Beiträge von enigma


    Ich lese die Ausgabe aus der Reihe Haidnische Alterthümer (3 Bände plus Kommentarband). Der Kommentar ist recht umfangreich. Aber mancher Kommentar erscheint mir etwas überflüssig. Da war der Kommentator wohl zu fleißig.


    Im I.4-ten Kapitel, an dessen Ende ich heute erst angelangt bin, heißt es auf Seite 100, es seien 13,5 Meilen vom "Pelikan" bis nach Plessen, und der Wirt rechnet vor, dass Dankmar, wenn er jetzt (21:30) mit dem Einspänner losführe, morgen Abend dort ankäme.


    Frage: wie lang ist eine Meile? Im Kommentarband vermisse ich eine Eintrag hierzu :-)


    Bisher war es doch recht kurzweilig, auch wenn Dankmars Bericht über die Entdeckung des Wandschranks etwas lang ausfiel.- Ich werde im Juni mein Lesetempo nur unwesentlich erhöhen können.


    Ich komme - mangels Zeit - auch nur langsam voran. Allerdings stört mich das weniger ...


    da bin ich beruhigt. Ich bin am Wochenende vor den Toren des Pelikan stehen geblieben und befürchte, im Juni nicht wesentlich voranzukommen. Reginas Tempo werde ich nie vorlegen können, als Langsamleser. Die ersten beiden Kapitel fand ich allerdings sehr nett - schöne ruhige Ausmalung der Szenerie, nach dem erfreulich kurzen, aber doch reichlich nichtssagenden und überflüssigen Vorwort. Regelrecht entsetzt war ich, als ich bei Ausrufen der Leserunde in den Links, die jemand von Euch gepostet hatte, zeitgenössische Rezensionen des Romans fand, ausdruckte uns las. Eines dieser Machwerke ist ja auch im Materialband der 2001ten Ausgabe zu finden. Ich habe wirklich nicht verstanden, was der Rezensent wollte, und konnte mich nach ein paar Seiten auch nicht mehr drauf konzentrieren. Da die Stücke seitenweise Zitate aus dem Roman enthielten, schwante mir Schlimmes. Was haben die Leute damals für Unmengen Zeit gehabt, so viel Leergut aufzuschreiben und dann auch wieder abzuschreiben (heutzutage bekäme man bei derartig langen Zitaten gleich Abmahnpost vom Hausjuristen des Rechteverwerters). Um so schöner dann die 2 ersten Kapitel.


    Den Arno Schmidt Beitrag über Gutzkow hatte ich vor Jahren mal gelesen; vielleicht sollte ich ihn nochmal rauskramen. Die Geheimnisse von Paris würden mich heutzutage auch interessieren, das Buch hat einmal mein Vater besessen (und gelesen), aber ich finde es nirgends ...

    Die Schürenberg-Übersetzung habe ich durch, das Buch muss ich übermorgen in die Stadtbibliothek zurückgeben. Den Film habe ich noch nicht gesehen, der muss noch etwas warten :-)


    Telemachos
    Die Frage, ob ich Gatsby sympathisch finde, hatte ich mir so noch nicht gestellt, auch wenn Gatsby im 4. Kapitel (WS:69) Nick fragte, was dieser von ihm halte. Ich kann mir Gatsby nicht wirklich bildlich vorstellen, wie er aussieht; im Roman kann ich mich nicht an Beschreibungen seines Aussehens erinnern - auch wenn sich Robert Redford vom Buch-Cover und aus der Fernehzeitschrift ins Bild drängt. Es bleibt also bei einem recht unscharfen Bild. Es kursieren Gerüchte über ihn, die sich aber nicht bestätigen bzw. die nicht durch Zeugen bestätigt werden. Die Aussagen über ihn von Leuten, die ihn kennen (wie sein Vater oder Meyer-Wolfshiem, aus dem Schürenberg Wolfsheim macht), stimmen miteinander überein und auch mit dem, was Gatsby von sich selber erzählt; Beispiel: sein Oxford-Aufenthalt, von dem er offen sagt, dass es kein Studienaufenthalt gewesen sei. Insgesamt habe ich von ihm den Eindruck, dass er grundehrlich ist, jedenfalls nichts verschleiert oder beschönigt. Seine Liebe zu Daisy trägt schließlich dazu bei, dass ich ihn - wenn ich mich entscheiden muss - sympathisch finde, mehr als nur nicht-unsympathisch. Aber er ist zu schemenhaft beschrieben und die Verkrampftheit bei seinem ersten Wiedersehen mit Daisy finde ich nicht ganz überzeugend.


    Seine Liebe zu Daisy verstehe ich auch nicht als "Fixierung" auf sie, die ich ihm wiederum abnehmem würde, weil ich die Begründung, er hätte er doch sicher viele andere Frauen haben können, nicht schlüssig finde: Es sind nur 5 Jahre zwischen der Trennung und der Wiederbegegnung. Das ist nicht lang, erst recht nicht weil dazwischen ein Krieg liegt, während dem man als Mann ja vielleicht doch seiner Jugendliebe treu bleibt und keine Zeit für andere Abenteuer hat (s. Abbitte/Atonement vom Ian MacEwan) weil man mit Überleben genug zu tun hat. Daisy verschmäht ihn übrigens nicht weil er ein armer Schlucker ist, sondern weil er nicht direkt nach dem Krieg zu ihr zurückkommt (er ist ja aus Versehen nach Oxford versetzt worden) und sie inzwischen ungeduldig wurde und nicht mehr länger warten konnte. Erst nach der Wiederbegegnung beginnt Gatsby allmählich zu merken, dass Daisy den Mut zur Trennung von Tom nicht aufbringt und ihn, Gatsby, im Stich lassen wird. Bis dahin war er sich seiner Liebe für sie, und ihrer für ihn, sicher; das heißt auch, dass er über all die Jahre keinen Bedarf für andere Frauen gehabt hatte. Dass er dann noch den Autounfall auf sich nimmt, dass er nachts vor ihrem Haus steht um sie vor möglichen Handgreiflichkeiten Toms zu schützen, sind weitere Sympathiepunkte ...


    Ich finde auch nicht, dass seine Beschreibung hergibt, Gatsby ginge es um Ruhm (auf seinen Partys steht er praktisch immer neben sich, ist immer irgendwie geistesabwesend und nimmt das Partyfieber gar nicht wahr), eher schon um Reichtum, den er zu benötigen glaubt, um Daisy all die Annehmlichkeiten bieten zu können die sie braucht.


    @Dionne
    Von den vielen schönen Sätzen des Originals habe ich durchweg den Eindruck, dass Schürenberg keinen davon so gut übersetzt hat, dass das Deutsch auch nur annähernd so schön ist. Das ist natürlich für eine Verurteilung der Gesamtübersetzung überhaupt nicht ausreichend. Als ich die deutsche Fassung am Stück las, fiel sie mir nicht allzu unangenehm auf: keine besonderen Vorkommnisse (gut, im achten Kapitel ist da ein Satz, der misslungen ist, s. Materialband, WS:160; das dortige "versichern" muss vielleicht "versickern" heißen), insbesondere keine Höhepunkte, nicht wenig hölzerne Redewendungen. Aber trotzdem kommt inhaltlich wohl doch das meiste rüber. Da das Original nicht nur sprachlich "vom feinsten" ist sondern auch inhaltlich vielschichtig aber doch kaum zu fassen ist, dürfte eine "gute" Übersetzung kaum machbar sein.- Ich werde noch in den nächsten Wochen die Erstübersetzung von Maria Lazar aus dem Jahr 1928 lesen, die ich dann aber in die Bibliothek zurückgeben muss, da keine weitere Verlängerung möglich ist :-)


    Einen Aspekt in der Vielschichtigkeit bemerkte ich erst beim zweiten Durchgang: im letzten Kapitel lässt sich Nick über den Mittleren Westen und seinen Gegensatz zum Osten aus. Ich kenne die USA zu wenig, um das richtig einordnen zu können. Beim ersten Durchgang war mir nur negativ aufgefallen (WS:69), dass Gatsby auf Nicks Frage: "Wo im Mittelwesten?" mit "San Francisco." antwortet. Seit wann ist SF im Mittleren Westen? Gibt das einen Sympathie-Punktabzug für Gatsby?


