Es war leider zu befürchten, auf der letzten Lesung in FFM ging es ihm schon sehr schlecht. Es war der 14. Feb 2018.
Beiträge von klassikfreund
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Mama, warum bin ich kein Huhn? fragt Hans Traxler im gleichnamigen neuen Buch, welches gestern in der ausverkauften Frankfurter Romanfabrik vorab vorgestellt wurde. Das kleine Büchlein erscheint erst im März 2019 und enthält 33 Bilder mit den zugehörigen Geschichten. Es ist ein autobiografisches Buch, welches Traxlers Kindheit während des 2. Weltkriegs (er wurde 1929 geboren) erzählt. Seine Bilder mit recht einfachen Strichen, die sich auf das wesentliche konzentrieren, haben ein wenig den Touch einer naiven Malerei. So wirkt die Szene eines morgendlichen Spaziergangs nach einem Bombenangriff auf das kleine Dorf eher komisch und unwirklich. Das dort gezeichnete Haus, welches in einen Bombenkrater abzukippen droht, wirkt wie ausgedacht, erst der Text setzt eine gewisse Ernsthaftigkeit dagegen. Und doch kann man, so furchtbar die Geschichten auch sein mögen, bei allen Szenen auch schmunzeln, wenn nicht gar lachen. Es ist der ehrliche Blick eines aufwachsenden Jungen, ohne dass nun hinterher das ganze heutige Wissen, welches wir über Hitler haben, über die Texte gelegt wird. Das ist angenehm, wenn Traxler seine eigene Verblendung beim Ausheben von Schützengräben erzählt und er daran glaubt, dass die Amerikaner doch dankbar sein müssten, wenn sie nun ein letztes Bollwerk gegen "den Iwan" errichten. Oder wenn Traxler darüber berichtet, dass seinem Lehrer der Kopf abgeschossen wurde, er das aber nur als gerecht empfunden hat, denn der Lehrer hatte ihn zuvor geschlagen. Traxler berichtet auch über Schönes, was er in seiner Kindheit erlebt hat. Und über Enttäuschungen. Seine Zuckertüte zur Einschulung war nur oben mit Bonbons und Pralinen gefüllt, darunter war grüne Holzwolle, er deutet das als Vorbereitung auf die Enttäuschungen, die in seinem Leben noch folgen sollten.
Und hier noch meine Jahresbilanz:
Besuchte Lesungen: 108
Signierte Bücher (nur 2018): > 100 (noch nicht vollständig erfasst)
Signaturen im Fotoalbum (nur 2018): 85
Signaturen im Ohlbaum-Bildband: 116 (+12)
Signaturen im Mangoldt-Bildband: 94 (+7)
Signaturen im Koelbl-Bildband: 14 (+3)
Signaturen Barbara Klemm-Bildband: 3 (+0)
Signaturen im Tobias Wenzel Bildband: 3 (+3)
Signaturen im Abireden-Band: 10 (+6)
Signaturen im "Erstes-Buch"-Band: 24 (+12)
Signaturen in Gomringer #poesie-Anthologie: 2
Signaturen in Leseproben Deutscher Buchpreis 2018: 8
Schöne Grüße, Thomas
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Deutschland Radio Kultur bringt für jeden Tag einen schönen Buchtipp (abseits der Bestsellerlisten und auch abseits der Feuilleton-Bestseller):
DLF: Literarischer Adventskalender
Tag 10 findet man auch schon, ist aber noch nicht in der obigen Übersicht integriert.
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Weitere Lesungen im Jahr 2019: Annie Ernaux in Köln, T.C. Boyle in Frankfurt und Siri Hustvedt ebefalls in Frankfurt/Main. Natascha Wodin kommt im Januar ins Literaturhaus. David Grossman unterhält sich im Schauspielhaus über Israel. Javier Marias neues Buch erscheint auf Deutsch, Lesungen sind noch nicht bekannt. Inzwischen ist der Besuch von Lesungen einer der schönsten Hobbys, die ich mir vorstellen kann.
Gestern war ich im Literaturhaus Frankfurt. Literatur in einfacher Sprache. Julia Schoch und Kristof Magnusson lesen in einer Premiere extra geschriebene Kurzgeschichten (ca. 25 Minuten Lesedauer). Obwohl beide sich an die Regeln für "Literatur in einfacher Sprache" gehalten haben, ist an den Texten sprachlich nichts auszusetzen. Sehr schön zum Zuhören und sie bleiben im Kopf. Inhaltlich habe mich beide Texte nicht vollends überzeugt. Schoch schreibt aus der Perspektive einer Frau, die sich nach 30 Jahren von ihrem Mann trennen will. Magnusson macht eine Krimigeschichte und erst gegen Ende wird deutlich, dass er die letzten Stunden Barschels im Hotelzimmer literarisch aufbereit und auf seine Weise interpretiert.
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Ein paar preisgebundene Taschenbücher werden nun bei Aldi angeboten:
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Hanser macht ein neues Imprint auf und will eine breite Leserschaft damit ansprechen:
Sicher nichts, worauf wir hier gewartet haben, wenn es den Verlag als Ganzes stärkt, kann mir das aber nur recht sein.
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Das Programm der litcologne für März 2019 ist online. Ich freue mich auf Julian Barnes und William Boyd. Und dann hoffe ich, dass Javier Marias im Sommer mit seinem neuen Buch erneut nach Frankfurt kommt.
In diesem Jahr stehen noch zwei Lesungen an, Julia Schoch und Hans Traxler. Mit dann 107 Lesungen/Interviews wird 2018 zu einem schönen Jahr mit so vielen tollen Autoren. Wer Spuren von Wahnsinn darin entdeckt, hat nicht ganz unrecht ... Aber deswegen bin ich ja hier.
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Großartige Besprechung.
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Es gibt einige frei zugängliche Artikel über sein bewegtes Leben im Netz.
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Immer wieder liest man in Buchbesprechungen, dass dieses oder jenes Buch so gut ist, dass der Autor den Nobelpreis verdient hätte. Dabei kann man auch unbekannte Autoren entdecken wie den Australier Gerald Murnane. Sein Buch "Grenzbezirke" wird in der SZ besprochen, hier die Zusammenfassung des Perlentaucher
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Ich möchte solche Besprechungen hier sammeln. Mal schauen, wie lange es dauert, bis der erste Treffer dabei ist.
Schöne Grüße, Thomas
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Man ist ja nun gestartet. Also jetzt geht es doch los. Nicht immer nur meckern ;- )
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Der neu gegründete Kampa-Verlag startet mit seiner Georges Simenon Werkausgabe. Alle Titel werden neu übersetzt und es erscheinen nicht nur die Maigret-Romane:
Hier noch ein Interview mit dem Verleger.
Gruß, Thomas
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Juan Gabriel Vásquez. Der Autor lebte einige Jahre in Barcelona, nun mit seiner Frau und seinen Zwillingskindern wieder in Kolumbien. "Die Gestalt der Ruinen" ist sein neuestes Buch. Verfolgt man das Feuilleton, so sind alle seine Bücher positiv besprochen. Für "Das Geräusch der Dinge beim Fallen" gewann er 2014 den mit 100.000 Euro dotieren Dublin Literature Award höchst dotieren Buchpreis für ein Einzelwerk. Vásquez spricht spanisch und die ersten Seiten seines Buches entfalten sich zu einem interessanten Singsang (und mehr habe ich wirklich nicht verstanden). Aber auch die anschließende Lesung der deutschen Passage in der Übersetzung von Susanne Lange (bekannt durch ihre Don Quichotte Übersetzung), erzeugt eine schöne Sprachkraft, der Text fließt leichtfüßig. Die Entstehungsgeschichte des Buches ist interessant. Seine Zwillinge sind Frühgeburten (sogar die Grammzahl sagte er, aber das hier im Internet festzuhalten, hielte ich für falsch) und so verbrachten beide einige Wochen im kolumbianischen Krankenhaus. Eines Tages lud ihn der behandelnde Arzt zu sich nach Hause ein. Und dieser öffnete einen Schrank und holte einen in Formalin eingelegten Wirbelknochen hervor. Der gehörte einer berühmten Persönlichkeit (uns Deutschen sagen die Namen aus Kolumbien nichts) und er wurde ermordet. Später folgte dann noch ein sehr alter Schädel einer anderen Persönlichkeit. Und das war der Ausgangspunkt des Romans, der auch Fotos solcher Originalzeugnisse enthält (u.a. ein Röntgenbild, in dem man das Einschussloch noch sehen kann). Um diese realen Personen herum, gibt es den Protagonisten, welcher die einzige nicht der Wirklichkeit entnommene Person darstellt. Und so entspinnt sich eine Familiensaga, ein historischer Roman Kolumbiens und alle diese Zuschreibungen mag der Autor nicht, hält sie für falsch, da er grundlegende menschliche Themen wie Täuschung und Lüge behandelt.
Ganz ausverkauft war das DAI in Heidelberg nicht. Aber von diesem Autor wird man noch hören.
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Gestern also Kafka. Und die Veranstaltung war mit mehr als 100 Personen erfreulich gut besucht. Die beiden Herausgeber Roland Reuß und Peter Staengle erläutern eindrucksvoll, warum man Kafka ganz anders lesen muss. Sie berichten von verzweifelten Käufern des Prozess-Schubers mit mehreren Einzelheften, die nach Entnahme nicht mehr wissen, in welcher Reihenfolge sie zurückzustellen seien. Genau diese Reihenfolge gibt es eben nicht und sie wurde von Max Brod mal festgelegt und die Verlage drucken das dann einfach so nach. Das Schloss beginnt eigentlich mit "Der Wirt begrüßte den Gast." Aber Brod hat die ersten drei Seiten des Manuskripts herausgelassen und den Beginn des Romans beliebig festgesetzt. Man kann durch die abfotografieren Seiten interessante Einblicke in das Denken von Kafka gewinnen. Keine Druckausgabe könnte das leisten. So ist (im Schloss?) an einer Stelle alles gestrichen bis auf das Stubenmädchen. Dazu gibt es am Rande dann eine der wenigen Zeichnungen Kafkas. Eine sexuelle Anspielung. Ebenfalls nachvollziehbar sind spätere Änderungen. Aus "ich" wird die 3. Person, aber der ganze Text war von vornherein (!) so angelegt, dass diese Änderung zu erwarten war. Die meisten Handschriften Kafkas liegen in Oxford, Marbach hat den Prozess vor einigen Jahren für 3 Millionen DM gekauft. Kafka hat keine Parabeln geschrieben, wie Lehrer gern behaupten. Und da konnte man etwas überheblich auf die Lehrer schimpfen. Es sind auch keine Rätsel, für die es eine Lösung gibt. Es sind einfach "Geschichten", nicht Erzählungen.
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Da gibt es zwei Rezensionen von ihm. Beide nicht gerade überschwänglich. Er dürfte eher zur Unterhaltungsliteratur zählen.
Danke für den Hinweis. Da der Autor bei Schöffling verlegt wird und auch eher politische Themen abhandelt, würde ich ihn nicht zur Unterhaltungsliteratur zählen. Er scheint sich aber schwer zu verkaufen. Sein Erzählungsband von 2013 ist leider nicht mehr erhältlich.
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Heute der Kafka-Abend. Aber morgen kommt Juan Gabriel Vasquez nach Heidelberg. Ein kolumbianischer Autor, der 1973 geboren wurde. Ich werde hingehen (wenn schon mal keine längere Anfahrt notwendig ist). Aber sagt hier jemanden dieser Autor etwas? Ist er euch schon mal literarisch begegnet? Für mich ein unbeschriebenes Blatt.
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Wohl wahr. Wobei mich auch das Gefühl beschleicht, dass sich die professionellen Literaturkritiker mit negativer Kritik bei den letzten Büchern sehr zurückhalten. Walser selbst kann mit negativer Kritik nach wie vor gar nicht umgehen. Es gab beim "Spätdienst" neben vielen positiven Rezensionen wohl eine negative. Das hat ihn aufgeregt, da das Buch nicht als Ganzes gesehen wird, sondern Teile herausgepickt wurden, die nicht so gelungen sein sollen. Die ganzen Kritiker regen ihn so auf, dass er etliche Verse denen im "Spätdienst" spendiert, wobei (bei guter Kenntnis) der einzelne Kritiker sogar identifizierbar wäre. Und das spricht doch eigentlich gegen hohe Kunst, oder? Vorgelesen hat er übrigens keine einzige Zeile, die sich mit den Kritikern auseinandersetzt. Das hat dann aber Scheck getan. Scheck hat sich dann darüber mokiert (ob nun gespielt oder nicht, sei dahingestellt), dass er in Walsers Buch als Kritiker nicht vorkomme.
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Es war ein großer Abend mit Martin Walser. Das liegt sicher auch, aber nicht in erster Linie, am Gefühl, dass es nicht mehr allzu viele Lesungen geben wird. Man merkt Walser die körperliche Anstrengung an. Ganz anders seine geistige Frische. Spätdienst. So der Titel des neuen Buches. Die Lesung seiner oft vierzeiligen Notate beeindruckt vor allem in seiner Gesamtwirkung. Walser liest stehend am Pult, schaut kaum auf. Ein Redefluss entspinnt sich. Sprache als Gesamtkunstwerk. Einfach schöne Sätze, so drückte sich Denis Scheck aus. Und er hat recht. Dabei passt er als Moderator gar nicht so gut in diesen Abend, er liest vereinzelt Stellen aus dem Buch, aber eben mit ganz anderem, zumeist zu stark betontem und etwas effekthascherischem Ton. Walser redet über sein Schreiben, seine Kritiker, seinen Hang zum Glücksspiel und sein übernächstes Buch (das nächste hat er ausgelassen, es gab auch keine Nachfrage dazu, liegt womöglich schon in der Schublade).
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Am Sonntag stellt Martin Walser sein neues Buch (Buchpremiere) in Stuttgart vor. Für mich ist es Lesung No 103 in diesem Jahr.
Am Dienstag, 20. Nov., kommen die Herausgeber der Kafka-Faksimile-Ausgabe nach Schwetzingen. Sie lehren beide an der Uni Heidelberg. Darauf freue ich mich ganz besonders.
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Oh Klüssendorf hat mich in der Lesung nicht so richtig überzeugt. Buch daher noch ungelesen.
Ich lese gerade Mirko Bonné - Wimpern und Asche. Gedichte.