Beiträge von Zefira

    Das klingt doch noch nach einem ambitionierten Restjahr, Zefira.


    Mir geht es auch so, dass ich oft nicht Leserunden oder irgendwelche Nebenpfade berücksichtige. Ich mache auch gerne bei irgendwelchen eigentlich sinnfreien Challenges mit, die mir helfen, meinen riesigen ungelesenen Bücherberg weiter abzubauen und Titel oder Autoren zu entdecken, die mir sonst wahrscheinlich noch jahrelang durch die Lappen gegangen wären. Auf diese Weise habe ich schon wirklich schöne Sachen wieder entdeckt, die ich aus meiner Wahrnehmung gelöscht hatte.

    Das gilt für mich ebenso. Ich habe nicht nur massenhaft ungelesene Bücher, unter denen mit Sicherheit phantastische Lektüren sind, sondern auch solche, die ich unbedingt ein zweites Mal lesen möchte, wie "Die Wolfshaut" von Lebert zum Beispiel, und die wartet seit Jahren.
    Im Sommer habe ich zum Beispiel "Die Räuberbraut" von Margaret Atwood gelesen, die seit mindestens zwei Jahren hier stand, und es war eines meiner schönsten Leseerlebnisse in 2022, womöglich das Highlight des Jahres überhaupt. So was wurmt mich im nachhinein immer ein wenig - wer weiß, wie viel hier noch herumsteht und darauf wartet, das Highlight des Jahrzehnts zu werden!

    Eine sehr schöne, wertschätzende Rezension. Es ist aber schon, wie du schreibst, nichts für jeden. Man muss wohl ein Gespür für das Magische, Lyrische mitbringen.

    In der Leserunde gab es einige Teilnehmerinnen, die ihren Unwillen äußerten, hauptsächlich aus zwei Gründen: einmal gibt es in dem Buch keine klare Trennlinie, eigentlich überhaupt keine Trennlinie zwischen Wirklichkeit und Traumwelt, eine Folge der streng subjektiven Erzählweise, und dann - vor allem - Achtung Spoiler:


    Wir haben sogar eine Stellungnahme des Verlegers bekommen, der u.a. meinte:

    " ... ich kann nur sagen, dass ich den Roman viel stärker auf der Grenze zwischen Traum, innerer Welt und äußerer Welt lese, vieles sind Traumbilder, innere Bilder, die eher auf einer metaphorischen Ebene gelesen werden sollten."


    Hier gibt es auch ein Gespräch mit dem Übersetzer:
    Sebastian Murmann über "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke"


    (Link führt zu deutschlandfunk . de. )

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    Mit Leena in die Kindheit zurück .. und auf die magische Brücke



    "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" ist ein neunjähriges Mädchen namens Leena, das an der finnischen Ostseeküste bei ihrer Großmutter aufwächst. Die Mutter starb kurz nach der Geburt, der Vater hat sich davongemacht, die Oma ist nach einer Anzahl Schicksalsschlägen zu einer frömmelnden, in Trauer versunkenen alten Frau geworden. Leena hat keine gleichaltrigen Freundinnen und gilt wegen ihrer verträumten und leicht verschusselten Art bei der Lehrerin als "faul und starrsinnig".



    Der kleine Roman gibt auf 134 Seiten einen kurzen Zeitraum (wohl nur ein paar Wochen) im Leben Leenas wieder, konsequent subjektiv aus ihrer Sicht erzählt: einen Schultag, durchsetzt von strengen Verweisen der Lehrerin; Herumstromern in der Stadt, Beobachten des Flusses und des Regens; ein transzendenter Augenblick, als das Kind zum erstenmal Orgelmusik von Bach hört, und ein Gespräch mit einer Nonne und dem Hausmeister des Klosters. Leena bekommt einen Brief von ihrem geliebten Onkel, und er sendet ihr ein magisches Geschenk. Viel mehr passiert nicht - jedenfalls nicht an äußerer Handlung.



