Beiträge von Lost

    Hallo,


    gibt es Interesse beide Titel oder einen davon mittelfristig in einer Leserunde zu lesen?


    Bis Juni 2010 dürfte ich ausgebucht sein, aber hier sind schon mehr Leserunden langfristig geplant worden.


    Ich würde mich freuen, diese Bücher wieder ein Mal zu lesen und hier darüber zu diskutieren.


    lost

    Das Buch ist gestern mit der Post eingetroffen und ich habe es gleich einmal gelesen. 43 Seiten sind ja wirklich schnell gelesen :zwinker:
    Viele der genannten Bücher kannte ich zumindest dem Namen nach, einige davon habe ich selber gelesen, aber einige Autoren und ihre Werke sind mir komplett unbekannt. Auf alle Fälle war es sehr schön zu sehen welche Bücher 1927auf dem Kanon der Weltliteratur gestanden sind.


    Katrin


    Hesse neigt hier etwas zum Pathos, aber schon der erste Absatz über "Bildung" ist es wert das Buch zu haben.


    Aber auch das gehört zur Diskussion um den Literaturkanon:


    "Man kann gegen den Wandel der Welt die ewige Literatur setzen. Man kann gegen den lauen Genuß das wunderbare Büchervergnügen verschreiben. Man kann aus vielen Büchern einige auswählen. Aber man sollte es nicht befehlen. Und man darf nicht so tun, als hielte man mit fünf deutschen Pflichtwerken die Zerstreuung des Wissens und die Popularisierung der Kultur auf. Jeder Kanon ist eine befohlene Auswahl aus einem apokalyptischen Überfluß. Immer mehr Indizien sprechen dafür, daß Könige und Deutschlehrer die Bibliothek von Alexandria in Brand gesteckt haben."


    aus: http://www.zeit.de/1997/25/kanonsch.txt.19970613.xml

    Tom:


    So ganz kann ich dir nicht folgen. Die Figuren eines Romans haben natürlich ihren individuellen Charakter, es erscheint mir aber, dass Gontscharow Oblomow eindeutig als Model für den Zustand Russlands und nicht als eine psychologische Studie angelegt hat. Dazu ist die gegenfigur Stolz zu eindeutig angelegt.


    In den ersten Kapiteln klingt Widerstand zwar gegen die Welt an, aus der Kälte in die Wohnung O.s kommt, dann macht Gontscharow aus Oblomow aber einen recht gewöhnlichen, allerdings kraftlosen und unsicheren Menschen. Er ist sich im Geiste seiner Verantwortung ja bewusst, das ist auch mit ein Grund für seine Entscheidungsschwäche, denn er will keine Fehler machen und Risiko eingehen. Oblomow sieht auch keine Welt aus den Fugen gehen, sondern merkt, dass sie verändert(instandgesetzt) werden muss, kann es nur selbst nicht bewerkstelligen.
    Die Figuren, die du nennst (Tanner kenne ich nicht) sind extremer, eigensinniger, oder Opfer (K). Bartleby z.B. nimmt den Tod in Kauf um sich selbst nicht zu verraten, K ist chancenlos einer anonymen Macht ausgeliefert.
    Eine Oblomow im Kern ähnliche Figur ist vielleicht Hans Castrop im Zauberberg. Er lässt sich auch einspinnen in eine abgeschlossene Welt und verliert den Kontakt zur Außenwelt, nicht aus eigenem Antrieb, sondern auch aus Bequemlichkeit.


    Oblomow soll sich nicht auf die Knie werfen, sondern auf die Hinterbeine stellen und endlich in sein Dorf fahren :zwinker:. So viel Grips muss er doch haben zu erkennen, dass sich die Situation nicht bessert, wenn er weiterhin den Kopf in den Sand steckt und erwartet, dass irgendjemand seine Angelegenheiten regelt. Außerdem ist ihm bekannt, dass auf dem Gut einiges im Argen liegt. Da macht es doch mehr Eindruck auf die Zukünftige, wenn er tatkräftig gegen die Missstände angeht, als wenn er sich so passiv verhält.


