Ich habe "Der unvollendete Satz" von Tibor Déry durch, juhu!
Es war keine leichte Lektüre. Ein sehr ungewöhnliches Buch mit gigantischem Umfang; fast tausend sehr eng bedruckte Seiten.
Ich schreibe demnächst eine kurze Vorstellung.
Ich habe "Der unvollendete Satz" von Tibor Déry durch, juhu!
Es war keine leichte Lektüre. Ein sehr ungewöhnliches Buch mit gigantischem Umfang; fast tausend sehr eng bedruckte Seiten.
Ich schreibe demnächst eine kurze Vorstellung.
Ich bin immer noch bei "Der letzte Satz" von Tibor Déry. Es zieht sich manchmal ganz furchtbar; die Warnung des Autors im Vorsatz (man solle sich die angemessene Zeit zum Lesen nehmen) ist mehr als berechtigt. Ich wollte es auch mehrmals schon weglegen, aber dann kommt immer wieder mal ein Abschnitt oder Kapitel, das wie ein Juwel funkelt, und ich bleibe doch wieder dabei.
Déry findet immer wieder Metaphern oder Vergleiche, die er mit erstaunlicher Konsequenz über viele Seiten hinweg verfolgt. So vergleicht er eine der Hauptpersonen mit einer russischen Matrioschka-Figur; ihre äußerliche Ruppigkeit und Härte sind quasi nur Hüllen und im Inneren verbirgt sich als allerkleinste und am wenigsten ins Auge fallende, trotzdem aber massivste und unteilbare Eigenschaft ihre Menschenliebe und Freundlichkeit. Einige Seiten weiter beschreibt er, wie die kleinste Puppe im Inneren alle anderen, äußeren Hüllen an der Hand nimmt und tanzen lässt. Solche Gedankengänge regen die Phantasie auf wundersame Weise an.
Bitte nehmt keine Rücksicht auf mich. Ich weiß im Moment überhaupt nicht, ob und wann ich in Urlaub komme, wegen Verwandten-Pflegeverpflichtungen, die von Woche zu Woche neu geregelt werden müssen. Ich kann unmöglich irgendwas planen. Wenn sich ein Zeitfenster auftut, fahren wir halt los ...
Herzlichen Dank auch von mir.
Wenn man nur eine Art der Geschichtsschreibung kennt, wie ich aus der Schule, kommt man gar nicht dazu zu überlegen, wie dieses Konzept entstanden ist und wie auch andere möglich sind bzw. waren.
Sinclair Lewis habe ich auch gerade in Auge gefasst, und zwar seinen Spießbürger-Roman "Babbitt", der mir im Rahmen meiner Tolkien-Recherche über den Weg gelaufen ist. Babbitt soll quasi der Namensgeber der Hobbits gewesen sein ... Ich hoffe, das Buch ist noch im Haus; ich habe es vor zwölf Jahren aus dem Bücherschrank meines Vaters abgestaubt, dann aber gar nicht gelesen, schäm. (Ich hatte auf den ersten Seiten den gleichen Eindruck wie JHNewman: zu geschwätzig.)
Meine 30jährige Tochter ist für ein paar Wochen hier, ehe sie wieder nach Riga reist. Sie ist großer Tolkien-Fan und liest den "Herrn der Ringe" gerade zum zweiten Mal, und um ihr eine Freude zu machen, habe ich mit ihr alle drei Teile der "Herr der Ringe"-Verfilmung angesehen. Das hat mich dazu gebracht, endlich meine Tolkien-Biografie von Humphrey Carpenter zu lesen.
"Tollers" war schon ein sehr eigener Mensch; ich frage mich, wie er die ganze Zeit mit seiner Frau zurechtkam bzw. sie mit ihm. Immerhin hat er sehr, sehr jung geheiratet und zwar eine Frau, die ihm an Bildung weit unterlegen war und seine intellektuellen Interessen nicht teilte, oder vielmehr, er ließ sie außen vor. Beim Lesen seiner Biografie hatte ich den Eindruck, dass er Männergesellschaft bei weitem vorzog.
