Beiträge von Lost

    Hallo Sandhofer, hallo Xenophanes


    in der Tat wird mir durch deinen letzen Beitrag deutlicher worauf du (Sandhofer) hinaus willst. Allerdings ist mir deine Argumentation weiterhin unklar. Ist es nicht eher so, dass du die Aussage b) nur eliminieren kannst, wenn du Aussage a) umkehrst und "meist" durch "immer" ersetzt? Aus meiner Sicht fanden sich Darwin und die anderen Naturforscher damals eher in dem Dilemma, dass sie die Fortpflanzung zwischen Arten( im damaligen Begriff) in Ausnahmefällen beobachteten und nicht den Schluss ziehen konnten, dass die Unfruchtbarkeit ein Begriffsschlüssel ist. Es ging also weniger um die Notwendigkeit der Artzuordnung von Hunden, sondern um die Möglichkeit, dass Hunde verschieden Arten zuzurechnen sind.
    Es mag penetrant sein, dass ich schon wieder eine weitere Aussage von dir hinterfrage, aber deine Bemerkung zu Hund und Fuchs ist mir ebenfalls unklar. Nach meinem Wissen, müssen Hunde auf Füchse trainiert werden und die Frage nach dem Beuteschema bei domestizierten Tieren ist für mich auch problematisch. Hier müsste eher das Beuteschema vom Wolf als natürlichen Stammvater des Hunds hinterfragt werden, denn biologisch gehören Wölfe und Hunde zur selben Art, und der Fuchs ist dann eher Konkurrent.


    Mittlerweile bin ich mit dem Buch auch fertig. Die Herausgeber der "Klassiker des modernen Denkens" waren so nachlässig die Ursprungsausgabe nicht zu nennen, ich vermute jedoch, ich las die Übersetzung der 6. Auflage. Beim Vergleich einige Stellen mit der englischen Originalausgabe fand ich auch nur unwesentliche Veränderungen. So scheint zum Beispiel der deutsche Spitz aus Sandhofers Zitat in meiner Auflage ausgestorben zu sein ;-) Neu scheinen mir quantitative Angaben zum Erdalter zu sein, denn so weit ich weiß, waren 1859 dazu noch keine seriösen wissenschaftlichen Betrachtungen bekannt (Darwins Großvater hat übrigens angeregt das Erdalter über die Gezeitenreibung zu bestimmen). Erst Lord Kelvin Thomson) hat 1864 auf Basis der Wärmetheorie von Fourier Berechnungen veröffentlicht die einen Werte von mehren 10 Mio. Jahre ergab was zu heftigen Diskussionen und mehreren Korrekturen Anlass gab. Darwin verwendet eine Angabe von Thomson, die bis zu 400 Mio Jahren geht, die T. aber nicht halten konnte.

    Das bringt mich auch dazu die Anhänger der Schöpfungstheorie zu Darwins Zeiten ein wenig zu verteidigen. Im letzten Beitrag klang mir die entsprechende Bemerkung von Xenophanes mehr als Vorwurf denn als Kritik. Damals bezog sich Darwin mit seiner Theorie auf Feststellungen, die mehr Hypothesen als Theorie waren und er weist mehrmals darauf hin, dass man seiner Theorie nur folgen kann, wenn man das Aktualitätsprinzip der Geologen und die Annahme einer sehr langen Lebenszeit der Erde voraussetzt und die Katastrophentheorie ablehnt. Dafür gab es eine Menge Anhaltspunkte, aber auch viele Widersprüchlichkeiten. Wie wir heute sehen, ist die Katastrophentheorie im Prinzip nicht so abwegig, wenn wir die Zeitskala berücksichtigen. Auch sollten wir berücksichtigen, dass noch für Newton ein Alter der Welt von etwa 6000 Jahre eine Selbstverständlichkeit war und noch in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts das Erdalter heftig umstritten und weit entfernt von dem nun bekannten zuverlässigen Wert war. Jedenfalls sollte man nicht Wissenschaftler wie Lyell oder Sedgwick mit den heutigen Ignoranten in einen Topf werfen.