    Trotzdem und alles in allem, ein bemerkenswertes Buch, so unscheinbar es daher kommt ...

    Aus dem fünften Kapitel:


    [hr] [hr]
    FSF:92 Under the dripping bare lilac-trees a large open car was coming up the drive. It stopped. Daisy's face, tipped sideways beneath a three-cornered lavender hat, looked out at me with a bright ecstatic smile.
    'Is this absolutely where you live, my dearest one?'
    The exhilarating ripple of her voice was a wild tonic in the rain. I had to follow the sound of it for a moment, up and down, with my ear alone, before any words came through. A damp streak of hair lay like a dash of blue paint across her cheek, and her hand was wet with glistening drops as I took it to help her from the car.
    ML:119f Zwischen triefenden Fliederbäumen erschien nun eine große, offene Limousine auf der Landstraße. Sie blieb stehen. Und Daisys Gesicht schaute, umrahmt von einem dreieckigen, lavendelblauen Hut mit strahlend verzücktem Lächeln zu mir heraus.
    "Wohnst du hier auch wirklich, mein Lieber?"
    Ihre fröhlich plätschernde Stimme gab dem Regen einen neuen Grundakkord. Mein Ohr mußte erst einen Augenblick lang diesen auf und absteigenden Tonreihen folgen, ehe ich selber ein Wort hervorbrachte. Eine nasse Haarsträhne lag wie ein Streifen blauer Schminke über ihrer Wange und ihre Hand, nach der ich jetzt griff, um ihr aus dem Wagen zu helfen, war ganz naß von flimmernden Tropfen.
    WS:89 Unter den tröpfelnden Fliedersträuchern kam ein großer offener Wagen den Weg herauf. Er hielt. Daisys Gesicht, etwas seitwärts geneigt unter einem lavendelfarbenen dreieckigen Hut, strahlte mich verzückt lächelnd an.
    "Also ausgerechnet hier wohnst du, mein Bester?"
    Ihre Stimme tropfte wie ein beglückendes Labsal durch die regenfeuchte Luft. Mein Ohr lauschte gebannt dem Auf und Ab ihres Klangs, ehe ich die Worte aufnahm. Eine feuchte Haarsträhne lag wie ein dunkler Strich auf ihrer Wange, und auf ihrer Hand, die ich faßte, um ihr aus dem Wagen zu helfen, glitzerten Regentropfen.
    [hr] [hr]
    FSF:93 Gatsby, his hands still in his pockets, was reclining against the mantelpiece in a strained counterfeit of perfect ease, even of boredom. His head leaned back so far that it rested against the face of a defunct mantelpiece clock, and from this position his distraught eyes stared down at Daisy, who was sitting, frightened but graceful, on the edge of a stiff chair.
    'We've met before,' muttered Gatsby. His eyes glanced momentarily at me, and his lips parted with an abortive attempt at a laugh. Luckily the clock took this moment to tilt dangerously at the pressure of his head, whereupon he turned and caught it with trmbling fingers, and set it back in place. Then he sat down, rigidly, his elbow on the arm of the sofa and his chin in his hand.
    'I'm sorry about the clock,' he said.
    My own face had now assumed a deep tropical burn. I couldn't muster up a single commonplace out of the thousand in my head.
    'It's an old clock,' I told them idiotically.
    I think we all believed for a moment that it had smashed in pieces on the floor.
    ML:121f Gatsby stand, immer noch mit den Händen in den Taschen, an den Kaminsims gelehnt und versuchte krampfhaft einen vollkommen gleichgültigen, ja sogar etwas gelangweilten Eindruck zu machen. Den Kopf hielt er so weit zurückgelehnt, bis er auf einer alten kaputten Kaminuhr lag, und in dieser Stellung betrachtete er Daisy, die erschrocken, aber unendlich liebenswürdig auf der Kante eines Stuhles saß, mit irren Blicken.
    "Wir kennen uns nämlich schon", murmelte Gatsby. Seine Augen blickten einen Moment lang auf mich und seine Lippen öffneten sich in einem erstickten Versuch zu lachen. Glücklicherweise aber begann die Uhr, wie er so den Kopf gegen sie drückte, furchtbar zu schlagen, worauf er sich umdrehte, sie mit zitternden Fingern anpackte und auf ihren Platz zurückstellte. Dann setzte er sich, mit dem Ellbogen auf einer Sofalehne und dem Kinn in der Hand, ganz steif hin.
    "Es tut mir sehr leid, wegen der Uhr", sagte er.
    Mein Gesicht war jetzt in eine geradezu tropische Glut getaucht. Von den tausend Gemeinplätzen, die mir durch den Kopf schwirrten, konnte ich auch nicht einen einzigen hervorbringen.
    "Es ist eine alte Uhr", sagte ich ganz vertrottelt.
    Wir glaubten wohl wirklich alle einen Augenblick lang, daß sie zertrümmert auf dem Fußboden lag.
    WS:90f Gatsby, immer noch die Hände in den Taschen, stand gegen den Kamin gelehnt und bemühte sich krampfhaft um eine zwanglose, ja gelangweilte Haltung. Er hatte den Kopf weit zurückgelegt und stützte sich damit gegen das Zifferblatt einer alten Pendule auf dem Kaminsims. So starrte er mit abwesendem Blick auf Daisy herab, die steif und verschüchtert, aber grazil auf der Kante eines Stuhls saß.
    "Wir kennen uns schon von früher", murmelte Gatsby.
    Er sah flüchtig zu mir hin, und seine Lippen öffneten sich zu dem mißglückten Versuch eines Lächelns. Glücklicherweise geriet in diesem Augenblick die Uhr unter dem Druck seines Kopfes gefährlich ins Wanken; er drehte sich rasch um, fing sie mit zitternden Händen auf und stellte sie an ihren Platz zurück. Dann setzte er sich steif auf das Sofa, den Ellbogen auf die Lehne und das Kinn in die Hand gestützt.
    "Verzeihen Sie bitte - das mit der Uhr", sagte er.
    Mein Gesicht hatte inzwischen eine tiefdunkle Röte angenommen. Ich bemühte mich vergebens, unter den Tausend Redensarten, die mir durch den Kopf gingen, etwas Passendes zu finden.
    "Es ist eine alte Uhr", bemerkte ich geistreich.
    Wir benahmen uns einen Augenblick gerade so, als läge die Uhr zerschmettert am Boden.
    [hr] [hr]
    FSF:94 Amid the welcome confusion of cups and cakes a certain physical decency established itself. Gatsby got himself into a shadow and, while Daisy and I talked, looked conscientiously from one to the other of us with tense, unhappy eyes. However, as calmness wasn't an end in itself, I made an excuse at the first possible moment, and got to my feet.
    ML:123 Unter dem willkommenen Wirrwarr von Tassen und Kuchen stellte sich endlich ein gewisses physisches Gleichgewicht ein. Gatsby verwandelte sich in einen Schatten, der, während Daisy und ich miteinander sprachen, mit gespannten und unglücklichen Augen gewissenhaft von einem zum anderen blickte. Da aber schließlich diese Ruhe doch auch zu nichts weiter führen konnte, stand ich, so wie es nur möglich war, mit einer Entschuldigung auf.
    WS:91 In dem willkommenen Durcheinander mit den Teetassen und den Kuchenstücken ließ unser physisches Unbehagen etwas nach, und die Situation wurde einigermaßen normal. Gatsby zog sich, während Daisy und ich uns unterhielten, in eine dunkle Ecke zurück und blickte gequält von einen zum anderen. Da das nicht immer so weitergehen konnte, ergriff ich die erste schickliche Gelegenheit, entschuldigte mich und stand auf.
    [hr] [hr]
    FSF:97 'Oh, I've been in several things,' he corrected himself. 'I was in the drug business and then I was in the oil business. But I'm not in either one now.'
    ML:127 "Oh, ich beschäftige mich mit Verschiedenem", verbesserte er sich dann. "Erst mit Drogen, dann mit Öl. Aber jetzt habe ich mit alledem nichts mehr zu tun."
    WS:94 "Oh, ich habe mich in verschiedenen Branchen betätigt", verbesserte er sich. "Ich war im Drogenhandel und dann in der Ölbranche. Aber heute habe ich damit nichts mehr zu tun."