    Leena ist ein besonderes kleines Mädchen. Sie ist allein in ihrer Welt, und sie ist immer traurig. "... eine endlos lange, ewige Trauer, eine Trauer, die nicht zu erklären und dennoch selbstverständlich war ... eine Trauer, die alles umfasste, was sie kannte oder wahrnahm: Baum und Vogel, Haus, Himmel, Wolke, Regen, Wind, Menschen. (...) Alles war für diese Trauer bestimmt. Dass es bestimmt war - dass alles fertig und durch nichts zu ändern war -, daher kam wohl diese alles umfassende Trauer." (S.17 f.) Leenas ganze Erlebniswelt ist von dieser Grundstimmung geprägt. Doch paradoxerweise ist Leena kein "unglückliches" Kind in dem Sinn, dass in ihrer Welt die Dinge anders sind, als sie nach ihrem Gefühl sein sollten. Das unterscheidet sie von vielen unverstandenen Kindern der klassischen Literatur wie in Hermann Hesses "Unterm Rad" oder Ebner-Eschenbachs "Vorzugsschüler". Die klassischen Leiden der Kindheit, das Unverständnis der Erwachsenen, die nörgelige Lehrerin, Scham und Ohnmacht, selbst die kaputten Schuhe sind bloße Stolpersteine auf Leenas magischen Wegen. Für sie hat die Realität so wenig Bedeutung, dass es beinahe schon egal ist, was geschieht - es ist ohnehin alles ein Traum. Besonders in der zweiten Hälfte der Erzählung löst sich ihr Erleben in märchenhaft-lyrischen Sprachbildern auf. Leena ist glücklich, weil ein Stein aus ihrer Hand unter Zwitschern davongeflogen ist. "Ihre Hand hatte den Stein zum Leben erweckt" (S. 139)



    Wer bei der "Himmelsbrücke" des Titels an die Regenbogenbrücke des Volksmund denkt, liegt gar nicht so verkehrt: Leenas "Reich ist nicht von dieser Welt" - durchaus auch im biblischen Sinn. Dass sie kein klassisches verzweifeltes Kind ist wie Hans Giebenrath oder Hanno Buddenbrook, macht die Erzählung vielleicht etwas weniger bedrückend. Andererseits ist die Auflösung der Realität in eine Traumwelt bis hin zu existenzphilosophischen Fragen natürlich unbefriedigend für solche Leser, die in erster Linie nach dem Wohlergehen des Kindes fragen.




    "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" ist ein Roman, der inhaltlich und formal der Lyrik näher steht als der Prosa. Es ist kein Buch für den Mainstream und nichts für jemanden, der in erster Linie unterhaltsame und entspannende Lektüre sucht. Dass der ambitionierte Guggolz-Verlag dieses Buch trotzdem in einer bezaubernd aufgemachten Ausgabe herausgebracht hat - in Form eines Büchleins, das mehr wie ein Lyrikband in der Hand liegt denn wie ein Roman -, in einer ausgezeichneten Übersetzung und durch eine Kurzbiographie der Autorin ergänzt, verdient jedenfalls höchste Anerkennung. Deshalb von meiner Seite Höchstwertung, auch wenn klargestellt werden muss, dass dies kein Buch für alle ist und man ein Stückweit auf die Himmelsbrücke mit muss, um es mit Freude lesen zu können.

    Eva Menasse: Dunkelblum

    Bisher gefällt mir der Roman sehr gut. Schön geschrieben mit eindrucksvollen Bildern und einem Geheimnis, das im Hintergrund lauert.

    Das hatte ich als Leserundenbuch im letzten Jahr und war begeistert.


    Gerade bin ich mit einem aktuellen Leserundenbuch fertig geworden, "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" von Eeva-Liisa Manner, aus dem Guggolz Verlag. Ich stelle mal im Faden "nicht kanonisch etc" meine Rezension ein. Vielleicht interessiert sich der eine oder die andere hier aus dem Forum dafür. Es ist ein bezauberndes kleines Buch, wenn auch nicht gerade "Mainstream"-Lektüre.

    Ich fürchte, viel weiter komme ich in meiner Liste nicht mehr. Sie war von vornherein zu ehrgeizig, aber ich habe auch zu wenig in Betracht gezogen, dass ich mich darüber hinaus für eine ganze Anzahl Leserunden mit Rezensionsverpflichtung angemeldet habe. Ich hoffe, wenigstens einen der Landstreicherromane von Hamsun noch schaffen; aus der Phantastik-Liste werde ich auf jeden Fall die vier Kurzromane von Lernet-Holenia noch beenden (zwei davon bisher gelesen) und vielleicht "Der feurige Engel" aus der Phantastik-Liste lesen. Dann ist ja doch das meiste geschafft und den Rest nehme ich ins nächste Jahr mit.

    Auf diese Weise hab ich Lars Kepler für mich entdeckt und auch Andreas Gruber hat mich in seinen Bann gezogen.