    Grüße
    Doris


    Du liegst m.E. richtig, so wie Stolz. Es ist aber halt ein Roman, der die Folgen der Lethargie zum Thema hat und die Russen zum Nachdenken bringen sollte. Es ist halt kein Entwicklungsroman. Oblomow kennt ja seine Schwächen, nur überwinden kann er sich nicht und so treibt er durch dass Leben wie ein Stück Holz auf dem Meer. Im Roman sind die zu treffenden Entscheidungen klar zu erkennen, im richtigen Leben, finden sich allerdings häufig Situationen, in denen Entscheidungen nicht eindeutig in eine bestimmte Richtung weisen, und dann ist Nichtstun ja nicht unbedingt eine erfolglose Strategie.
    Auch wenn ich vorgreife: die Entscheidung Oblomows Olga z. B. nicht heiraten war richtig, wenigstens für Olga.
    Pädagogisch sinnvoll wäre es, wenn Gontscharow seinem Helden ein Happyend können würde. Die russische Seele, auch die der Autoren scheint aber schwermütig zu sein und so belässt er es dabei die unausweichlichen Folgen zu beschreiben.


    Sue war wohl damals das, was heute Dan Brown u. ä. sind.

    Auf die Gefahr hin, auch von Giesbert noch eins auf den Deckel zu kriegen: Nein. Seine Auswahl ist interessant, aber:


    a) Weist er definitiv eine Vorliebe auf für Romanciers, häufig für riesige Romane. Unter 1'000 Seiten kann er fast nichts empfehlen.
    b) Verachtet er nachgerade die Lyriker
    c) Liebt er nur, was irgendwie nach "Realismus" aussieht


    Man hat immer den Eindruck, Schmidt sucht ums Verr... Autoren und Werke, die ausser ihm keiner mehr kennt. Bei Dickens lobt er das Spätwerk, bei Karl May ebenso. Hier kann man ihm zu Gute halten, dass er dies zu Recht getan hat. Andere Autoren oder Werke, das haben wir hier in diversen Leserunden schon festgestellt, hätte er ruhig im Orkus des Vergessens ruhen lassen dürfen ...


    zu b) Das lässt sich nicht sagen. Er beschäftigt sich einfach nicht mit ihnen und weißt ihnen keine zentrale Bedeutung zu. Das ist keine Verachtung.
    zu c) Bei seiner Vorliebe für das 18. Jahrhundert (Wieland, Insel Felsenburg z.B. ) sehe ich das nicht.


    Aber nun gut: lass ihn eng gestellte Scheuklappen haben, wenigstens hat er den Kopf hin und her gedreht und nicht nur stur geradeaus geguckt.



    Yep. Das waren nicht nur Empfehlungen für ein bestimmtes Buch oder einen bestimmten Autor, sondern imho vor allem Werbung für emphatisches Lesen: "Alles, was je schrieb in Liebe und Haß, als immerfort mitlebend zu behandeln".


    Mir ging es bei Schmidt oft so, dass ich, begeistert von seinen Essays, diese Begeisterung bei der Lektüre der empfohlenen Bücher nur selten verspürte. Das ist allerdings nicht nur auf Arno Schmidt beschränkt, sondern häufiger zu beobachten, wenn man einer leidenschaftlichen Empfehlung folgt. Eine mitreißende Begeisterung für etwas verdankt ihre mitreißende Kraft ja nicht dem Gegenstand, sondern der Persönlichkeit dessen, der so mitreißend begeistert ist. Vor dem Buch aber sind wir mit uns allein und der andere, der uns mitgerissen hat, ist nicht dabei.