Vielen Dank. Das kann ich tatsächlich auf den "Unvollendeten Satz" beziehen; ich nahm fälschlich an, dass ein "polyhistorischer Roman" ein spezieller Fall eines historischen Romans sei.
Ja, den Aufsatz "Polyhistorismus und Buntschriftstellerei" habe ich auch gefunden, aber darin ist nur der letztere Begriff erklärt.
Es geht um den Roman "Der unvollendete Satz", der mich zur Zeit sehr beschäftigt. Ich habe gestern danach gegoogelt und einen Artikel gefunden, in dem das Buch als "polyhistorischer Roman" bezeichnet wurde, ohne das irgendwie zu belegen (dann hätte ich es vielleicht aus dem Zusammenhang verstanden).
Ich komme nur sehr langsam vorwärts mit Lesen, zumal ich parallel noch in einer Leserunde "Morenga" von Uwe Timm lese, aber "Der unvollendete Satz" hat derzeit gute Chancen, das faszinierende Buch dieses Jahres zu werden. Und ich habe erst ein Drittel. Die Fülle an Stoff und die verwendeten Stilmittel erzwingen ein sehr konzentriertes Lesen, das tief in das Geschehen eintauchen lässt.
Bitte, kann mir jemand in ein paar knackigen Sätzen sagen, was Polyhistorismus ist? Wenn ich mit dem Suchwort google, finde ich nur wenige ellenlange Einträge über Literaturgeschichte, die Wissen voraussetzen, das ich nicht habe.
Im neuen Jokers-Katalog ist eine Graphic-Novel-Fassung des Romans "Martin Eden" von Jack London, ein Buch, das ich sehr mag. Normal habe ich es nicht so mit GraphicNovels, aber diese habe ich mir bestellt (und gleich ein zweites Mal mit für meine Freundin, die mich auf den Roman gebracht hat). Es ist richtig schön, der Geist der Vorlage gut eingefangen. Bin froh über meinen Kauf.
[kaufen='https://www.amazon.de/Martin-Eden-nach-Roman-London/dp/3957280494'][/kaufen]
Sollte ich zu dieser Zeit zuhause sein, lese ich auch gerne mit.
In diesem Jahr sind bei uns Urlaubspläne langfristig nicht möglich wegen Corona und der alten Schwiegermutter, die jeden Tag Handreichung braucht. Ich weiß noch nicht, wann und wie lange ich reisen kann. Vielleicht bleibe ich daheim und tröste mich mit Schiller ... Als Unterwegslektüre ist der Wallenstein, denke ich, nicht geeignet.
Unser örtlicher Bäcker hat ein Tauschregal. Ich habe darin eben ein Buch von Louis Bromfield gefunden, das in Indien spielt und "Der große Regen" heißt.
Kurze Nachsuche hat ergeben, dass Bromfield 1896 in Ohio geboren wurde, ein Ehrendoktorat der Uni Columbia und den Pulitzerpreis (1926) erhielt und offenbar lange Zeit in Frankreich lebte. Nach Rückkehr nach Ohio gestorben 1956. Kennt ihn vielleicht jemand?
Das steht auch in meiner Kafka-Biographie (von Ronald Hayman). Kafka plante eine Reihe "Billig durch die Schweiz", "Billig in Paris" und so so fort. Beim Sprachführer sollte der Grundsatz gelten - Zitat nach Kafkas Tagebüchern: "Es ist unmöglich, eine fremde Sprache vollständig zu erlernen. Wir lehren daher lieber gleich das Falsche. Es macht weniger Mühe und genügt zur Verständigung. Eine Art Esperanto, ein von uns erfundenes falsches Französisch oder Englisch. Dazu Dialekt und Zeichensprache nach lokalem Gebrauch." Die Reiseführer sollten besondere Kapitel zu den Themen "Was tun an Regentagen", "Reiseandenken" etc. enthalten und auch Informationen, wie man an Freikarten für Konzert und Theater rankommt. In Museen "nur wenige wichtige Bilder, diese aber gründlich anschauen" - ein sehr beherzigenswerter Ratschlag!
Na ja, ich meinte, wie gesagt, eher die Darstellung. Aber es ist zu lange her, ich kann mich nur schwach erinnern.
