Ich bin jetzt auch mit dem "schulischen Teil" fertig. Der Schulreformer Herder stimmt erstaunlicherweise nicht gedankenlos ein in den stimmgewaltigen Chor der damaligen Begeisterung für die antiken Kulturen. Er nimmt die antiken Sprachen nicht grundsätzlich wichtiger als die „lebenden“, räumt ihnen dennoch angemessenen Raum in seinem Curriculum ein. Zunächst Latein – eine tote Sprache, aber literarisch lebt sie; in der Schule kann sie leben. Der Autorenkanon enthält wenig Überraschungen, aber die Tatsache, dass er wenig übersetzen will, frappiert: Alles lebendig gefühlt, erklärt, Rom gesehen, das Antike einer Sprache gekostet … welche schöne Morgenröte in einer antiken Welt! Dann Griechisch, die wahre Blume des Altertums in Dichtkunst, Geschichte, Kunst, Weisheit! Sie sei zwar älter als das Lateinische, stelle aber trotzdem so etwas wie den End- und Höhepunkt der antiken Sprachkunst dar – alles ist auf sie bereitet, wie blühende Kinder auf ihre blühendere Mutter!
Hebräisch schließlich müsste mit der kleinsten Auswahl und bloss als orientalische, botanische, poetische Sprache eines Buchs oder einer vortrefflichen Sammlung wegen getrieben werden. … Als orientalische Natur und Nationaldenkart betrachtet – welch eine Welt! Auch hier wieder Begeisterung für eine Sprache, die Herder eng verbunden mit der jeweiligen Kultur betrachtet. Das hat mWn. vor ihm noch keiner so gesehen.