Beiträge von finsbury

    Nachtrag zu Poe,


    da du den Pym ansprachst, Zefira, ist mir eingefallen, dass ich Poe sogar einen meiner stärksten Leseeindrücke zu verdanken habe. Als ich in den frühen Teens war, hatte ich eine fiebrige Erkältung und als Lektüre diesen bildstarken Roman. Spielt er nicht irgendwo im Eis, vielleicht in der Antarktis? Jedenfalls hat mein Fieber die Lektüre noch verstärkt, und dieser Roman ist einer der Gründe dafür, dass ich Abenteuergeschichten, die auf dem Meer und im Eis spielen, bis heute sehr gerne lese. Beim nächsten Fieber kommt der Roman wieder auf mein Nachtschränkchen. Was man sich aber angesichts der derzeitigen Situation nicht wünschen sollte... .

    Mit Poe habe ich mich schon seit Jahrzehnten nicht mehr beschäftigt, nicht, weil ich ihn nicht mag, sondern weil er irgendwie nirgendwo in meinen Lektüren oder anderen Medien, die ich konsumiere, auftauchte. Damals haben alle die, die in den Siebzigern und Achtzigern groß wurden, natürlich die Langrille des Alan Parson Projects "Tales of Mystery and Imagination" gehört, und in dessen Folge (oder war die Folge die LP?) gab es ja einen regelrechten Poe-Hype, in dessen Zug ich auch seine Erzählungen gelesen habe. Später ist er mir nur noch als einer der Väter des Kriminalromans über den Weg gelaufen. Also danke für die Erinnerung, Zefira.

    Du hast die Schwächen schön charaktersiert, Diaz Grey. Ich bin auch kein Fan des Frühwerks von Schillerund kann die Begeisterung einiger dafür kaum verstehen. Die Inhalte sind neu und ungewöhnlich, aber die Ausführung ... .

    Von Strindberg habe ich "Das rote Zimmer", "Fräulein Julie" und "Totentanz" in meinen Regalen, aber die Werke sind bisher nie in den Fokus meiner Leseinteressen gerückt, warum auch immer. Irgendwie reizten mich die Themen nicht. Und, Zefira, ich besitze die Bücher schon seit meinen Studienzeiten, aber wenn sie noch nicht gelesen sind, was soll's? Dafür viele andere. Da brauchst du dir kein schlechtes Gewissen zu machen.

    Ja, mach gern mit, Krylow, du wirst sicherlich eine interessante Auswahl treffen und uns durch die Kommmentare zu deinen Büchern hier bereichern.

    Ich habe mir glaube ich zuviel für dieses Jahr vorgenommen: Diese historischen Romane sind alle dicke Schinken, und allein an den "Ahnen" werde ich Monate zu lesen haben. Im Nachbarforum habe ich auch noch einige historische Romane aus dem eher trivialen Unterhaltungssektor auf der Liste, und auch die sind sehr umfangreich. Im Moment habe ich wegen eines kranken Knies noch mehr Lesezeit, aber das wird wohl bald wieder vorbei sein, und wie ich dann vorankomme ... . Meine ursprüngliche Idee, nur fünf Romane auszuwählen, wäre besser gewesen. Aber dann nehme ich den Rest eben mit ins nächste Jahr.

    Der zweite Band der „Ahnen“ – nach „Ingo und Ingraban“ – „Das Nest der Zaunkönige“ erschien 1873. Ca. 250 Jahre sind seit der Handlung des „Ingraban“ verstrichen, und wir befinden uns nun im Jahr 1003, zur Zeit der beginnenden Herrschaft Kaiser Heinrichs des Zweiten, der zu dieser Zeit aber erst König war, kurz vor seinem ersten Italienzug.

    Immo, ein Nachfahre Ingos und Ingrabans – man bemerke die Is, erinnert ein wenig an ein Stutbuch – ist der älteste von sieben Söhnen aus dem gleichen alten freien thüringischen Adelsgeschlecht und von den Eltern zur Buße einer Schuld der Kirche versprochen worden. Dafür eignet sich der wilde Immo aber gar nicht und versetzt als fast fertiger Schüler das hessische Kloster durch Streiche und kriegerische Unternehmungen in ziemliche Aufregung. Schließlich weist ihn der Abt aus dem Kloster, bedient sich seiner aber gleichzeitig als Boten zu König Heinrich. Es ist die Zeit, in der Adelige und auch hohe Geistliche versuchen, möglichst viel von der Königsmacht abzuknapsen und sich selbst einzuverleiben. Heinrichs Regierungszeit ist eine der Konsolidierung der Königsmacht und des Einsetzens der Geistlichkeit zu Verwaltungszwecken.


    Immo nun mausert sich unter Heinrich und später unter dem Sachsenherzog zu einem großen Kriegshelden, von dem überall im Lande die Spielleute singen. Seine Brüder, ihm zuerst feind, weil er das Ältestenrecht für sich fordert, obwohl er ja eigentlich als Geistlicher aus der Erbfolge gefallen war, versöhnen sich mit ihm und helfen ihm, seine geliebte Hildegard, die Tochter eines intriganten Grafen, die er noch auf seinen Eskapaden als Klosterschüler kennen gelernt hat, vor dem Schleier zu retten, den sie auf Geheiß ihres Vaters und des Königs als Genugtuung für die Sünden des Grafen nehmen soll. Im Finale des Buches entscheidet sich endlich vor einem großen Königsgericht, wie es für die „Zaunkönige“ – die sieben freien, noch nicht einmal dem König lehenspflichtigen Brüder – weitergeht und ihrer Mühlenburg, dem „Nest“.


    Dieser Roman folgt wieder einem ähnlichen Schema wie die beiden vorigen: Es zeichnet sich ab, dass Freytag kriegerische Helden mit goldenem Herzen als Protagonisten liebt, die sich mit den Problemen der Zeit – hier mit der Auseinandersetzung zwischen Geistlichkeit, Erbadel und Königtum – auseinandersetzen müssen und dabei natürlich noch eine schöne Frau gewinnen. Dennoch hat auch dieser Band wieder viele Farben, viel Lokalkolorit, das vor allem Lesern gefallen dürfte, die sich in Thüringen auskennen, und große Fabulierlust. Immo ist mir noch sympathischer als seine Vorgänger, weil er diesen jugendlichen Überschwang hat und durch seine naive Gradlinigkeit für die hohen Herren zu einer echten Seelenprüfung wird.

    finsbury

    Eine gute Frage! Mit Deiner Vermutung liegst Du wahrscheinlich richtig bzw. sehr nahe. Ich habe nicht intensiv gesucht, aber eine Seite zum griechischen Osterfest gefunden, wo man auf Bildern Kinder mit Kerzen sehen kann und im Eintrag zum Gründonnerstag folgenden Satz lesen kann: “(…) Nach dem sechsten Evangelium gehen alle Lichter der Kirche aus und die Gläubigen verfolgen mit angezündeten Kerzen und glasigen Augen die Nachstellung der Kreuzigung von Jesus und singen dabei die altgriechische Psalme Símeron kremáte epi ksílou (…).”

    https://www.brauchwiki.de/griechisches-ostern/


    Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Szene auf dem Weg zur Kirche oder von der Kirche nach Hause sein wird.

    Danke fürs Recherchieren! Nach dem Bild zu urteilen, sind die Familien auf dem Heimweg, denn sie bewegen sich von der Kirche im Hintergrund weg.

    Hallo Krylow und herzlich willkommen hier auch von mir. Ich kann mich giesbert nur anschließen, die Formulierung eines Problems hilft bei dessen Lösung, wie ja auch schon Kleist in seinem Aufsatz "Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden" feststellte.

    Das Bild ist sehr stimmungsvoll. Ist es vielleicht ein griechisch- /russisch-orthodoxer Brauch, am Gründonnerstag mit Kerzen aus der Kirche zu ziehen (zumindest die Kinder)?

    Könnte das vielleicht "Gefährliche Liebschaften" nach Choderlos de Laclos sein? Ich meine, die intrigante Marquise de Tralala, kongenial von Glenn Close gespielt, versucht ihren Liebhaber, Chevalier de Ichweißnichtwas - im Film John Malcovitch - zu bestrafen, und sitzt am Ende weinend vor dem Spiegel. Aber sicher bin ich mir nicht. Den Roman las ich vor noch längerer Zeit, als ich den Film sah und bin jetzt zu faul zum Nachgucken.

    Es gibt auch einen ziemlich unsäglichen Fernsehzweiteiler, den jemand mal auf meinen Wunsch für mich aufgenommen hat und mir dann mit der Bemerkung "Hier ist die beim Zuschauen verlorene Zeit" überreichte. Tatsächlich ein vor allem in Dekorationen schwelgendes, sehr oberflächliches Machwerk von 2010. Verglichen damit ist der Comic, den ich auch mal durchgeblättert habe, ein Wunder an Adaption

    Den Roman will ich auch niemandem madig machen, er ist sicherlich sehr farbig und auch spannend und hat selbstverständlich mit den historischen Romanen der Unterhaltungsindustrie wenig zu tun.

    Dennoch bemerke ich diese Gewolltheit, das Manierierte, und hier stößt es mir unangenehm auf, obwohl ich es zum Beispiel bei Th. Mann und Grass durchaus genieße. Vielleicht liegt es daran, dass es dieser längst vergangenen dargestellten Zeit so etwas Künstliches gibt, was die Anteilnahme raubt. Das hat Flaubert ja vielleicht auch durchaus gewollt, insofern als kein wirklich positiver Charakter dort geschildert wird, dennoch bleibt mir das Dargestellte fremd.