Mein drittes Buch in Serie, das in Nigeria spielt, ist "Americanah" von Chimamanda Ngozi Adichie (den Namen kann man wirklich nur kopieren). Die Heldin Ifemelu ist Nigerianerin und studiert mit Stipendium in Princeton; ihr Jugendfreund Obinze versucht sein Heil in England. Beide kehren nach einigen wilden Jahren in die Heimat zurück und begegnen einander dort wieder. Ich habe knapp zwei Drittel gelesen. Ifemelu wird Journalistin und gut verdienende Bloggerin, hauptsächlich beschäftigt mit Themen des alltäglichen Rassismus (mir war bisher nicht klar, wie wichtig das Frisurenthema bei Frauen afrikanischer Herkunft ist und wie viel es da zu wissen gibt, was ich als weiße Frau mit Fluselhaar nicht weiß). Obinze kommt illegal nach England, arbeitet mit falschen Papieren, versucht es mit einer Scheinehe und wird abgeschoben. Keines von beiden - das ist ein interessanter Punkt - verliert seine Heimat in dem Sinn, dass man vertrieben wird und es nichts gibt, wohin man zurückkehren könnte, so wie das bei Edna O'Briens "Mädchen" der Fall ist. Die beiden Romane scheinen in völlig unterschiedlichen Welten angesiedelt zu sein.
Ich habe Ifemelu ins Herz geschlossen, ihre Liebesgeschichten sind sehr bewegend erzählt.
Kurz bevor ich mit "Americanah" begann, hatte ich ein weiteres Buch von meiner Liste angefangen, nämlich "Der unvollendete Satz" vonTibor Déry. "Americanah" kam von meiner Bestell-Liste bei der Onleihe völlig unvermutet; ich kann mir das gar nicht erklären, das Buch war, als ich es bestellte, bis Juli gebucht und ich dachte, bis dahin ist Déry geschafft. Wie auch immer. Die Lektüre aus Nigeria ist bereichernd, aber keines der drei Bücher, die ich gelesen habe, kann in punkto Stil und Atmosphäre auch nur entfernt an den "Unvollendeten Satz" tippen. Ich werde, sobald ich mit Nigeria durch bin, einfach neu starten und mich diesmal von nichts ablenken lassen.
ZitatUnd eher zur Dauerlektüre hatte ich mir gekauft:
HC Artmann, Sämtliche Gedichte. Jung und Jung. Sehr schöne Ausgabe, klein, handlich, Fadenheftung usw. (das alte Suhrkamp-Taschenbuch "ein lilienweißer brief aus lincolnshire" war mir irgendwann mal abhanden gekommen),
Genau dieses Büchlein habe ich mir auch gekauft. Den blauen Suhrkamp-Band habe ich schon lange, finde ihn aber irgendwie unübersichtlich oder nicht stimmungsvoll genug - wie auch immer, für mich sind einige von Artmanns Gedichten wie Stoßgebete oder Mantren, ich habe mir ein Notizheft vollgeschrieben und trage es auf Reisen mit mir, ich habe schon mehrstündige Wanderungen absolviert mit unaufhörlichem Aufsagen eines Artmann-Zweizeilers im Kopf. Im vorletzten Jahr habe ich mir das kleine rosarote Buch gekauft. Dauerlektüre auch bei mir.
ZitatAn elaborate private library with fancy oak panelling doesn't necessarily mean you're amazingly well-read with a rich intellectual hinterland - it usually just means you're rich. Look at the tragic selection of books on the shelves here...
Danke für den Link, das sind schöne Ansichten! Das erinnert mich an eine Szene in einem Buch, die ich heute gelesen habe. Eine Pflegedienst-Angestellte besucht routinemäßig das Haus einer wohlhabenden, teilweise gelähmten Dame.
"Alle Bücher haben ja Umschläge", sagte Kristine. "Und in der Regel sind die hässlich. Aber darunter ist doch Kunstleder und manchmal auch echtes Leder, und in der Regel sind die Bücher schwarz oder rot. Wenn Sie also alle Bücher aus dem Regal nehmen und die Umschläge heruntermachen und die Bücher dann nach Farbe geordnet zurückstellen. Das sieht doch sicher hübsch aus."
