Beiträge von finsbury

    Hallo,


    hier lesen wir in der nächsten Zeit den mystisch angehauchten Roman "Das grüne Gesicht" von Gustav Meyrink. Er erschien 1916 und spielt in Amsterdam.

    Angemeldet für die Leserunde sind

    Zefira

    Firiath

    finsbury.

    Wir freuen uns natürlich auch über mehr Mitleser.

    Und wie sieht es mit den anderen Interessenten aus? Mein derzeitiger Krimi reicht ungefähr noch zwei bis drei Tage dann würde ich gerne wissen wollen, wie es weitergeht.

    Fuzuli, halt die Ohren steif! Ich hab zwar Homeoffice , aber mehr zu tun als sonst.

    thopas, lass dir Zeit mit dem Oblomov, jetzt zwangsoblomoven ja viele von uns. Wir teilen aber gerne auch jetzt noch deine Leseeindrücke in der Leserunde. Ich habe diesmal auch gefühlt ewig gebraucht, und im erst im zweiten Teil ist der Funke bei mir übergesprungen, und ich bin einigermaßen dran geblieben.


    Gerade habe ich nachgeschaut: "Die Verlobten" habe ich 1988 gelesen, als ungekürztes Bastei-Lübbe-Taschenbuch. Ich war damals über den Verlag sehr verwundert, denn er hat sich ja inzwischen vom Verlagsprogramm her sehr positiv entwickelt, aber damals war er eher die Plattform für Nackenbeißer-Romane und ähnlich billige Genres. Aber die Ausgabe ist vollständig und die Übernahme einer Aufbau-Übersetzung von Caesar Rymarowicz (was für ein Name!).


    Ich hätte durchaus auch Lust, den Roman nochmal zu lesen, aber aus den gleichen Gründen wie Zefira nicht in diesem Jahr.

    Ich habe die Islandglocke abgeschlossen und bin sehr, sehr angetan von diesem perfekt komponierten und mit großer Stilsicherheit geschriebenen Roman. Eine echte Bereicherung!

    Der war auch für mich ein großes und nachhaltiges Leseerlebnis, an das die anderen Laxness-Romane trotz vieler Stärken nicht heranreichten.

    Aber mein absoluter Favorit ist Commissario Montalbano von Andrea Camilleri. Jeder Band wird beim Erscheinen sofort verschlungen. Bei Montalbano geht es nicht unbedingt nur um die Kriminalfälle. Das sizilianische Umfeld und besonders das Essen sind mit Hauptpersonen der Handlung. Und nicht zu vergessen Catarella. Ein einfacher Polizist von einfachem, freundlichem Gemüt mit ein paar "Besonderheiten" (mehr wird nicht verraten, dass muss man einfach lesen).

    Besonders als Catarella der Computerspezialist wird ... . Ich mag die Krimis auch, allerdings nur in homöopathischen Dosen, so hintereinanderweg kann ich die nicht lesen.

    Auch ich bin jetzt durch.

    Die letzten 200 Seiten haben mir gut gefallen und ich bin entsprechend schnell durchgekommen.


    Stolz sehe ich nicht so negativ wie du, Zefira. Sicherlich ist er schrecklich von sich eingenommen und seine Sicht der Beziehung zwischen Olga und Oblomov ist dementsprechend, aber immerhin gibt er Olga wenigstens in Ansätzen die Umgebung, die ihr wacher Geist braucht. Ich finde, dass Gontscharow sehr ausgewogen und differenziert die Licht- und Schattenseiten der Hauptpersonen darstellt, bis auf Olga, die ja wie ein Ideal erscheint, wie auch Neuhäuser in seinem Nachwort schreibt. Oblomovs Schicksal betrauern wir Leser, weil er so sympathisch dargestellt wird, obwohl ja eigentlich dazu gar kein Anlass besteht. Was eigentlich ist denn so rein an seiner Seele? Er durchschaut die Petersburger Gesellschaft, das zeigt eher seine Klugheit, aber er kümmert sich um nichts, lässt die Beziehung zu Olga aus Faulheit schleifen, zieht sie dann durch seine Versicherungen unnötig in die Länge und ist zwar wohl charmant, aber im Wesentlichen ein verantwortungsloser Faulpelz, der für die von ihm Abhängigen keinen Finger krumm macht. Er sieht sich zwar ehrlich und macht sich nichts vor, aber ändern tut er deshalb nichts. Und das ist eine Masche - die ich selbst auch oft drauf habe - nach dem Prinzip: Und ist der Ruf erst ruiniert, dann lebt es sich ganz ungeniert.


    Stolz dagegen ist der Macher, der vor der Ruhe flieht, weil sie ihn vielleicht zur Reflexion über seine besinnungslose Hast durchs Leben veranlassen könnte. Ich finde, dass der Hinweis Neuhäusers auf die "Ennui" und Depression, die den modernen, aus der festen religiösen Orientierung entlassenen Menschen befällt, wenn er über genügend selbstbestimmte Zeit verfügt, eine sehr sinnvolle, die Zeiten übergreifende Interpretation des Romans ermöglicht. Und sie passt auch noch wunderbare in unsere Zeit, denn was machen wir anders, als vor der Sinnfrage in den Konsum, in einen vollgestopften Freizeitterminkalender zu fliehen? Ob man dabei zum modernen Oblomov in Form einer Couch-Kartoffel mit Serienkonsum wird oder ein moderner Stolz ist, der nach dem Job vom Fitnessstudio zum Ökotreff und von da zu allen möglichen Kulturveranstaltungen hastet, das sind nur Varianten des Stils unserer Zeit.
    Der beste Mensch in diesem Roman ist für mich Agafja Matwejewna, die ihr Leben völlig ohne Hintergedanken in Oblomovs Dienst stellt. Allerdings heißt das nicht, dass ich das gut finde.


    Im Nachhinein muss ich sagen, dass mir die Lektüre auch beim zweiten Mal viel gebracht hat. Ich habe den Roman davor 1987 gelesen und konnte mich weder an irgendeine Szene noch meine Meinung zu dem Buch erinnern. Beim Reread habe ich einige Male das Buch aus der Hand legen müssen, weil ich mich sowohl bei einigen Beschreibungen von Oblomov als auch von Stolz ertappt fühlte …. .