Ballade - "Der Lotse"

  • Eine olle B a l l a d e...?


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    Kann sich hier jemand vorstellen, dass man diese Ballade vom "Lotsen", deren Text man noch in dem verdienstlichen, umfassenden "Der ewige Brunnen" von Reiners findet, jetzt und heute sinnvoll verstehen kann, auch im Unterricht behandeln darf..?

    Ludwig Giesebrecht (1792-1873)
    Der Lotse


    "Siehst du die Brigg dort auf den Wellen?
    Sie steuert falsch, sie treibt herein
    und muß am Vorgebirg zerschellen,
    lenkt sie nicht augenblicklich ein.


    Ich muß hinaus, daß ich sie leite!"
    "Gehst du ins offne Wasser vor,
    so legt dein Boot sich auf die Seite
    und richtet nimmer sich empor."


    "Allein ich sinke nicht vergebens,
    wenn sie mein letzter Ruf belehrt:
    Ein ganzes Schiff voll jungen Lebens
    ist wohl ein altes Leben wert.


    Gib mir das Sprachrohr. Schifflein, eile!
    Es ist die letzte, höchste Not!" -
    Vor fliegendem Sturme gleich dem Pfeile
    hin durch die Schären eilt das Boot.


    Jetzt schießt es aus dem Klippenrande!
    "Links müßt ihr steuern!" hallt ein Schrei.
    Kieloben treibt das Boot zu Lande,
    und sicher fährt die Brigg vorbei.

    *
    Was wäre da Lernziel...? Wäre Erkenntnis?
    Auswendig lernen lassen - das geht ja nun wohl nicht mehr...!
    Irgendwie kritisch interpretieren - zur heldischen Historie der deutschen Segelschiffahrt einbeziehen..?

    Goethe: „...wodurch wir uns abermals überzeugen, daß es eine allgemeine Weltpoesie gebe und sich nach Umständen hervortue; weder Gehalt noch Form braucht überliefert zu werden, überall, wo die Sonne hinscheint, ist ihre Entwicklung gewiß.“

  • Hallo Saturnia,
    danke, dass du diese Ballade erwähnst. Sie wurde in Bruchstücken immer wieder in unserer Familie rezitiert. Jetzt kenne ich endlich den ganzen Text. :smile:


    Die Moral von der Geschicht´, wenn man es denn so nennen will, erinnert mich an die Ballade "John Maynart". Einer opfert sein Leben zur Rettung vieler anderer. Ein durchaus christliches Motiv (Karfreitag!).


    Welche Altersgruppe hast du denn im Sinn?


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Ja, Gruß ans Meer..?


    Im Zusammenhang mit irgendwie knuffigen, von Schülern gern vorgetragenen und sogar gespielten "Nis Randers" (von Otto Ernst) hatte ich von einer Grundschullehrerin erfahren, dass sie den alten "Lotsen" in einer guten, interessierten Grundschulklasse "reaktivierte" - auch, um das eigenartige "links" "seemännisch" überprüfen und korrigieren zu lassen, was an der See ja völlig untypisch, ja komisch, ist.
    Aber als Erkenntnis blieb natürlich auch hängen: dass hier ein Lotse sein Leben opfert.
    Ich habe für eine sechste Klasse (Gymn.) noch nicht entschieden, ob und wie ich neben dem von Dir genannten "John M.", der von Fontane ja zu einem säkularisierten Helden für technisch hochgerüstete Projekte seiner Zeit gestaltet wurde, den alten "Lotsen" auftreten lassen soll.


    Ein Bild habe ich schon gefunden:
    http://www.weltnetzzeitschrift-der-lotse.de/lotse.gif

    Goethe: „...wodurch wir uns abermals überzeugen, daß es eine allgemeine Weltpoesie gebe und sich nach Umständen hervortue; weder Gehalt noch Form braucht überliefert zu werden, überall, wo die Sonne hinscheint, ist ihre Entwicklung gewiß.“

  • Hallo Saturnia,
    ans Meer gehen deine Grüße nicht. Ich wohne im Nordosten von NRW, aber ich habe meinen Urlaub schon oft am Meer verbracht. :zwinker:



    Für das nichtseemännische Links anstelle von Backbord habe ich zwei Lösungen anzubieten:



    1. Giesebrecht hatte keine Ahnung von der Seefahrt und den nautischen Fachausdrücken.


    2. Backbord hat zwei Silben. Das holpert im Versmaß.



    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Ja, gute Überlegung:


    Aber, statt:


    Jetzt schießt es aus dem Klippenrande!
    "Links müßt ihr steuern!" hallt ein Schrei.
    Kieloben treibt das Boot zu Lande,
    und sicher fährt die Brigg vorbei.


    geht - klingt's doch auch markant und laut genug gebollert, über der Wellen Wogen und Wahn hinweg:


    Jetzt schießt es aus dem Klippenrande!
    "Backbord! Jungs!" - des Lotsen Schrei.
    Kieloben treibt das Boot zu Lande,
    und sicher fährt die Brigg vorbei.


    *
    Oder verhör ich mich da an der Metrik?
    Grüße -
    Saturnia
    (i.e. Stephanie)


    *
    P.S.:
    Humor zu Seenotzeiten..?
    http://www.sy-arion.de/Seekiste/SEENOT.JPG

    Goethe: „...wodurch wir uns abermals überzeugen, daß es eine allgemeine Weltpoesie gebe und sich nach Umständen hervortue; weder Gehalt noch Form braucht überliefert zu werden, überall, wo die Sonne hinscheint, ist ihre Entwicklung gewiß.“

  • Hallo Saturnia,


    das müßte von der Metrik her schon passen, aber ändert doch leicht den Sinn.
    In der Originalfassung 'hallt ein Schrei', d.h. der Untergangs des Bootes ist von einem mitschwingenden Schrei, einer letzten Warnung begleitet. Das ist doch schon ein bißchen dramatischer als 'Backbord, Jungs', was sich für mich etwas nach 'Joho und nen Buddel voll Rum...' anhört :zwinker:


    Gruß
    Berch

  • Ja, Berch - und es war der letzte, gewaltig wirksame, rettende Schrei des Lotsen - so versteht es der Anspruch in der schulsichen Überlieferung: Der Lotse opfert sich mit "letztem Schrei".


    Von einer Kollegin bin ich aufmerksam gemacht worden auf einen älteren, schönen Text von Hans Erich Nossack, einem kundigen, sprachgewaltigen Norddeutschen (1901 - 1977)


    *


    Es ist ein schönes Lehrer-Porträt - und eine entschiedene Klärung von tragischer Heldik!


