Beiträge von Lost

    Heute habe ich die Lesung einer Kurzgeschichte von Laxness in HR2 gehört, an der Leserunde von "Sein eigener Herr" habe ich ja auch teilgenommen, und nun entschieden, ich komme auch noch ohne die 48.-EUR über die Runden, aber nicht ohne seine Romane.

    In Frankfurt hatte ich mir eine Vorstellung der "Shortlist" (netter Name für die angeblich besten deutschen Romane dieses Jahres) angesehen. Dabei überraschte mich "Das Mädchen" auch. Ich lasse es zunächst lesen, werde mich diesem Buch jedoch auch bald zuwenden. Auch die Bemerkungen der Autorin machten einen motivierenden Eindruck auf mich. Favorit bleibt für mich allerdings weiter der Roman "Gegen die Welt".


    Lost


    Ja, bei der Waterloo-Szene gebe ich Dir recht. @all: Stimmt es, daß diese Szene Tolstoi bei "Krieg und Frieden" beeinflußt hat? Mir kam die Intention jedenfalls seltsam bekannt vor, und ich dachte auch an Tolstoi. Die Anspielung auf die eleusinische Initiation fand ich sehr interssant. Darauf wäre ich nie gekommen. - Wahrscheinlich gibt es noch viel mehr Stellen, hinter denen mehr steckt...


    "Krieg und Frieden" ist bei mir mehr als 40 Jahre her und ich erinnere mich nicht mehr an Einzelheiten, also kann ich deine Frage nicht beantworten. Das wird vielleicht jemand anderes tun. Bestimmt lesen Schriftsteller auch anders als gewöhnliche Leser, und bestimmt werden sie durch die dumme Ausführung dummer Gedanken ihrer Vorläufer auf andere dumme Gedanken gebracht und die dann ausführen, damit die Literaturwissenschaftler ihre klugen Bezüge entdecken können ;-)

    Mag' jetzt vielleicht doch noch einer, etwas zur Katause schreiben? Mir persönlich gefiel das Buch nicht, ich würde aber doch gerne verstehen, was andere daran so begeistert hat.


    Ich gehöre auch zu den wenigen, denen der Roman nicht sonderlich gefallen hat und nicht begreifen können, wieso die Kartause so bedeutend ist. Mir kam es so vor, als wäre Stendal beim telefonieren öfters durchs Telefon unterbrochen worden und den den Faden dadurch verloren. Allerdings war ich vom Waterloo-Kapitel beeindruckt, wo die Schlacht aus der Froschperspektive geschildert wird, besonders, wenn ich es mit der Perspektive des Adlers vergleiche, die Victor Hugo in „Die Elenden“ gewählt hat. Bei Stendal der einfache Kombattant, der nie den Überblick über das Geschehen gewinnt (nahezu eine satirische Kriegsschilderung), auf der Hugos Seite der Beweis, dass Napoleon die Schlacht gewonnen hätte, wären da nicht dieser verdammte Graben und die paar mutlosen Unterführer gewesen. Leider steht bei Vollmann im „Romanverführer“ (den ich schätze) keine richtige Begründung für seine Begeisterung und so richtige Begeisterung kam nach meinem Eindruck auch nicht in der Leserunde auf.
    Wo siehst du denn die Schwächen des Buches, die dich skeptisch gemacht haben?


    Was für ein fundamentaler Unterschied zu dem tollwütig um sich beissenden Großkritiker (wie heisst er doch gleich?), der mir um vieles ärmer erscheint als Arno Schmidt - ärmer an literarischen Kenntnissen aber auch ärmer an ästhetischer Urteilskraft!