    Mir ist noch aufgefallen, dass Darwin erst im letzten Kapitel auch die Veränderlichkeit von Gattungen in Erwägung zieht. Das hat er in allen anderen Kapiteln vorher vermieden und sich nur auf die Umwandlung von Arten beschränkt.

    Ursprünglich hatte ich die Absicht, den Termin für die Leserunde Ende September in den Kalender zu stellen. Ich kneife jedoch und verzichte vorerst auf "Das Kapital". Gründe dafür sind durch meine Erfahrungen der Darwinlektüre bestimmt. Als Laie kann ich in vielen Fällen, die in so einem alten Sachbuch behandelt werden, meistens nicht erkennen was davon noch Bestand hat, oder ich muss Sekundärinformationen hinzuziehen, was mir die nächste Zeit zu mühsam ist. Die nächsten Monate möchte eher einer ruhigen und modernen Lektüre widmen, werde aber Marx nicht aus den Augen verlieren. Schließlich wir gerade in den USA der Neoliberalismus durch einen Neokommunismus abgelöst :zwinker:
    Ich hoffe ihr könnt das als Entschuldigung für meinen Rückzug akzeptieren.

    Nach 3 Wochen, in denen ich kaum im Darwin weiter gelesen habe, konnte ich mich in den letzten Tagen, wenigstens in der Heimat Darwins, noch bis zur "Verbreitung der Arten" vorarbeiten. In den Geologiekapiteln spürt man die seine wissenschaftliche Herkunft. Er schreibt dort noch lebendiger und scharfsinniger als in den vorgehenden Kapiteln.
    Diese Kapitel zeigen übrigens wie hilfreich manchmal für die Theoriebildung nur rudimentäre Kenntnisse über die speziellen Fakten sind. Man stelle sich nur vor, in welche Schwierigkeiten der Interpretation Darwin gekommen wäre, hätte er über die heutige Fülle von paläobiologischen Funde verfügt ohne die Kontinentaltheorie zu kennen. Seine Vorstellungen von Verbreitungsmechanismen wären stark zweifelhaft gewesen.
    Berücksichtige ich, dass zu seiner Zeit Genetik, die Zeitscala, die Kontinentaldrift, die durchgehende geologische Erforschung der Erde noch nicht bekannt waren, so sind seine induktiven Schlüsse außerordentlich bemerkenswert.


    Doch hatte ich ja einen Beitrag zu seiner Verteidigung gegen Sandhofers Vorwurf versprochen:


    Das Zitat, das Sandhofer zum Anlass genommen hat stammt aus dem Kapitel 8 (1.Auflage) in dem sich Darwin mit den Problemen der Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit von Varietäten und Arten beschäftigt. Dort geht er auf Beispiele ein, in denen die Nachkommen, die von Individuen verschiedener "Arten" .gezeugt wurden, ebenfalls fruchtbar sind. Das können wir heute natürlich nicht so gelten lassen, was aber nur daran liegt, dass wir erst seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts den "biologischen Artenbegriff" als zentralen Begriff verwenden. Zu Darwins Zeiten gab es noch keine zuverlässige Definition der Art, worauf er auch im Kapitel 9 hinweist:


    It is all-important to remember that naturalists have no golden rule
    by which to distinguish species and varieties; they grant some little
    variability to each species, but when they meet with a somewhat
    greater amount of difference between any two forms, they rank both as
    species, unless they are enabled to connect them together by close
    intermediate gradations
    .


