Das Glasperlenspiel

  • Hallo!


    Nun hat es mich mal hierherverschlagen.


    Ich stecke gerade mitten in Hesses "Das Glasperlenspiel", und es gefällt mir sehr gut. Ich habe Hesse (wie wahrscheinlich die meisten?) als Jugendliche gelesen, sämtliche (?) Klassiker, nur das Buch scheine ich übersehen zu haben.


    Jedenfalls tue ich mir ein bißchen schwer damit, mir dieses "Glasperlenspiel" vorzustellen. Vielleicht habe ich die Erklärung nicht genau gelesen.
    Für mich klingt es wie ein fächerübergreifendes intellektuelles verbales Spiel mit freien Assoziationen, nur daß sie eigentlich nicht frei, sondern genormt und geregelt sind. Sorry, besser kann ich das nicht ausdrücken.
    Liege ich da richtig, oder habe ich es komplett falsch verstanden?
    Kann mir jemand weiterhelfen?


    Bye,


    Grisel

  • Hallo zusammen!
    Hallo Grisel!


    Ich glaube nicht, dass Du was falsch verstanden hast. Hermann Hesse beschreibt - wohl bewusst - das Glasperlenspiel ziemlich vage. Ich meine: Wir habe es hier mit einem Meister des Spiels zu tun, und wo käme der Autor hin, wenn er dessen Künste so einfach ausplaudern und darstellen könnte? Die ganze magische Aura des Glasperlenspiels wäre futsch!


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hi Sandhofer!


    Vielen Dank! Ich habe schon befürchtet, ich hätte die Schlüsselstelle überlesen.


    Ein wundervolles Buch übrigens. Herr Reich-Ranitzky mag der Ansicht sein, daß Hesse sich überlebt hat, aber der Meinung kann ich mich definitiv nicht anschließen. Die Grundaussage dieses Buches, eben der Unterschied zwischen via activa und contemplativa, und daß man da nicht trennen darf, ist immer gültig, denke ich.


    Ciao,


    Grisel

  • Hallo!


    Ich bin mit dem wenigsten von dem einverstanden, was MRR sagt, aber wie er es sagt: wow!


    (Was ich noch an ihm schätze: seine Socken. Die sind 1. schwarz und 2. hören sie nicht gleich überm Knöchel auf, so dass ich ein Stück behaartes Männerbein betrachten müsste. Brrrr!)


    Hesse war bis vor kurzem Mode. Jetzt muss man ihn verdammen, wenn man "in" sein will. In ein paar Jahren wird sich dann wohl herauskristallisieren, was von ihm bleibt. Und das "Glasperlenspiel" wird ganz sicher dazu gehören: m.E. sein reifstes Werk.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Da kann ich Euch nur zustimmen!
    Ich fand das Buch auch einfach unglaublich- so etwas zu schreiben, da muss man schon wirklich ein Genie sein. Nicht umsonst hat Hesse dann den Nobelpreis bekommen.
    Ich würde das mit dem Spiel genauso ausdrücken, wie Du, Grisel, allerdings hält er seine Beschreibungen nicht aus dem Grunde, dass der "Meister" hier seine Künste nicht ausplaudern möchte, relativ vage. ich finde, im Gegenteil, dass das, was man zu dem Spiel wissen muss, relativ genau erklärt wird, doch können es auch nur wirklich wenige Leute spielen, die einen unglaublichen intellektuellen Horizont haben müssen. Und das Spiel besteht eben nicht nur darin, dass man irgendwelche Steinchen verschiebt oder so, sondern es ist eine hochkomplexe Angelegenheit, die sich aufgrund von individuellen Spielweisen und der nicht genau festgelegten Grenzen eben nicht genau umschreiben lässt.
    Ich habe das Buch recht langsam gelesen, weil ich viel darüber nachgedacht habe, fand aber auch gerade den Schluss so genial, dass ich dieses Buch wirklich als, kleine Wortwiederholung, genial bezeichnen muss.
    Also, alle, die es noch nicht gelesen haben: LESEN!!
    LG, Nele

  • ich lese derzeit "das glasperlenspiel" und muss fesstellen, dass es typisch hesse ist und zudem ein wunderschöner roman


    ein buch, welches dazu animiert, es mehrmals im leben zu lesen


    enderlin

    mein lieblingsbuch deutscher sprache: mein name sei gantenbein
    <br />mein nicht deutsches lieblingsbuch: der englische patient