    Den „Großkritiker“, ich nehme an du meinst MRR, sollte man vielleicht etwas differenzierter betrachten, wie Schmidt auch. MRR hat nach meiner Erfahrung zwei Seiten. Wenn er über Literatur und Literaten schreibt die er mag, findet er Worte die den Lesern deutlich aufzeigen, was daran bemerkenswert ist und weshalb er gerade diese Werke besonders schätzt. Seine entsprechenden Artikel haben mich schon mehrmals bewogen Literatur zu lesen, die ich nicht kannte oder verdrängt hatte. Mag er etwas nicht, dann wirkt er ausgesprochen hilflos und verschwommen und er setzt sich dann nicht wirklich mit den Werken auseinander über die er schreibt. Er hat da aber auch manchmal den Mut zu schweigen. Und weil er zwei Seiten hat er auch noch eine dritte, denn er hat ein Unterhaltungstalent und das macht ihn erst in der Breite zum vielgehassten Kritiker und auf der anderen Seite zum Star. Es wirkt bei ihm aber nicht gezwungen, sondern natürlich, und es zeigt, dass er mit dem Herzen bei der Sache ist und nicht mit vulgärrationalistischem Geschwafel, wie es mittlerweile bei Kritikern häufig zu finden ist, eine Scheinobjektivität erzeugen will.
    Was ich ihm am meisten ankreide ist seine Art, die zeitgenössische Literatur an seinen Literaturgöttern zu messen. Damit berücksichtigt er m.E. zu wenig, wie Zeitumstände auch die Kunst beeinflussen und andere Formen hervorbringen.
    Für seine Wirkung als Kritikerpapst und Literaturmachthaber mache ich nicht ihn, sondern das Publikum und die Medien verantwortlich.. Leser, die sich für ein weites Spektrum der Literatur interessieren und entsprechende Erfahrungen haben, sollten erkennen können, wenn sie auf diesem Sektor manipuliert werden.

    Im Grass-Haus in Lübeck wird zur Zeit eine Sonderausstellung über Arno Schmidt als Fotograf gezeigt. Abgesehen davon, dass es sehr viel Mühe bedarf das fotografische Talent von Schmidt zu erkennen, ist dort auch ein Exemplar von "Zettels Traum" in der gedruckten Version zu sehen. Wer einen großen Kofferraum und genug Moneten hat, kann dort wohl auch eines erwerben. Als Freund von Büchern und willensschwach empfiehlt es sich aber nur mit kleinem Gepäck nach Lübeck zu reisen.
    Nett sind die Ausschnitte aus Hörbüchern Schmidtscher Werke, die man dort hören kann. "Kühe in Halbtrauer" hat mir gut gefallen.


    Hmmm, und wie sieht es mit einem den russischen Alltag etwas weniger mystifizierenden Werk, z.B. mit Archipel Gulag oder Krebsstation aus? Beide stehen auf meiner To-Read-Liste, allerdings weiß ich nicht, ob sie Klassiker genug sind. Die toten Seelen fände ich ebenfalls interessant, die kenn ich auch noch nicht.
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    Von Solschenizyn habe ich vor langer Zeit den ersten Band von Archipel Gulag gelesen (informatives Sachbuch), "Der erste Kreis" und den ersten Band von: "Das rote Rad". Ich tue mir sehr schwer mit ihm und finde er schreibt sehr verworren, lässt immer das halbe russische Volk auflaufen und hat einen platten Stil (Übersetzung?).


    Bestimmt werde ich noch von ihm "Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch" lesen, das ist nicht allzu lang, dann ist aber Schluss.

    Ich habe nun auch diese kleine große Geschichte zu Ende gelesen. Dabei habe ich den Fehler gemacht, das Buch parallel zu einem andern zu lesen, welches mich gedanklich mehr beschäftigt. Also gebe ich lieber kein Urteil ab, sondern lerne aus der Angelegenheit, dass es Lektüre gibt, die ungeteilte Aufmerksamkeit erfordert. Das ist schließlich auch schon eine Würdigung.
    Wenn ich bezogen auf das Textvolumen, die Passagen über die erdgeschichtlichen Themen und die abgebildeten Artikel und Merkzettel abziehe, bleibt nicht sehr viel übrig. Das entspricht aber ziemlich einer Form der Reflektion, die man (ich) selbst gewohnt bin. Kurze reflexartige Gedanken und Erinnerungen die, wie ein Blitzlicht in der Dunkelheit Gegenstände sichtbar macht, Momente erhellt. Da kann es wirklich sein, dass Frisch sich hier selbst reflektiert. Wobei ein Literat sowieso sehr genau beobachtet und aus kleinen Dingen große Schlüsse zieht.
    Übrig bleibt auch ein leiser Verdacht, dass der Titel doch auf Unkenntnis beruht. Er taucht im Text umstellt von lauter wahren Fakten auf. Und ausgerechnet das Stichwort „Holozän“ ist nicht durch einen abgebildeten Lexikonartikel im Buch belegt, falls ich das in der Hast nicht doch übersehen habe.