    Ein anderes Beispiel sind etwas Hans Wollschlägers May-Analysen. Große Klasse - nur wenn ich dann die Karl-May-Bände lese, finde ich den Karl May, von dem HW geschrieben hat, eigentlich nicht mehr wieder.



    Dem stimme ich zu, auch wenn es, was May betrifft, nur meinem Alter und der Leseerfahrung zuzuschreiben ist.


    Da habe ich drüber weg gelesen, und es ist ins Unterbewusstsein eingedrungen.



    Arno Schmidt, ja. Der nun seinerseits eine Art Anti-Kanon führte. Wir haben hier ein paar der Werke daraus schon gemeinsam gelesen. Schmidts Anti-Kanon heilt einen jedenfalls von der Vorstellung, es könne und müsse mehr als ein oder zwei Werke geben, die im Laufe der Jahrhundete zu Unrecht aus dem Kanon gestrichen worden sind oder es gar nie hinein geschafft haben ...


    Auch wenn Schmdt etwas skurrile Vorlieben hatte, konnte er sie geistreich und gewitzt präsentieren. Seine Scheuklappen waren ja auch breit eingestellt, und "offroad" lesen bringt auch neue Einsichten.

    Den Roman konnte ich am Wochenende fertig lesen. Um nicht vorzugreifen, will ich jedoch bis zum nächsten Wochenende mit meinem Kommentar warten, vorausgesetzt ihr seit nicht früher am Ende ;-)


    Im letzten Kapitel gibt es aber eine Einzelheit, die ich schon jetzt ansprechen will, weil sie über die Geschichte kaum etwas verrät, mich aber völlig überraschte.
    Gontscharow selbst taucht in seinem Roman auf und stellt u.a. die Frage. „Ich möchte gerne wissen, wie man Bettler wird...?“
    Er bekommt die Antwort: „Wozu brauchst du das? Willst du etwa „Mysteres de Petersbourg“ schreiben?“
    Als hätte G. geahnt, was unsere nächste gemeinsame Lektüre ist :rollen:


    Doris:
    O. zweifelt natürlich an seinen Möglichkeiten Olga ein standesgemäßes Umfeld zu bieten, und krankt, wie du schreibst, an seinen mangelnden Fähigkeiten die Angelegenheiten ins Reine zu bringen, auch weil sich jetzt seine prekäre Situation zeigt. Keine passende Wohnung, kein Überblick über die finanzielle Lage, ein verlotterter Besitz und eine gewisse Selbsterkenntnis. Werf dich damit mal auf die Knie und halte um die Hand einer Frau an.

    In den paar Kanons die ich bei mir finde, auch in denen im Internet, wird sehr häuft die Bibel aufgeführt.


    Ich will ja nicht die Bedeutung dieses Buchs für die abentländische Kultur in Frage stellen, aber kann man die Bibel nicht auch als zusammengeschusterte Textsammlung, aus teilweise fragwürdigen Quellen, aus der Spätantike betrachten? Wäre es nicht gerechter, in einen Kanon die Tora, das neue Testament, die Psalmen und von mir aus einige der Briefe getrennt aufzunehmen?
    Hat hier die Unterdrückung jüdischer Wurzeln im Christentum auch die Literaturgeschichte mit beeinflusst?

    Jaqui:


    Ein Ausschnitt aus einem Interview mit Amos Oz aus faz-online:
    ---------------
    Weshalb lesen wir eigentlich Romane?


    Weil es ein großes Vergnügen ist, an ihrer Erschaffung teilzuhaben. Wenn man einen Roman liest, ist man der Ko-Autor oder der Aufführende. Es ist, als ob einem der Autor die Noten geliefert hätte und man den Roman wie ein Stück Musik spielen könne. Wenn ein Roman einen Sonnenuntergang beschreibt, muss der Leser seinen eigenen Sonnenuntergang zu dem Buch beisteuern; erzählt der Roman von unerwiderter Liebe, muss der Leser die eigene unerwiderte Liebe einbringen. Mit einem Roman verhält es sich anders als mit einem Bild, einer Theateraufführung oder einem Kinofilm, die alle ganz direkt die Sinne ansprechen. Wenn man jedoch einen Roman aufschlägt, sieht man nichts als tote Ameisen im Schnee. Es ist die Kunst, diese Ameisen in Bilder, Gerüche, Geräusche und Erfahrungen zu verwandeln, die das Lesen zu einem so großen Vergnügen macht.


