Die toll gewordene Blutwurst

  • Hallo,
    ich lese gerade "Christiane und Goethe" von Sigrid Damm. Am Anfang wird Chrsitiane erst einmal von allen möglichen Personen charakterisiert bzw. beschrieben, und das in einer Art und Weise, die mich unglaublich neugierig auf diese Person gemacht hat (das hat Sigrid Damm natürlich auch bezweckt und ihr erging es wohl selbst auch so). Das möchte ich Euch nicht vorenthalten:


    Thomas Mann: "Un bel pezzo di carne (ein schönes Stück Fleisch), gründlich ungebildet"
    Romain Rolland: Eine "nullité d´esprit", eine geistige Null
    Robert Musil in "Mann ohne Eigenschaften": "die Frau mit dem halb unanständigen Namen, die bekannte Sexualpartnerin des alternden Olympiers"
    Wieland: "Goethes Magd"
    Charlotte von Schiller: "Ein rundes Nichts"
    Bettina von Arnim: "Toll gewordene Blutwurst"
    Herzog Carl August: "Die Vulpius hat alles verdorben"


    Desweiteren in Weimar allgemeine Stimmen: Goethes Kreatürchen, seine Füchsin, sein Mensch, seiner dicke Hälfte, die von Goethesche Haushälterin, Mätresse und Hure Goethes.


    Auch mal ganz schön, nicht? :)
    Zum Glück kann sie das nicht mehr sehen. Aber sie wird es wohl schon zur damaligen Zeit zur Genüge zu spüren bekommen haben....


    Viele Grüsse,
    Nele


  • Hallo zusammen,
    Hallo Nele
    dein Beitrag macht mich auf das Buch neugierig. :-)
    Ich habe einen Auszug aus 'Lotte in Weimar' über Christiane, den ich euch nicht vorenthalten möchte:


    "Ist es wahr, daß ihre Conduite manches zu wünschen übrig ließ?"


    "Ja, sie war ordinär", sagte Adele. "De mortuis nil nisi bene, aber ordinär war sie in hohem Grade, gefräßig und plusterig mit hochroten Backen und tanzwütig und liebte auch die Bouteille über Gebühr, - immer mit Komödiantenvolk und jungen Leuten, als sei selbst schon nicht mehr die Jüngste war, immer Redouten und Traktamente und Schlittenfahrten und Studentenbälle, und kam es denn vor, daßdie Jenenser Burschen der Geheimen Rätin allerhand Polissonnerien glaubten machen zu dürfen."


    "Und Goethe tolerierte ein solches Gebaren?"


    "Er drückte ein Auge zu und lachte auch wohl darüber. Man kann sogar sagen, daß er dem losen Wandel der Frau in gewissem grade Vorschub leistete...."


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria,
    ja, das und vieles mehr wurde über die gute Christiane so gesagt in den "besseren" Kreisen. Wie sie wirklich war und wie Goethe fast dreissig Jahre mit ihr verbracht hat, erfährst Du in dem Buch (Christiane und Goethe). Ich war wirklich begeistert davon, habe eine Menge über Goethe gelernt, und die damalige Zeit an sich. Demnächst lese ich mal eine Goethe-Biographie (im Literaturcafé) - aber ich denke, dieses Buch ist erstens kürzer und zweitens lässt es sich sehr flüssig lesen, so dass es für einen tieferen Einstieg über Goethe sehr zu empfehlen ist. Nachdem Du ja nun auch schon die Lotte kennst, wäre es ja vielleicht ganz schön, auch etwas über Christiane zu erfahren, die ja die wichtigste Person (neben Schiller) an Goethes Seite war.
    Also- Du merkst, ich kann es Dir nur wärmstens empfehlen. Du kannst auch im gleichnamigen Ordner bei "Gemeinsam Lesen"´auf www. literaturcafe.de mehr über unsere Diskussion und das Buch erfahren.
    Viele Grüsse,
    Nele