu erwähnen wäre noch T. M. Erklärung warum sich Joseph und Potiphars Frau sehr wahrscheinlich überhaupt nicht mehr trafen. Der alte Pharao war tot und die Minister und Wesire wechselten vermutlich mit dem neuen Pharao. Kann ich mir gut vorstellen.


    Aber T. M. konnte es als Geschichtenerzähler nicht lassen, wie die Geschichte evtl. auf Orientalische Art hätte sein können. Darüber mußte ich so Lachen. Leider ist es zu lange um hier aufzuschreiben, aber vielleicht erinnerst du dich?


    Am Ende des Gesponnenen schreibt T.M. :

    Das alles ist Moschus und persisches Rosenwasser. Mit den Fakten hat es nicht das geringste zu tun. Erstens starb Potiphar nicht so bald. Warum hätte der Mann vorzeitig sterben sollen.......ebenso gewiß ist, daß sie keine Bußhütte bezog und sich nicht öffentlich der Schamlosigkeit anklagte... Kapitel: Der versunkene Schatz


    Die Zeit vergeht nun wirklich wie im Flug im Buch. Die Heirat (mehr ein aufgesetztes Spektakel von seiten der Eltern des Mädchens), die Kinder.
    Joseph nur Söhne, Pharao nur Töchter...


    und auch mir erging es so, daß ich das Gefühl hatte schneller zu lesen, als ob T.M. nun zum besonderen, zum wichtigen Teil der Sage kommen möchte, nämlich Joseph Bestimmung als Ernährer...


    Der Titel 'Der Ernährer' ist sehr passend, nicht nur Ägypten ist er ein Ernährer, sondern der ganzen damaligen anliegenden Länder und insbesondere seines Volkes.


    Denn wie gegen Ende des 4. Hauptstückes mehrmals erwähnt wird, hat Joseph nichts von seiner Erziehung, von seiner Herkunft vergessen. Auch seine Söhne bekommen hebräische Namen.


    Nun bin ich im 5. Hauptstück, Kapitel Thamar.


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria


    Ich habe dieses "Lesewetter" auch genutzt und bin jetzt mitten im 6. Hauptstück.
    Mir hat auch sehr gut gefallen, wie Thomas Mann mittels Josephs Gedanken dem Leser wieder langsam die Erinnerung an das frühere Geschehen wieder ins Gedächtnis ruft und so auf die die kommenden Ereignisse vorbereitet.
    Im Kapitel "Thamar" sind wir dann zum ersten mal wieder ganz in Palästina. Ich hatte beim Lesen ein Gefühl, wie wenn man nach langer Zeit wieder alte Freunde trifft. :D
    Aber was für ein fanatisches, hinterlistiges Weib! Meine "Freunde" haben mir richtig leid getan und ich war froh, als das Kapitel zu Ende war.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo Ikarus


    Also ich fand das Kapitel Thamar imponierend. Was für eine Frau, die auf ihr Recht auf Schwagerehe bestand. Mich hat ihre Entschlossenheit in die Reihe der Stammmütter eingereiht zu werden nicht abgestossen.
    Was hatte sie, als Außenseiterin denn für Möglichkeiten? Sie erkannte, daß mit Jakob ein mächtiger Gott war, Jakob erzählte ihr, daß aus Abrahams Same ein Retter 'Schilo' kommen würde. Ich glaube, das war zu dem Zeitpunkt nicht mal Juda so richtig klar. Da entschloss sie sich zu dieser Vorfahrenliste des Schilos (Jesus) gehören. Zielstrebig, aber natürlich in der Ausführung auch skrupellos.


    Deshalb taten mir die Juda und seine Söhne auch leid ;-)
    Ich stellte es mir so bildlich vor, wie sie den nächsten Sohn forderte und beim jüngsten hat sich Juda wie eine Löwin davor gestellt und sie ein Vampirin genannt. Juda war ganz schön gefordert.


    Zu der Entschlossenheit kam dann auch noch jahrelange Geduld. Sie vergaß ihren Vorsatz nicht und wenn ihre Handlungsweise Gott zuwider
    gewesen wäre, dann hätte er doch Onan nicht zu Tode gebracht.


    Ihre Idee, Judas Astarte-Schwäche zu benutzen, war raffiniert und zum Schluß wurde sie gesegnet mit Zwillingen :-)


    Ich fand das Kapitel ganz toll.


    --------


    Ist dir aufgefallen, den Unterschied zwischen Juda und Joseph?


    im 5. Hauptstück wird über Juda gesagt:
    Aber was hilfts? Nur wer am Leibe krank, ist vom Leben entschuldigt. Ist man nur krank im Gemüt - das hat keine Gültigkeit, niemand verstehts und man muß teilnehmen am Leben und mit den anderen die Zeit halten.


    über Joseph wird im 6. Hauptstück gesagt:


    Und wirklich war etwas Witziges in seinem Geschäftssystem von Ausnutzung und Fürsorge, so daß er denn auch in dieser Zeit trotz großer Arbeitsbürde immer sehr heiter war und daheim zu Asnath, seiner Gemahlin, der Sonnentochter, wiederholt die Äußerung tat: Mädchen, ich lebe gern.


    Was für ein Unterschied.


    Ich bin nun im 6. Hauptstück: Kapitel : das Verhör


    Bist du schon durch?


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria


    Ich muß Dir recht geben. "Thamar" ist mit Sicherheit eines der stärksten Kapitel des Buches. Allerdings mit einer, zumindest für mich, sehr unsympathischen Hauptfigur. Du nennst ihr Verhalten zielstrebig, aber auch skrupellos. Ich bezeichne es als religiösen Fanatismus und das war es, was mir etwas zuwider ging. Freilich waren ihre Handlungen Gott nicht zuwider. Gott lenkt die Geschicke der Menschen, auch wenn man es manchmal nicht gleich versteht. Das macht Thomas Mann dann sehr schön deutlich, als die Brüder geplagten Gewissens vor Joseph stehen und sich gegenseitig beschuldigen. (Kapitel "Zanket nicht!") Joseph beschwichtigt sie: "Das mußte alles so sein, und Gott hat´s getan, nicht ihr, El Shaddai hat mich abgesondert schon frühzeitig vom Vaterhaus und mich verfremdet nach seinem Plan. Er hat mich vor euch hergesandt, euch zum Ernährer,-". Mir hat Juda richtig leid getan. Immerhin ist er von Jaakob zum Erben eingesetzt worden. Völlig zu recht, wie die weiteren Kapitel zeigen als er sich zum Sprecher der Brüder macht und vor Joseph redet.
    Danke, daß Du mich darauf aufmerksam gemacht hast, daß mit Shiloh Jesus gemeint ist. Das habe ich nämlich mal wieder nicht kapiert. So habe ich den entsprechenden Abschnitt gerade nochmal gelesen. Spätestens bei den Bezeichnungen "Friedensfürst" und "Menschensohn" hätte der Groschen auch bei mir fallen müssen, wenn ich genauer gelesen hätte.


    Ist "Astarte" eigentlich eine Art "Liebesgöttin"? Das Wort ist mir beim Lesen schon aufgefallen, ich weiß aber nicht genau, was das sein könnte.


    Ganz durch bin ich noch nicht. Ich komme im 7. Hauptstück zum Kapitel "Die Bewirtung".


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo Ikarus


    Religiöer Fanatismus könnte es auch gewesen sein, das Thamar antrieb, obwohl mir dieser Gedanke garnicht in den Sinn kam, auch vom Gefühl her hätte ich eher auf Macht getippt.


    Es gibt doch einiges zu überlegen, wenn man gemeinsam ein Buch liest.


    Ich weiß noch im Band 1 Die Geschichten Jaakobs, da hatte ich mit den Dialogen zwischen Jakob und Joseph etwas Probleme, sie schienen mir so gestellt, nun aber, finde ich die Gespräche besonders in diesem abschließenden Band bewundernswert ausgefeilt.


    So ging es mir auch beim 'Zauberberg'. Je näher ich dem Ende kam, desto faszinierender fand ich das Buch. Anscheinend zaubert T. M. tatsächtlich ;-)


    zurück zum Buch:
    Astarte ist die kanaanitische Kriegs- und Liebesgöttin, gleichzusetzten mit der babylonischen Ischtar, der griechischen Aphrodite und der römischen Venus.


    Ich bin im Kapitel 'Geld in den Säcken'. Mai-Sachmet und Joseph sind ja hinterlistig *ggg*.


    Nochwas:
    In diesem Kapitel sagt Joseph zu seinen Brüdern, die ihn ja nicht erkannten:


    Ja, eine Garbe tauber Ähren seid ihr und wollt mich bestechen mit eurem Beugen und Neigen. Dolmetsch, wiederhole ihnen das, was ich gesagt habe, was sie seien, ---


    Das war ganz schön riskant von Joseph, dies zu sagen. Sie hätten sich ja an seinen Traum erinnern können, den er ihnen damals erzählte, daß die Brüder Garben waren und sich vor der Garbe in ihrer Mitte tief verbeugten.
    Aber sie haben es nicht verstanden.


    Die Brüder sind nun zurück zu Jakob und der hat gleich gesehen, daß 1 Sohn fehlt.


    Bis dann
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria


    In Deinem letzten Posting schriebst Du:


    Zitat

    Es gibt doch einiges zu überlegen, wenn man gemeinsam ein Buch liest.


    Glaubst Du, mir geht es anders? Das finde ich gerade das Spannende am gemeinsamen Lesen, daß man dazu gezwungen wird, auch andere Seiten der Lektüre zu betrachten. Es ist schon, so, daß, wenn zwei Leser das gleiche Buch lesen, es nicht dasselbe ist, sondern sie zwei verschiedene Bücher lesen. Z. B. aufgrund Deiner Einwände zum Kapitel "Thamar" habe ich mich gefragt, ob ich dieses Kapitel vielleicht zu sehr aus männlicher Sicht gelesen habe. Ich las es daraufhin nochmal und es haben sich ganz neue Perspektiven eröffnet. Da war ich Dir (mal wieder) richtig dankbar.


    Zum 6. und 7. Hauptstück noch kurz.
    Als es auf das Wiedersehen Jaakobs mit Joseph zuging, befürchtete ich schon ein Abgleiten der Geschichte in Rührseligkeit. Beim anstehenden Sterben Jaakobs erst recht. Aber nichts dergleichen! Thomas Mann hat alle Klippen drohenden Abgleitens ins Kitschige bravourös umschifft. Den Tod Jaakobs nutzt er sogar dazu, uns Lesern (merkwürdigerweise schreibt er aber immer von Hörern) die Technik der Einbalsamierung nahezubringen.
    Jaakob geht ja mit Ruben ganz schön ins Gericht. Dieser "Muskelturm" mit seinem kleinen Kopf war mir immer sehr sympathisch. Da hatte ich wirklich Schwierigkeiten mir vorzustellen, wie ein 78-jähriger am Sterbebett seines 106-jährigen Vaters steht und sich eine Standpauke abholt. Aber auch die anderen, bis auf Juda, Benjamin und natürlich Joseph, kommen nicht ungeschoren davon. Die Bezugnahme zu den Sternbildern ist mir allerdings nicht klar geworden.


    Anfangs des Kapitels "Pharao schreibt an Joseph" im 6. Haupstück schreibt Thomas Mann: "Die Geschichte kennen kann jeder. Dabei gewesen zu sein, das ist es." Das könnte man als Motto über das ganze Buch stellen. Ich war schon etwas skeptisch, als Du das Buch vorgeschlagen hast und dachte mir: "Eine Nacherzählung der Joseph-Geschichte? Na, ich weiß nicht. Die Handlung ist ja schon bekannt. Was soll das bringen?" Aber schon bald habe ich meine Zweifel abgelegt. Thomas Mann war einfach ein Genie! Wie er diese biblische Geschichte mit Farbe und Leben ausgefüllt hat, ist schier unglaublich. Diese geduldige Genauigkeit und gemächliche Ausführlichkeit des Buches habe ich als sehr wohltuend empfunden. Man erfährt beim Lesen eine richtige "Entschleunigung" seines Lebens. Und lernt nebenbei noch eine Menge über das Alltagsleben und die Gesellschaft im alten Ägypten.


    Ich werde jetzt erstmal ein paar Tage brauchen, um von diesem (nicht nur umfangmäßig) gewaltigen Werk Abstand zu gewinnen und mich langsam auf den Don Quijote vorbereiten.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo JMaria


    So ganz komme ich von Thomas Mann doch noch nicht los. Ich habe mal wieder in der Mann-Biographie von Hermann Kurzke geblättert und bin auf ein Kapitel gestoßen, das sich mit den menschlichen Vorbildern der Figuren im Joseph-Roman beschäftigt.
    Thomas Mann soll zwar gesagt haben, daß der "Joseph" seine erste Arbeit sei, die ohne menschliche "Modelle" auskomme, aber einige Personen im Umfeld Thomas Manns scheinen den literarischen Figuren sehr nahe zu kommen.


    Hermann Kurzke glaubt, daß sich Thomas Mann selbst im Joseph wiederfinden läßt. Eigentlich naheliegend. Auch Thomas Mann ging den Weg vom hochmütigen, träumerischen Künstler zum politisch denkenden Menschen.


    Benjamin = Michael Mann. Der jüngste Sohn von Thomas.


    Der Ismaeliter, der Joseph gekauft hat = Samuel Fischer. Manns Verleger. Er soll ein untrügliches Gespür für den Wert einer Ware, sprich Manuskriptes, gehabt haben.


    Dudu und Gottliebchen = Theodor Lessing und Samuel Lublinski. Zwei jüdische Kritiker. Der eine (Lessing) hat Thomas Mann immer heruntergemacht, der andere auf Händen getragen. Lessing soll von relativ kleinem Wuchs gewesen sein und mit einer großwüchsigen Frau verheiratet.


    Mai-Sachme = Martin Gumpert. Ein Hausfreund der Manns, der in Erika Mann verliebt war, die ihn aber abblitzen ließ.


    Thamar = Agnes Meyer. Thomas Manns reiche amerikanische Gönnerin. Sehr ergeizig. Sie wollte unbedingt ein Verhältnis mit Mann anfangen und soll ihm das auch relativ deutlich zu verstehen gegeben haben. Thomas Mann hat dieses Ansinnen jedoch erfolgreich abgeblockt. Ihre Zudringlichkeit soll ihm furchtbar auf die Nerven gegangen sein.


    Asnath = Katia Mann. Wie bei Joseph und Asnath war auch bei Thomas und Katia Mann zuerst der Entschluß zur Ehe da, bevor sich gegenseitige Zuneigung entwickelte.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo Ikarus
    ich bin nun auch mit Joseph fertig und muß erstmal durchatmen. Was für ein Epos. Gigantisch. Ich hätte nie gedacht, daß mir die Geschichte so gut gefallen würde.


    In Deinem letzten Posting schriebst Du:


    Zitat


    Glaubst Du, mir geht es anders? Das finde ich gerade das Spannende am gemeinsamen Lesen, daß man dazu gezwungen wird, auch andere Seiten der Lektüre zu betrachten. Es ist schon, so, daß, wenn zwei Leser das gleiche Buch lesen, es nicht dasselbe ist, sondern sie zwei verschiedene Bücher lesen. Z. B. aufgrund Deiner Einwände zum Kapitel "Thamar" habe ich mich gefragt, ob ich dieses Kapitel vielleicht zu sehr aus männlicher Sicht gelesen habe. Ich las es daraufhin nochmal und es haben sich ganz neue Perspektiven eröffnet. Da war ich Dir (mal wieder) richtig dankbar.


    da hatten wir einen Gedanken, obwohl ich nicht nochmals die Kapitel über Thamar gelesen habe, ist mir auch in den Sinn gekommen, dass ich wohl eine sehr weibliche Sicht der Dinge habe. Wenn ich ein Mann wäre, dann würde mich diese Entschlossenheit, dieser Fanatismus auch zurückschrecken. Überhaupt haben die Frauen in der Schilo-Prophezeihung immer sehr resolut eingegriffen in die Geschichte. Ich denke an Sara, als sie Abraham befahl Ismael, den Halbbruder Isaak, wegzuschicken, dann Rebecca, die Frau Isaaks, als sie den Segenstausch vornahm und Jakob statt Esau gesegnet wurde. Thamar wurde schon besprochen und sicher gibt es noch ein paar.