    -----------------------


    Vielleicht hilft es dir, deine Abneigung gegen einige Figuren ein wenig zu besänftigen.


    Viel Spaß auf der Buchmesse. Ich selbst wohne zwar im Rhein-Main-Gebiet, war aber noch niemals dort.

    Ts, Haarespalter (und ob Dir Linguisten zustimmen würden, dass es zwischen dem Neuhochdeutsch von 2009 und dem von 1680 praktisch keinen Unterschied gibt, möchte ich doch bezweifeln ;-)).


    Am 10. November ist Reinhard Kaiser in Hanau zu einer Lesung. Falls man mich nicht wieder ins Ausland jagt, werde ich da nachfragen. Aus meiner Sicht sollte schon begrifflich unterschieden werden, ob aus einer Fremdsprache oder aus einer nahen Entwicklungstufe der Muttersprache übertragen wird, wenigstens so weit, bis es zur Kernspaltung kommt :zwinker:

    Katrin, mir sind die Romane die Liebsten, wenn ich darin etwas von mir, von meinem Leben oder auch von meinen (Alb)Träumen finde. Ich steige dann auch in die Geschichten hinein, und lebe mit den Figuren, schaffe mir Freunde und Gegner. Wir müssen jedoch auch dem Autor sein Recht lassen, uns seine Sicht der Dinge zu zeigen, und in diesem „Männerroman“ stellt er uns eben eines der wenigen unvollkommenen Exemplare vor :zwinker: Für Frauen kann das verstörend sein. Welche Frau kann auch schon den Mann den sie sich wünscht, von dem unterscheiden, mit dem sie es zu tun hat :zwinker:


    Für einen verliebter Mann, noch in der Phase der Unsicherheit, lauert hinter jeder Geste, hinter jedem Wort die Panik, er liegt nachts wach und grübelt über die möglichen Fehler, die er am Tag gemacht hat und die Folgen die das haben kann. Er lauert auf jedes Zeichen und verliert die Fähigkeit es zu deuten, er wird zum Nervenbündel und wehe, schwankend zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Wehe ihm, wenn das nicht vorüber geht. Oblomow kann ich da sehr gut verstehen.


    Ich kann Doris auch zustimmen. Wenigstens am Anfang seiner Werbung um Olga zeigt Oblomow den Willen zur Veränderung, leider fehlt ihm dazu der Hintergrund und vielleicht hat er sich dafür auch überschätzt. Das ist aber auch das zentrale Thema dieses Romans.


    Was die Frauen des niederen Adels und des Bürgertums im 19. Jahrhunderts betrifft, ganz pauschal: eine Frau war in ihrer Jugend Tochter und dann möglichst früh Ehefrau, sonst war sie nichts, im besten Fall konnten die „Späten Mädchen“ Gouvernante werden, in „schlimmeren“ Fällen Nonne oder vertrocknete Jungfer. Die standesgemäße Ehe war das große Ziel, die Erziehung danach ausgerichtet und das hat auch die Fähigkeit geförsert sich tief zu verlieben, den mit dem Mann kam die Aussicht auf Sicherheit und Anerkennung. Wir kennen einige Fälle in denen Frauen aus dieser Rolle ausgebrochen sind, oft mit dramatischen Folgen (man braucht nur Fontane, Flaubert, Stendal, Zola u.u.u. zu lesen) manchmal mit Erfolg, aber vorherrschend war die Unterordnung unter den Mann Ziel, Schicksal und durch die Gesetze erzwungen (vielleicht ist ja auch deshalb das 19. so ein grandioses Jahrhundert :breitgrins: )