    Ich kenne leider nicht den Autor, aber ich habe die Geschichte aus dem Buch Wort und Sinn.


    Ich kenne die Geschichte irgendwoher, kannst Du nicht nochmal in dem Buch nachschauen, ob da was zur Quelle steht? Immerhin ist es ein Schullesebuch aus dem Verlag Schoeningh Ferdinand GmbH (oder?), die sollten mit dem Urheberrecht sorgfältig umgehen.


    Als Quelle habe ich eines der vielen Bücher aus der Serie "Chicken Soup for the Soul" aus den 1990er Jahren in Verdacht, in der alle möglichen meist mündlich überlieferte Geschichten irgendwelcher Leute dem Autor zugetragen wurden. Daran, dass der eine den anderen hat sterben lassen, kann ich mich allerdings nicht mehr erinnern. Vielleicht war's auch eine andere, moralisch wertvollere Variante der Story, die ich wo auch immer mal gelesen habe - oder im Fernsehen gesehen habe, denn je mehr ich versuche mich daran zu erinnern woher ich die Geschichte kenne, desto mehr ist mir, als ob ich sie bildlich vor Augen geführt in Erinnerung hätte ...

    Hallo zusammen,


    Telemachos: "Schade, dass diese Leserunde schon vorbei ist."


    noch nicht, ich bin jetzt beim zweiten Durchgang. Erst die englische Fassung, jetzt die deutsche von Stürenberg (SZ-Bibliothek), da bin ich bei der Hälfte. Ich sammle noch ein paar Sätze und ihre Übersetzungen für den Materialordner. Ich werde mir danach noch den Film von 1974 anschauen, der neulich auf BR3 lief, den ich aufgenommen habe - noch im Mai hoffe ich. Der Film umfasst ca. 950 MB auf der Festplatte (.mpg-Format), dürfte für einen E-Mail-Versand etwas groß sein :-(



    @Madeleine: "Jedenfalls für seinen Ruhm ein höchst mittelmäßiges Werk."


    und


    @Dionne: "Schade, dass das Buch, das so vielversprechend angefangen hat, nicht das halten konnte, was es versprach."


    Ich muss gestehen, dass ich keine hohen Erwartungen hatte, da ich nicht viel mehr wusste als dass es den Roman gibt und dass er berühmt sei, hatte auch nie den Film gesehen. Das Buch selber hat auch nichts versprochen, nur seine Leser und Rezensenten und die Nachwelt - auch die Verfilmungen dürften einiges dazu beigetragen haben.


    Einen Kommentar "Very good film version of the original novel" vom 5. Juli 2005 auf http://www.imdb.com/title/tt0041428/usercomments über die Verfilmung von 1949 fand ich äußerst aufschlussreich:


    Zitat von lionel-21

    This version of Scott Fitzgerald's short novel is remarkably faithful to the original and infinitely more successful as a film than the big budget version which appeared two decades later, starring Robert Redford. [...] The character of Gatsby in the novel is not fully fleshed out, nor did the author intend him to be more than an illusive figure fired by an obsession. Ladd [Titelrolle 1949], who was not an actor of any great talent, seems to be particularly suited to the part. Redford [Titelrolle 1974], a much greater actor, added a dimension, the aura of the 'glamorous' leading male star, which the reader does not associate with the Gatsby of the novel and as a consequence, is not convincing. The 1949 version, in monochrome, captures much of the atmosphere of the 'jazz age' which strangely does not come over in the lavish period detail of the later version.


    Wenn ich also nur den Roman lese wie er ist, ohne das später Hineingelesene, dann finde ich den Plot zwar etwas fahrig und die Personen teilweise widersprüchlich - z.B. Tom, der am Anfang als brutaler Kerl auftritt und Nasenbeine bricht, aber in der Offenbarungsszene kurz vor dem Autounfall ist er friedlich und unaufgeregt. Aber die Sprache ist unvergleichlich. Viel gelesen habe ich offenbar noch nicht, verglichen mit Anderen hier im Forum, aber so ästhetisch dichte Bilder und eine so hohe "ästhetische Dichte" (definiert etwa als "Anzahl schöner Stellen pro Buchseite") wie hier sind mir noch nicht untergekommen (und in Erinnerung geblieben) - und dann noch dieser z.T. leicht ironische Erzählstil und die vielen originellen Redensarten ... wirklich beeindruckend.


    Das kann bestimmt nicht die Ursache für den Ruhm des Romans sein. Worin aber liegt die Bedeutung des Romans bzw. was sind die Gründe für seinen Ruhm?




    Das mit dem gescheiterten amerikanischen Traum verstehe ich auch nicht ganz. Eigentlich konnte ihn Jay Gatsby ja verwirklichen. Er wurde reich, durch welche Geschäfte auch immer. Und ich assoziiere den "american dream" immer nur mit Reichtum. Das private Glück gehört da in meiner Vorstellung nicht dazu.