    Hans Erich Nossack: Eine Sache, die stimmen muß


    So geschehen Anno 1911 in der Sexta der Gelehrtenschule des Johanneums der Freien und Hansestadt Hamburg. (Ich kann mir nicht verkneifen, diesem anspruchsvollen Titel auszuschreiben; alle Johanniter sind stolz darauf, obwohl die meisten, wie ich, keine Gelehrten geworden sind.) Unser Klassenlehrer war Professor Benno Diederich, ein her­vorragender Literat, von denn es ein Buch Hamburger Poeten gibt, der einen literarischen Verein in meiner amusischen Heimatstadt gegründet hatte und der Kritiken und ausgezeichnete Artikel über Barockdichtung schrieb. Davon wußten wir Sextaner natürlich nichts. Für uns war er der mehr oder weniger gefürchtete Klassenlehrer, der seit vielen Schülergenerationen schlicht »Benno« genannt wurde. Eines Tages gab er uns ein deutsches Diktat. Zum Thema hatte er das Gedicht Der Lotse von Ludwig Giesebrecht gewählt. 'Ein ungewöhnlich minderwertiges Machwerk, das aber damals wegen seiner handfesten Moral in allen Lese­büchern zu finden war. Als Kind macht man sich deswegen keine Gedanken; die Erwachsenen wollen es offenbar so, und damit gut. Daß man dergleichen auswendig lernen muß, ist lästig, doch denselben Ärger hat man auch mit besseren Gedichten.
    Der Inhalt des Gedichtes, das hoffentlich die Heutigen nicht mehr kennen, ist kurz folgender: Ein Schiff fährt bei hefti­gem Sturm in eine Bucht ein», hat falschen Kurs genommen und ist in Gefahr, in die Klippen zu geraten. Das beobachtet ein alter Lotse vom Ufer aus. Mit der beherzigenswerten Sentenz: »Ein ganzes Schiff voll junger Leben / ist wohl ein altes Leiben wert« läßt er sich ein Sprachrohr geben, springt in ein Boot und rudert dem Schiff entgegen, bis er ihm zurufen kann: »Links müßt ihr steuern!« Das Schiff wird natür­lich dadurch gerettet, während das Ruderboot kentert und der alte Mann ertrinkt, wie es sich gehört - jedenfalls in einem Gedicht.
    So weit, so gut. Nur bei dem Schlußsatz des Diktates stutzte ich. Er lautete wörtlich: »Wir aber als Hamburger glauben nicht, daß ein Schiff durch den Ruf ‚Links müßt ihr steuern!’ gerettet werden kann, und wundern uns, daß Herr Professor Giesebrecht aus Stettin das nicht auch gewußt hat.“ Das ist reinster, unvergänglicher Kritikerstil; das Herz lacht einem. Ob es pädagogisch richtig ist, ihn Sextanern beizu­bringen, steht auf einem ändern Blatt. Übrigens hatte die Klasse viel zu viel Mühe mit Orthographie, Kommata und Schönschrift, um auf dergleichen zu achten. Daß aber mir Neun- oder Zehnjährigem der Satz im Gedächtnis blieb, scheint mir darauf hinzudeuten, daß ich damals eine erste Ahnung davon bekam, was Literatur ist: eine Sache, im der es nicht mit schönen Worten und schöner Moral getan ist, sondern die vor allem stimmen muß.
    Einen indirekten Beweis für diese kühne Behauptung; erhielt ich etwa fünfzig Jahre später. Meine jüngste Schwester äußerte, als wir uns über unsere Kindheit unterhielten: „Wir sind immer der Meinung gewesen, daß dieser Mann dich verdorben hat.“ Verdorben? Das war nicht böse gemeint; ich kenne kein gutmütigeres Geschöpf als meine Schwester. Sie gab damit nur ganz naiv dem Bedauern der Sippe Ausdruck, daß ich mich auf etwas so Unzuverlässiges wie Literatur eingelassen hatte, statt einen anständigen Beruf zu wählen. Ich bin mit Benno Diederich auch nach der Schule zusammengekommen, wenn auch nicht sehr häufig. Tatsache ist jedoch, daß er mich jedesmal ganz unmerklich in meinen noch sehr unklaren Absichten bestärkte.
    Dann brachten uns die bitteren Zeitumstände auseinander, doch; gleich nach 1945, nach dem zwölfjährigen Schweigen, stand er eines Tages fast völlig erblindet vor der Tür meiner damaligen Notwohnung. Er hatte ein Gedicht von mir im Radio gehört und war gekommen, um mir zu sagen, daß er stolz auf mich sei. Das war für mich, als ob ich nun endlich das Abitur wirklich bestanden hatte. Bald darauf starb er. Ich nahm als einziger seiner Schüler an der Beerdigung teil.
    Das soll kein Vorwurf sein. Es war der entsetzliche Winter 46/47. Das Thermometer stand auf 20 Grad unter Null. Es gab keine Kohlen. Es fuhren keine Straßenbahnen.

    *
    (Verfasst 1962; in Erinnerung an die frühe Nachkriegszeit und die noch frühere, politisch erzwungene Heldenopfer-Theatralik, die schon Nossacks Lehrer mit einer nüchtern-realistischen Bemerkung abstrafte. Aus: H. E: Nossack: Pseudobiographische Glossen. Frankfurt/M. 1971. S. 23f.)
    *
    Mir ist Nossack nach 1965 aus dem Blick- und Lesefeld verschwunden.
    Wer hat Neueres von Nossack gelesen? Z.B. seine Tagebücher?


    Hans Erich Nossack: Die Tagebücher 1943–1977.
    Herausgegeben von Gabriele Söhling. Mit einem Nachwort von Norbert Miller. Drei Bände. 1720 Seiten. Kartoniert. € 51,–
    http://www.suhrkamp.de/webimages/260/3518412612.jpg

    Goethe: „...wodurch wir uns abermals überzeugen, daß es eine allgemeine Weltpoesie gebe und sich nach Umständen hervortue; weder Gehalt noch Form braucht überliefert zu werden, überall, wo die Sonne hinscheint, ist ihre Entwicklung gewiß.“

  • Hallo Saturnia,


    "Backbord! Jungs!" klingt zwar deutlich seemännischer als das Original aber die Metrik stimmt leider nicht ganz. Deine Verszeile hat nur sieben Silben statt acht, es fehlt der Auftakt. Da hast Du Dich vermutlich von der schwebenden Betonung etwas irreleiten lassen. Möglich wäre z. B.:


    "Hart backbord, Jungs!" - des Lotsen Schrei.
    oder
    "Hart backbord steuern!" hallt ein Schrei.
    oder vielleicht
    "Das Ruder backbord!" hallt ein Schrei.


    Oder wie auch immer, jedenfalls hätte man das sicherlich so formulieren können, daß es seemännisch korrekt ist, da hätte sich der Dichter ruhig etwas mehr Mühe geben sollen. ;-)


    Da hier Fontanes "John Maynard" erwähnt wurde, hänge ich hier noch einen weiteren an, über dessen Entstehungsgeschichte ich allerdings leider nichts Genaues weiß:


    Ada Linden


    JOHN MAYNARD


    Mit flatternden Wimpeln und rauchendem Schlot
    Fährt über den Erie ein stolzes Boot;
    Die Lüfte sind sonnig, die Wogen so hell,
    Hinschwebt die "Schwalbe" sicher und schnell,
    Es lenket das Steuer John Maynard.


    Da gellt ein Angstruf: "Das Schiff, es brennt!"
    Umsonst zu löschen man drängt und rennt,
    Aus den Fugen steigt wirbelnd der Rauch hervor,
    Am Hinterdeck züngeln die Flammen empor,
    "Wir sind verloren, John Maynard!"


    'Noch ist das Vorderdeck sicher und fest,
    Dort harrt in Ruhe, der wachsende West,
    Er treibt nach rückwärts die lodernde Gluth;
    Auch in Flammen noch segelt die Schwalbe gut,
    Auch in Flammen steht fest John Maynard.'


    "Wie weit, wie weit noch zum rettenden Port?"
    'In anderthalb Stunden sind wir dort!
    Getrost, Capitän, ich halte Stand!'
    Der drückt die heiße, schwielige Hand:
    "So stärke dich Gott, John Maynard!"


    Auf seinem Posten, von Funken umsprüht,
    Vom sengenden Hauch der Flammen umglüht,
    Steht fest der Brave, mit kundiger Hand
    Hinlenkt das Schiff durch den Wogenbrand
    Zum sicheren Hafen John Maynard.


    "Gerettet nun sind wir von Tod und Qual,
    Du, Getreuer, hab' Dank viel tausend Mal!"
    Nicht Antwort kommt wieder, der Rauch verweht,
    Am glühenden Steuer ein Todter steht.
    So starb für sie Alle John Maynard.


    (Karl Wilhelm Bindewald: Deutschlands Dichterinnen. Osterwieck/Harz:
    Zickfeldt, o. J. [1895]; S. 70)


    Na ja, Fontanes Version ist natürlich eindeutig besser. ;-)


    Schöne Grüße,
    Wolf

  • Hallo! Wolf, Poeta!


    Dank für die Rhythmus-Korrekturen und den "John-Maynard"-Text!
    Der scheint ja völlig unbekannt zu sein. Ich habe ihn nirgendwo im Netz - und bei keinem Fontane-Interpreten gefunden.


    *
    Joachim Krueger und Anita Golz, die Bearbeiter der Th. F-Gedichtausgabe (innerhalb der GBA), haben angemerkt:


    Fontane hat sicherlich bereits 1841 die Zeitungsberichte über das Unglück gelesen; die von Robert Binder herausgegebene Zeitschrift »The German and Continental Examiner« hatte in ihrer vom 15. Oktober 1841, einen Bericht über den »Brand des Dampfschiffes Erie auf dem Eriesee am 9. August 1841« veröffentlicht, und auch das »Gewerbeblatt für Sachsen« hatte in seiner Nr. 79 (wohl vom Oktober 1841; Werbeanzeige in: »Die Eisenbahn«, Nr. 46, 16. Oktober 1841, S. 184) einen Bericht über den »Untergang des Dampfbootes Erie« publiziert.