  • Ich liebe seit der Schulzeit zwei Romane Hesses, das Glasperlenspiel und den Steppenwolf - die meisten anderen seiner Werke erscheinen mir heute eher unlesbar, bis vielleicht Demian oder Klingsor. Das Glasperelenspiel stellte ich mir immer als eine Mischung aus Noten, Mathematik und Tarot vor

  • Ein "verbales" Spiel ist das Glasperlenspiel nicht - eher eine Kombination aus Dichtung, bildender Kunst und Musik. Aber Hesse hat die Einzelheiten hier wohl bewußt der Phantasie der Leser überlassen.


    Im übrigen bin ich der Ansicht, daß Herr Reich-Ranicki sich überlebt hat ...

  • Hi Kinners. Ich hab mal einige Überlegungen angestellt, wie man bspw. das Spiel mal im Internet spielen könnte. Müßt Euch halt vorstellen, dass unter dem Link "zum Spiel" 2 Mann miteinander spielen könnte. Der eine sagt halt nen Begriff, versinnbildlicht den irgendwie und gibt noch ein paar Links dazu an, so dass sein Mitspieler sich etwas genauer über das Thema informieren kann und was der Mitspieler uns hier eigentlich sagen will. Der Mitspieler entwirft dann eine der ersten Seite möglichst konträr entgegenstehende. Und dann sollte ein geschickter Spieler praktisch aus These + Antithese deren Synthese ziehen können. Bsp. Idiot+Schlaumeier= Halbmensch Dazu dann muss erneut ein gegensätzlicher Begriff gefunden werden, nehmen wir eben den schon oft durch den Kakao gezogen "Übermensch", für deren einen ich bspw. diesen Knecht halte. Stellen wir das Gegenüber also Halbmensch+Übermensch=??? Könnt ja mal überlegen. Aber? Prinzip verstanden? Könnt ja auch mal meine Seite besuchen http://www.lutschel.de (unter "zum Spiel" gucken). Allerdings beschreibt ja Hesse im Buch vorrangig dieses öffentliche Jahresspiel. Aber um sowas zu entwickeln ist ja noch a lot of Zeit. Also, immer schön :baden: bleiben.


    lutschel

  • Na ihr Murmelzocker!
    @lutschel: Du scheinst bei Deiner Theorie etwas zu übersehen. Das Spiel an sich ist ein äußerst kontemplantives. Was bedeutet das? Das einfach ein solcher Fauxpas wie diese Gegenüberstellung zwischen Halbmensch und Übermensch einfach nicht vorkommen darf. Das Spiel, so wie du es beschreibst, stellt einem negativen Begriff einen positiven gegenüber. Und der "Übermensch" ist geschichtlich so stark mit diesem negativen Touch behaftet, dass man ein solches Wort auf der positiven Seite einfach vermeiden muss. Um so etwas zu vermeiden, sollte sich der geübte Spieler schon jeden Begriff und jede Aussage ganz genau überlegen und nicht sofort die erstbeste Möglichkeit ins Spiel einbeziehen, bloß weil es im ersten Moment ziemlich klar und logisch klingt. All diese Überlegungen führen eben dazu, dass ein schönes Spiel wahrlich oftmals vom gleichen Ausgangspunkt, abhängig von der Übung der Spieler, jeweils vollkommen anders verlaufen kann. Also, immer schön weiter üben (auch die achtel und sechzehntel nicht vergessen, dann scheint auch immer schön die :sonne:

  • Ein großartiges Buch, das so vielschichtig verwoben ist und so viel Wissen aus den verschiedensten Bereichen der Künste der Völker zusammengebracht hat, ein Buch, dass so viel Ansatzpunkte zum Nachdenken, Phantasieren und Drauflossuchen bietet - ein Buch, das ich wohl nie auslesen werden kann. Und jedes mal, wenn ich darin lese, endecke ich neues, lese Dinge anders. Nein das Glasperlenspiel ist bewusst so vage gehalten, da stimme allen zu, die dies hier bereits gepostet haben. Das Glasperlenspiel ist eine der größten Dichtungen des 20. Jahrhunderts!

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10