    Zitat


    Zum 6. und 7. Hauptstück noch kurz.


    Jaakob geht ja mit Ruben ganz schön ins Gericht. Dieser "Muskelturm" mit seinem kleinen Kopf war mir immer sehr sympathisch. Da hatte ich wirklich Schwierigkeiten mir vorzustellen, wie ein 78-jähriger am Sterbebett seines 106-jährigen Vaters steht und sich eine Standpauke abholt. Aber auch die anderen, bis auf Juda, Benjamin und natürlich Joseph, kommen nicht ungeschoren davon. Die Bezugnahme zu den Sternbildern ist mir allerdings nicht klar geworden.


    ist mir auch nicht klar geworden, denn ich kenne mich auch sonst nicht mit Sternbilder aus. Aber Rubens tat mir auch leid.


    Interessant fand ich wie Jakob sich damit abfand, daß Joseph nicht den Segen des Erstgeborenen bekam. Das war bei dem Wiedersehen der beiden in Gosem. Jakob sagte zu ihm, daß er gesegnet sei in weltlichem Sinne und nicht im geistigen. Vom Gefühl her würde ich sagen, daß es Thomas Mann so ganz lieb war, denn von Joseph und Ägypten wird gesagt, daß im Volke viel gelacht wurde (Kapitel vom Schelmischen Diener). Auch genoß Joseph seinen Reichtum. Ich habe keine Stelle in der Geschichte gefunden, wo die Brüder oder Jakob lachten.


    Zitat


    Anfangs des Kapitels "Pharao schreibt an Joseph" im 6. Haupstück schreibt Thomas Mann: "Die Geschichte kennen kann jeder. Dabei gewesen zu sein, das ist es."


    Ein schöner Satz. Ikarus - wir können sagen - wir waren dabei :)


    Ich hab auch noch einen schönen Satz gefunden:
    Und so ist denn diese Geschichte, Sandkorn für Sandkorn, still und stetig durch die gläserne Enge gelaufen; unten liegt sie zuhauf, und nur wenige Körnchen noch bleiben im oberen Hohlraum zurück. Nichts ist übrig von all ihrem Geschehen, als was mit einem Toten geschieht. Das ist aber kein kleines; laßt euch raten, andächtig zuzuschauen, wie die letzten Körnchen durchrinnen und sich sanft aufs unten Versammelte legen..


    Es war wirklich ein sanftes Weggleiten und ein Abschluß der Geschichte mit dem Einbalsamieren und dem Leichenzug zurück zur Grabstätte des Abrahams.


    Das letzte Schelmenstück von Jakob wollte ich auch noch aufführen: Dieser Segen mit gekreuzten Händen, so daß Ephraim, der jüngere Sohn Joseph den Segen des Erstgeborenen bekam. Jakob konnte es nicht lassen, die Geschichte hier zu wiederholen. Ach es gäbe noch einige Gedanken, doch noch schwirrt mir der Kopf.


    Noch ein Gedanke:
    mit 70 Personen zog Jakob nach Ägypten. Laut Prophezeiung sollte das Volk Israel in der 4. Generation nach Abraham aus Ägypten fortziehen zurück nach Kanaan. Ich fand in 2. Mo 12:37, daß die Zahl der Fortziehenden mit Mose sich auf 600.000 fußfähige Männer belief, ohne Kinder und Frauen und ohne Mischvolk, das auch noch mitging. Kein Wunder dass der damalige Pharao dieses Volk nicht gehen lassen wollte. Ein wahnsinniger Verlust an Arbeitskräften.


    Zitat


    Ich werde jetzt erstmal ein paar Tage brauchen, um von diesem (nicht nur umfangmäßig) gewaltigen Werk Abstand zu gewinnen und mich langsam auf den Don Quijote vorbereiten.


    Mach ich auch und mein Cervantes liegt schon bereit.
    Ich bin sehr froh darüber, dass wir diesen Epos gemeinsam gelesen haben, es hat mir eine viel größere Sichtweise gegeben. Auch mein Dank an dich :-)


    Viele Grüße
    Maria