    Aber erst 1885, als Fontane sich erneut den Balladen zuwandte und die Arbeit am Roman »Quitt« (der ja teilweise in den USA spielt) begann, die Anlaß gab, sich eingehender mit den Vereinigten Staaten zu beschäftigen, hat er die Ballade »John Maynard« geschrieben.
    G. Salomon hat in seinem Aufsatz »Wer ist John Maynard?« (FB, Bd. I, H. 2, 1965, S. 25-40) eine ausführliche Darstellung des Unglücks und seiner literarischen Gestaltung gegeben: Am 9. August 1841 geriet auf dem Erie-See der Raddampfer »Erie« auf der Fahrt von Buffalo nach Detroit in Brand, da sich feuergefährliche Stoffe, die der Dampfer zufällig mitführte, in­folge unsachgemäßer Lagerung entzündet hatten. Da die vor­handenen Rettungsmöglichkeiten unzureichend waren und eine Panik unter dem Passagieren ausbrach, kamen viele von ihnen in den Flammen um oder ertranken im Erie-See. Ein Schiff, das die »Erie« zwei Stunden nach der Katastrophe er­reichte, sowie einige kleinere Schiffe konnten nur wenige von den ca. 200 Passagieren retten. Während dler Kapitän Titus mit dem Leben davonkam, fand der diensthabende Steuer­mann Luther Fuller, der auf seinem Posten ausharrte, um auf kürzestem Wege Land zu erreichen, in den Flammen den Tod.
    Das Schiffsunglück wurde zuerst in der Erzählung eines an­onymen Autors literarisch gestaltet, die unter dem Titel »The Helmesman of Lake Erie« (»Der Steuermann vom Erie-See«) im September 1845 in der Tageszeitung »Commercial Advertiser« in Buffalo erschien.
    Im Gegensatz zum tatsächlichen Verlauf werden in der Erzählung alle Passagiere gerettet, nur der Steuermann kommt zu Tode. Der anonyme Autor gab ihm den Namen John Maynard, offenbar unter Verwendung des Na­mens eines Mitgliedes der Kommission, die das Unglück un­tersucht hatte, des Buffaloer Bürgers Robert H. Maynard. Diese Erzählung hat nur lokale Verbreitung gefunden. Allgemein bekannt wurde der Stoff, als ihn der Propagandist der Absti­nenz und Verfasser erbaulicher Geschichte» John Bartholomew Gough (1817-18186) aufgriff und in einem (wohl für Kin­der bestimmten) Vortragsstück nacherzählte, das von 1869 an in amerikanischen Sammlungen von Vortragsstücken und schon 1866 in einer Zeitschrift gedruckt worden ist.
    Das Vortrags­stück hieß »Der Steuermann. Ein spannender Vorfall« und schliefst sich in der Handlung fast ganz an die anonyme Vor­lage von 1845 an. Nur daß das Schiff nun nach Buffalo fährt, statt von dort zu kommen, daß das Feuer erst kurz vor Ende der Reise ausbricht und der Kapitän ein Sprachrohr verwendet.
    Schließlich hat der Verfasser von Jugendschriften, Horatio Alger jun. (1834-1899) nach Goughs "Der Steuer­mann« die Ballade »John Maynard« verfaßt, die im Januar 1868 in der Kinderzeitschrift »The Student and Schoolmate« in Boston erschien. Diese Ballade ist später mehrmals in amerikanische Sammlungen von Vortragsstücken aufgenommen worden.
    Nach den Feststellungen von Salomon hat Fontane sich, was die Einzelheiten des Ablaufs der Handlung betrifft, im Wesentlichen an die Darstellung bei J. B. Gough gehalten, nicht aber an Alger. Die anonyme Erzählung von 1845 dürfte als Quelle ausscheiden, da sie, als Fontane seine Ballade schrieb, verschollen war. Da denkt Salomon an persönliche Übermittlung des Quellentextes.
    *
    Na, nochmals Dank für diese Einfach-Ballade, eine fast "volkstümliche", von der Frau, die ja auch fast völlig unbekannt ist.
    Ludwig Reiners bringt mal was von derAda Christen...


    Da kann man schöne Vergleichaufgaben stellen und stilistische Ansprüche und poetische Intentionen erhellen.

    Goethe: „...wodurch wir uns abermals überzeugen, daß es eine allgemeine Weltpoesie gebe und sich nach Umständen hervortue; weder Gehalt noch Form braucht überliefert zu werden, überall, wo die Sonne hinscheint, ist ihre Entwicklung gewiß.“

    Einmal editiert, zuletzt von Saturnia ()