    Steht nicht so etwas wie "pursuit of happiness" in der amerikanischen Verfassung oder in der Präambel oder sonstwo, edem Amerikaner bekannt? Da steht nicht "money" sondern "happiness". Und Gatsby träumte von Daisy, nicht vom Reichtum. Der war nur ein Mittel, sich ihr zu nähern.

    aus "The International Herald Tribune", 10. April 2002, S. 7


    MEANWHILE • By Adam Cohen
    [size=16pt]Jay Gatsby still speaks
    for today's America
    [/size]




    The image of Jay Gastby as a mysterious Prohibition-era
    bootlegger is so fixed in our minds that it's startling, re-
    reading "The Great Gatsby" today, to realize how he was
    actually making his money in the end.
    When the narrator, Nick Carraway, picks up the phone in the final
    pages of the novel, he accidentally hears a message intended for
    Gatsby. "Young Parke's in trouble," the caller says urgently. "They
    picked him up when he handed the bonds over the counter." Not il-
    legal liquor, it turns out, but shady corporate debt, If Gatsby were
    around today, he would probably be in the upper echelons of Enron.
    Gatsby's powerful ability to speak to our times is driven home by
    the latest issue of Book magazine, in which a panel of literary ex-
    perts, asked to name the top 100 fictional characters since 1900, de-
    cisively chose F. Scott Fitzgerald's jazz-era rogue as No. 1. There are
    purer characters on the list, like Atticus Finch (No. 7), the crusading
    small-town lawyer at the heart of "To Kill a Mockingbird," and more
    accessible ones, like Holden Caulfield (No. 2), the teenage Every-
    man of "The Catcher in the Rye." But it is the elusive Gatsby, the cyn-
    ical idealist, who embodies America in all of its messy glory.
    He was a fervent believer in the gospel of self-improvement -
    rise at 6 am., "dumbbell exercise and wall-scaling," work, and
    "study needed inventions." On the same page, the young Gatsby
    had scrawled his "General Resolves," which included, "Save $5.00
    [crossed out] $3.00 per week," and, "No more smoking or chew-
    ing."
    In the great American tradition of self-invention, Gatsby decided
    at an early age precisely who he wanted to be. He dropped his fa-
    ther's clunky, foreign-sounding name, Gatz, in favor of Gatsby, and
    James for the swankier Jay. A poor runaway from the Midwest,
    Gatsby has worked his way up to a sprawling Long Island mansion,
    where he gives boozy, jazz-filled parties for New York high society.
    He dresses lavishly, claims to have been born to money and refers
    to everyone with the upper-crust affectation "old sport."
    Beneath the carefree exterior, however, Gatsby understands just
    how sad and dark a place the world can be. Fitzgerald, who was
    writing in the bleak post-World War I literary environment, sug-
    gests that Gatsby served in the carnage-filled battlefields of
    France. When Gatsby returned from the war, he made his fortune
    the old-fashioned way: He stole it. Gatsby's partner in crime, quite
    literally, was the sinister Meyer Wolfsheim, the man who fixed the
    1919 World Series and wore cufflinks made of human molars.
    In today's increasingly disturbing world, home to Al Qaeda cells
    and suicide bombers, offshore sham partnerships and document-
    shredding auditors, the grim backdrop against which Gatsby's life
    plays out feels depressingly right. It's no wonder that the last "Great
    Gatsby" revival was in 1974, tied to the release of the film starring
    Robert Redford, in a nation shaken by revelations of Watergate.
    What saves Gatsby, and what makes him a masterful literary
    achievement rather than a two-bit criminal, is the driving force be-
    hind his well-orchestrated rise: that years earlier, he was a poor
    boy, jilted by the most popular young girl in Louisville in favor of a
    wealthier suitor, and he has spent a lifetime working to get her
    back. The callow Daisy, whose voice is "full of money," may not be
    a worthy goal. But Gatsby's longing for her, and his willingness to
    sell his soul to pursue her, are the purest things in this sordid tale.
    The most important image in "The Great Gatsby" is the color
    green. It is the color of money, certainly, and the color that says
    "go," that most American of injunctions. At the edge of Daisy's
    dock, famously, there is a flashing green light, which Gatsby can
    see from his mansion. The light embodies his ideal of Daisy.
    The novelist Sue Miller, one of the judges in the Book magazine
    contest, explained that Gatsby was "an American dreamer of a cer-
    tain crass kind." Gatsby undeniably has his crass qualities. But the
    emphasis should be on the American dreamer. Jay Gatsby's world-
    weary idealist, who knows how messed up life can be but still sol-
    diers on in pursuit of his ideals, is the great American type.
    Americans today are still mainly Gatsby, flawed in a flawed
    world, but unable to resist the pull of the green light.


    [size=9pt]The New York Times[/size]

    Ja, es gibt viele Aspekte, die nur kurz angedeutet, dann aber gar nicht weiter ausgeführt werden, und offenbar (dem Autor?) auch gar nicht so wichtig waren: Welche Geschäfte sind das, die Gatsby Nick als Nebenverdienst angeboten hat. Was ist mit der Diskussion über die angeblichen Gefahren der weißen Rasse durch die anderen Hautfarben?




    Auf den Artikel, den Du uns versprochen hast, bin ich schon sehr neugierig.


    Keine zu hohen Erwartungen, bitte !-)


    Hier aber noch ein weiterer Hinweis auf einen "Gatsby-like American dreamer" in einem neuen Roman, aus einer Buchbesprechung beim heutigen Frühstück - als Vorgeschmack: http://www.iht.com/articles/2008/05/15/arts/idlede17.php


    Im Bild [kaufen='3857913843'][/kaufen] ist es nicht, wie ich einen Moment lang vermutet habe, so, dass hier Band 4 gelb wäre, und nicht Band 1, wie bei meinem Exemplar: Es ist tatsächlich so, dass das Glauser-Porträt nur stimmt, wenn ich die vier Bände in verkehrter Reihenfolge aufstelle, also Band 1 ganz rechts statt ganz links. Absicht? Irrtum? Jedenfalls witzig ...


    Wo hast Du den Witz mit dem Bücherwurm her? Vor vielen Jahrzehnten habe ich irgendwo davon gelesen und stelle seitdem alle meine mehrbändigen Bücher (viele sind's nicht) immer so auf, dass ein Bücherwurm - zu denen ich mich zähle - möglichst viel, sprich alles, hat. Dass das ein Verlag auch tut, sollte eigentlich klar sein, jedenfalls "verkehrt" ist alles andere :-)


    Schade, dass wir hier nicht so recht weiter gekommen sind.


    Das liegt an den verschiedenen Lesegeschwindigkeiten :-) Ich bin jetzt übrigens durch - mit dem englischen Original.



    Wenn man nicht beim Thema bleibt, löst sich eine Leserunde doch sehr schnell auf.


    Wenn nicht alle gleich schnell lesen (können), ist es vielleicht für eine Leserunde besser, wenn alle erstmal das Buch ganz durchlesen, bevor diskutiert wird? Keine Ahnung, es ist meine erste Leserunde hier ...


    Also nochmal kurz zum Sprachlichen ist mein Eindruck, dass die ersten fünf Kapitel sehr schön, bildhaft und sorgfältig formuliert sind, die wenigen Szenen ausführlich und anschaulich ausgemalt sind, und Beschreibungen und Beschriebenes sehr gut auf einander abgestimmt ist, rund, stimmig, passgenau. Danach gerät alles aus den Fugen, die Handlung sowieso, aber auch die Erzählung, mit Zeitsprüngen und kurzen Abschnitten. Wenn man will, kann man da von einem gewissen Verfall sprechen; aber Dekadenz - erst recht im übertragenen Sinn - ist mir zu negativ.


    In meine Taschenbuchausgabe hatte ich mir am 10. April 2002 einen Zeitungsausschnitt aus dem "International Herald Tribune" gelegt mit dem Titel "Jay Gatsby still speaks for today's America" eines gewissen Adam Cohen, ursprünglich aus einer KKolumne in der New York Times. Den habe ich leider nicht im Internet gefunden, werde ihn also in den nächsten Tagen im Materialordner abtippen - Copyright hin oder her. Hier nur erstmal soviel, dass es in Cohens Kolumne, wie auch in den früher verlinkten Artikeln, um den amerikanischen Traum geht, den Gatsby verkörpert. Interessant ist an diesen Artikel, dass sie zeigen, wie "Der Große Gatsby" immer noch in der amerikanischen Gesellschaft präsent ist. Verfall spielt da keine Rolle, wohl aber, dass Träume (mit Ausnahme des großen amerikanischen Traums :-) auch mal nicht in Erfüllung gehen können.


    na, na es gibt auch brillante Passagen über Heidegger und die Bilder im Kunsthistorischen Museum sind dezidiert auch keine österreichischen


    richtig, Philosophen, das heißt also insbesondere Nicht-Österreicher, aber dann eben auch Schriftsteller wie der böhmisch-österreichische Stifter, bekommen alle hundert Seiten eins übergewischt.