    Jetzt, wo die kältere Jahreszeit beginnt, hoffe ich wieder auf anspruchsvollere Lektüre.

    Wenn man gern Krimis liest, sind die beiden eine gute Wahl. Von Gruber gefallen mir eigentlich nur die Romane mit dem Ermittler Sneijder (jedenfalls die ersten vier - spätere habe ich nicht mehr gelesen, muss mal in der Onleihe nachgucken, ob sie dort zu haben sind).
    Von Kepler mag ich auch die früheren am liebsten. "Der Sandmann" ist einer der besten Krimis, die ich je gelesen habe - in Spannung und Geheimnis eine Klasse für sich.

    Von den "Weihnachtserzählungen" ist mir eigentlich nur das Weihnachtslied in Erinnerung geblieben, und zwar in sehr lieber Erinnerung, weil untrennbar mit der Erinnerung an meinen Papa verbunden, der mir dieses Buch ans Herz legte, als ich so elf oder zwölf war. Ich lese es in Abständen immer wieder mal und staune über die großartige Erzählökonomie dieses Buches, es ist so kurz und enthält trotzdem so unglaublich viel Stoff. Was mich in den Diskussionen um dieses Buch immer wieder wundert, ist, wie wenig der Charakter von Scrooges "Wandlung" besprochen wird. Es geht ja nicht nur darum, dass er ein besserer Mensch wird, wohltätig und freundlich zu seinen Mitmenschen. Das erste, was mir immer wieder auffällt, sind seine Lachanfälle, und für die liefert das Buch eigentlich keine Erklärung. Warum lacht er stundenlang, nachdem er aufgewacht ist? Sich einfach nur freuen ist ja was anderes als zu lachen, als würde man gekitzelt. Es offenbart eine merkwürdige Seite in Scrooges Charakter, aber ich finde diese Wendung eigentlich sehr gut; es bewahrt die Geschichte davor, bloß moralinsauer daherzukommen.

    Danke sandhofer für die Reihung.

    Den Radetzkymarsch sollte ich wirklich dringend lesen. Als Österreicherin eine Leselücke.

    Ich lese das Buch gerade. Musste allerdings gerade knapp zwei Wochen unterbrechen; ich hatte das Buch mit in Urlaub, aber mit dem Lesen dort hat es nicht geklappt. Den ersten Teil habe ich aber fertig und werde gleich wieder einsteigen. Fazit bisher: ein erschütterndes Buch, das eine untergehende Welt in sehr treffender Weise beschreibt.

    Den "Reisenden" habe ich auch vor ca. 20 Jahren gelesen. Ist das nicht eine Montage aus lauter Romananfängen? Ich erinnere mich nur, dass ich es ganz unterhaltsam zu lesen fand.

    Soweit ich weiß, ist es eine Montage aus Romananfängen auf unterschiedlichen Stilebenen.
    Ich habe es immer noch nicht angefangen, weil ich gerade in zwei Leserunden stecke.

    Von Perutz habe ich noch den "Meister des jüngsten Tages" gelesen und weiß nun auch was "Drommetenrot" ist. Wie immer sehr spannend und die Volten am Ende faszinieren auch hier.

    Was Drommetenrot ist, daran kann ich mich erinnern, aber gesehen habe ich es (vermutlich zum Glück) noch nicht.
    Für Perutz kann ich mich immer wieder begeistern. Kürzlich las ich "Der Judas des Leonardo", wieder ein tolles, stimmungsvolles Stück.

    Ich beginne heute mit einer Leserunde mit diesem Buch:


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    "Doppelleben" von Alain C. Sulzer. Es geht darin um die Brüder Goncourt. Soweit ich sehen kann, wird der Beziehung zu der Haushälterin, die die beiden zu dem Roman "Germinie Lacerteux" inspiriert hat, breiter Raum gewidmet.
    Ich kenne "Germinie Lacerteux" gut, die Entstehungsgeschichte interessiert mich.

    Apropos Calvino: Ich habe mir endlich bei meiner letzten Medimops-Bestellung den "Reisenden in einer Winternacht" gegönnt und bin sehr gespannt. Meine Tochter ist begeistert davon. Bisher kenne ich von Calvino nur eine Erzählung über einen halbierten Baron.

    Tristan da Cunha - die Insel, von der Arno Schmidt annahm, sie sei das Vorbild für die "Insel Felsenburg" von Johann Gottfried Schnabel gewesen. Was mich daran erinnert, dass ich das Reclam-Heftchen der Tieck'schen Bearbeitung der "Insel Felsenburg", das ich mal hatte, wieder suchen sollte.

    Ja, die Insel kommt in mehreren bekannten Romanen vor, so auch in Poes "Arthur Gordon Pym". Auch Jean Giono soll Tristan da Cunha in "Die große Meeresstille" beschrieben haben. Letztes Jahr hatte ich ja endlich "Der Husar auf dem Dach" von Giono und war von seinen Schilderungen so begeistert, dass ich mir die Meeresstille jetzt mal auf die Wunschliste gesetzt habe.

    In einer Leserunde habe ich mit "Tristania" begonnen, einem Roman mit der Insel Tristan da Cunha als Schauplatz, von der Finnin Marianna Kurtto. Sie ist hauptsächlich Lyrikerin, was der Sprache des Romans deutlich anzumerken ist.


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    Das Buch beginnt sehr verhalten, aber wir befinden uns im Jahr 1961 und es steht folglich ein großer Vulkanausbruch mit Evakuierung bevor.

    In einer Runde nochmals gelesen: "Sturmhöhe" von Emily Brontë. Es muss die Viert- oder Fünftlektüre sein. (Ich habe das Buch irgendwann "erstgelesen", dann begleitend mit der älteren Tochter zweitgelesen, dann begleitend mit der zweiten Tochter ein drittes Mal, dann war es jetzt wohl das vierte Mal, evtl. auch noch eines mehr.)


    Ich war eigentlich nach der letzten Lektüre überzeugt, ich mag das Buch nicht mehr. Das stimmt zum Glück nicht. Großartig, wie sich da immerfort neue Welten auftun.

    Die neue Lektüre führt mich nach Süditalien.

    Elena Ferrante - Frau im Dunkeln

    Viel Freude damit! Ich hatte mir "Frau im Dunkeln" aus der Onleihe geholt (nachdem ich den sehr starken Film gesehen hatte) und war begeistert - so sehr, dass ich mir das Buch noch zusätzlich als Print auf die Wunschliste gesetzt habe.

    Nach langer Zeit habe ich eben "Inferno" fertig gelesen, das Mysterienspiel auf den letzten Seiten habe ich mir geschenkt. Diese Vorstellungen von einer Swedenborgschen Geisterwelt sind für mich doch sehr fremdartig, selbst als geübte Phantastik-Leserin. Mir fällt da die berühmte Erzählung von LeFanu ein, in der ein Pfarrer nach ausgiebiger Swedenborg-Lektüre meint, vom Geist eines Äffchens verfolgt zu werden.


    Mal schauen, was ich von meiner Liste überhaupt noch schaffen kann. Alles bestimmt nicht, ich habe zu viele Leserundenverpflichtungen angenommen.

    Schnitzlers Hauptantrieb war, soweit ich sehen kann, nicht die Abbildung der gesellschaftlichen Verhältnisse, auch wenn der Untertitel in diese Richtung zu weisen scheint. Er hatte sich vielmehr schon Jahre früher eine Notiz gemacht für eine Geschichte über eine Mutter, die bei der Geburt ihres unehelichen Kindes spontan dem Impuls nachgibt, es sofort umzubringen - das Kind überlebt, sie entschließt sich dann doch, es anzunehmen, fühlt sich aber fortan als "Mörderin". In Folge lässt sie dem heranwachsenden Sohn viel zu viel durchgehen, lässt sich gar von ihm beschimpfen, weil er keinen Vater hat; und nachdem der erwachsene Sohn auf die schiefe Bahn geraten ist, hilft sie ihm wider besseres Wissen immer wieder mit Geld aus, das sie eigentlich nicht entbehren kann. Indessen ist auch die psychologische Tragödie nicht wirklich konsequent ausgeführt. Stattdessen wird immer wieder referiert, wie Therese eine neue Stelle antritt, der Zustand des Haushalts, das Alter und die Ausbildung der Kinder, ob man in die Sommerfrische fährt und ob sie mitdarf usw. usf. Schnitzler scheint zwischen allen Stühlen zu sitzen. Der Roman ist weder ein Sittenbild noch ein psychologisches Drama, sondern irgendwas dazwischen und nichts so richtig. Schade, ich habe mich über die schöne illustrierte Ausgabe gefreut (habe sie in einem Antiquariat für wenig Geld gefunden), jetzt wird sie wohl ins Offene Regal wandern.