Beiträge von Rydal

    Ich hätte angesichts des Todes von GGM auch beinahe zu "Hundert Jahre Einsamkeit" gegriffen, aber mir fehlt momentan leider die Zeit bzw. Konzentration für so ein monumentales Werk.
    Deshalb: "Der schwedische Reiter" von Leo Perutz, eine schön verwinkelte Geschichte, die mich ein wenig an Hoffmanns "Elixiere des Teufels" erinnert.

    Urs Widmer: Schweizer Geschichten


    "Können Sie mir erklären, warum Sie so lange im Ausland wohnhaft gewesen sind?" fragt er. Ich schüttle den Kopf. "Ich, ich habe mir nichts Besonderes dabei gedacht", sage ich leise. "Ist es verboten?" Der Polizist sieht mich an. "Verboten nicht gerade", sagt er, "aber es gibt uns natürlich zu denken, wenn es einem hier bei uns nicht passt, oder?" Ich nicke. Ich verstehe ihn. (S. 20)

    "Ein Regenschirm für diesen Tag" von Wilhelm Genazino, nachdem ich mich lange mit mühsamen theoretischen Texten herumgeschlagen habe. Sehr entspannend und schön zu lesen.


    Da Hamsun auch bei mir Top 5 ist, würde mich interessieren, welche Erzählungen, welche Ausgabe!


    Ich habe eine Ausgabe vom LangenMüller Verlag und sie enthält: Schwärmer, Die Nachbarstadt, Vagabundentage, Die Königin von Saba, Mein Skysspferd, Weihnachten in der Berghütte, Johannes Treu, Weihnachtsschmaus, Die Dame vom Tivoli, Auf der Strasse, Schiffer Reiersen vom "Südstern", Geheimes Weh.


    "Schwärmer" ist schon mal typischer Hamsun-Sound, ich weiss gar nicht, weshalb ich so lange gezögert habe, auch Erzählungen vom ihm zu lesen.

    Erzählungen von Knut Hamsun, gerade erst angefangen.
    Ich weiss noch nicht, ob die Erzählungen an die Romane heranreichen, aber Hamsun zählt zu meinen Hausgöttern.

    Mir fällt gerade auf, dass ich (unverzeihlicherweise) bei den Lieblingsautoren ausgerechnet Robert Walser vergessen habe.



    Dies nun wiederum... Nun ja - mindestens ist jener Unsägliche nicht auch noch auf der Liste ... :lol:


    Dan Brown? Na schön, wenn ich damit anfange, darfst du mich rausschmeissen. :breitgrins:

    Ich habe heute den Essayband "Die Nachgeborenen" von Fritz J. Raddatz angefangen.
    Mir gefallen Raddatz' frühe Essays sehr gut, auch "Revolte und Melancholie" habe ich gerne gelesen. Leider erreichen neuere Arbeiten (z.B. "Schreiben heisst, sein Herz waschen") dieses Niveau nur noch selten.

    Dahingeraffte Geniale gibt es viele. Kafka zum Beispiel, besonders zwiespältig, weil er vermutlich, wäre er nicht an Tuberkulose gestorben, geendet hätte wie seine Schwestern, was nun wirklich eine besonders groteske Vorstellung ist. Leid tut's mir auch sehr bei Novalis, der hätte noch viel Grosses schreiben können; einerseits natürlich Gedichte, aber auch die Fortsetzung seines Romanwerks (dessen Planung ausuferte). Friedrich Schlegel wurde katholisch, was auch eine Art von Abschied ist. Und dass Gogol, ein gleichzeitig religiös und verrückt Gewordener, seine als Trilogie geplanten "Toten Seelen" nicht nur nicht zu Ende schrieb, sondern sogar anzündete und dann starb, ist eine ganz ausserordentliche Gemeinheit allen Lesern gegenüber. [Wikipedia.de: Er geriet nach seiner Rückkehr unter den Einfluss eines Priesters, der seine Werke als verderbt ansah. Er verbrannte – möglicherweise in einem wahnhaften Anfall – das Manuskript des zweiten Teils der Toten Seelen, bezeichnete dies aber kurz darauf als großen Fehler. Die Psychose zerstörte den einst so umtriebigen Literaten schließlich vollends: Gogol starb an den Folgen strengen religiösen Fastens im Alter von 42 Jahren.]


    Ulrich Horstmann hat übrigens mal ein schönes Buch mit dem Titel "Die Aufgabe der Literatur" geschrieben, in dem es um Autoren geht, die aufgehört haben zu schreiben.

    "Für einmal propagiere ich die Homöopathie, denn Schmidt ist ein Autor, der in homöopathischen Dosen genossen, durchaus faszinieren kann." (sh)


    Dem stimme ich zu, obwohl ich grundsätzlich kein Anhänger der Schreibe Arno Schmidts bin (an "KAFF" bin ich vollständig gescheitert).
    Neulich habe ich "Aus dem Leben eines Fauns" gelesen und da sind wirklich schöne, quasi-lyrische Sätze und kurze Abschnitte drin; überhaupt hat mich der erste Teil positiv überrascht.
    Ich konzediere ausserdem: Schmidt ist sprachlich ein unabhängiger und originärer Schriftsteller, er erfindet eine Sprache (was auf wenige zutrifft, aber auch noch kein Qualitätskriterium sein muss). Aber, wie man heute sagt, meins ist es nicht.
    Kuno Raeber? = sollte ich mir ma ansehn.


    PS. Reich-Ranicki hat es m.E. nicht schlecht getroffen, als er sagte, Schmidt sei ein Spezialist, der für Spezialisten schreibt. Das klingt doch netter als Provinzler... ;)

    Ich habe heute "Mein Name sei Gantenbein" beendet. So gut der Roman auch konstruiert ist und so viele ausgezeichnete Abschnitte er enthält, ich werde mit Max Frisch einfach nicht warm. Nach wie vor ziehe ich Dürrenmatt vor, den verschmähten und wenig gelesenen Prosa-Dürrenmatt jenseits der Kriminalromane.

    Schön, dass du mit Nietzsche so viel Freude hast!
    Ich selbst las ihn ganz früh zum ersten Mal - natürlich ohne rechtes Verständnis, was mich in keiner Weise davon abhielt, in der jugendlichen Begeisterung halb und halb zu glauben, ich hätte alles selbst geschrieben. Seither haben mich Nietzsches Werke immer wieder begleitet und in ihrer Sprach- und Gedankengewalt, ihrem unerschöpflichem Reichtum beglückt wie wenig anderes. Gewiss gibt es auch eine "dunkle" Seite bei Nietzsche: eine brutale, antihumanistische, sozialdarwinistische, aber du betonst zu Recht den Individualismus, war Nietzsche doch gleichzeitig Antikollektivist, Antinationalist und Anti-Antisemit, weshalb ich es besonders absurd finde, dass ihn manche bis heute ideologisch in die Nähe der Nazis rücken.
    Für mich ist Nietzsche vor allem ein Genie der Klarsicht, selbst im beginnenden Wahnsinn scheint er noch alles zu begreifen, beschreibt es wunderbar und kann doch nichts mehr aufhalten, will es vielleicht gar nicht mehr. Unglaublich ausserdem, wie viel Lebensbejahung Nietzsche seiner körperlichen Krankheit abgetrotzt hat, die Briefe zeigen ein Leben voll Schmerz, Einsamkeit und Arbeit.


    So, zu dieser Éloge hast du mich animiert!
    Ich hätte gute Lust, selbst wieder einmal einen Band Nietzsche zur Hand zu nehmen, was ich leider schon lange nicht mehr getan habe.