Die Pflegedienstangestellte macht sich an die Arbeit und nimmt die Bücher heraus:
"Der Preis der Liebe" las sie, und "Hunger des Herzens", "Tod einer Schwalbe" und "Rebekkas Entscheidung". (...) Genau wie Kristine gesagt hatte, waren die meisten Buchrücken schwarz oder rot, aber einige wenige waren auch braun oder grün, und die stellte sie nach unten. Danach die schwarzen und ganz oben die roten. Sie stellte ein Buch nach dem anderen in die Regale, während die Umschläge als riesiger Haufen auf dem Boden liegen blieben. Nach einer Weile kam Kristine herein. Sie hielt einen schwarzen Müllsack in der Hand. (...) Dann trat sie vor die Regale, bewunderte die Bücher aus einer gewissen Entfernung und zeigte mt einem rot lackierten Fingernadel darauf.
"Super."
Ich liebe solche trockenen Schilderungen ...
Das Autorenpaar Fruttero & Lutencini hat etliche Krimis gemeinsam geschrieben. Dickens' Roman zu vollenden, ist natürlich ein origineller Ansatz, aber man sollte auch die anderen nicht vergessen: "Die Sonntagsfrau" - mit netten Seitenhieben auf die Intellektuellenszene von Turin -, "Das Geheimnis der Pineta", "Der Palio der toten Reiter" (darin geht es um das berühmte Rennen von Siena) und noch mehrere andere, die ich (noch) nicht gelesen habe.
Ich habe "Das Mädchen" von Edna O'Brien gelesen, darin geht es um die Entführung und Versklavung nigerianischer Mädchen durch die Terrorgruppe Boko Haram. Danach den o.g. Krimi, der im Vergleich zu O'Briens Buch in einer völlig anderen Welt zu spielen scheint.
Jetzt habe ich "Americanah" von Chimamanda Ngozi Adichie vor, Hauptfigur ist wieder eine Nigerianerin, die in Princeton mit Stipendium studiert und später in die Heimat zurückkehrt. Das ist nun ein Buch, das explizit Rassismus zum Thema hat, was für "Meine Schwester, die Serienmörderin" nicht gilt. Aber es (alo der Krimi) ist schon eine interessante Milieustudie. Ayoola betätigt sich als Modebloggerin, bedient Youtube und Instagram, alles wirkt sehr "modern". Doch die Familienverhältnisse, die die Erzählerin Korede beschreibt, wirken auf mich so archaisch wie Zulutänze vor der Lehmhütte.
Ich habe Gefallen gefunden an dem Psychokrimi "Meine Schwester, die Serienmörderin" von Oyinkan Braithwaite. Der Roman spielt in Lagos (Nigeria). Die Erzählerin Korede, eine Krankenschwester, ist fleißig und energisch, privat aber von Minderwertigkeitsgefühlen geplagt, wenn sie sich mit ihrer Schwester Ayoola vergleicht. Ayoola ist die reinste Wunderfrau, derart schön und charismatisch, dass sie schlechthin keinen Mann kalt lässt; sie hat Ambitionen, ist Youtuberin, Influencerin und wer weiß was noch. Und wie Korede berichtet, ist sie eine Mörderin - zu Beginn des Romans eine dreifache, somit (stellt Korede trocken fest) als Serienmörderin qualifiziert. Korede, seit langem gewohnt, ihre Schwester zu beschützen, erweist sich als tüchtige Tatortreinigerin.
Der Roman beginnt in knappem Erzählstil, galgenhumorig bis zynisch, vergleichbar vielleicht mit der frühen Ingrid Noll. Im Fortgang machen sich jedoch Zweifel breit. Wie zuverlässig ist Koredes Bericht eigentlich? Die Rückblenden in ihre Kindheit mit dem tyrannischen Vater sind kleine Meisterstücke einer Schilderung, die sich aus Zwischenräumen zusammensetzt wie ein Lattenzaun. Das Buch hat m.E. viel mehr Tiefe, als der flapsige Titel (und einige Rezensionen) vermuten lassen.