    Nach dem Biologiebuch von Campbell u.a. stammt der biologische Artbegriff von Mayr (1942), aber auch heute noch kommt man mit diesem Begriff alleine nicht aus (Campbell nennt 5 verschiedene Definitionen). Schon die praktische Verwendung wird auch noch gegenwärtig Schwierigkeiten bereiten, denn die Fortpflanzungsfähigkeiten lassen sich immer nur an Individuen und häufig nur bei gefangenen Tieren ausreichend zuverlässig beobachten aber gleichzeitig ist bekannt (und wird bestimmt von vielen Erwachsenen bestätigt), dass in Gefangenschaft lebende Wesen häufig eine Unlust zur Fortpflanzung zeigen. Außerdem stützt sich die Evolutionstheorie vorwiegend auf die Entwicklung des Lebens in der Vergangenheit und ich glaube kaum, dass es erfolgreich sein könnte zwei versteinerte Triboliten zur Kopulation zu bewegen ;-) Die Naturforscher zu Darwins Zeiten mussten sich deshalb vorwiegend auf morphologische Kennzeichen stützen, was in nicht wenigen Fällen zu unterschiedlichen Einschätzungen führte (in J.Voss: Darwins Bilder, wird das am Beispiel der "Darwinschen" Finken erörtert). Wenn Darwin noch die Herkunft von Hunderassen auf zwei Wolfsarten zurückführt und deshalb Rassen zu Arten hoch wertet, dann ist dass damit verständlich und kann ihm nicht als Vorwurf gemacht werden, zumal er sich damit auf die Forschungsergebnis anderer, anerkannter Wissenschafter stützen konnte.


    Darwin erinnert mich ein bisschen an Newton. Seine Resultate bzw. Theorien sind bahnbrechend und werden auch von der heutigen Forschung im Grossen und Ganzen immer noch akzeptiert. Aber wie die beiden zu ihren Resultaten gekommen sind, ist oft zweifelhaft, wenn nicht sogar ganz einfach falsch ... :smile:



    Einstein schlug ein Experiment zur Frage der Zeitdilation seiner Speziellen Relativitätstheorie vor, bei dem zwei Uhren verglichen werden sollten, wobei eine in Polnähe, die andere in Äquatornähe stehen sollte. Hätte man damals ausreichend präzise Uhren gehabt, wäre das Ergebniss eine Widerlegung der Speziellen Relativitätstheorie gewesen, da er damals Gravitationeffekte nicht berücksichtigt hat, die er dann selbst [sic] in der Allgemeinen Relativitätstheorie beschreiben konnte.


    Die Basis einer Theorie in den Naturwissenschaften sind nahezu immer Postulate, die sich nicht beweisen lassen, es sei denn es besteht eine übergeordnete Theorie. Deshalb ist es im Grunde egal, auf welchem Weg die Postulate entwickelt werden. Sie müssen sich nur durch möglichst viele Spezialfälle begründen (was im Sprachgebrauch auch gerne als Beweisführung im naturwissenschaftlichen Sinn verstanden wird) und im Prinzip durch andere widerlegen bzw. abgrenzen lassen. So sind die Newtonsche Gesetze der Mechanik nicht beweisbar, aber sie könnten durch Experimente im Prinzip widerlegt werden und sind durch die Relativitätstheorie begrenzt auf kleine Geschindigkeiten und Gravitationsfelder.
    Auch Darwins Postulate, d.h. Variation und Selektion als "Triebkräfte" der Evolution sind zu stützen , aber nicht allgemein zu beweisen.


    Auf die Schnelle: Sandhofer, danke für die Referenz. Ich lese ja die deutsche Übersetzung einer späteren Auflage und muss mich erst noch orientieren. Seit Anfang der Woche konnte ich keine Zeile lesen, hoffe aber bis Mitte nächster Woche mein Plädoyer vortragen zu können. Es sieht danach aus, dass ich auf Freispruch plädiere :smile:


    Da muss ich Dich um ein wenig Geduld bitten ... ich muss die Stelle erst wieder suchen - das kann ein paar Tage dauern ... :winken:


    Natürlich!


    Gestern habe ich auch länger gebraucht um eine Parallelstelle aus meiner Ausgabe im Reprint des Orgonals zu finden :grmpf: Bin aber insgesamt gut weiter gekommen.
    Falls du dich an das Kapitel und vielleicht das Unterkapitel erinnerst reicht mir das.


    Zur Zeit stehe ich vor der Bastartisierung :zwinker: da sollte die Kreuzungsfähigkeit ein zentrales Thema sein.


    Abschnittsweise habe ich einiges, was seine ausführliche Erörterung von Beispielen betrifft, in den letzten Kapiteln nur flüchtig gelesen, da die geschilderten Fällen bestimmt weiter untersucht wurden und seine Schlüsse vielleicht nicht haltbar sind. Im Kapitel über den Instinkt ist mir einiges fragwürdig, zu Mal in Ernst Mayr: "Das ist Evolution" der Begriff Instinkt garnicht im Register auftaucht.


    Die Fülle von Fakten erstaunt mich immer wieder.

    Nein: Aber ich muss da ein paar Wörter ersetzen:


    Im übrigen hat er sich unterdessen zum Thema Art vs. Rasse geäussert. Und die offenbar schon damals existierendende These, dass Kreuzungen von Rassen Arten meist unfruchtbar sind, widerlegt. Z.B. mit dem Argument, dass ja die Hunde, die ja von verschiedenen Rassen Arten abstammen, untereinander fruchtbar sind. - - - Mit andern Worten: Darwin ist absolut blind gegenüber dem Umkehrschlusss: Wenn die Hunde untereinander fruchtbar sind, können sie nur derselben Rasse Art angehören. Schade, da hätte ich von einem so wichtigen Forscher mehr erwartet ... :winken:



    Dazu möchte ich dich um eine Textreferenz bitten. Ich kann das nicht glauben, es sei denn die Begriffe werden hier wieder unklar benutzt.

    Ja, sorry :redface: . Kreuzungen von Arten (Species) sind meist unfruchtbar, wollte ich selbstverständlich sagen ...


    Bedeutet das, du ziehst auch deinen Tadel zurück ?


    Mittlerweile bin ich im 5. Kapitel. Ein oberflächlicher Vergleich zeigt, dass die Späte Ausgabe, die ich lese, deutlich umfangreicher ist als die erste Auflage. Mir scheint auch, dass sich Darwin darin speziell mit Einwänden auseinander setzt, die in der Zwischenzeit erhoben wurden.
    Im Abschnitt über Rückbildung von Körperteilen hatte ich zunächst Verständnisschwierigkeiten. Erst später erklärt das D. mit der Ökonomie der Nahrungsaufnahme und -umsetzung, was ich wieder für plausibel halte. Für die Ausbildung von spezialisierten Körperteilen und der Vererbung von Merkmalsgruppen ist Darwin noch auf Lamarck bzw. auf Ratlosigkeit angewiesen ;-)


    Nun wird für die Beweiskette die Geologie bedeutend und hier ist Darwin ja auch sehr bewandert. Die Geologen haben ja auch den ganzen Offenbarungsschnickschnack empirisch zuerst in Frage gestellt. Das erscheint mir in der philosophielastigen Kulturbetrachtung nicht ausreichend gewürdigt zu sein.


    Analogien bei unserem Thema sind m.E. nicht allzu gefährlich. Sowohl für die Züchtung, als auch in der Natur ist es ja die Mutation, die die Auswahl erlaubt, also derselbe Faktor. Die verschiedenen äußeren Umstände lassen sich dann herausarbeiten, wenn auch in vielen Fällen wohl nicht zwingend.

    Im übrigen hat er sich unterdessen zum Thema Art vs. Rasse geäussert. Und die offenbar schon damals existierendende These, dass Kreuzungen von Rassen meist unfruchtbar sind, widerlegt. Z.B. mit dem Argument, dass ja die Hunde, die ja von verschiedenen Rassen abstammen, untereinander fruchtbar sind. - - - Mit andern Worten: Darwin ist absolut blind gegenüber dem Umkehrschlusss: Wenn die Hunde untereinander fruchtbar sind, können sie nur derselben Rasse angehören. Schade, da hätte ich von einem so wichtigen Forscher mehr erwartet ... :rollen:


    Verstehe ich nicht ! Verwechselst du vielleicht Rasse mit Art? Da heute der Begriff Rasse durch "Unterart" ersetzt ist, können Kreuzungen zwischen Individuen verschiedener Unterarten selbstverständlich fruchtbar sein.

    Mittlerweile habe den Kampf ums Dasein hinter mir gelassen ;-)


    Die Erörterung der Begriffe und deren Unklarheiten am Anfang von Kapitel 2 tut gut, denn ich kam wirklich im ersten ins schwimmen weil sich die Begriffe nicht richtig abgrenzen ließen. Es lässt sich nun auch gut verstehen, warum Darwin mit der Diskussion der Züchtung beginnt. Da er wenig belegbare Beispiele für den Einfluss des Daseinskampfes auf die Entwicklung zur Verfügung hat, sucht er mehr nach Analogien um seine Hypothesen aufzustellen. Teilweise ließt sich das wie Vorschläge für Forschungsarbeiten. Er hätte an einer Uni bestimmt eine große Horde von Schülern beschäftigen können.
    Einerseits bin ich erstaunt, wie viel die Naturforscher zu dieser Zeit schon untersucht haben, andererseits zeigt der Text auf, wie wenig das noch ist. Eine Auswirkung von Darwins Buch könnte sein, dass nun die Forscher einen Leitfaden zur Verfügung haben, der ihnen bei ihren spezifischen Untersuchungen vorzeichnet auf was sie besonders zu achten haben. Die Biologie hat quasi damit die Wechselwirkung zu einem Kernthema gemacht. Gefährlich, wenn man sich auf vorgegebene Pfade beschränkt, deshalb ist die Kritikfähigkeit in der Wissenschaft noch immer die Eigenschaft die mit an erster Stelle stehen sollte.
    Zu Beginn des dritten Kapitels findet er richtig poetische Sätze. Ich sehe ihn da in seinem bequemen Sessel am Fenster sitzen, mit dem Schreibbrett über den Armlehnen. Soweit ich mich noch an eine Biografie über ihn erinnere, war das sein bevorzugter Schreibplatz.
    Nun habe ich mich eingelesen und hoffe in den nächsten, ziemlich ausgefüllten Wochen, einige zusammenhängende Stunden für Darwin abzwicken zu können in denen mir nicht ständig die Augenlider herunterklappen




    Die meisten können allerdings leider nicht schreiben. Was Darwin hingegen durchaus konnte ;).


    Das Biologen bzw. Naturwissenschaftler nicht schreiben können halte ich für ein unangemessenes Vorurteil. Wer sich einmal amerikanische Lehrbücher anschaut, findet spannende, didaktisch gut aufbereitete Texte, und ich möchte nur die Bücher von Mayr erwähnen, die auch gehobenen sprachlichen Ansprüchen gerecht werden.
    Wenn ich dagegen an den Kommentarband zum "Zauberberg" oder die Kommentare zum "Ulysses" denke, finde ich bei naturwissenschaftlichen Sachbüchern häufig mehr Einfühlungsvermögen für die Leser (allerdings auch nicht immer).


    EIn Kommentarband zum "Ursprung der Arten" dürfte deutlich umfangreicher sein als das Buch selbst. Jedenfalls ist er überfällig!


    Ich lese dann einfach mal weiter, ja? :breitgrins:


    Das werde ich auch tun, nur wohl langsamer :sauer:


    Jetzt bin ich gerade durch das erste Kapitel gekommen, dass hauptsächlich Fakten und Vermutungen zur Züchtung enthält. Die Begriffe, die Darwin verwendet sind für mich noch undurchsichtig. Art, Unterart, Rasse, Unterrasse, Varietät, ich kann manchmal keine klare Abgrenzung erkennen. Da ich nie Biologieunterricht hatte und die Begriffe im 20.Jahrhundert in ihrer Bedeutung abgewandelt und präzisiert wurden, müsste wohl ein Fachlexikon helfen.
    Die Definition von Arten über die Fortpflanzungsfähigkeit stammt nach meinem Wissen von Mayr, also aus dem 20 JH und Darwin hat sie wohl nur in Ansätzen erkannt. Die damalige Abgrenzung von Arten wurde vorwiegend durch morphologische Kennzeichen festgelegt, was natürlich zu umstrittenen Zuordnungen führte. So werden heute die Finken, die Darwin von den Galapagosinseln mitbrachte in weniger Arten unterteilt als damals (entnehme ich aus dem Buch: Darwins Bilder).
    An manchen Textstellen kann ich richtig spüren, wie Darwin um das Rätsel des "inneren Antriebs" für die Varietätenbildung ringt. Er kann natürlich noch nichts von Genetik, Chromosomen und von DNA wissen.


    Mein Problem ist, dass ich morgens große Lust habe weiter zu lesen, meine geistige Energie aber für Arbeit verschwenden muss und abends zwar noch viel Arbeit, aber wenig Energie übrig bleibt :zwinker: Aber ich habe schon einige Bücher vorgenommen, in die ich mich erst einlesen musste, um sie dann zu verschlingen wie eine Tafel Schokolade.


    Das Buch hätte eine kommentierte Ausgabe verdient. Es gibt doch so viel arbeitslose Biologen, die kann man doch dafür ausbeuten :zwinker:


    Ich habe nun die ersten vier Kapitel fertig gelesen. Zumindest in Kapitel vier wird schon klar, warum man Darwin vorgeworfen hat, er stelle nur eine durch keinerlei Fakten untermauerte Theorie auf. Er bringt lauter hypothetische Fälle, die er nach eigenem Wunsch formuliert ...



    Schon in den ersten Sätzen des ersten Kapitels deutet er ja schon diese Vorgehensweise an, weil das Studium der Domestikation die Merkmale deutlicher hervortreten lässt.
    Auch Wallace beginnt damit seine Argumentationskette. Möglicherweise hat das Darwin zum Anlass genommen ähnlich vorzugehen.


    Zu den schnellen Lesern werde ich diesmal nicht gehören. Meine Gedanken treiben zur Zeit in eine andere Richtung und man wird mich die nächsten Wochen durch Gegend scheuchen und es bleibt dann wenig Zeit fürs lesen.

    Hallo,


    der Vorschlag zur Leserunde gab mir endlich den entscheidenden Kick das Buch zu lesen das schon lange in meinem Regal steht.
    Ich lese die Ausgabe aus der Reihe "Klassiker des modernen Denkens" von 1973. Sie beruht auf der letzen Auflage die Darwin erstellt hat und beginnt mit einem interessanten geschichtlichen Überblick über Darwins Vorläufer (von ihm selbst geschrieben). Nebenbei habe ich noch das Reprint der ersten englischen Auflage.


    der troll ist jetzt durch. alter schwede. das war ja totaler horror.


    Jetzt schau dir noch den Film an, den mit John Hurt und dann zur Regeneration eine "positive" Utopie ohne platonischen Wahn: le Guin, Die Enteigneten.

    Ein Literaturkritiker, der kontrovers gesehen wird, ist ja nichts Schlechtes. Bei MRR kommt eben noch hinzu, dass er ein Showtalent ist, und zusammen mit seinem Einfluss auf den Literaturbetrieb sehe ich ihn in dieser Hinsicht auch sehr kritisch. Mir gefällt er nahezu immer, wenn er sich über Literatur und Schreibende äußert die er schätzt. Da findet er sehr gefühlvolle und treffende Beschreibungen, nicht nur für Fontane und T. Mann. Was ich weiter an ihm schätze ist, dass er nur wenig im Fachidiom schwelgt. Meistens lässt sich klar bestimmen was er meint. Bei Texten, die er ablehnt, bleibt er meines Erachtens allerdings häufig im Nebulösen bzw. bei starren formalen Aspekten hängen und leider verfällt er leicht in einen onkelhaften Stil. Für Literatur lassen sich bestimmt auch Beurteilungsregeln die überwiegend geteilt werden, ein großer Anteil ist jedoch subjektive Beurteilung, wenigstens was die Qualitätseinordnung betrifft. Hinter den Kritiken von MRR findet sich immer er selbst, was in der gegenwärtigen seichten, schon fast gleichgeschalteten Feuilletonwelt, für mich eine positive Ausnahme darstellt.
    Ein Gegengewicht zu seiner Machtfülle zu errichten ist dann auch eine Aufgabe die uns Lesern gestellt ist.

