Beiträge von enigma

    Wenn sich die Gelegenheit ergibt, werde ich diesen Beitrag um weitere Beispiele ergänzen.


    FSF = F. Scott Fitzgerald, 1925; Penguin Popular Classics (S. 7-188)
    ML = Maria Lazar, 1928; Th. Knaur Nachf. (S. 5-255)
    WS = Walter Schürenberg, 1953; SZ-Bibliothek (S. 7-187)
    BA = Bettina Abarbanell, 2006; Diogenes Verlag


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    FSF:7 In my younger and more vulnerable years my father gave me some advice that I've been turning over in my mind ever since.
    'Whenever you feel like criticising anyone,' he told me, 'just remember that all the people in this world haven't had the advantages that you've had.'
    He didn't say any more, but we've always been unusually communicative in a reserved way, and I understood that he meant a great deal more than that.
    ML:5 Als ich noch jünger war und um vieles empfindsamer, gab mir mein Vater einen Rat, der mir seither immer wieder durch den Kopf ging.
    Er sagte: "So oft du Lust hast, jemanden zu kritisieren, erinnere dich, daß kein Mensch auf der Welt ähnliche Chancen gehabt hat, wie du."
    Weiter gab er keine Erklärungen. Da wir aber seit jeher trotz aller Zurückhaltung ungewöhnlich stark miteinander verbunden waren, verstand ich, daß er noch viel mehr damit meinte, als diese wenigen Worte besagen.
    WS:7 In meinen jüngeren Jahren, als ich noch zarter besaitet war, gab mein Vater mir einmal einen Rat, der mir seitdem wieder und wieder durch den Kopf gegangen ist.
    "Bedenke", sagte er, "wenn du an jemand etwas auszusetzen hast, daß die meisten Menschen es im Leben nicht so leicht gehabt haben wie du."
    Weiter sagte er nichts, aber da wir uns auf eine scheue Art immer ungewöhnlich gut verstanden, begriff ich, daß er damit sehr viel mehr gemeint hatte.
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    FSF:8 If personality is an unbroken series of successful gestures, then there was something gorgeous about him, some heightened sensitivity to the promises of life, as if he were related to one of those intricate machines that register earthquakes ten thousand miles away.
    ML:7 Wenn das Wesen der Persönlichkeit in einer Reihe ununterbrochener Erfolge besteht, dann war etwas Blendendes um ihn, eine gewisse erhöhte Empfindsamkeit für alles, was das Leben versprechen kann. Es war, als hinge er mit einem jener komplizierten Mechanismen zusammen, die schon auf eine Entfernung von zehntausend Meilen ein Erdbeben anzeigen können.
    WS:8 Wenn allerdings Persönlichkeit nur eine ununterbrochene Kette großartiger Gesten ist, dann ging von ihm etwas Strahlendes aus, eine hochgradige Empfindlichkeit für die Verheißungen des Lebens, als hätte er Kontakt mit einem jener verzwickten Instrumente, die auf zehntausend Meilen ein Erdbeben registrieren.
    BA Wenn Persönlichkeit ein Zusammenspiel geglückter Gesten ist, dann hatte er etwas Zauberhaftes an sich, eine erhöhte Empfindsamkeit für die Verheißungen des Lebens, so, als wäre er mit einem raffinierten Gerät verbunden, das ein Erdbeben aus zehntausend Meilen Entfernung registriert.
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    FSF:27 The wind had blown off, leaving a loud, bright night, with wings beating in the trees and a persistent organ sound as the full bellows of the earth blew the frogs full of life.
    ML:33f Der Wind hatte sich verzogen, die Nacht war laut und hell geworden; es war ein Flügelschlagen in all den Bäumen, und die Frösche lärmten so lebendig, als wären alle Blasebälge dieser Erde aufgezogen.
    WS:26 Der Wind war ganz abgeflaut. Man hörte jetzt die Geräusche der hellen Sommernacht, das Flügelschlagen in den Bäumen und den anhaltenden Orgelton der Frösche, als blase die Erde selbst mit tiefem Dröhnen ihnen neues Leben ein.
    BA Der Wind war abgeflaut und einer lauten, hellen Nacht gewichen, erfüllt von Flügelschlagen in den Bäumen und einem anhaltenden Orgelton aus dem Blasebalg der Erde, der den Fröschen Leben einblies.
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    FSF:31f She smiled slowly and, walking through her husband as if he were a ghost, shook hands with Tom, looking him flush in the eye. Then she wet her lips, and without turning around spoke to her husband in a soft, coarse voice:
    'Get some chairs, why don't you, so somebody can sit down.'
    'Oh, sure,' agreed Wilson hurriedly, and went toward the little office, mingling immediately with the cement colour of the walls. A white ashen dust veiled his dark suit and his pale hair as it veiled everything in the vicinity - except his wife, who moved close to Tom.
    ML:39 Sie lächelte ein wenig, ging an ihrem Mann vorbei, als wäre er ein Geist und schüttelte Tom die Hand, wobei sie ihm fest in die Augen schaute. Dann netzte sie sich die Lippen und sagte, ohne nur den Kopf zu wenden, mit einer leisen und unfreundlichen Stimme zu ihrem Mann:
    "Bring' doch wenigstens ein paar Stühle, die Leute können sich ja nicht einmal setzen."
    'Aber natürlich", sagte Wilson und eilte dienstfertig in das kleine Büro nebenan. Die Zementfarbe der Wände legte sich sofort auf ihn, ein weißer Aschestaub umhüllte seinen schwarzen Anzug und sein fahles Haar, so wie er alles um ihn herum umhüllte - mit Ausnahme der Frau, die ganz dicht an Tom herangetreten war.
    WS:29f Sie lächelte ein wenig, schritt durch ihren Gemahl hindurch, als sei er nur ein Geist, und begrüßte Tom, wobei sie ihm direkt in die Augen sah. Dann befeuchtete sie ihre Lippen und sprach, ohne sich auch nur umzuwenden, mit einer angenehm heiseren Stimme zu ihrem Gatten:
    "Hol doch ein paar Stühle, sei so lieb, daß man sich setzen kann."
    "Oh, natürlich", beeilte sich Wilson. Er ging in das kleine Büro und war im selben Augenblick eins mit der Kalkfarbe der Wände. Ein weißer Aschennebel verschleierte seinen dunklen Anzug und sein blasses Haar und legte sich ringsum auf alles und jedes - ausgenommen seine Frau, die nahe an Tom herantrat.

    Hallo Dionne,


    habe gerade "Aviator" im Fernsehen gesehen, der mit einigen passenden Szenen aus den "wilden Zwanzigern", den "roaring twenties" anfing.


    Würdest Du bitte die beiden Sätze ("If personality ..." und "The wind had blown off, ...") auf Deutsch mal aufschreiben? Den zweiten verstehe ich nicht ganz, und beim ersten schiene mir "instruments" zu harmlos, nüchtern, wo doch "machines" viel bedrohlicher, dunkler klingt ...


    Daher bin ich nun gespannt, wie er in diese Beziehung eingeflochten wird, vor allem im Bezug auf Daisy.


    Hallo zusammen,


    diese Beziehung scheint in der Tat im Zentrum zu stehen, in der Kurzdarstellung hinten auf dem Buchdeckel steht: "For there was only one person Jay Gatsby sought to impress. She was Daisy Buchanan ..."


    Und weiter: "As Gatsby pursues shady deals and his doomed obsession with Daisy, F. Scott Fitzgerald distills the essence of the Jazz Age ..."


    Den Begriff Jazz Age hat wohl Fitzgerald selber geprägt - für die Zeit zwischen dem 1. Weltkrieg und dem Börsencrash (1918-1929), und "The Great Gatsby" von 1925 ist genau mittendrin. Von wann stammt eigentlich die deutsche Übersetzung?


    Ganz vorne im "Chapter I", im Absatz vor dem Sternchen, kommt Gatsby das erste mal kurz vor und es heißt von ihm:


    [quote author=Fitzgerald, TGG, p. 8]If personality is an unbroken serious of successful gestures, then there was something gorgeous about him, some heightened sensitivity to the promises of life, as if he were related to one of those intricate machines that register earthquakes ten thousand miles away.[/quote]


    Wie liest sich diese merkwürdige Definition von personality / Persönlichkeit auf Deutsch?


    Die Sprache von Fitzgerald ist an manchen Stellen wirklich sehr schön, sehr bildlich. Die Stelle hier gefällt mir im ersten Kapitel am besten:


    [quote author=Fitzgerald, TGG, p. 14]We walked through a high hallway into a bright rosy-coloured space, fragilely bound into the house by french windows at either end. The windows were ajar and gleaming white against the fresh grass outside that seemed to grow a little way into the house. A breeze blew through the room, blew curtains in at one end and out the other like pale flags, twisting them up toward the frosted wedding-cake of the ceiling, and then rippled over the wine-coloured rug, making a shadow on it as wind does on the sea.


    The only completely stationary object in the room was an enormous couch on which two young women were buoyed up as though upon an anchored balloon. They were both in white, and their dresses were rippling and fluttering as if they had just been blown back in after a short flight around the house. I must have stood for a few moments listening to the whip and snap of the curtains and the groan of a picture on the wall. Then there was a boom as Tom Buchanan shut the rear windows and the caught wind died out about the room, and the curtains and the rug and the two young women ballooned slowly to the floor.[/quote]




    Was mir aufgefallen ist, das ist die Vergegenständlichung der Menschen, sowie die latent schwelende Dekadenz (im ursprüglichen Wortsinne).


    Ja, Du magst recht haben, mir kam es zuerst eher irgendwie umgekehrt vor, nicht gerade wie eine "Vermenschlichung von Gegenständen", aber doch so, als ob Gegenstände ein gewisses Verhalten zeigen: das stöhnende Bild, der gefangene, absterbende Wind. Mag etwas überinterpretiert sein.




    Zu Beginn des zweiten Kapitels spricht Fitzgerald von "Augen, deren Anstrich lange nicht erneuert wurde" und von "düsterer Emsigkeit", die von Staubwolken verhüllt wird.


    Könntest Du mal den ganzen Satz abschreiben, bitte? Ich fange nämlich gleich das zweite Kapitel an. ("gleich" heißt nicht unbedingt "heute noch" :-)


    Im vorletzten Absatz der ersten Kapitels bin ich an einer Stelle hängengeblieben, die mir leichte sprachliche Schwierigkeiten macht:


    [quote author=Fitzgerald, TGG, p. 27]
    The wind had blown off, leaving a loud, bright night, with wings beating in the trees and a persistent organ sound as the full bellows of the earth blew the frogs full of life.
    [/quote]


    Der Satz hat es in sich.

    Ich bin auch an Bord. Und lese ebenso die Penguin-Ausgabe (s. Materialordner).


    Ich habe gerade erst angefangen zu lesen und befürchte, dass ich - ebenfalls ein Newbie - hier in einer Leserunde das Englisch nicht einfach so runterlesen kann ohne Rücksicht darauf, ob ich jedes Wort verstehe. Am Rechner zu lesen ermöglicht ja benutzerfreundliches Nachschlagen einzelner Worte unter http://dict.leo.org, aber beim angenehmeren offline-Lesen ...


    Übrigens wäre es schön, wenn sich noch jemand mit der deutschen Übersetzung zu unserer Runde gesellen würde. Dann könnten wir auch gelegentlich nachschauen, was der Übersetzer aus einigen besonderen Formulierungen des Originals gemacht hat.

    Hier das englische Original in der Reihe "Penguin Popular Classics":
    [kaufen='0140620184'][/kaufen]
    auch wenn meine Ausgabe von 1994 mit dieser ISBN-Nummer ein Cover mit einem Photo einer Detailansicht des Gemäldes "The Evening" von Delphin Enjolras trägt.


    Die deutsche Fassung in der Übersetzung von Walter Schürenberg:
    [kaufen='3937793038'][/kaufen]


    und die Hollywood-Filme zum Buch, die ich leider alle noch nicht gesehen habe:
    1974: http://www.imdb.com/title/tt0071577/
    1949: http://www.imdb.com/title/tt0041428/
    1926: http://www.imdb.com/title/tt0016938/

    Ich bin auch neu im Forum und ohne Leserundenerfahrung. Aber den Gatsby wollte ich immer schon mal lesen. Mir wäre Mitte März lieber als Start, aber lasst Euch nicht aufhalten. Ich würde dann dazukommen, werde jedoch in jedem Fall das englische Original (aus der Reihe "Penguin Popular Classics") lesen.


    Doch wohl eher: erstaunlich, was sich der Schnabel da als Lebensweg für seine Figuren ausgedacht hat ;-)


    Kann sein, dass das nur Fiktion ist, aber wenn schon in Friedenszeiten jeder Handwerker auf die Walz ging, so dürfte mancheiner in derartigen Nachkriegszeiten noch viel weiter rumgekommen sein. Gibt es dazu Aussagen in der Sekundärliteratur zur Felsenburg?

    An der Felsenburg fand ich einerseits die Lebensgeschichten der einzelnen Inselbewohner (bzw. der von diesem Kapitän in Europa aufgelesenen Neuzugänge: erstaunlich, wie weit die Leute damals, in den Jahrzehnten nach dem 30jährigen Krieg, in Europa herumgekommen waren) und andererseits die in einer Rückblende erzählte Geschichte des ersten Inselbewohners, des spanischen Eremiten aus dem (ca. ?) 15. Jahrhundert. Schade, dass die originale Langfassung so entnervt ...


    Und nein, ich les nicht mit. Also eure Postings, die ja. Aber nicht den Roman.


    Alles klar, war auch 'ne überflüssige Frage von mir. Als newbie hätte ich erstmal alle vorhandenen Forenbeiträge lesen sollen, dann hätte ich erfahren, dass Du das Buch vor kurzem bereits gelesen hast ...


    Hast Du übrigens die Insel Felsenburg oder Oppermanns Hundert Jahre gelesen? Von letzterem habe ich nur den ersten Band geschafft (von Zweitausendeins), die Insel habe ich vor über einem Jahrhundertviertel in einer von Tieck um die vielen Gottesdiensbeschreibungen gekürzten Fassung (die mir leider bei einem Umzug abhanden gekommen ist) gelesen: beide hochinteressant und spannend. Ich hoffe, die Ritter vom Geist sind das auch :-)