    Die Bilder im KHM: es sind ja nur zwei, die dran glauben müssen, Tintorettos weißbärtiger Mann und Tizians Kirschenmadonna. Tizians Auftraggeber waren Habsburger, der Grund, warum im KHM die zweitmeisten Tizians hängen (nach dem Prado in Madrid, dem ersten Wohnsitz der Auftraggeber), womit die Kirschmadonna ja eigentlich doch wieder irgendwie österreichisch ist :-)


    Ein sprachliches Meisterwerk sind Alte Meister allemal, dieser dreihundertseitige Absatz aus einem Guss (die 2 oder 3 Atemholpausen fallen kaum negativ auf). Doch einen Beitrag zur Menschwerdung darin zu sehen, fällt mir schwer, aber hierzu kenne ich weder Bernhard noch seine Leserin gut genug.

    Am Ende des siebten Kapitels stellt sich die Sache sprachlich inzwischen anders da. Bis zum fünften bestand jedes Kapitel im Wesentlichen aus einer Szene, eine zeitlich hinter der nächsten, die sprachlich sehr schön ausgemalt wird. Die Formulierungen sind sehr sorgfältig überlegt, jedenfalls nicht einfach so hingeschrieben; ich denke da nur an die Lautmalereien "there was a boom of a brass drum" oder "amid the welcome confusion of cups and cakes" und die schönen Bilder in den Beschreibungen der Partys und der mir noch nicht ganz nachvollziehbaren Verwirrung Gatsbys in Daisys wiedergefundener Gegenwart. Fitzgerald muss ziemlich viel Zeit und Energie in die sprachliche Vollendung gesteckt haben.


    Danach wird es inkohärenter, die einzelnen Szenen folgen nicht zeitlich hintereinander, es gibt sogar "vorgezogene Rückblenden" (über Gatsbys Zeit bei Dan Cody), der Erzähler kommt kaum hinterher, so schnell überschlagen sich die Ereignisse bis zu Myrtles Unfall, Gatsbys Darstellung des Unfallhergangs und Daisys Beteiligung daran.


    Im Roman geht es offenbar weniger um gesellschaftliche Dekadenz als um die Verwicklungen um Gatsbys Traum von Daisy, oder um den dahinter stehenden "amerikanischen Traum", womit der Roman bis heute wohl in Verbindung gebracht wird (s. http://www.iht.com/articles/2008/02/17/america/gatsby.php).

    Aus dem vierten Kapitel:


    [hr] [hr]
    FSF:70 He was balancing himself on the dashboard of his car with that resourcefulness of movement that is so perculiarly American - that comes, I suppose, with the absence of lifting work in youth and, even more, with the formless grace of our nervous, sporadic games. This quality was continually breaking through his punctilious manner in the shape of restlessness. He was never quite still; there was always a tapping foot somewhere or the impatient opening and closing of a hand.
    ML:90f Er wiegte sich auf dem Schutzleder seines Wagens mit jenem unerschöpflichen Bewegungsreichtum, der für den Amerikaner so typisch ist. Ich glaube, das kommt daher, daß wir in der Jugend keine schwere Arbeit zu leisten haben, oder es hängt mit der formlosen Anmut unseres nervösen vielgepflegten Sports zusammen. Dieses Bedürfnis nach Bewegung fiel bei seinem sonst so überaus korrekten Wesen durch eine gewisse ständige Ruhelosigkeit auf. Er war nie ganz still; immer tappte er entweder mit einem Fuß herum oder er schloß und öffnete unablässig eine Hand.
    WS:68 Er balancierte auf dem Trittbrett seines Wagens, und das mit jenem Bewegungsüberschuß, der für uns Amerikaner so typisch ist - er rührt, wie ich vermute, von dem Mangel an körperlicher Arbeit in unserer Jugend her und, mehr noch, von der natürlichen Grazie unseres nervösen Spieltriebs, der uns von Zeit zu Zeit befällt. Diese Eigenschaft brach bei ihm immer wieder durch und gab seiner sonst so peinlich korrekten Haltung etwas Ruheloses. Er konnte sich keinen Augenblick ganz still verhalten; immer mußte er mit dem Fuß wippen oder durch ein Öffnen und Schließen der Hand seine Ungeduld verraten.
    [hr] [hr]
    FSF:85 The modesty of the demand shook me. He had waited five years and bought a mansion where he dispensed starlight to casual moths - so that he could 'come over' some afternoon to a stranger's garden.
    ML:112 Ich war starr über diese so bescheidene Bitte. Da hatte er also fünf Jahre gewartet und ein Haus gekauft, wo er zufälligen Bekannten Sternenlichter anzündete - und das alles nur, damit er eines Nachmittags in den Garten eines Freundes "hinüberkommen" könnte.
    WS:82f Ich fand die Bescheidenheit dieser Bitte geradezu erschütternd. Fünf Jahre hatte er gewartet und dieses Haus gekauft, wo er silbernen Sternenglanz über einen Mottenschwarm von Besuchern ausgoß - alles mit dem Ziel, eines Nachmittags in den Garten eines Unbekannten 'herüberkommen' zu dürfen.


    Danke für den Hinweis, den Bernhard-Band hab ich mir mal bestellt. Bislang habe ich noch keinen Zugang zu seinem Werk gefunden, aber man sollte die Hoffnung nicht aufgeben ;-)


    Da kann ich Alte Meister empfehlen. Nervend, aber stilistisch gut gemacht, ist dieses "Wienern". Wienern nicht als Dialekt (er schreibt hochdeutsch), sondern als auf-der-Stelle-Putzbewegung. Er, also Bernhard bzw. sein "Held" Reger bzw. der diesen beobachtende und das Ganze erzählende Atzbacher, greift sich irgendetwas heraus (einen alten Meister, das Kunsthistorische Museum, die dortigen Toiletten, Wien, Österreich, die Politik, die Politiker, Museumsbesucher, Kunstkenner, Kunst, irgendwas), und wiederholt auf einer Seite dutzendmal immer wieder irgendeine Aussage dazu, tritt scheinbar auf der Stelle, bewegt sich aber in kreisend-wiederholenden Bewegungen langsam von einem Thema zum nächsten, immer wieder schlaufenziehend zurückkommend, bis er die ganze Fläche abgewienert hat, wieder neu ansetzt, neue ähnliche aus Mikrokreisen bestehende Kreise zieht, und so weiter. Das ganze Buch besteht nur aus einem einzigen Absatz, auch wenn es 2-3 Stellen gibt, wo man in normalen Romenen inhaltlich einen Ansatz erwartet (möglicherweise sind's zwei drucktechnische Absätze, denn in der Suhrkamp Taschenbuchausgabe st 1553 hört in der Mitte des Buches ein Satz ganz unten rechts auf Seite 170 auf, und es geht oben links auf der nächsten Seite ganz vorne nahtlos weiter - mit einem der o.g. gedanklichen Sprünge; man müsste mal eine andere Druckausgabe sehen, ob das nur Zufall ist :-)


    Stilistisch genial, dieses "bernhardinische Wienern"; inhaltlich: na ja, es geht, österreichisches Lokalgeschwätz halt ...

    schön, dass noch eine Madeleine mitliest (bzw. mitgelesen hat). Ich habe erst 5 Kapitel gelesen und werde noch den Mai brauchen, bis ich durch bin.