    Unsere beiden gegenwärtigen Hauptpersonen gehören zu denen die keinem Broterwerb nachgehen. Sie haben also viel Zeit für Gefühle und können sich darauf konzentrieren. Die Konventionen zwingen sie in ein enges Korsett und Olga ist zu bewundern, wie frei sie sich macht und eigentlich ein Vorbild für Oblomow darstellt. Von Oblomow können wir nicht das Gleiche erwarten, sonst wäre er nicht Oblomow.

    Vorgestern habe ich das Buch aus dem Deutschen Klassiker Verlag bekommen und ein wenig geblättert. Ich fühle mich überfordert. Das müsste ich studieren und kann es nicht lesen, wie ich Romane lesen möchte.
    Nun gut, auch "Deutsch" wird Fragen aufwerfen, für die ich in "Teutsch" nach einer Antwort suchen werde. Wenn es denn soweit ist.

    Das ist möglich denn drei Wochen sind schon ein wenig kurz.


    Zu Olga und Oblomow: Am liebsten würde ich Oblomow nehmen, schütteln und ihn fragen ob er nicht ganz dicht ist. Da ist ein nettes Mädchen, das etwas will von ihm und was macht der Herr der Schöpfung: Zerstört alles! Der Typ macht mich mittlerweile krank und dieser schwulstige Liebesbrief, dass er ganz unten liegt und sie noch immer über ihn schwebt war dann die Krönung des Kitsch.
    Ich hoffe das Buch wird wieder besser, denn den Start der Romanze zu lesen, fand ich ganz okay, aber jetzt geht mir O. mit seiner Nerverei und dem Herumgeheule, dass ihn Olga gar nicht lieben kann, nur mehr am Geist.


    Katrin


    Sir Thomas: könnte so sein. Stolz ist ein gewitzter Mann.


    Nicht ganz unerfahren mit dem Frauenbild des 19. Jahrhunderts, gelingt es mir jedoch immer wieder kaum, unamüsiert die Geschichten zu betrachten. Mir kommen bei diesen Schilderungen einer sich anbahnenden Romanze häufig Filme über Verhaltensforschung bei Tieren in den Sinn, in denen die skurrilen Anstrengungen der werbenden Geschlechter nicht ohne Komik sind, besonders in Verbindung mit den verbindlichen Konventionen der höheren Gesellschaft.


    Es gibt jedoch auch das zeitlose Element, und wie könnte man einem Mann nicht besser aus seiner Lethargie reißen als mit einer Frau? Wir wissen aus den ersten Kapiteln, dass Oblomow Frauen gegenüber Abneigung zeigt, wir kennen seine Geschichte nicht, soweit sie die Liebe und das Geschlechtsleben betrifft. Wir können aber annehmen, dass er als Mann über Dreißig, wenigstens einige Erfahrung besitzt. Mit Olga bekommt er nun eine mutige, unkonventionelle Frau zu Gesicht, die schnell seine Schwächen erkennt, sie liebenswürdig findet und so klug ist eine Rolle zu übernehmen, die vorher Stolz gespielt hat. Oblomow ist in dem Dilemma, dass seine äußeren Umstände nicht gerade reizvoll sind und geändert werden müssen. Er darf Olga vorläufig nicht zu nah an sich heran lassen um sie nicht abzuschrecken. Das zieht sich durch die ganze Geschichte. Olga zieht immer so vorsichtig am Faden, dass bei Oblomow keine richtigen Hemmungen entstehen. Jedenfalls führt die aufkommende, durch Olga genährte, Euphorie zu Aktivitätsschüben, die ich ihm vorher nicht zugetraut hätte. Pläne werden, wenigstens ansatzweise umgesetzt, Zweifel überwunden. Einiges an Oblomows Verhalten erscheint mir aber auch depressiv und hysterisch zu sein. Mein Eindruck ist jedoch, die verzweifelnden Gedanken treten dann erst auf, wenn man ihm die Überforderung abnehmen kann. Olga hilft ihm aber auch da wieder auf die Füße. Es ist natürlich, dass ein Antrag folgen muss, es ist natürlich, dass Olgas Einwilligung nun die bedeutenden Probleme wieder ans Tageslicht bringt und es ist natürlich, dass Oblomow nun erkennt, dass ein Gebirge zu überwinden ist, gegen seine Natur, gegen seinen Erfahrung.