    Lese mit regem Interesse eure Kommentare. Bin jetzt durch mit dem Buch und frage mich, warum keiner von euch das Offensichtlichste anspricht, Mahlkes "Kennzeichen", diesen "fatalen Knorpel", seinen "Hüpfer", sein "Wappentier", die "Maus" ... Natürlich ist Mahlkes riesiger Adamsapfel nur ein vordergründiges Symbol, hinter dem sich was weiss ich nicht was verbirgt.


    Nach dem ich die Geschichte zu Ende gelesen habe, bin ich verblüfft, wie wenig bedeutsam mir die Rolle des Ritterkreuzes vorkommt. Für mich ist der zentrale Punkt in KuM das gesunkene Boot. Alle streben zu diesem Punkt im Meer und nur Mahlke kann es in Besitz nehmen und durch seine Devotionalien im Inneren zu einem Ort der Reinheit, einer jungfräulichen Fruchtblase gestalten, während alle anderen der Möwenmist auf der äußeren Hülle am augenfälligsten ist. Das Leben kommt aus dem Meer und geht wieder dahin zurück, ist ja ein bekanntes Motiv. Die Realität, die Mahlke erlebt, sein Streben nach Anerkennung befriedigt nicht und so zieht er sich zurück an den Ort der im alleine gehört. Ob es der Tod ist oder das ewige Leben, es wäre nicht Grass wenn das nicht offen bliebe.
    Nun Ist KuM in einer bestimmten historischen Situation und bestimmt auch unter dem Eindruck der damaligen Debatte über die Reinheit der Naziorden geschrieben. Eine ironische Kampfschrift, die, aus meiner Sicht, das Spiel mit Bildern zu einer rätselhaften Angelegenheit macht. Wie sehr sich Grass in die katholischen Rituale vertieft hat mich verblüfft, aber die größten Anteile im Text sind ja auch Rückbesinnungen auf seine eigene Jugend.
    Alles in Allem könnte KuM auch ein Romanteil von "Hundejahre" sein. Das Blechkreuz würde dann nicht mehr oder weniger von Bedeutung sein.

    Nach leider erst 8 Kapiteln wirkt die Novelle noch nicht so richtig auf mich.


    Einige technische Einzelheiten sind mir auch aufgefallen, ich finde sie aber nicht sehr bedeutend, eher teilweise etwas gezwungen, so wie die unbedingte Vermeidung des Begriffs Ritterkreuz.
    Grass zeigt sich als der Epiker, der er ist. Ganze Kapitel Orts-, Geschichts- und Wegbeschreibung, Mahlke wird in kleinsten Einzelheiten untersucht, die Handlung nur zäh weiter geführt.I st das für eine Novelle angebracht? Soweit ich mich noch an Grasslektüre erinnere war die Naturbeschreibung nie sein Ding, doch lustig kann er sich gut darüber machen, wie sich im Kapitel über den U-Bootkomandantenvortrag zeigt.
    Das soll nicht bedeuten, dass die Form eine langweilige Geschichte ist. Die Figuren werden recht präsent und glaubwürdig, auch mit den grasschen Skurrilitäten. Vieles dürfte auch Erinnern an die eigene Jugend sein. Wer die "...Zwiebel" gelesen hat, wird darauf auch besonders achten.
    Gegen "Das Treffen von Telgte", die andere kurze Geschichte von Grass, die ich gelesen habe, wirkt KuM bis jetzt auf mich mehr als Rückblick auf seine eigene Jugend ohne viel Phantasie, denn als punktgenaue, literarisch kritische Auseinandersetzung mit der Heldenverehrung.


    Er hat aber noch 70 Seiten Zeit, mich zu begeistern ;-)