    Madeleines Zweifel an der Symbolkraft des Autos lag mir auch auf der Zunge, drang allerdings nicht bis zur Tastatur vor. Aber Dionnes Erklärung kann ich jetzt durchaus nachvollziehen.


    Ich muss jedoch gestehen, dass mich die Frage nach der Dekadenz derzeit (noch?) nicht interessiert, da es mir die Sprache Fitzgeralds deutlich stärker angetan hat. Ich muss zwar so manches Wort nachschlagen, was ich jahrelang nicht mehr systematisch gemacht habe, aber es lohnt sich. Die Sprache ist wirklich schön, ein besseres Wort fällt mir jetzt nicht ein; einige Sätze (eigentlich: erstaunlich viele) Sätze sind echt beeindruckend, s. Materialordner. Die Übersetzungen treffen das Original nicht annähernd. Ob die Übersetzungen als Ganzes schwach sind, weiß ich nicht, ich müsste sie am Stück lesen.


    Besonders schön finde ich das erste, dritte und fünfte Kapitel und die Beschreibungen der Partys bzw. Treffen und der zwischenmenschlichen Wechselwirkungen, alles ist ruhiger, statischer, leichter, seichter (z.T. auch unglaubwürdig: das in-Tränen-Ausbrechen Daisys angesichts der wunderschönen Oberhemden Gatsbys), runder, harmonischer. Im zweiten und vierten Kapitel geht es mehr um Bewegung, Ausflüge in die Stadt, gebrochene Nasen, alles ist härter, bizarrer (das Aschental beispielsweise, von dem die von mir eingesehene Sekundärliteratur nichts über Eschenbestände zu spekulieren weiß), sprunghafter, brutaler - vielleicht liegt's an Tom Buchanan. Ob es wohl abwechselnd immer so weiter geht?


    Den Film habe ich auch nocht nicht gesehen.

    Aus dem dritten Kapitel, zunächst der etwas längere, geräuschvolle Auftakt zu einer rauschenden Party à la Gatsby:


    [hr] [hr]
    FSF:46f By seven o'clock the orchestra has arrived, no thin five-piece affair, but a whole pitful of oboes and trombones and saxophones and viols and cornets and picolos, and low and high drums. The last swimmers have come in from the beach now and are dressing upstairs; the cars from New York are parked five deep in the drive, and already the halls and salons and verandas are gaudy with primary colours, and hair bobbed in strange new ways, and shawls beyond the dreams of Castile. The bar is in full swing, and floating rounds of cocktails permeate the garden outside, until the air is alive with chatter and laughter, and casual innuendo and introductions forgotten on the spot, and enthusiastic meetings between women who never knew each other's names.
    The lights grow brighter as the earth lurches away from the sun, and now the orchestra is playing yellow cocktail music, and the opera of voices pitches a key higher. Laughter is easier minute by minute, spilled with prodigality, tipped out at a cheerful word. The groups arrange more swiftly, swell with new arrivals, dissolve and form in the same breath; already there are wanderers, confident girls who weave here and there among the stouter and more stable, become for a sharp, joyous moment the centre of a group, and then, excited with triumph, glide on through the sea-change of faces and voices and colour under the constantly changing light.
    Suddenly one of these gypsies, in trembling opal, seizes a cocktail out of the air, dumps it down for courage and, moving her hands like Frisco, dances out alone on the canvas platform. A monentary hush; the orchestra leader varies his rhythm obligingly for her, and there is a burst of chatter as erroneous news goes around that she is Gilda Gray's understudy from the Follies. The party has begun.
    ML:58ff Um sieben Uhr kam dann das Orchester, und das war nicht nur ein armseliges, aus fünf Mann bestehendes Häuflein Musik, sondern ein ganzes Parterre von Posaunen, Saxophonen, Violinen, Hörnern, Piccolos und hohen und tiefen Trommeln. Die letzten Schwimmer kehren nun vom Strand zurück und kleiden sich oben im Hause für den Abend um; die Wagen aus New York stehen in fünf Reihen auf der Straße nebeneinander, und die Hallen, die Salons und Veranden flimmern schon in den ersten leuchtenden Farben. Köpfe, nach der letzten Mode frisiert, und Schals, die alle Träume Kastiliens übertreffen, wogen durch die Räume. Die Bar ist in vollem Betrieb, ungeheure Mengen von Cocktails fluten in großen Runden draußen durch den Garten, bis die Luft in Geschwätz und Gelächter erzittert. Man stellt einander vor, vergißt einander auf der Stelle wieder, Frauen, die nie im Leben voneinander auch nur den Namen gehört haben, begrüßen sich in wonniger Verzückung.
    Und die Lichter leuchten immer heller, je mehr die Sonne sich von der Erde entfernt, nun beginnt auch das Orchester eine gelbe Cocktailmusik zu spielen, und das allgemeine Stimmengewirr wird nun noch um eine Tonart höher. Das Lachen wird von Minute zu Minute leichter, verschwenderisch sprudelt es hervor, quillt neu auf bei jedem vergnügten Wort. Die Gruppen wechseln rasch, nehmen neue Ankömmlinge auf, lösen und bilden sich im selben Atemzug; und schon gibt es Zugvögel zwischen ihnen, zutrauliche Mädchen, die hin und her schwanken, einen kurzen, lustigen Augenblick lang irgendwo den Mittelpunkt bilden, um dann glühend vor Triumph durch das wechselnde und immer wieder neu beleuchtete Gewoge der Gesichter, Stimmen und Farben zu gleiten.
    Plötzlich aber hebt eine dieser Zigeunerinnen, die in zitterndes Opal gekleidet ist, ihren Cocktail hoch in die Luft. Sie schüttet ihn hinunter, wie um sich Mut zu machen, hebt die Hände und tanzt allein hinaus auf die Segeltuchbühne. Einen Augenblick lang allgemeines "Pst!"; der Kapellmeister ändert ihr zuliebe den Rhythmus, und wie sich das falsche Gerücht verbreitet, daß sie manches Mal an Stelle von Gilda Gray in den Follies auftritt, beginnt alles auf einmal heftig durcheinander zu schwatzen. Nun hat die Gesellschaft erst wirklich begonnen.
    WS: 44f Gegen sieben ist dann auch die Musik da - keine kümmerliche Fünfmannkapelle, sondern ein ausgewachsenes Orchester mit Oboen, Posaunen und Saxophonen, Bratschen, Hörnern, Pikkoloflöten, Trommeln und Pauken. Mittlerweile sind die letzten Schwimmer vom Strand zurück und oben beim Umkleiden. Auf dem Vorplatz parken, in fünf Reihen gestaffelt, die Wagen aus New York. Und schon wogt es in grellbunter Farbenskala durch die Hallen, Salons und Veranden. Man sieht neuartig gestutzte Bubiköpfe und spanische Schals, vor denen alle Träume Kastiliens verblassen. Die Bar ist in vollem Betrieb; Cocktailrunden schwärmen aus und bevölkern den Garten, bis auch dort die Luft von Plaudern und Lachen erfüllt ist. Es wird getuschelt; man stellt sich vor, um den anderen gleich wieder zu vergessen, und es kommt zu überschwänglichen Begrüßungen zwischen Frauen, die einander nicht einmal dem Namen nach kennen.
    Alle Lampen strahlen heller, indes die Erdkugel sich allmählich von der Sonne weg auf die andere Seite rollt. Das Orchester spielt jetzt grelle Cocktailmusik, der Gesang der Stimmen geht in eine höhere Tonlage über. Von Minute zu Minute löst sich das Lachen leichter, greift verschwenderisch um sich und ergießt sich über jedes witzige Wort. Rascher wechseln die Gruppen, schwellen an, wenn neue Gäste hinzukommen, lösen sich auf und bilden sich im gleichen Atem wieder neu. Schon gibt es wanderlustige unternehmenslustige Mädchen, die mal hier, mal da unter den behäbigeren und stetigeren Gästen umherschweifen, für einen kurzen heiteren Moment zum Mittelpunkt einer Gruppe werden und dann, von ihrem Erfolg beschwingt und weitergetragen von der Flut und Ebbe der Gesichter, Stimmen und Farben, im ständig wechselnden Licht dahingleiten.
    Plötzlich ergreift dann eins dieser opalisierenden, zigeunernden Wesen wie aus der Luft einen Cocktail, stürzt ihn hinunter, um sich Mut zu machen, und tanzt mit typischem Händewerfen à la San Francisco allein hinaus in die künstliche Szenerie. Alles verstumnmt; der Kapellmeister wechselt ihr zuliebe den Rhythmus, und dann erhebt sich ein allgemeines Geraune, wenn das Gerücht, sie sei Gilda Greys zweite Besetzung von den Ziegfeld Follies, die Runde macht. Damit hat dann der Abend erst richtig begonnen.
    [hr] [hr]
    FSF:50 She narrowed her eyes and shivered. Lucille shivered. We all turned and looked around for Gatsby. It was testimony to the romantic speculation he inspired that there were whispers about him from those who had found little that it was necessary to whisper about in this world.
    ML:65 Sie zwickte die Augen zusammen und erschauerte. Wir wandten uns alle um, um zu sehen, ob Gatsby in der Nähe war. Und es war bezeichnend für die romantischen Phantasien, deren Ursprung er war, daß auch Leute sich alles mögliche über ihn zuraunten, die es sonst kaum der Mühe wert hielten, sich überhaupt über irgend etwas auf der Welt den Kopf zu zerbrechen.
    WS:48 Sie kniff die Augen zusammen und schauderte. Lucille schauderte ebenfalls. Wir blickten uns alle suchend nach Gatsby um. Es war typisch für die abenteuerlichen Spekulationen, die er herausforderte, daß gerade die über ihn flüsternd die Köpfe zusammensteckten, die sonst keinen Stoff zu vertraulichen Erörterungen hatten.
    [hr] [hr]
    FSF:53 By midnight the hilarity had increased. A celebrated tenor had sung in Italian, and a notorious contralto had sung in jazz, and between the numbers people were doing 'stunts' all over the garden, while happy, vacuous bursts of laughter rose toward the summer sky. A pair of stage twins, who turned out to be the girls in yellow, did a baby act in costume, and champagne was served in glasses bigger than finger-bowls. The moon had risen higher, and floating in the Sound was a triangle of silver scales, trembling a little to the stiff, tinny drip of the banjoes on the lawn.
    I was still with Jordan Baker. We were sitting at a table with a man of about my age and a rowdy little girl, who gave way upon the slightest provocation to uncontrollable laughter. I was enjoying myself now. I had taken two finger-bowls of champagne, and the scene had changed before my eyes into something significant, elemental, and profound.
    ML:68f Um Mitternacht war die Stimmung noch gestiegen. Ein berühmter Tenor hatte italienisch und eine bekannte Altistin hatte Niggersongs gesungen. Die Leute trieben inzwischen ihren Unsinn im Garten, und ihr glücklich ausdrucksloses Gelächter stieg zum sommerlichen Himmel empor. Ein paar Zwillinge, es waren die Mädchen in Gelb, spielten eine Kinderszene im Kostüm, und der Champagner wurde in Gläsern serviert, die größer waren als Fingerschalen. Der Mond aber war inzwischen hoch aufgestiegen, so daß ein silbernes Schuppendreieck im Sund hin- und herwogte und unter den tröpfelnd harten Banjoklängen auf dem Rasen erzitterte.
    Ich war immer noch mit Jordan Baker zusammen. Wir saßen an einem Tisch mit einem Mann, der ungefähr in meinem Alter stand, und einem Wildfang von einem kleinen Mädchen, das bei dem geringsten Anlaß in ein hemmungsloses Gelächter ausbrach. Ich begann jetzt, an allem Gefallen zu finden. Ich hatte eine Fingerschale Champagner getrunken und alles, was sich um mich abspielte, war auf einmal bedeutungsvoll, ursprünglich und voll tiefen Sinns geworden.
    WS:51 Bis Mitternacht hatte sich die allgemeine Stimmung noch gehoben. Ein gefeierter Tenor hatte auf Italienisch gesungen, und eine bekannte Altistin sang Jazzschlager.
    Zwischen den einzelnen Nummern 'produzierten' sich die Gäste überall im Garten; man brach in übermütiges, albernes Gelächter aus, das zum nächtlichen Himmel emporschallte. Ein Bühnenzwillingspaar - es waren die beiden Mädchen in Gelb - vollführte in Kostümen einen Baby-Sketch. In Gläsern, größer als Fingerschalen, wurde Champagner gereicht. Der Mond war höher gestiegen und warf sein silbrig glitzerndes Gitterdreieck auf den Sund, das leise erbebte, wenn der eigensinnige blecherne Ton der Banjos auf dem Rasen darüberhin tröpfelte.
    Ich war immer noch mit Jordan Baker zusammen. Wir saßen an einem Tisch mit einem Mann ungefähr in meinem Alter und mit einer ausfälligen jungen Person, die beim geringsten Anlaß unbeherrscht loslachte. Ich war jetzt in bester Stimmung. Ich hatte zwei Schalen Champagner getrunken, und alles, was sich vor meinen Augen abspielte, erschien mir tief bedeutsam und wesenhaft.
    [hr] [hr]
    FSF:54 He smiled understandingly - much more than understandingly. It was one of those rare smiles with a quality of eternal reassurance in it, that you may come across four or five times in life. It faced - or seemed to face - the whole eternal world for an instant, and then concentrated on you with an irresistible prejudice in your favour. It understood you just so far as you wanted to be understood, believed in you as you would like to believe in yourself, and assured you that it had precisely the impression of you that, at your best, you hoped to convey.
    ML:70 Er lächelte verständnisvoll - und es war mehr als verständnisvoll. Es war eines jener seltenen Lächeln, dem man nur vier oder fünfmal im Leben begegnet. Ein Lächeln, in dem die ganze Welt sich einen Augenblick lang förmlich widerspiegelt, und das sich dann auf dich ganz allein mit einem unerschütterlichen Vorurteil zu deinen Gunsten zu beziehen scheint. Es versteht dich gerade soweit, wie du verstanden zu sein wünscht, es glaubt an dich, so wie du an dich selber glauben würdest, es macht dich sicher, daß du den Eindruck erweckst, den du bestenfalls zu erwecken hoffst.
    WS:52 Er lächelte verständnisvoll - ja geradezu verständnisinnig. Es war ein Lächeln, das einen endgültig beruhigte und begütigte; ein Lächeln von jener seltenen Art, wie man es nur vier- oder fünfmal im Leben antrifft. Es umfaßte - zumindest schien es so - für einen Augenblick die Welt als ein Ganzes und Ewiges, um sich dann mit grenzenloser Zuversicht dem Menschen zuzuwenden. Dieses Lächeln brachte einem gerade so viel Verständnis entgegen, wie man sich wünschte; es glaubte an einen, wie man selbst gern an sich glauben mochte, und es bestätigte einem genau den Eindruck, den man bestenfalls zu machen hoffen konnte.
    [hr] [hr]
    FSF:56 There was the boom of a brass drum, and the voice of the orchestra leader rang out suddenly above the echolalia of the garden.
    ML:72 Da erdröhnte mit einemmal eine dumpfe Trommel, und die Stimme des Kapellmeisters drang schmetternd durch den lärmenden Garten.
    WS:54 Plötzlich gab es einen Tusch, und die Stimme des Kapellmeisters erhob sich über dem Stimmengewirr im Garten.
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    FSF:63 At the enchanted metropolitan twilight I felt a haunting loneliness sometimes, and felt it in others - poor young clerks who loitered in front of windows waiting until it was time for a solitary restaurant dinner - young clerks in the dusk, wasting the most poignant moments of night and life.
    ML:83 Durch die verzauberte Dämmerung der Großstadt aber verfolgte mich bisweilen ein quälendes Einsamkeitsgefühl, und ich empfand auch mit all den anderen - all den anderen jungen Leuten, die vor den Fenstern herumlungerten, um zu warten, bis die Zeit für ihr einsames Mahl gekommen war. Ich fühlte gemeinsam mit Ihnen, die allein in der Dunkelheit die wichtigsten Augenblicke der Nacht und des Lebens versäumen.
    WS:61 Im Zwielicht der Großstadt, das die Dinge verzauberte, fühlte ich manchmal eine quälende Einsamkeit und spürte sie auch bei anderen - arme junge Kommis, die sich vor Schaufenstern herumdrückten, bis die Zeit für ein einsames Mahl im Restaurant gekommen war - kleine Angestellte, die so die prickelndsten Momente der Nacht, ja des Lebens versäumten.