    Fasse ich meinen Eindruck zum inhalt der Romanze zusammen, soweit ich sie gelesen habe, komme ich zu einem anderen Schluss, als Katrin. Sollte sich hier auch die Geschlechtsparspektive zeigen? :zwinker:
    Gontscharow macht hier aus O. keinen Pfau und keinen Trottel, er macht ihn zum Durchschnittsmann, einen, den sich heute Frauen ein paar Jahre gefallen lassen um ihn dann vor Glotze zu setzen. Gonscharow meidet alles Triviale, wie es sich so leicht in Geschichten dieser Art einschleicht. Oblomows Flehen, Olgas Stolz lassen sich ernst nehmen. Olgas Freiheiten lassen mich sie bewundern.


    Die Romanze kommt mir wieder wie eine eigenständige Geschichte vor. Man erkennt bei Oblomow nicht mehr die extreme Haltung des ersten Teils. Stolz und die Ortsveränderung hatte eine heilende Wirkung, wenigstens vorläufig und äußerlich. Was man über das Vorher wissen muss, ließe sich in wenigen Sätzen sagen. Abgesehen von den detailliert geschilderten Gesprächen der beiden Liebenden, den philosophischen Diskursen über Liebe und verliebt sein, kommt für mich jetzt auch Spannung in die Geschichte. Es lässt sich ahnen, dass Gotscharow noch Fallstricke ausgelegt hat (es sind noch viele Seiten) und ich bin in Versuchung auf die letzten Seiten zu blättern, um gleich zu erfahren, ob wieder der Gärtner der Mörder ist.



    @Katrin:
    Es gibt große Dichterinnen und Dichter, die Liebesbriefe schreiben konnten, die ohne Kitsch sind und doch voll Gefühl. Aber wollen wir das auch von O. oder von uns verlangen?
    Die Filmszenen, in den die sorgfältigen Bündel der Liebesbriefe ins Kaminfeuer fliegen, sie werden den meisten Liebesbriefen gerecht. :breitgrins:

    Per Schiff, wie sonst? :breitgrins:


    War das zu dieser Zeit in 3 Wochen zu machen? Durch die Ostsee, Skagerrak, Nordatlantik? Die Auswandererschiffe brauchten von Deutschland aus Monate.
    Vielleicht beruht ide Aussage aber schon auf Dampfschiffen.


    http://wissen.spiegel.de/wisse…ch%20Amerika&top=Lexikon:


    "So lag die durchschnittliche Reisedauer nach New York an Bord eines Segelschiffes zwischen 29 und 77 Tagen."


    Hängt das nicht von der Art der Nutzung ab? Wenn ich ein Buch ständig aus dem Schuber heraushole und wieder hereinfummele, zweifele ich an der Schutzfunktion. Wenn man ständig umzieht - vielleicht. Bleibt der ästhetische Aspekt, aber der unterliegt bei mir immer den funktionalen. :zwinker:


    Ich sehe hier ein neues Forschungsgebiet :klatschen:

    Und was mache ich mit den Schubern? Stelle ich irgendwo ein Regal nur für Schuber auf (nicht nur der Kindler ist verschubert)?



    Auf den Boden legen, draufspringen, zusammen binden und ab in den Müll. Bei den Schubern der Goetheausgabe funktioniert das gut, bei Kindler bestimmt auch. :winken: