Beiträge von Evelyne Marti

    Ich kenne nun der Leserin Begründung nicht. Mir selber geht es so, dass mich mit zunehmendem Alter Grass' "Sprachgewalt", wie Du sagst, irgendwie misstrauisch stimmt, mir ein Vorhang erscheinen will, ein künstlich erzeugter Nebel, hinter dem die Trivialität des Erzählten versteckt wird. Das gilt für die Blechtrommel weniger als für den Butt oder gar für seine Autobiografie. Andererseits erstreckt sich dieses Misstrauen zusehends auch auf andere meiner ehemaligen Lieblingsautoren, als da z.B. wären Thomas Mann oder James Joyce. Na ja ... "ehemalige Lieblingsautoren" ist auch wieder falsch: Von Zeit zu Zeit les' ich die alten Herren gern ... :winken:


    Hallo Sandhofer


    Vielleicht liegt es daran, dass Du diese Autoren schon so oft gelesen hast. Außerdem hast Du den Vorteil, die Perspektive der Neuzeit einnehmen zu können, wozu diese Autoren ja nicht mehr in der Lage sind - todbedingt. Nun ja, Grass wollen wir mal nicht frühzeitig beerdigen. :breitgrins:


    Hallo Madeleine


    Ich denke, Leserin hat einen derart einzigartigen Anspruch an Literatur, dass nicht einmal Nobelpreisträger vor ihr bestehen können. So denken normalerweise nur Autoren, welche keine anderen Götter neben sich dulden. :breitgrins:


    Hallo Evelyne,
    ich verstehe von dem Fach so viel man davon verstehen kann, wenn man es studiert und sich ein Leben lang damit beschäftigt hat. Doch das will nichts besagen. Jeder Leser ist ein Fachmann in Fragen seines eigenen Geschmacks.


    Hallo Leserin


    Da stimme ich Dir zu. Jeder hat seinen Geschmack und danach werden sich mehr oder weniger auch seine Maßstäbe ausrichten. Es könnte natürlich auch sein, dass jemand ein literarisches Werk nicht als solches zu würdigen weiß, weil er keinen Zugang dazu findet. Das ist aber eher das Problem des Lesers und sagt noch nichts aus über den Autor und dessen Intension. Viele Autoren wurden in ihrer Zeit verkannt und erst von späteren, weniger engstirnigen Generationen als große Schriftsteller begriffen. Deine pauschalen Urteile sprechen m. E. eher für eine recht grobkörnige Betrachtungsweise. Tatsächlich konntest Du uns nicht überzeugen. Du argumentierst in keinster Weise literaturwissenschaftlich, sondern eher plakativ wie ein Marcel Reich-Ranicki. Lauter Verrisse! Nur weil Du keine guten Nachwuchsautoren im deutschsprachigen Raum wahrnimmst, heißt das nicht, dass es sie nicht gibt. Es besagt nur, dass DU es nicht siehst. Voilà! :zwinker:


    Hallo Peter


    Es werden immer die Klassiker sein und die Zeit danach, denn was jetzt als moderne Hochliteratur gilt, wird später klassisch genannt, und was jetzt noch unbekannt ist, wird später moderne Hochliteratur sein. Und die derzeitigen Klassiker werden vielleicht vergessen sein, zumindest ein Teil davon.


    Bis dahin werden noch einige Autoren wiederentdeckt und andere wiederum in ihrer Bedeutung relativiert.


    Für viele bedeutende Autoren wird das Interesse erloschen sein, höchstens die Literaturwissenschaft wird sich noch (am Rande) damit beschäftigen. Sie werden nie in ihrem Wesen voll ausgelotet, weil gängige Interpretationen unbesehen übernommen werden. Oder dann werden sie uminterpretiert und mit aktuelleren Bezügen relativiert, woran der Autor nicht im Traum gedacht hatte. Und sie werden sagen: Der Autor wusste nicht, was er schrieb, wir wissen es besser. Wenn er Glück hat, werden sie ihn einen Visionär nennen. :zwinker:


    Hallo Dostojewskij (der du einen großen Namen gelassen trägst),
    Mit deinem Plädoyer für die Gegenwartsliteratur stößt du bei mir offene Türen auf. Klassik ist für mich (allen anderen Definitionen zum Trotz) keine Frage des Alters, sondern der Klasse.
    Nur die deutschsprachige Literatur gibt mir wenig Anlaß zur Hoffnung. In den letzten 20 Jahren sind fast alle lesenswerten deutschsprachigen Schriftsteller gestorben (Thomas Bernhard, Hermann Lenz, Gert Hofmann, W.G.Sebald). Die uns noch geblieben sind, kann ich bald an einer Hand abzählen ( Elfriede Jelinek, Peter Handke, Gert Jonke, Alain Claude Sulzer, Marcel Beyer, Edgar Hilsenrath). Vielleicht habe ich den einen oder anderen vergessen oder übersehen, aber viele sind es bestimmt nicht. Deine Liste ist völlig beliebig zusammengestellt und enthält jede Menge Überflüssiges und Überschätztes. Viele dieser Autoren würden im Ausland wahrscheinlich gar keinen Verleger finden. Vielleicht braucht es aber nur etwas Geduld und es wachsen welche nach. In der Zwischenzeit lese ich Dostojewskij und J.M. Coetzee (Kennst du seinen wunderbaren Dostojewskij - Roman "Der Meister von Petersburg"?)
    Gruß von der Leserin


    Hi Leserin


    Du schreibst so, als wärst Du vom Fach, oder könnte es sein, dass ein deutschsprachiger Schriftsteller zuerst tot, ein Klassiker oder Nobelpreisträger sein muss, bis er von Dir als Talent anerkannt wird? :breitgrins:


    Ich meine: Wer eine Ahnung von Literatur hat, braucht keinen Kanon oder sonst eine Liste. Er erkennt gute Literatur auch so, auch unentdeckte.


    Nur wer die ausländischen Werke nicht im Kontext versteht, glaubt, alles, was vom Ausland kommt, ist automatisch besser. Das ist wie bei englischsprachiger Musik, klingt alles toll, bis man es übersetzt. :breitgrins:

    Hallo zusammen


    Ich denke, Elfriede Jelinek hat die Funktion eines (politischen) Schriftstellers richtig erkannt: das Gewissen des Volkes, ungeliebt, aber notwendig, damit die Politik nicht allzu sehr abhebt. Der 2.Weltkrieg hat ja gezeigt, wie wenig mündig sich das Volk oft verhält. Deshalb wurden Intellektuelle und Schriftsteller als Erstes zum Schweigen gebracht.


    Allein schon deshalb bin ich strikt gegen einen Maulkorb für Elfriede Jelinek und alle unbequemen Schriftsteller.


    Hi Madeleine


    Oft sprechen solche "Nestbeschmutzer" auch wahre Dinge an. Die Politik ist derart heuchlerisch und falsch. Da können gerade solche Autoren helfen, sich nicht "zu gut" zu fühlen. :breitgrins:


    Übrigens: Hast Du nicht gerade auch ein bisschen arg Dein Heimatnest beschmutzt? Was höre ich da? Anbiederungsmentalität? :breitgrins: :breitgrins:


    Da hast Du meine Stimmung sehr genau interpretiert, Sir Thomas, aber für mich schreibt Frau Jelinek wie der personifizierte Weltverdruss, und ich bin schon schlecht gelaunt, wenn ich nur ein paar Seiten von ihr gelesen habe.
    Eine Autorin, die mit ihrer Arbeit soviel Wut und Agressivität verbreitet, ist nichts für mich.
    Recht vergnügt im warmen Nest zu sitzen und mit verbalem Müll um sich zu werfen, ist ja wahrlich keine Heldentat.


    Um meinen Blutdruck zu schonen, muss ich mich aber zu diesem Thema zurückhalten.


    Hallo Madeleine


    Solche und ähnliche Sätze hab ich auch schon in Bezug auf Kafka gehört. Das sind m. E. keine literaturwissenschaftlich relevanten Kriterien. Es geht nicht darum, nicht zu jammern, sondern WIE jemand jammert, die Kunstfertigkeit der Formulierungen und das Gefühl für Sprache, Stil, Aufbau, Gattung etc. Wie in der Musik: Soul, Blues, Jazz, die Melancholie muss natürlich gekonnt sein, um sie kultivieren zu können. :zwinker:

    Bei Jelinek ist es ja kein Geschäftsmodell, sondern sie hat offenbar wirklich kein Interesse mehr daran, ein Buch zu veröffentlichen. Aber schreiben muß sie wohl, das drängt alles aus ihr heraus, das erinnert mich an ein Gedicht von Jakob van Hoddis wo es heißt: »Ich habe zuviel Bosheit heruntergeschluckt / Die liegt jetzt im Magen und fault«. Das ist ungesund, deshalb lieber in Literatur umgewandelt und heraus damit, dann schadets niemandem mehr. :-)


    Hallo


    Von einem Geschäftsmodell könnte man reden, wenn sie ihre Werke über Internet als E-Books verkauft, wobei Internet auch als Veröffentlichung gilt. Da wäre sie nicht der erste namenhafte Autor. Vielleicht setzt sich das durch ... Bei Gutenberg gibts auch schon E-Books.

    Ich frage mich, welches Werk der Frau Jelinek sich überhaupt zu lesen lohnte?!


    Und es wäre wohl auch kein großer Verlust, wenn sie das Schreiben ließe.


    Sehe ich nicht so. Da muss jemand schon sehr trivial schreiben, dass ich mich zu einem solchen Satz durchringen könnte.

    Hallo zusammen


    Mein Neffe scheint auch so geschmäcklerisch wie ich zu sein: Da er in der Schule einen Krimi aufbekam, den er gern und schnell las, kaufte ich ihm freudig weitere bekannte Krimis, in der Hoffnung, er würde sich zu einem richtigen Bücherwurm entwickeln. Doch verlor er die Lust beim zweiten Krimi. Als ich nachfragte, erklärte er mir, die Bücher seien immer nach dem gleichen Muster geschrieben, das sei ja voll langweilig.


    Erst als er Jack London von der Schule aufbekam, las er wieder gern.


    Obwohl er relativ wenig liest, schreibt er gute Aufsätze und hat ein erstaunlich gutes Sprachgefühl. Ich las in meiner Jugend viel mehr. Wenn ich bedenke, wie schlecht der Geschmack einiger Vielleser ist, scheint es wirklich nicht auf die Quantität anzukommen.

    Hallo zusammen


    Ich arbeite gerade an einem Themenschwerpunkt: Fledermäuse. Kennt ihr Klassiker bzw. hochliterarische Werke zu diesem Thema? Mir fallen dazu nur gerade Meyrinks Fledermäuse und höchstens noch das Fledermaus-Vampir-Thema als literarisches Motiv ein.

    Hallo zusammen


    Ja, stimmt. Ist wohl so ähnlich wie bei den großen Malern, welche erst nach ihrem Tod zu Dauersellern werden.


    Book-on-Demand hat einen derart schlechten Ruf, dass Schriftsteller, welche sich aufgrund ihrer ernsthaften Schreibe nicht so viel von der Verlagswelt erhoffen und sich nicht davon abhängig machen wollen, eher zum Selbstverlag greifen oder sich an Förderer wenden.


    Auf einer Buchmesse fand ich denn auch einen solchen Verlag, der auf diese Weise Bücher mit geringen Verlagschancen erfolgreich eine Stimme gab. Er konnte sich voll auf die Vermarktung weniger Bücher konzentrieren, wodurch die Bücher einen guten Absatz fanden. Vor Kurzem rief mich ein Selbstverleger an, er hat nun eine eigene Amazon-Nummer, erklärte er. Obwohl er schon einige Literaturpreise erhielt, muss er selbst für die Vermarktung sorgen. Bald darauf schrieb mich ein Förderer teilweise heute sehr bekannter literarischer Autoren an, fragte nach meinen Lektorat-Preisen. Die waren ihm wohl zu hoch (obwohl sie es nicht sind), was zeigt, wie arm Literatur-Förderer sind. Sie können sich teilweise nicht mal die Druckkosten leisten und müssen auf eigene Druckerpressen im Keller zurückgreifen. Und reihenweise gehen literarische Zeitschriften ein.

    Hallo zusammen


    C. G. Jung wurde Inspirationsquelle vieler Schriftsteller, welche Geschichte schrieben. Sie hätten es jedoch nicht getan, wenn sie bei C. G. Jung stehen geblieben wären. Kafka, Joyce, Meyrink und andere namenhafte Schriftsteller haben ebenfalls eine Menge herausgefunden über die Traumarbeit, neue Aspekte, welche wir verschlüsselt in ihren Werken und Schaffensprinzipien vorfinden.

    Hallo zusammen


    Wenn erstmal ein derartiger Frenzel-Wiki bestände, fänden sich auch Leute, welche ihr literarisches Wissen motiv- und stofflich einfügen würden, natürlich querbeet und nicht nur hochliterarisch. Von daher würde ev. die Trivialliteratur überwiegen, es sei denn, einige Literaten würden sich rege daran beteiligen. Ansonsten gibt es immer wieder literaturwissenschaftliche Gattungsstudien und Anthologien, welche ein bestimmtes literarisches Motiv im Jahrtausend-Rückblick beleuchten. Dann gibt´s noch die oft zugrundeliegenden Sagen- und Märchenmotive, welche in der Volkskunde geordnet und untersucht werden.