    Die Lautmalerei (boom ... brass drum), die "Papageienkrankheit" der Echolalie und die "Vermenschlichung der Gegenstände" in Form des daran erkrankten Gartens gehen in den Übersetzungen völlig unter.


    Es steht zu vermuten, dass wir als harmlose Leser immer wieder Opfer von Übersetzern werden, die meinen, eine Interpretation gleich mitliefern zu müssen. Daher sind Neuübersetzungen, die der Vorlage so nah wie möglich kommen, m.E. begrüssenswert.


    Im Schwesterforum gibt es dazu auch eine Diskussion mit Beispielen und Gegenbeispielen für gute Neuübersetzungen.


    Ein anderes Beispiel sind die drei Eindeutschungen des großen Gatsby von Fitzgerald, siehe die Materialsammlung hier im Forum. Ob die neueren Übersetzungen besser sind als die älteren, weiß ich noch nicht ...

    Gestern stand in der Zeitung unter dem Titel "A jazz-age football story fails to make its goals" ein sprachlich brillanter Verriss von George Clooneys Film Leatherheads. Allein schon wegen der Filmmusik werde ich wahrscheinlich trotzdem reingehen, von der es heißt: "The music, by Randy Newman, gooses the action along in a desperate effort to create an atmosphere of madcap Jazz Age insouciance, and the screenplay multiplies subplots in the same doomed cause."



    Tilman Höss - F. Scott Fitzgerald: Die Philosophie des Jazz Age
    erschienen im Peter Lang Verlag. In dem Buch geht es um Fitzgeralds Werk in Bezug auf den Amerikanischen Traum und die Konsumgesellschaft der 20er.


    In der Bibliothek habe ich mir einmal das Buch angeschaut: man muss wohl die meisten Romane von Fitzgerald gelesen haben, um es nachvollziehen zu können, da es reichlich aus diesen zitiert. Die Literaturliste enthält eine kleine Merkwürdigkeit:


    Isabel Leighton (Hg.) - The Aspirin Age. 1919-1941


    Darin ist auch was für Dionne dabei, wie ein Rezensent auf amazon.com zu berichten weiß: ein Aufsatz über die "Dionne quintuplets". Was es alles gab :-)


    Was mir aufgefallen ist, das ist die Vergegenständlichung der Menschen ...


    Hallo Dionne,


    im zweiten Kapitel wird das in der Tat deutlich, z.B. da, wo der arme Wilson, den Myrtle zum Stühleholen wegschickt, kaum von der betonfarbenen wand unterscheidbar ist (S. 32 oben bei den Penguin Pop Classics):


    Zitat

    'Get some chairs, why don't you, so somebody can sit down.'
    'Oh, sure,' agreed Wilson hurriedly, and went toward the little office, mingling immediately with the cement colour of the walls. A white ashen dust veiled his dark suit and his pale hair as it veiled everything in the vicinity - except his wife, who moved close to Tom.


    Und ein bisschen weiter (S. 43), als Nick vor lauter Whisky beginnt, die Zeit aus den Augen zu verlieren ("It was nine o'clock - almost immediately afterward I looked at my watch and found it was ten.") und dann auch den Überblick, kommt mein schönster Satz des Kapitels :-)


    Zitat

    The little dog was sitting on the table looking with blind eyes through the smoke, and from time to time groaning fainty. People disappeared, reappeared, made plans to go somewhere, and then lost each other, searched for each other, found each other a few feet away.


    Kein Wunder, dass er anschließend am Bett eines bis dato wildfremden Mannes in Unterhosen steht, und halbwach im Bahnhofsuntergeschoss auf den 4-Uhr-Zug wartet ...

    Hallo zusammen und vielen Dank für die Zitate, einige davon habe ich im Materialordner gesammelt. So ein Materialordner hätte für solche Zwecke besser die Form eines Wiki, statt eines Forums :-)



    "Augen, deren Anstrich..."


    Meine Erinnerung sagt, dieses Zitat bezieht sich auf ein überdimensionales Werbeplakat (Dr. Eckleburg) im so genannten "valley of ahses". Dieses Tal der Asche ist ein Symbol für den Verfall der Gesellschaft und der Moral; es ist das stärkste Symbol für die Dekadenz im ganzen Buch.


    Ja, die Augen, denen der Anstrich fehlt, sind die auf dem Plakat, "their retinas are one yard high", heißt es auf Seite 29. Die Retina = Netzhaut dürfte zwar nicht von außen zu sehen gewesen sein, eher schon die Iris, aber nun ja.


    Das Tal der Asche, auf halber Strecke zwischen West Egg und New York, wird interessanterweise so vorgestellt (1. Absatz im 2. Kapitel):


    Zitat


    This is a valley of ashes - a fantastic farm where ashes grow like wheat into ridges and hills and grotesque gardens; where ashes take the forms of houses and chimneys and rising smoke and, finally, with a transcendent effort, of ash-grey men, who move dimly and already crumbling through the powdery air.


    Sehr schön, und im Deutschen nicht nachzumachen (oder doch?), der Übergang von Eschen über Kamine und Rauch zu asch-grauen Menschen zu pulvriger Luft - ein müheloser Übergang without a transcendent effort von Esche zu Asche ...